Buchführungsauswertung Wirtschaftsjahre 2013/14 bis 2022/23
Ökonomische Entwicklung einer über zehn Jahre hinweg identischen Gruppe von Milchviehbetrieben auf Grundlage der bayerischen Buchführungsergebnisse

Fleckviehkühe im Laufstall.

Foto: Tobias Hase, StMELF

Wie haben sich bayerische Milchviehbetriebe über die letzten zehn Jahre entwickelt? Über die Analyse von zehn Buchführungen soll darauf eine Antwort gegeben werden mit einem abschließenden Vergleich zwischen konventionellen und ökologisch bewirtschafteten Betriebsgruppen.

Im landwirtschaftlichen Testbetriebsnetz werden Buchführungsabschlüsse repräsentativ ausgewählter Betriebe ausgewertet, die Zusammensetzung ändert sich allerdings über die Jahre. In dieser Auswertung wurde gefiltert auf die Betriebsgruppe spezialisierter Milchviehbetriebe mit zehn Abschlüssen. Die konventionell wirtschaftende Gruppe umfasst 314 Betriebe, die Öko-Gruppe 40 Betriebe.

Ergebnisse und Ausblick in Kürze

  • Sowohl ökologisch wirtschaftende Betriebe als auch konventionelle stehen vor ähnlichen Fragen, wenn es um die zukünftige Ausrichtung des Betriebes geht.
  • Im Grunde gibt es immer mehrere Wege, das Ziel einer rentablen Milchproduktion zu erreichen.
  • Die Auswertung der vergangenen zehn Jahre zeigt, dass die Ökobetriebe den Milchpreisvorteil auch in einen deutlich höheren Gewinn pro Kuh umsetzen konnten – verbunden mit einem deutlich höheren zeitlichen Input. Aus wirtschaftlicher Sicht stellte die Biomilch gerade dann eine lukrative Alternative dar, wenn Stallplätze am Hof eher knapp waren.
  • Durch aktuelle und zukünftige Zuschläge für bestimmte Tierwohlkriterien könnte es in einigen Fällen noch stärker zu einer Konkurrenzsituation zwischen Bio- und konventioneller Milch kommen.
  • Unabhängig von der Ausrichtung ist aufgrund der deutlich gestiegenen Baukosten, Zinsen und Produktionsmittelpreise in Verbindung mit der absehbar verschärften Futterflächenknappheit für die nachhaltige Milcherzeugung mit einer stark gebremsten Investitionstätigkeit im Milchsektor zu rechnen.
  • Ein wesentlicher Vorteil der Milchkuh liegt darin, dass sie aus für den Menschen nicht essbarer Biomasse hochwertige Nahrungsmittel erzeugen kann. Dies wird zukünftig von großer Bedeutung sein und ein guter Grund, bei passenden betrieblichen Voraussetzungen weiterhin in die Milchviehhaltung zu investieren – egal ob diese in konventioneller oder biologischer Wirtschaftsweise betrieben wird.
  • Würde sich die Milchviehhaltung in Bayern auf das Grünland zurückziehen, wäre ein deutlicher Rückbau der Milchviehhaltung unumgänglich.
Umfassende Auswertung der Buchführungen zur ökonomischen Entwicklung einer über zehn Jahre hinweg identischen Gruppe von Milchviehbetrieben (PDF-Datei, 9 Seiten):

2022/23 ein Ausnahmejahr: Die konventionelle Kuh beim Gewinn vorne

Der Gewinn je Kuh und Jahr war im Auswertungszeitraum bis auf das aktuelle Jahr bei den Ökobetrieben immer deutlich höher.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Kuhgewinn über zehn Jahre im Vergleich konventionell zu öko­logisch

Im Zehnjahresmittel hatte die Öko-Milchkuh pro Platz einen um 637 Euro oder 57 Prozent höheren Gewinn (Abbildung 1). Über 1.200 Euro betrug der Unterschied im Jahr 2015/16, im Auswertungsjahr 2021/22 waren es immer noch 615 Euro. Einmalig in all den Jahren ist die Situation im aktuell ausgewerteten Wirtschaftsjahr 2022/23: Während in der konventionellen Gruppe die Kostensteigerung vor allem durch den extremen Milchpreisanstieg überkompensiert wurde, sank in der Ökogruppe der Stückgewinn leicht. In der Folge liegt erstmals der Stückgewinn der konventionellen Kuh über dem der Öko-Kuh.

