Agrararten - Vögel
Rotmilan

Foto: C. Moning
Rotmilan (Milvus milvus)
Rotmilane sind mit etwa 150 cm Flügelspannweite etwas größer als Mäusebussarde. Sie haben einen kennzeichnenden tief gegabelten rostfarbenen Schwanz und auffällige weiße Fenster auf der Unterseite der Flügel.
Rotmilane sind Kurzstreckenzieher und kommen Anfang März ins Brutgebiet zurück. Regelmäßig überwintern Rotmilane in Bayern einzeln oder gesellig an Gemeinschaftsschlafplätzen. Sie brüten im Wald und gehen zur Nahrungssuche ins Grünland. Etwa 50 Prozent des Weltbestands des Rotmilans brütet in Deutschland. Damit hat Deutschland eine hohe Verantwortung für das Überleben der Art.
Nahrung
Rotmilane ernähren sich von Säugetieren, Vögel, Insekten und Regenwürmern, die sie in der offenen Feldflur, aber auch am Siedlungsrand oder auf Müllplätzen erbeuten. Sie nehmen gerne Aas auf. Wissenschaftler haben als Hauptbeutetiere unter anderem Feldhamster, Feldhasen (wohl nur als Aas), Kaninchen, Ratten, Mäuse sowie Haushühner, Rebhühner, Haus- und Wildtauben und viele Singvögel festgestellt. Rotmilane jagen bevorzugt über frisch geschnittenen Grünland und entfernen sich dafür bis zu 34 Kilometer von ihrem Nest. 90 Prozent der Nahrungsflüge finden aber in einem Radius von bis zu vier Kilometer um das Nest statt. Die Beute wird meist in niedrigen Jagd- und Suchflüggen, mitunter bodennah, im Durchschnitt aber in 28 bis 73 Metern über dem Boden gesucht. Die Flughöhe macht Rotmilane anfällig für Kollisionen mit Windkraftanlagen.
Fortpflanzung
Rotmilane leben in saisonalen Partnerschaften oder aber auch in Dauerehe. Sie verpaaren sich meist erst nach Ankunft im Brutgebiet (Anfang März). Dabei zeigen sie Balzflüge und verteidigen ihre Reviere. Die Brutreviere von Rotmilanen sind zwischen 1,1 und 507 Quadratkilometer groß, wobei Weibchen im Durchschnitt (Median) 60,7 Quadratkilometer und Männchen 63,6 Quadratkilometer nutzen. Je größer die Reviere sind, desto schlechter ist der Bruterfolg der Rotmilane.
Rotmilane brüten auf Bäumen. Sie legen ihre Nester an Waldrändern – meist Laubwäldern – bis 200 Meter vom Waldrand entfernt und Feldgehölzen, die im Normalfall mindestens 10 Hektar umfassen, an. Die 2-3 Eier werden Anfang bis Mitte April abgelegt. Die Bebrütung der Eier dauert gut einen und die Nestlingszeit sogar eineinhalb Monate. Dabei wärmt das Weibchen die Jungen die ersten 14 Tage. Die Versorgung der Jungen mit Nahrung erfolgt durch beide Partner.
Verbreitung
Rotmilane sind in Bayern regional verbreitet. Das Brutareal hat sich im Südwesten Bayerns die letzten Jahrzehnte wesentlich vergrößert. Allerdings fehlen Rotmilane im östlichen Niederbayern und z. B. auch im Landkreis Cham fast vollständig. Trotz der aktuellen Ausbreitungstendenz steht der Rotmilan auf der Vorwarnliste der Roten Liste der Vögel Bayerns.
Lebensraum – Anforderungen an Bewirtschaftung/Pflege (Maßnahmen)
Rotmilane brüten in Bayern in vielfältig strukturierten Landschaften, die durch einen häufigen Wechsel von bewaldeten und offenen Biotopen charakterisiert sind. In Ostdeutschland finden sich die höchsten Siedlungsdichten dagegen in großflächigen Ackerbaugebieten mit vergleichsweise geringer Strukturvielfalt (Börden). Beachtenswert sind die großen Reviere (siehe oben).
