Buchführungsauswertung Wirtschaftsjahre 2012/13 bis 2021/22
Ökonomische Entwicklung einer über zehn Jahre hinweg identischen Gruppe von Milchviehbetrieben auf Grundlage der bayerischen Buchführungsergebnisse

Fleckviehkühe im Laufstall.

Foto: Tobias Hase, StMELF

Wie haben sich bayerische Milchviehbetriebe über die letzten zehn Jahre entwickelt? Über die Analyse von zehn Buchführungen soll darauf eine Antwort gegeben werden mit einem abschließenden Vergleich zwischen konventionellen und ökologisch bewirtschafteten Betriebsgruppen.

Im landwirtschaftlichen Testbetriebsnetz werden Buchführungsabschlüsse repräsentativ ausgewählter Betriebe ausgewertet, die Zusammensetzung ändert sich allerdings über die Jahre. In dieser Auswertung wurde gefiltert auf die Betriebsgruppe spezialisierter Milchviehbetriebe mit zehn Abschlüssen. Die konventionell wirtschaftende Gruppe umfasst 283 Betriebe, die Öko-Gruppe 49 Betriebe.

Ergebnisse und Ausblick in Kürze

  • Sowohl ökologisch wirtschaftende Betriebe als auch konventionelle stehen vor ähnlichen Fragen, wenn es um die zukünftige Ausrichtung des Betriebes geht.
  • Im Grunde gibt es immer mehrere Wege, das Ziel einer rentablen Milchproduktion erreichen zu können.
  • Die Auswertung der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass die Ökobetriebe den Milchpreisvorteil auch in einen deutlich höheren Gewinn pro Kuh umsetzen konnten – verbunden mit einem deutlich höheren zeitlichen Input. Aus wirtschaftlicher Sicht stellte die Biomilch gerade dann eine lukrative Alternative dar, wenn Stallplätze am Hof eher knapp waren.
  • Durch aktuelle und zukünftige Zuschläge für bestimmte Tierwohlkriterien könnte es in einigen Fällen noch stärker zu einer Konkurrenzsituation zwischen Bio- und konventioneller Milch kommen.
  • Unabhängig von der Ausrichtung ist aufgrund der deutlich gestiegenen Baukosten, Zinsen und Produktionsmittelpreise in Verbindung mit der absehbar verschärften Futterflächenknappheit für die nachhaltigere Milcherzeugung mit einer stark gebremsten Investitionstätigkeit im Milchsektor zu rechnen.
  • Ein wesentlicher Vorteil der Milchkuh liegt darin, dass sie aus für den Menschen nicht essbarer Biomasse hochwertige Nahrungsmittel erzeugen kann. Dies wird zukünftig von großer Bedeutung sein und ein guter Grund, bei passenden betrieblichen Voraussetzungen weiterhin in die Milchviehhaltung zu investieren – egal ob diese in konventioneller oder biologischer Wirtschaftsweise betrieben wird.
  • Würde sich die Milchviehhaltung in Bayern allerdings nur auf das Grünland zurückziehen, wäre ein deutlicher Rückbau der Milchviehhaltung wohl nicht auszuschließen.
Umfassende Auswertung der Buchführungen zur ökonomischen Entwicklung einer über zehn Jahre hinweg identischen Gruppe von Milchviehbetrieben (PDF-Datei, 8 Seiten):

Der Gewinn je Kuh ist bei den Ökobetrieben durchwegs höher

Der Gewinn je Kuh und Jahr war im Auswertungszeitraum bei den Ökobetrieben immer deutlich höher.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Kuhgewinn über zehn Jahre im Vergleich konventionell zu öko­logisch

Im Zehnjahresmittel hatte die Öko-Milchkuh pro Platz einen um 540 Euro oder 50 Prozent höheren Gewinn (Abbildung 1). Über 1.000 Euro betrug der Unterschied im Jahr 2015/16, im letzten Auswertungsjahr waren es immer noch 240 Euro.

Der Gewinn je Familienarbeitskraft ist bei den Ökobetrieben meist höher

In sieben von zehn Jahren war der Gewinn je Familien-AK bei den Ökobetrieben höher.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Gewinn je Familien-AK über zehn Jahre im Vergleich konventionell zu öko­logisch

Bei weitem nicht mehr so ausgeprägt ist die Differenz, wird der Gewinn auf die Familienarbeitskraft bezogen (Abbildung 2).
Im Mittel der konventionellen Jahre 32.000 Euro, bei den Ökobetrieben 37.000 Euro mit drei Überschneidungen in den Jahren 13/14, 17/18 und 21/22.
Die Ursache liegt – bei annähernd gleichem Fremdlohn­aufwand in den beiden Gruppen – im höheren zeitlichen Input im Öko-Betrieb und der damit verbundenen geringeren Arbeits­produktivität. So kamen im Durchschnitt der zehn Jahre nur 23,2 statt 30,2 Kühe auf jede Familien­arbeitskraft (77 %).

Ausgewählte Kennzahlen der untersuchten Betriebe

Ausgewählte Kennzahlen der untersuchten Betriebe werden in den Tabellen 1 (konventionell) und 2 (ökologisch) gegenübergestellt (Tabelle 1 und 2 im Wechsel abrufbar über Reiter).