Der Gewinn je Familienarbeitskraft ist bei den Ökobetrieben meist höher

In sieben von zehn Jahren war der Gewinn je Familien-AK bei den Ökobetrieben höher.Zoombild vorhanden

Abb. 2: Gewinn je Familien-AK über zehn Jahre im Vergleich konventionell zu öko­logisch

Bei weitem nicht mehr so ausgeprägt ist die Differenz, wird der Gewinn auf die Familienarbeitskraft bezogen (Abbildung 2). Sind es bezogen auf die Milchkuh 57 Prozent mehr Gewinn im Öko-Betrieb, so bleiben beim Bezug auf die Familienarbeitskraft noch 21 Prozent Gewinnvorteil.
Die Ursache liegt – bei annähernd gleichem Fremdlohnaufwand in den beiden Gruppen – im höheren zeitlichen Input im Öko-Betrieb (im Stall und auf dem Feld) und der damit verbundenen geringeren Arbeitsproduktivität. So kamen im Durchschnitt der zehn Jahre nur 23,0 statt 29,7 Kühe auf jede Familienarbeitskraft (77 Prozent).

Ausgewählte Kennzahlen der untersuchten Betriebe

Ausgewählte Kennzahlen der untersuchten Betriebe werden in den Tabellen 1 (konventionell) und 2 (ökologisch) gegenübergestellt (Tabelle 1 und 2 im Wechsel abrufbar über Reiter).

Im Durchschnitt 48,7 Kühe und ein Gewinn von 1.112 Euro je Kuh

Im Wirtschaftsjahr 2013/14 hatte die Gruppe 46 Milchkühe und 49 ha LF (Tabelle 1). Die Herdengröße wuchs im Zehnjahreszeitraum von 46 auf knapp 50 Kühe und damit um knapp 8 Prozent. Die Milchleistung stieg ausgehend von 7.100 kg um 10 Prozent auf rund 7.850 kg. Der Durchschnitt im Zehnjahreszeitraum lag bei 7.500 kg Jahresmilchleistung je Kuh.
Tabelle 1: Struktur und Ökonomik der Gruppe identischer Milchviehbetriebe über 10 Jahre – konventionell
 13/1414/1515/1616/1717/1818/1919/2020/2121/2222/23Durch­schnitt aller Jahre
Anzahl Milch­kühe45,746,747,849,050,149,949,649,449,549,548,7
Kühe je Familien-AK28,228,529,129,930,430,130,129,930,330,429,7
Milch­leistung (erzeugt) in kg/Kuh7.1067.0637.4007.2987.5587.6587.8447.7167.5907.8467.508
Land­wirtsch. genutzte Fläche (LF) in ha48,749,149,550,150,651,351,751,752,152,450,7
Grünlandanteil in %51,552,052,252,252,152,252,352,252,251,952,1
Rinder­besatz in GV/ha LF1,661,681,711,721,741,691,671,671,651,641,68
Milchpreis (netto) in ct/kg41,0536,1430,7832,8338,7037,4335,8836,4443,0155,8538,81
Gewinn­­rate in %27,222,220,023,531,023,319,019,722,329,323,7
Gewinn je Familien-AK in Euro/FamAK35.18727.10322.76028.45143.34031.38324.86626.23534.51156.40333.024
Gewinn in Euro je Kuh1.2489517829521.4271.0448278761.1371.8581.112
Betriebs­einkommen in Euro je Kuh1.4961.2101.0441.2151.6911.3221.1241.1771.4402.1881.393
Eigen­kapital­bildung in Euro je Kuh35025-30203605165-11061341921255
Fremd­kapital in Euro je Kuh2.1152.2412.3182.4232.2982.4092.6862.6072.7662.8282.473