Die Neststandorte von Rotmilanen liegen vor allem in Laub- und Mischwäldern, vielfach auch in Auwäldern. Nahrung suchen sie im Offenland, vor allem auf verschiedenen Formen von Grünland, besonders Feuchtgrünland, aber auch Ackerflächen sowie Brachflächen (oft Stilllegungsflächen), Hecken- und Streuobstgebieten und in Siedlungen beziehungsweise am Siedlungsrand. Wichtig sind hohe Dichten von Kleinsäugern und Singvögeln und dass Rotmilane diese erbeuten können (Mahd). Maßnahmen, die die Nahrungsverfügbarkeit von Kleinsäugern und Singvögeln für Rotmilane erhöhen, führen zu einem höheren Bruterfolg
- Förderung der Nahrungsverfügbarkeit. Insbesondere geeignet sind extensives Grünland, Feldfutterflächen, Brachen und Blühflächen. Während und wenige Tage nach der Mahd von Grünland- oder Feldfutterflächen nutzen Rotmilane diese Flächen zehn- bis zwanzigmal so intensiv als Kontrollflächen ohne Bearbeitung. In den Folgetagen fällt die Nutzung durch Rotmilane auf den bearbeiteten Flächen dann auch wieder deutlich ab. Optimal ist also eine gestaffelte Nutzung von guten Nahrungsflächen für die Art.
- Ein wesentlicher Nahrungsraum für Rotmilane sind extensives Grünland (K16, K17, K18, ÖR4, ÖR5) optimal mit Staffelmahd und extensive Weiden (K10). Altgrasstreifen/-flächen (ÖR1d) werten das Grünland weiter auf. Umwandlung von Acker in Grünland (K58) stellt dauerhaft guten Lebensraum zur Verfügung.
- Allgemein sind Brachflächen und -streifen, Blühflächen, Wildkrautfluren, Hochstaudenfluren, Saumgesellschaften oder Zwickel wesentliche Elemente für das Vorkommen von Kleinsäugern und Singvögeln, der Hauptnahrung der Rotmilane für die Jungenauszucht (K50, K51, K52, K56, K88, I88, ÖR1a-d).
- Feldfutterflächen (mit Hauptkultur kleinkörnige Leguminosen) sind mehrjährig und deswegen gute Lebensräume für Kleinsäuger und Singvögel, eine Erne sollte im Optimalfall staffelweise erfolgen (K32, O10).
- Begleitend können vielfältige Fruchtfolgen gefördert werden. Sie stellen unterschiedliche Schnitt- beziehungsweise Erntezeitpunkte in einem Gebiet sicher (K30, K31, K32, K33, K34, ÖR2).
- Auch konservierende Saatverfahren (K46) und dabei vor allem das Belassen von Stoppelbrachen sind für Rotmilane förderlich.
- Abrundend kann man Hecken (I80) und Streuobstflächen (Streuobst erschwerte Bewirtschaftung K78, Streuobstpflege I82) als weitere wichtige Nahrungsflächen für Rotmilane fördern.
- Verzicht auf Rodentizide; Verringerung des Einsatzes von Herbiziden und Insektiziden sowie Düngemitteln (K40, K42). Auch eine insektenschonende Mahd erhöht das Nahrungsangebot in der Landschaft (K14).
- Ein wichtiger Aspekt ist der Schutz des Neststandorts. Störungsarme Altholzbestände in Waldrandnähe, Auen, Feldgehölze und Laubholzbestände sollten gefördert und erhalten bleiben. Sofern Neststandorte bekannt sind, können in Zusammenarbeit mit der Naturschutzverwaltung Nestschutzzonen im Umkreis von 200 Meter eingerichtet werden oder die Horstbäume mit Klettersperren gegen das Besteigen durch Waschbären und Co. abgesichert werden.
Literatur
- Bezzel, E.; Geiersberger, I.; Lossow, G. v.; Pfeifer, R. (2005): Brutvögel in Bayern. Verbreitung 1996-1999. Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer.
- Glutz von Blotzheim Urs N. (Hrsg.) (1985ff): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bearb. u. a. von Kurt M. Bauer, Einhard Bezzel und Urs N. Glutz von Blotzheim. 14 Bände in 23 Teilen. Akademische Verlagsgesellschaft, Frankfurt am Main 1966 ff., Aula-Verlag, Wiesbaden (2. Auflage).
- Rödl, T.; Rudolph, B.-U.; Geiersberger, I.; Weixler K.; Görgen, A. (2012): Atlas der Brutvögel in Bayern. Verbreitung 2005-2009. Stuttgart: Eugen Ulmer.
