Forschungs- und Innovationsprojekt
BitterSweet – Stabilisierung der Alkaloidarmut bei Weißer Lupine
Weiße Lupinen: Großes Potential, aber auch große Herausforderungen
In Süddeutschland ist von den Lupinen-Arten die Weiße Lupine im Anbau am meisten gefragt, da sie an die Klima- und Bodenbedingungen besser angepasst und damit meist ertragreicher ist als z.B. die Schmalblättrige Lupine. Insbesondere durch erste gegenüber der Anthraknose (Pilzkrankheit) toleranten Sorten gab es einen Anstieg in der Nachfrage von Saatgut für den Anbau. In der Vermarktung und Verwertung liegt die vorrangige Herausforderung in einem stabil niedrigem Alkaloidgehalt (Bitterstoffe). Obwohl die sogenannten Süßlupinen sich von den Wildtypen durch eine Alkaloidarmut unterscheiden, überschreiten sie häufig die Empfehlungswerte für Alkaloidgehalte und Erntepartien werden abgelehnt. Alkaloide gehören zu den Bitterstoffen und wirken mengenabhängig toxisch und begrenzen den Einsatz als Lebens- und Futtermittel. Der Gehalt an Alkaloiden ist genetisch verankert und kann und muss über die Züchtung bearbeitet werden. Er wird zusätzlich von Umweltfaktoren (Stress) beeinflusst. Der Alkaloidgehalt ist aufgrund der aufwändigen und damit teuren Analytik nur mangelhaft untersucht. Im Forschungsprojekt BitterSweet wird an kurzfristigen (Beratungsgrundlagen) bis mittelfristigen (Züchtung) Lösungen gearbeitet.
Hintergrund
Die Weiße Lupine – wertvoll in der Fruchtfolge – vielseitig als Lebensmittel
Die Körner der „süßen“ Sorten der Weißen Lupine finden zunehmend Verwendung als Bestandteil im Mischfutter für Nutztiere und als vielseitiges Lebensmittel. Der hohe Eiweißgehalt von bis zu 45 % und die hochwertige Zusammensetzung der Aminosäuren ist gleichwertig mit der Sojabohne. Aus Lupinenkörnern werden beispielsweise diverse Milch- und Fleischersatzprodukte sowie Kaffee hergestellt. Lupinenmehl findet Einsatz als Grundlage für Proteinshakes oder als Bindemittel für Backwaren, Nudeln und Süßspeisen. Bei Kennern inzwischen beliebt ist auch Tempeh. Das traditionell indonesische Lebensmittel wird aus geschälten und gekochten Lupinenkörnern unter Zusetzung eines Schimmelpilzes fermentiert und ist in Bioläden erhältlich.
Die Alkaloide – unerwünschte Bitterstoffe – viele offene Fragen
Die Synthese der Bitterstoffe passiert in den grünen Pflanzenteilen mit verschiedenen Zwischenstufen, wobei der Prozess von unterschiedlichen Gen-Varianten beeinflusst wird, welche insbesondere bei der Weißen Lupine noch unzureichend erforscht sind. Später findet ein Transport in die Körner statt.
Bitterstoffe sind Abwehrstoffe der Pflanze, welche z.B. Fraßfeinde abschreckt. Es wird vermutet, dass nicht nur biotischer Stress (Schädlinge und Krankheiten) die Produktion von Alkaloiden erhöhen kann, sondern auch abiotischer Stress wie Trockenheit, Staunässe und Hitze oder Nährstoffmangel. Wissen über den Effekt dieser Stressfaktoren auf den Alkaloidgehalt in den Körnern, wäre eine wertvolle Information für die Anbauberatung.
Projekt BitterSweet
Ziel
Methodik
Stand und erste Ergebnisse
Ergänzend zur aufwändigen Gaschromatographie wurden Schnellmethoden zur groben Einordung des Alkaloidgehalts nach vorhandenen Protokollen etabliert. Mit einer verdünnten Lugolschen Lösung werden Kornteile getestet - sehr bittere zeigen einen Niederschlag. Auf einem mit Dragendorff-Lösung getränkten Löschpapier verfärbt sich der Stengelabdruck bei sehr bitteren Pflanzen rötlich. Die Aussagekraft dieser Schnelltests wird aktuell noch getestet und die sinnvolle Anwendung z.B. zur Selektion von Einzelpflanzen im Zuchtprogramm geprüft.
Geprüft werden die drei etablierten Sorten Frieda, Butan und Feodora um auch erwartete Wechselwirkungen zwischen Genotyp und Umwelt abbilden zu können.
Als Einflussfaktoren werden Impfung (Torf, Flüssig), Konkurrenz (durch Saatdichte, durch Beikraut), mechanische Schädigung (in Praxis: Hacken) und Trockenstress, sowie Staunässe und Pflanzenstärkungsmittel (beides nur im Gefäß). Die Feldversuche an beiden Standorten (Ruhstorf, Triesdorf) werden nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus durchgeführt.
Einjährige Ergebnisse im Feldversuch Ernte 2024 von beiden Standorten zeigen übereinstimmend einen ertragsreduzierenden Effekt der Varianten Trockenstress und mechanische Schädigung. Im Gefäßversuch zeigt die statistische Auswertung des Kornertrags unter den verschiedenen Stressbehandlungen ebenfalls eine Reduktion bei den Einzelpflanzen im Topf im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Ergebnisse zu den Alkaloidgehalten der bisher geernteten Versuche werden Mitte 2025 erwartet. Die Wiederholung der Feld und Gefäßversuche und deren Analyse wird bis zu Projektende die Stabilität dieser Aussagen zeigen.
