Forschungs- und Innovationsprojekt
BitterSweet – Stabilisierung der Alkaloidarmut bei Weißer Lupine

Weiße Lupinen: Großes Potential, aber auch große Herausforderungen

In Süddeutschland ist von den Lupinen-Arten die Weiße Lupine im Anbau am meisten gefragt, da sie an die Klima- und Bodenbedingungen besser angepasst und damit meist ertragreicher ist als z.B. die Schmalblättrige Lupine. Insbesondere durch erste gegenüber der Anthraknose (Pilzkrankheit) toleranten Sorten gab es einen Anstieg in der Nachfrage von Saatgut für den Anbau. In der Vermarktung und Verwertung liegt die vorrangige Herausforderung in einem stabil niedrigem Alkaloidgehalt (Bitterstoffe). Obwohl die sogenannten Süßlupinen sich von den Wildtypen durch eine Alkaloidarmut unterscheiden, überschreiten sie häufig die Empfehlungswerte für Alkaloidgehalte und Erntepartien werden abgelehnt. Alkaloide gehören zu den Bitterstoffen und wirken mengenabhängig toxisch und begrenzen den Einsatz als Lebens- und Futtermittel. Der Gehalt an Alkaloiden ist genetisch verankert und kann und muss über die Züchtung bearbeitet werden. Er wird zusätzlich von Umweltfaktoren (Stress) beeinflusst. Der Alkaloidgehalt ist aufgrund der aufwändigen und damit teuren Analytik nur mangelhaft untersucht. Im Forschungsprojekt BitterSweet wird an kurzfristigen (Beratungsgrundlagen) bis mittelfristigen (Züchtung) Lösungen gearbeitet.

Hintergrund

Projekt BitterSweet

Ziel

Über die Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen und den Einsatz von Smart-Breeding soll bei der Weißen Lupine eine sichere Reduktion der Alkaloidgehalte unter die Richtwerte (BfR) erreicht werden. Für eine nachhaltige Anbausteigerung soll so der aufkommende Konflikt mit den Alkaloidwerten gelöst und die Produktion von regional erzeugtem hochwertigem pflanzlichem Eiweiß unterstützt werden.

Methodik

Als Grundlage für die Züchtung auf Alkaloidarmut wird ein Genpool aus Sorten und PGR mittels an der LfL neu etablierter Quantifizierungsmethode für Alkaloide charakterisiert. Parallel werden molekulare Marker für die Genotypisierung entwickelt bzw. etabliert. Basierend auf den Alkaloidmesswerten und vorhandener positiver Genallele werden Kreuzungseltern zur Kombination mehrerer Allele für Alkaloidarmut ausgewählt und Kreuzungsnachkommen produziert. Diese werden selektiert, geschützt vermehrt und zu PreBreeding-Material weitergeführt. Anhand von Sorten- und produktionstechnischen Versuchen sollen für den ökologischen und konventionellen Anbau Beratungsgrundlagen mit Berücksichtigung der Alkaloide aufgebaut werden.
Kunststoffröhrchen mit verschieden roten Flüssigkeiten

