Beratungshilfe "Controlling im Milchviehbetrieb"
Controlling in wachsenden Milchviehbetrieben
Das frühe Erkennen von betrieblichen Fehlentwicklungen ist für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg eines Milchviehbetriebes überlebensnotwendig. Hier hilft das Controlling. Anhand wichtiger Kenngrößen lässt sich der vielschichtige Produktionsprozess in der Milchviehhaltung überwachen. So kann gegebenenfalls rechtzeitig gegengesteuert werden.
In wachsenden Milchviehbetrieben kann der Betriebsleiter nicht mehr alle Arbeiten im Blick behalten. Oft führt dies zu einem sinkenden Stückgewinn je Kilogramm Milch und einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Gewinneinbrüchen. Das muss frühzeitig erkannt und abgefangen werden.
Das Risiko steigt
In wachsenden Milchviehbetrieben wächst auch das Risiko mit. Der Fremdkapitalanteil steigt. Der Pachtanteil steigt. Die Arbeit verteilt sich auf immer mehr Mitarbeiter. Der Betriebsleiter kann nicht mehr alle Arbeiten im Blick behalten. In den meisten Betrieben führt dies zu einem sinkenden Stückgewinn je Kilogramm Milch und nur über die Effizienzsteigerung in der gewachsenen Milchviehherde wird eine ausreichende Unternehmerentlohnung erwirtschaftet.
Damit wird das Unternehmen aber auch anfälliger gegenüber Gewinneinbrüchen - sei es über sinkende Milchpreise, steigende Produktionsmittelpreise, Krankheiten oder auch nur eine schleichende Verschlechterung im Produktionsprozess auf dem Feld und im Stall.
Der Produktionsprozess muss überwacht werden
Je früher diese Fehlentwicklungen erkannt werden, umso schneller kann gegengesteuert werden, umso früher wird der Gewinneinbruch abgefangen und damit der Liquiditätsverlust gebremst. Und wenn das Auge des Herrn nicht mehr überall sein kann, dann liegt es nahe, den in der Milchviehhaltung so vielschichtigen Produktionsprozess anhand wichtiger Kenngrößen zu überwachen. Ändern sich die Kennwerte zum Schlechteren oder stagniert auch nur die Annäherung an den anvisierten Zielwert, müssen die Ursachen lokalisiert und reagiert werden.
Einstieg auch mit wenig Zeit möglich
Da aber das Controlling auch Zeit kostet und das Risiko eben mit der Größe wächst, muss jeder Unternehmer sein eigenes Bündel an Überwachungsmaßnahmen schnüren - oder eben über genügend Rücklagen verfügen, um sich den Luxus der Bequemlichkeit auch leisten zu können.
Aber auch mit geringem Zeitaufwand können schon wichtige Aussagen getroffen werden. Beispielsweise ist das monatliche Fütterungscontrolling schnell gemacht. Und damit ist der in den meisten Betrieben größte Kostenblock abgehandelt.
Das unterjährige Controlling am Beispiel der Fütterungskontrolle: Excel-Tool mit 12 Monatsauswertungen
Controlling - was ist das?
Controlling ist der ständige Soll-Ist-Vergleich für die zielorientierte Unternehmensentwicklung.
Controlling = to control = lenken und steuern: Messen => vergleichen (Analyse) => steuern
In der Theorie läuft das Controlling über folgende Schritte ab:
VISION => Strategie => Ziele => Controlling
- Meine Vision: So soll mein Unternehmen in 15 Jahren aussehen
- Meine Strategie: Wie erreiche ich diese Vision?
- Meine Ziele als Bausteine auf dem Weg zur erfüllten Vision: Etappenziele erreichbar in 3 - 5 Jahresschritten
- Mein Controlling zur Zielerreichung: Messen (Kennwerte) => steuern (Maßnahmen) => Zielerreichung (oder -korrektur)
Das Ziel kann dabei oft auf verschiedene Wege erreicht werden. Dazu ein Beispiel.
Ein Milcherzeuger möchte bei seinen Abgangskühen 15 kg Lebenstagleistung (LTL) erreichen. Diese leitet sich aus vier anderen Kenngrößen ab, wie nachfolgende Kalkulation verdeutlicht:
- Ist-Zustand
- Erstkalbealter (EKA) 28 Monate, Zwischenkalbezeit (ZKZ) 365 Tage, 2,5 Laktationen, 8.500 kg Milch/Laktation => 12 kg Lebenstagleistung (kg Milch je Lebenstag)
- Vision
- 15 kg Lebenstagleistung mit meiner Fleckviehherde
- Strategie
- EKA 27 Monate, ZKZ 365 Tage, 3,5 Laktationen, 9.000 kg Milch/Laktation => 15 kg Lebenstagleistung
- Ziele
- Erstkalbealter um einen Monat reduzieren
- Durchschnittliche Laktationen der Abgangskühe um ein Jahr erhöhen
- Milchleistung um 500 kg erhöhen
- Grobfutterleistung um 500 kg erhöhen
- Alternativen
- EKA 27 Monate, ZKZ 365 Tage, 5,0 Laktationen, 7.950 kg Milch/Laktation => 15 kg Lebenstagleistung
- EKA 27 Monate, ZKZ 365 Tage, 2,5 Laktationen, 10.450 kg Milch/Laktation => 15 kg Lebenstagleistung
Diese vier Kenngrößen werden wiederum von einer Vielzahl anderer Faktoren beeinflusst – von der Kälber- und Jungviehaufzucht bis zur Futterqualität. Wie tief muss das Controlling gehen, um ein rechtzeitiges Gegensteuern zu ermöglichen? Damit befassen sich die weiteren Beiträge der Reihe "Controlling im Milchviehbetrieb".
Weitere Beiträge der Reihe "Controlling im Milchviehbetrieb"
Ansprechpartner:
Guido Hofmann
Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur
Menzinger Str. 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1461
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de