Im Durchschnitt 49 Kühe und einen Gewinn von 1.057 Euro je Kuh

Im Wirtschaftsjahr 2012/13 hatte die Gruppe 46 Milchkühe und 50 ha LF (Tabelle 1). Die Herdengröße wuchs im Zehnjahreszeitraum von 46 auf 50 Kühe um knapp 10 %. Die Milchleistung stieg ausgehend von knapp 7.000 kg ebenfalls um 10 % – allerdings mit einem Rückgang in den letzten beiden Jahren. Der Durchschnitt im Zehnjahres­zeitraum lag bei 7.445 kg/Kuh.
Tabelle 1: Struktur und Ökonomik der Gruppe identischer Milchviehbetriebe über 10 Jahre – konventionell
 12/1313/1414/1515/1616/1717/1818/1919/2020/2121/22Durchschnitt aller Jahre
Anzahl Milchkühe46,047,448,248,950,150,850,650,350,049,749,2
Kühe je Familien-AK28,729,529,730,030,731,030,630,730,530,630,2
Milchleistung (erzeugt) in kg/Kuh6.9747.1227.1117.4217.3337.5877.6767.8497.7397.6447.445
Landwirtsch. genutzte Fläche (LF) in ha50,351,051,451,852,352,853,453,653,553,652,4
Grünlandanteil in %51,651,351,951,951,951,851,851,952,051,851,8
Rinderbesatz in GV/ha LF1,621,641,651,661,681,681,651,631,621,601,64
Milchpreis (netto) in ct/kg34,9840,9936,0530,7432,8138,7337,3335,8636,3542,8936,67
Gewinnrate in %25,327,622,320,523,931,323,819,419,822,823,7
Gewinn je Familien-AK in Euro/FamAK31.35737.55728.48424.12930.00645.16532.85626.14427.22736.29131.921
Gewinn in Euro je Kuh1.0911.2759588049771.4591.0728538931.1841.057
Betriebseinkommen in Euro je Kuh1.3331.5211.2201.0721.2491.7291.3571.1651.2111.5041.337
Eigenkapitalbildung in Euro je Kuh2813335-28209597141-11626368181
Fremdkapital in Euro je Kuh1.9672.0562.1712.2442.2992.2072.4222.6752.6462.8112.355

Im Durchschnitt 35 Kühe und einen Gewinn von 1.601 Euro je Kuh

Die Gruppe der identischen Betriebe mit ökologischer Bewirtschaftung umfasst nur 49 Betriebe und ist mit 35 Kühen im Herdendurchschnitt deutlich kleiner (-14,2 Kühe, 71 %, siehe Tabelle 2). Der Grünlandanteil ist mit im Mittel 78 % deutlich höher (konventionell 52 %) und der Rinderbesatz mit 1,35 zu 1,64 GV/ha LF deutlich niedriger. Die Eigenkapitalbildung ist tendenziell besser (210 Euro/Kuh vs. 180 Euro/Kuh), dafür ist bei den Öko-Betrieben der Fremdkapitaleinsatz um ein knappes Drittel höher (+750 Euro/Kuh im Zehnjahresmittel).
Tabelle 2: Struktur und Ökonomik identischer Milchviehbetriebe über 10 Jahre - ökologisch
 12/1313/1414/1515/1616/1717/1818/1919/2020/2121/22Durchschnitt aller Jahre
Anzahl Milchkühe31,632,533,335,036,036,236,636,336,836,035,0
Kühe je Familien-AK21,121,822,423,023,923,523,923,924,723,723,2
Milchleistung (erzeugt) in kg/Kuh5.8305.8395.9346.0386.0636.3086.2066.2686.3186.3816.119
Landwirtsch. genutzte Fläche (LF) in ha40,741,341,243,043,643,944,444,745,645,543,4
Grünlandanteil in %77,978,378,578,978,277,478,277,278,878,878,2
Rinderbesatz in GV/ha LF1,321,331,361,351,371,371,371,361,361,341,35
Milchpreis (netto) in ct/kg42,7448,3747,9649,5749,2050,4648,7849,0750,5753,5449,03
Gewinnrate in %30,534,735,135,733,635,529,427,930,625,831,9
Gewinn je Familien-AK in Euro/FamAK28.99537.18238.60942.25540.80743.11034.30033.28538.87133.81537.123
Gewinn in Euro je Kuh1.3761.7031.7251.8361.7101.8341.4341.3931.5731.4261.601
Betriebseinkommen in Euro je Kuh1.6791.9622.0022.1202.0502.1861.7631.7611.9341.8001.927
Eigenkapitalbildung in Euro je Kuh26659341443411626655-140280-126209
Fremdkapital in Euro je Kuh2.2732.5712.5703.2303.3143.3063.3103.3763.4663.3953.101
Im nun kommenden Auswertungsjahr 2022/23 hatten Öko-Betriebe bei auch deutlich gestiegenen Produktionskosten einen im Vergleich zu den konventionellen Betrieben stark abgedämpften Milchpreisanstieg. Vielleicht ist es hier wie mit den Aktien: Sie sind für die meisten Anleger eine langfristige Strategie, und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass über die Jahre eine gute (und im doppelten Sinn nachhaltige) Wertentwicklung erzielt wird.

Ansprechpartner
Guido Hofmann
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Menzinger Straße 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1461
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de

Porträtfoto Guido Hofmann

Guido Hofmann

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