Alkaloid-Schnelltest

Sägerät fährt auf dem Feld

Saat Feldversuch

Luftbild von Parzellenfeld mit einzelen Plastikdächern

Stress: Trockenheit

Lupinen im Topf im Gewächshaus

Gefäßversuch

Lupinenpflanze im Topf mit z.T. beschnittenen Laubblättern

Stress: Schädigung

Weiße Blüten und Pinzette mit gelben Staubbeuteln

Kreuzen von Hand

Pflanze im Topf mit grüner Hülse an der Spitze

Kreuzungshülse

drei weiße Netzzelte am Feld

Isolierzelte

weiß-blühende Pflanzen in einem Netzzelt

Vermehrung

Stand und erste Ergebnisse

Analytik
In den ersten Monaten des Projektes konnte die Alkaloid-Messmethode mit Gaschromatographie an der LfL für Lupinenkörner etabliert werden. Die Analyse der Alkaloide von mehreren hundert Proben eines Genpool aus Genbank-Akzessionen und Erntegut aus vergangenen Sortenversuchen ergab eine hohe Schwankungsbreite in den Gesamtgehalten von sehr süß (<0,01%) bis sehr bitter (>1%). Auch die relative Aufteilung auf die einzelnen Alkaloide (Lupanin, Spartein, Multiflorin u.a.) war abhängig von der Sorte. Der Großeinsatz dieser Analyse steht am ersten Erntegut der Feld- und Gefäßversuche aus dem Projekt 2025 bevor.
Ergänzend zur aufwändigen Gaschromatographie wurden Schnellmethoden zur groben Einordung des Alkaloidgehalts nach vorhandenen Protokollen etabliert. Mit einer verdünnten Lugolschen Lösung werden Kornteile getestet - sehr bittere zeigen einen Niederschlag. Auf einem mit Dragendorff-Lösung getränkten Löschpapier verfärbt sich der Stengelabdruck bei sehr bitteren Pflanzen rötlich. Die Aussagekraft dieser Schnelltests wird aktuell noch getestet und die sinnvolle Anwendung z.B. zur Selektion von Einzelpflanzen im Zuchtprogramm geprüft.
Gefäß- und Feldversuche: aufwändiger Stresstest
Im Gefäßversuch soll der Einfluss verschiedener Stressfaktoren auf den Akaloidgehalt unter kontrollierten Gewächshausbedingungen identiziert werden. Der Feldversuch an zwei bayerischen Standorten mit vergleichbaren Stressbehandlungen soll zeigen ob sich diese Ergebnisse auch am Feld, also in der Praxis wiederfinden lassen und somit praxisrelevant im Anbau sind.
Geprüft werden die drei etablierten Sorten Frieda, Butan und Feodora um auch erwartete Wechselwirkungen zwischen Genotyp und Umwelt abbilden zu können.
Als Einflussfaktoren werden Impfung (Torf, Flüssig), Konkurrenz (durch Saatdichte, durch Beikraut), mechanische Schädigung (in Praxis: Hacken) und Trockenstress, sowie Staunässe und Pflanzenstärkungsmittel (beides nur im Gefäß). Die Feldversuche an beiden Standorten (Ruhstorf, Triesdorf) werden nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus durchgeführt.
Einjährige Ergebnisse im Feldversuch Ernte 2024 von beiden Standorten zeigen übereinstimmend einen ertragsreduzierenden Effekt der Varianten Trockenstress und mechanische Schädigung. Im Gefäßversuch zeigt die statistische Auswertung des Kornertrags unter den verschiedenen Stressbehandlungen ebenfalls eine Reduktion bei den Einzelpflanzen im Topf im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Ergebnisse zu den Alkaloidgehalten der bisher geernteten Versuche werden Mitte 2025 erwartet. Die Wiederholung der Feld und Gefäßversuche und deren Analyse wird bis zu Projektende die Stabilität dieser Aussagen zeigen.
Züchtung: Kreuzen - Selektieren - Genetische Marker
Der Genpool (Pflanzenmaterial mit dem im Projekt intensiv gearbeitet wird) wurde durch neues Material aus der Genbank ergänzt, welches 2025 im 2. Jahr charakterisiert und vermehrt wird. Interessante Akzessionen werden ggfls. für zukünftige Kreuzungen genutzt um gezielt Merkmale und neue Genetik einzubringen.
Jährlich werden im Gewächshaus gezielte Kreuzungen gemacht, welche verschiedene genetische Faktoren der Alkaloidarmut bzw. besondere Alkaloidarmut mit Anthraknosetoleranz kombinieren. Die Nachkommen werden getestet und beobachtet um verbessertes Prebreeding-Material zu selektieren, aus dem bessere Sorten entwickelt werden können. Vielversprechendes Material wird auch 2025 in speziellen Isolierzelten, welche Bestäuberinsekten abhalten am LfL-Standort Ruhstorf angebaut, charakterisiert, selektiert und von Hand geerntet.
Im Bereich Genomanalyse und molekulare Pflanzenzüchtung wurde die Datenbasis zur Weißen Lupine erheblich ausgebaut und an der Entwicklung von Selektionsmarkern für züchtungsrelevante Merkmale wird laufend gearbeitet. Hierfür werden riesige Datenmengen aus Sequenzierungen der DNA ausgewählter Weißer Lupinen mit Analysewerten zu Alkaloidgehalten, sowie Beobachtungsdaten vom Feld zusammengebracht und über verschiedene statistische Ansätze ausgewertet. Ziel ist es Genbereiche zu identifizieren, die speziell z.B. mit dem Merkmal Alkaloidarmut gekoppelt sind. Die Etablierung eines bereits bekannten genetischen Markers für ein Alkaloid-Gen (Locus pauper) ist gelungen. Da er im Projektgenpool bestätigt werden konnte, kann er bereits als Selektionsmarker eingesetzt werden.
Publikationen und Präsentation des Projekts bei verschiedenen internen und externen Veranstaltungen

Projektinformation
Projekttitel: BitterSweet – Stabilisierung der Alkaloidarmut auf niedrigem Niveau zur Sicherung eines zukunftsfähigen Anbaus der Weißen Lupine
Projektleitung: Christine Riedel (Arbeitsbereich IPZ 4a/Züchtungsforschung bei Mais und Körnerleguminosen)
Projektbearbeitung: Sandy Holzapfel (IPZ 4a), Grit Schwertfirm/Timotheus Landfarth (IPZ 1b), Michael Weinberger/Frederic Wöhrl (IAB 3d)
Laufzeit: Juli 2023 bis Mai 2026
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF)
Förderkennzeichen: KL/23/01
Projektpartner: LfL-IPZ 1b/Genom­analysen und Genquellen, Günther Schweizer/Grit Schwertfirm; LfL-IPZ 5d/Hopfen­analytik, Klaus Kammhuber; LfL-IAB 3d/Leguminosen im ökologischen Landbau, Andrea Winterling; FiBL Schweiz, Christine Arncken, Monika Messmer; Landwirtschaftliche Lehranstalten Triesdorf, Manuel Deyerler/Stefan Uhl, Michael Tröster/Ulrich Lohmüller

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