Jährlich werden im Gewächshaus gezielte Kreuzungen gemacht, welche verschiedene genetische Faktoren der Alkaloidarmut bzw. besondere Alkaloidarmut mit Anthraknosetoleranz kombinieren. Die Nachkommen werden getestet und beobachtet um verbessertes Prebreeding-Material zu selektieren, aus dem bessere Sorten entwickelt werden können. Vielversprechendes Material wird auch 2025 in speziellen Isolierzelten, welche Bestäuberinsekten abhalten am LfL-Standort Ruhstorf angebaut, charakterisiert, selektiert und von Hand geerntet.
Im Bereich Genomanalyse und molekulare Pflanzenzüchtung wurde die Datenbasis zur Weißen Lupine erheblich ausgebaut und an der Entwicklung von Selektionsmarkern für züchtungsrelevante Merkmale wird laufend gearbeitet. Hierfür werden riesige Datenmengen aus Sequenzierungen der DNA ausgewählter Weißer Lupinen mit Analysewerten zu Alkaloidgehalten, sowie Beobachtungsdaten vom Feld zusammengebracht und über verschiedene statistische Ansätze ausgewertet. Ziel ist es Genbereiche zu identifizieren, die speziell z.B. mit dem Merkmal Alkaloidarmut gekoppelt sind. Die Etablierung eines bereits bekannten genetischen Markers für ein Alkaloid-Gen (Locus pauper) ist gelungen. Da er im Projektgenpool bestätigt werden konnte, kann er bereits als Selektionsmarker eingesetzt werden.
- Ökofeldtag der LfL am 14. Juni 2024 in Triesdorf
- LfL-Feldrundgang Körnerleguminosen am 18.06.2024 bei Ruhstorf
- StakeholderForum „Innovative Lebensmittel vom Acker“ am 17. September 2024 in Ruhstorf
- Nationaler Leguminosenkongress vom 07.-10. Oktober 2024 in Leipzig
- 9. Öko-Landbautag der LfL/HSWT „Wissen. Wirken. Wachsen. – Plattform für aktuelle Erkenntnisse des ökologischen Landbaus“ am 24.10.2024 in Triesdorf
Projektinformation
Projekttitel: BitterSweet – Stabilisierung der Alkaloidarmut auf niedrigem Niveau zur Sicherung eines zukunftsfähigen Anbaus der Weißen Lupine
Projektleitung: Christine Riedel (Arbeitsbereich IPZ 4a/Züchtungsforschung bei Mais und Körnerleguminosen)
Projektbearbeitung: Sandy Holzapfel (IPZ 4a), Grit Schwertfirm/Timotheus Landfarth (IPZ 1b), Michael Weinberger/Frederic Wöhrl (IAB 3d)
Laufzeit: Juli 2023 bis Mai 2026
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF)
Förderkennzeichen: KL/23/01
Projektpartner: LfL-IPZ 1b/Genomanalysen und Genquellen, Günther Schweizer/Grit Schwertfirm; LfL-IPZ 5d/Hopfenanalytik, Klaus Kammhuber; LfL-IAB 3d/Leguminosen im ökologischen Landbau, Andrea Winterling; FiBL Schweiz, Christine Arncken, Monika Messmer; Landwirtschaftliche Lehranstalten Triesdorf, Manuel Deyerler/Stefan Uhl, Michael Tröster/Ulrich Lohmüller
LfL-Information
Lupine: Anbau und Verwertung
Die Broschüre gibt Auskunft zum Anbau sowie zur Züchtung neuer Sorten mit Toleranz gegenüber dem gefährlichen Pilz Anthraknose. Darüber hinaus wird auf die Verwertung als Eiweißfuttermittel für die menschliche und tierische Ernährung sowie auf Interessantes aus der Forschung eingegangen. Mehr
LfL-Merkblatt
Die Weiße Lupine in Anbau, Forschung und Züchtung
Dieses Merkblatt gibt einen kurzen Überblick über die wichtigsten Informationen rund um die Weiße Lupine, sowie aktuelle Arbeiten der LfL in diesem Bereich. Mehr
Züchtung von Sojabohne und Weißer Lupine
Ein leistungsfähiger Pflanzenbau basiert auf angepassten, ertragsstarken und gesunden Sorten, die durch Züchtungsarbeit laufend an sich ändernde Umweltbedingungen und Qualitätsansprüche angepasst werden. Die LfL betreibt Züchtungsforschung bei den Eiweißpflanzen Sojabohne und Weiße Lupine und arbeitet eng mit bayerischen Pflanzenzuchtunternehmen zusammen, um regionale Zuchtprogramme zu unterstützen und somit letztendlich den Anbau dieser ackerbaulich wertvollen Kulturen. Mehr
Süßlupinenanbau in Bayern und Deutschland
Der Anbau von Süßlupinen wäre eine Möglichkeit zur Steigerung der heimischen Eiweißfuttermittelerzeugung. Welche Erfahrungen haben Wissenschaftler und Praktiker mit den verschiedenen Lupinenarten in Versuchen bisher gemacht? Mehr