Im Durchschnitt 35,6 Kühe und einen Gewinn von 1.745 Euro je Kuh

Die Gruppe der identischen Betriebe mit ökologischer Bewirtschaftung umfasst nur 40 Betriebe und ist mit 37 Kühen im Herdendurchschnitt deutlich kleiner (-12,3 Kühe, 75 Prozent, Tabelle 2). Die Milchleistung stieg im Zehnjahresverlauf um knapp 7 Prozent, die Herdengröße um 15 Prozent. Der Grünlandanteil ist mit im Mittel 83 Prozent deutlich höher (konventionell 52 Prozent) und der Rinderbesatz mit 1,40 zu 1,68 GV/ha LF deutlich niedriger. Die Eigenkapitalbildung ist nur tendenziell besser (287 Euro/Kuh vs. 255 Euro/Kuh), dafür ist bei den Öko-Betrieben der Fremdkapitaleinsatz um gut ein Viertel höher (+660 Euro/Kuh im 10-Jahres-Mittel).
Tabelle 2: Struktur und Ökonomik identischer Milchviehbetriebe über 10 Jahre - ökologisch
 13/1414/1515/1616/1717/1818/1919/2020/2121/2222/23Durch­schnitt aller Jahre
Anzahl Milch­kühe32,533,134,635,636,136,636,036,637,237,235,6
Kühe je Familien-AK20,921,422,123,023,023,423,524,624,023,923,0
Milch­leistung (erzeugt) in kg/Kuh6.1806.1656.2556.2476.4806.4116.4046.4766.5816.5896.379
Land­wirtsch. genutzte Fläche (LF) in ha39,740,141,541,942,142,342,744,044,444,442,3
Grünland­anteil in %82,282,582,982,582,982,682,583,183,683,882,9
Rinder­besatz in GV/ha LF1,381,401,391,421,431,441,421,401,391,381,40
Milch­preis (netto) in ct/kg48,5548,2449,6749,4150,6449,0249,8250,8553,5660,5051,03
Gewinn­rate in %35,238,038,535,336,532,430,331,032,028,733,8
Gewinn je Familien-AK in Euro/FamAK35.78140.07544.51541.55143.66737.28635.65238.84442.04741.06440.048
Gewinn in Euro je Kuh1.7081.8752.0181.8081.9001.5901.5151.5821.7521.7221.745
Betriebs­einkommen in Euro je Kuh1.9382.1212.2692.1002.2101.8881.8351.9132.0682.0422.037
Eigen­kapital­bildung in Euro je Kuh525507565179298168-70222118415287
Fremd­kapital in Euro je Kuh2.2082.2613.0633.1933.1862.8952.8173.7263.6964.0593.132
Im nächsten Auswertungsjahr 2023/24 wird der Stückgewinn der Öko-Milchkuh wieder deutlich über dem der konventionellen Kuh liegen: Einem gedämpfteren Milchpreisrückgang bei Öko-Milch stehen auf beiden Seiten leicht gesunkene Produktionskosten gegenüber.

Ansprechpartner
Guido Hofmann
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Menzinger Straße 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1461
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de

Porträtfoto Guido Hofmann

Guido Hofmann

Mehr zum Thema

Bayerische Buchführungsstatistik
Buchführungsergebnisse des Wirtschaftsjahres 2022/2023

Das Wirtschaftsjahr 2022/2023 war für die bayerischen Haupterwerbsbetriebe insgesamt ein positives Jahr. Sie erwirtschafteten im Durchschnitt einen Gewinn von 96.835 Euro und lagen damit um rund 35 Prozent über dem Vorjahresergebnis. Dieser Gewinnanstieg war vor allem auf höhere betriebliche Erträge zurückzuführen. Mehr

BMEL-Buchführungsauswertung
Die wirtschaftliche Situation der spezialisierten Milchviehbetriebe

Was verdienen die Milchviehbetriebe beim derzeitigen Verbrauchermilchpreis? Was müsste der Liter Milch im Laden kosten, wenn die Milchbauern einen Mindestlohn auf Gesellenniveau bekämen? Inwieweit konnten die Milchviehbetriebe mit dem erwirtschafteten Gewinn die Kostenansätze für das gebundene Eigenkapital, die eigene Fläche und die eigene Arbeit abdecken? Diese und weitere Fragen beantwortet der folgende Beitrag. Mehr

Viertelauswertung Milchviehbetriebe Wirtschaftsjahr 22/23 konventionell/ökologisch
Buchführungsauswertung der spezialisierten Milchviehbetriebe 2022/23

Diese Auswertung teilt die Betriebe nach der verkauften Milch in Gruppen auf und fasst in diesen Gruppen das obere und untere Viertel über das erwirtschaftete Betriebseinkommen zusammen. Anschließend wird der Gewinn auf die Milchkühe, Familienarbeitskräfte und Fläche verteilt, um die Faktorverwertung zu bestimmen. Überraschend ist die große Spreizung zwischen oberem und unterem Viertel. Mehr

Beratungshilfe "Controlling im Milchviehbetrieb"
Controlling in wachsenden Milchviehbetrieben

In wachsenden Milchviehbetrieben wächst auch das Risiko mit und der Betriebsleiter kann nicht mehr alle Arbeiten im Blick behalten. Hier springt das Controlling ein. Anhand wichtiger Kenngrößen lässt sich der vielschichtige Produktionsprozess überwachen und steuern. Mehr

Beratungshilfe "Arbeitswirtschaft im Milchviehbetrieb"
Arbeitseffizienz und Personalkosten in wachsenden Milchviehbetrieben – ein Vergleich unterschiedlicher Melksysteme und Betriebsgrößen

Das LfL-Arbeitszeit-Tool auf Excel-Basis liefert Orientierungswerte für den Arbeitszeitaufwand und die Arbeitsentlohnung in der Milcherzeugung. Drei Erzeugungssysteme im Herdenbereich von 20 bis 200 Kühen können in acht Grafiken miteinander verglichen werden. Berücksichtigt werden Stall-, Melk- und Fütterungstechnik und die Art der Bestandsergänzung. Mehr