- Rudolph, B.-U.; Schwandner, J.; Fünstück, H.-J.; Faas, M.; Rödl, T.; Siering, M.; Weixler, K. (2016): Rote Liste und Liste der Brutvögel Bayerns. Veröffentlichung des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz.
- Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K.; Sudfeldt, C. (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
- NABU-Vogelporträts
- Arteninformationen Vögel, LfU
Rotmilan
- Pfeiffer, Thomas; Meyburg, Bernd-Ulrich (2015): GPS tracking of Red Kites (Milvus milvus) reveals fledgling number is negatively correlated with home range size. - J Ornithol 156 (4), S. 963–975. DOI: 10.1007/s10336-015-1230-5.
- Pfeiffer, Thomas; Meyburg, Bernd-Ulrich (2022): Flight altitudes and flight activities of adult Red Kites (Milvus milvus) in the breeding area as determined by GPS telemetry. - J Ornithol 163 (4), S. 867–879. DOI: 10.1007/s10336-022-01994-1.
- Sanz-Zuasti, J.; Velasco, T.; Arroyo, B.; Roco, M.; Bermejo, A.; De la Puente, J. (2022): The Red Kite. Biology and conservation. – Fundacion del Patrimonio Natural de Castilla y Leon.
- Aschwanden, Janine; Stark, Herbert; Liechti, Felix (2024): Flight behaviour of Red Kites within their breeding area in relation to local weather variables: Conclusions with regard to wind turbine collision mitigation. - Journal of Applied Ecology 49 (3), Artikel 1365-2664.14739, S. 101. DOI: 10.1111/1365-2664.14739.
- Karthäuser, Johanna; Katzenberger, Jakob; Sudfeldt, Christoph (2019): Evaluation von Maßnahmen zur Verbesserung des Nahrungsangebotes für den Rotmilan Milvus milvus in intensiv genutzten Agrarlandschaften. - In: Vogelwelt 139, S. 71–86.
Maßnahmen, von denen der Rotmilan profitiert
KULAP
- Erneuerung von Hecken und Feldgehölzen (KULAP I80)
- Streuobstpflege (KULAP I82)
- Einrichtung von Agroforstsystemen (KULAP I84)
- Extensive Grünlandnutzung (KULAP K10)
- Insektenschonende Mahd (KULAP K14)
- Extensive Grünlandnutzung mit Schnittzeitpunkten (15. Juni/1. Juli) (KULAP K16/K17)
- Mahd von Steilhangwiesen (KULAP K20)
- Vielfältige Fruchtfolge mit großkörnigen Leguminosen (KULAP K30)
- Vielfältige Fruchtfolge mit alten Kulturen (KULAP K31)
- Vielfältige Fruchtfolge mit blühenden Kulturen (KULAP K32)
- Herbizidverzicht bei Wintergetreide / Winterraps (KULAP K40)
- Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel bei Wintergetreide / Winterraps (KULAP K42)
- Konservierende Saatverfahren (KULAP K46)
- Erosionsschutzstreifen, z.B. als erweiterter Gewässerrandstreifen (KULAP K 50)
- Streifenmaßnahmen Biodiversitätsstreifen (KULAP K 51)
- Wildpflanzenmischungen (Energiepflanzen) (KULAP K52)
- Mehrjährige Blühflächen (KULAP K56)
- Umwandlung von Acker in Grünland (K58)
- Streuobst – Erschwerte Unternutzung (KULAP K78)
- Moorbauernprogramm, Bewirtschaftung von Nassgrünland, keine Nutzung vor 15.6., Nässenachweis durch Zeigerarten (KULAP M12)
Ökoregelungen
- Ackerbrache (Ökoregelung 1a)
- Blühstreifen/-flächen auf Ackerland (Ökoregelung 1b)
- Blühstreifen auf Dauerkulturen (Ökoregelung 1c)
- Altgrasstreifen/-flächen in Dauergrünland (Ökoregelung 1d)
- Anbau vielfältiger Kulturen (Ökoregelung 2)
- Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland und Dauergrünland (Ökoregelung 3)
- Extensivierung des gesamten Dauergrünlands des Betriebs (Ökoregelung 4)
- Kennarten in Dauergrünland (Ökoregelung 5)
- Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel (Ökoregelung 6)
Nicht förderfähige Maßnahmen
- Ackerrandstreifen
- Stehenlassen von Getreide-, Maisstreifen
- Blühstreifen/-fläche, spezielle Saatmischung
- Mahdgutübertragung
- Gewässerrandstreifen
Zurück zu: