Innovations- und Forschungsprojekt
Förderung blütenbesuchender Insekten durch Diversifizierung im Grünbrachemanagement (FINDIG)

Eine Hummel sitzt auf einer Rotkleeblüte.

Damit es im Kleegras summt und brummt

Wie können landwirtschaftliche Betriebe Bienen und andere Bestäuber in der Kleegrasphase (Grünbrache) fördern? Hierfür entwickeln die LfL und die Universität Bonn Produktionssysteme im ökologischen Landbau, die sowohl bestäubende Insekten fördern als auch ökonomisch und für die landwirtschaftliche Praxis attraktiv sind. Sie betrachten dabei, welche Pflanzenarten im Kleegras bevorzugte Nahrungsquellen für Insekten sein könnten und wie weit eine Extensivierung sinnvoll sein kann. Ziel dieses BÖL-Projekt ist es, bis Ende 2025 nachhaltige Lösungen für die landwirtschaftliche Praxis, insbesondere vieharmer oder viehloser Öko-Betriebe, zu erarbeiten.

Aktuelles

Woche der Umwelt – Vielfalt und Blütenreichtum auf dem Acker

Die Woche der Umwelt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) fand am 4. und 5. Juni 2024 mit rund 12.000 Teilnehmenden statt. Spannende Diskussionen, eine große Ausstellung und rund 190 Ausstellende präsentierten im Park von Schloss Bellevue ihre innovativen Lösungen für eine verantwortungsvolle Gestaltung des Wandels. Seitens des Kompetenzzentrums Ökolandbau stellte die LfL das Projekt FINDIG vor. Es untersucht, wie Kleegras im Ökolandbau durch angepasste Mahd oder artenreichere Mischungen eine Nahrungsquelle für Bestäuber sein kann. Die FINDIG-Verbundpartner LfL und Uni Bonn waren Mitaussteller am Gemeinschaftsstand "Mehr Bienen und Bohnen auf die Äcker!" der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

Woche der Umwelt – Internetauftritt der DBU Externer Link

Zelte mit vielen Menschen, im Hintergrund ein Schloss.

Woche der Umwelt im Park von Schloss Bellevue
Foto: BLE

In und vor einem Zelt stehen mehrere Menschen und unterhalten sich.

BLE-Gemein­schaftsstand
Foto: BLE

Zwei Frauen stehen hinter einem Tisch, auf dem mehrere Töpfe mit grünen Pflanzen stehen.

Die FINDIG-Projekt­mit­arbeite­rinnen

Im Vordergund ein Tisch mit einer grünen Pflanze und verschiedenen Steckern drin, im Hintergrund Leute im Gespräch.

FINDIG-Pflanzenquiz
Foto: BLE

Drei Frauen im Gespräch vor einem Poster.

Im Gespräch mit Besuche­rinnen
Foto: BLE

Eine Frau und ein Mann unterhalten sich draußen vor einem Zelt.

Im Gespräch mit BLE-Vize­präsident Dr. Matthias Nickel
Foto: BLE

Das Projektplakat von FINDIG bei der Ausstellung.

FINDIG – Vielfalt und Blüten­reichtum auf dem Acker
Foto: BLE

Gruppenfoto mit mehreren Personen vor einem Zelt.

Das Team des BLE-Gemein­schafts­stands
Foto: BLE

FINDIG im Beenovation-Podcast zu "Biodiversität fördern – Maßnahmen für mehr Bestäuberinsekten in der Agrarlandschaft"

Logo des Podcasts beenovation.
Im Beenovation-Podcast kommen Forschende zu Wort, die in ihren Projekten die Biodiversität in den Mittelpunkt stellen. In Folge 6 berichtet unter anderem die FINDIG-Projektkollegin Chantal Syrovy von der Universität Bonn über das gemeinsame Forschungsprojekt FINDIG, das die Auswirkungen auf Bestäuberinsekten durch eine Diversifizierung von Kleegrasmischungen im Grünbrachemanagement untersucht. Viel Spaß beim Reinhören!

Beenovation-Podcast: Biodiversität fördern – Maßnahmen für mehr Bestäuberinsekten in der Agrarlandschaft Externer Link

Hintergrund

Multitalent Kleegras – Kleegras im ökologischen Landbau übernimmt vielfältige Aufgaben:

  • Stickstoffbereitstellung für die Nachfrüchte durch Leguminosen
  • Mehrung organischer Bodensubstanz, Humusaufbau, Bodenverbesserung
  • Unterdrückung von Problemunkräutern wie Ackerfuchsschwanz und Ampfer
  • Schaffung eines Lebensraumes für Bestäuber wie Wildbienen, Hummeln, Schwebfliegen, Tagfalter und viele mehr
Die Kleegrasphase in ökologischen Fruchtfolgen könnte daher eine ideale Möglichkeit bieten, das Blütenangebot – und damit die Nahrungsquelle für Bestäuber – durch ein angepasstes Management zu steigern.
Insekten sind zwar klein, aber ihre Bedeutung ist immens
Unsere Bienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber leisten durch ihre Aktivität einen großen Beitrag zur Biodiversität, da sie rund 80 Prozent der bei uns heimischen Wild- und Kulturpflanzen bestäuben. In Deutschland existieren über 550 Wildbienenarten, zu denen auch die bekannteren Hummeln zählen, sowie 388 nachgewiesene Schwebfliegenarten. So variabel wie die äußere Erscheinung bestäubender Insekten ist, so unterschiedlich sind auch die Saugrüssel von Schwebfliegen, Hummeln, Schmetterlingen und Co., in Form und Länge. Aus diesem Grund unterscheiden sich auch ihre Nahrungspflanzen deutlich voneinander (Doldenblütler, Korbblütler etc.). Durch den Rückgang vielfältiger Kulturlandschaften und des Angebots an Blütenpflanzen haben sich auch die Artenvielfalt und die Bestandsgrößen heimischer Bestäuber deutlich reduziert.

Ziel

Das Projekt zielt darauf ab, neue, nachhaltige und praxistaugliche Bewirtschaftungsformen zu entwickeln, die zum einen bestäubende Insekten schützen und fördern und zum anderen die Stärken und Potenziale, die der ökologische Landbau bereits bietet, weiter auszubauen.

Projektziel ist es, Produktionssysteme im ökologischen Landbau zu entwickeln, die

  • Bienen und andere Bestäuber in ihrer Gesamtheit fördern,
  • ökonomisch und agronomisch nachhaltig und
  • für die Praxis attraktiv sind.

Methode

Die Projektpartner untersuchen, wie die folgenden beiden Ansätze im Grünbrachenmanagement kombiniert werden können, um das Ressourcenangebot für blütenbesuchende Insekten zu steigern:

  • Diversifizierung: Mehr Pflanzenarten in der Kleegrasmischung. Das weitere Spektrum verlängert das Blühangebot über die Vegetationsperiode und fördert dabei verschiedene Bestäuberarten, die auf unterschiedliche Pflanzen spezialisiert sind.
  • Extensivierung, angepasstes Nutzungsmanagement: Kombination aus geringerer Nutzungshäufigkeit und Verschiebung des Nutzungszeitpunktes.
Diese Art des Managements ist vor allem für vieharme oder viehlose Öko-Betriebe interessant, die eine Grünbrachephase in der Fruchtfolge haben.

Die Exaktversuche

Eine kleine Erntemaschine erntet Parzellen ab.Zoombild vorhanden

Parzellenernte beim Exaktversuch

Die Exaktversuche (zweifaktoriell) finden an drei Standorten in Bayern und Nordrhein-Westfalen statt. Sie sollen Aufschluss darüber geben, welche Effekte die unterschiedlichen Varianten auf wichtige, agronomische Parameter (zum Beispiel Trockenmasse, N-Gehalte in der Grünbrache und Nachfrucht, Ertrag der Nachfrucht) haben. Aber auch darauf, wie sich das Nahrungsangebot für Bestäuber im Verlauf der Vegetation verändert. Um die Vorfruchtwirkung der Maßnahmen auswerten zu können, wird als Nachfrucht Winterweizen angebaut.

Varianten im Exaktversuch:

  • drei artenreichere Kleegrasmischungen mit bis zu 13 verschiedenen Klee- und Kräuterarten,
  • eine praxisübliche, artenarme Mischung aus Luzerne, Rot- und Weißklee dient als Kontrolle,
  • in Kombination mit reduzierter Schnittnutzung: zwei statt drei Schnitt- bzw. Mulchtermine, verspäteter erster Schnitt.

Anforderungen bei der Kräuterauswahl:

  • Art muss schnittverträglich sein
  • pH-Wert-unempflindlich
  • ausreichende Mengen an Saatgut vorhanden

Die Praxisflächen

Artenreiche Kleegrasmischung mit blühendem Kümmel und Klee.Zoombild vorhanden

Artenreiche Kleegrasmischung mit blühendem Kümmel auf einer Praxisfläche

Die LfL arbeitet in diesem Projekt mit drei Praxisbetrieben in Oberbayern und Schwaben zusammen. Die Bio-Betriebe säen neben einer betriebsüblichen Kleegrasmischung eine artenreichere Mischung an. Diese enthält zahlreiche Leguminosen sowie ausgewählte Kräuter, wie zum Beispiel Kümmel (Carum carvi), Schafgarbe (Achillea millefolium), Dost (Origanum vulgare), Kleiner Wiesenknopf (Sanguisorba minor) oder auch der Wiesenpippau (Crepis biennis).

Methodik für die Quantifizierung der Blütenressourcen und Bestäubervorkommen

Folgende Parameter werden untersucht:

  • Die Blühphänologie wird in dreiwöchigem Abstand erfasst, indem aufgenommen wird, ob eine Art zu einem bestimmten Zeitpunkt blüht oder nicht.
  • Der Anteil der Blütendeckung wird mit Hilfe eines Schätzrahmens bestimmt, indem der mit Blüten bedeckte Anteil geschätzt wird.
  • Die Nektarentnahme, um das Nektarpotential verschiedener Pflanzen zu bestimmen, erfolgte im ersten Versuchsjahr mit Hilfe von Mikropipetten. Dieses Vorgehen gestaltete sich jedoch schwierig. Im zweiten Versuchsjahr sollen dazu andere Methoden ausprobiert werden.
  • Welche Pflanzen sind tatsächlich aufgegangen? Die Forschenden sortieren zunächst die Artenzusammensetzung des Aufwuchs und bestimmen dann die Durchsetzungsfähigkeit der einzelnen Pflanzenarten über deren Trockenmasse (in % der Gesamt-Trockenmasse).
  • Die Besuchsfrequenz der Bestäuber wurde mit Hilfe von Beobachtungen und Videoaufnahmen erfasst. Im Mai und September wurden ausgewählte Flächen beobachtet und in einem festgelegten Zeitfenster alle Bestäuber-Blütenkontakte aufgenommen.
  • Auch das Verhalten einzelner Bestäuber konnte durch die Beobachtungen am Feld und die Videoaufnahmen abgeleitet werden. Setzte sich eine Hummel beispielsweise nur kurz auf einer Blüte ab oder war sie sichtbar am Nektar saugen?
  • Die im Fokus des Projekts stehenden Zielarten sind Honigbienen, Hummeln, Schwebfliegen, Wildbienen und Tagfalter. Um die Arten und deren Anzahl zu erfassen, keschern die LfL-Wissenschaftlerinnen die Bestäuber auf einem definierten Streifen für einen Zeitraum von 30 Minuten.
Draufsicht auf ein einen kleinen Feldausschnitt, in dem ein quadratischer Rahmen liegt.

Blüten­deckung

Mit einer kleinen Pipette entnimmt eine Person den Nektar aus einer Kleeblüte.

Nektarmenge

Zwei Menschen sortieren die Pflanzen eines Kleegrasschnitts, der auf einem Tisch liegt

Durch­setzungs­fähigkeit des Auf­wuchses

In einem Feld stehen drei Kameras auf Stativen.

Video­aufnahmen für Besuchs­frequenz und Verhalten einzelner Bestäuber

Eine Frau läuft mit einem Kescher in der Hand über ein Feld.

Kescher­fänge für die Arten­bestimmung der Ziel­arten

Ergebnisse

Zum Wissensaustausch und -transfer plant das Projektteam beispielsweise Feldtage und Publikationen.

Was macht es spannend, an diesem Projekt mitzuarbeiten?

Mit einer kleinen Pipette entnimmt eine Person den Nektar aus einer Kleeblüte.
Dr. Nina Weiher
Dass die Insektenvielfalt insgesamt jedoch so groß und abwechslungsreich ist und auch in einem Kleegrasbestand unterschiedlichste Arten gefunden werden können, wurde mir durch die im Rahmen des Projekts durchgeführten Kescherfänge bewiesen. Im Projekt FINDIG beteiligt zu sein bedeutet für mich, etwas Sinnvolles zum Schutz heimischer Insekten beizutragen, um dem Spruch "Wir sind dann mal weg …" nicht in Bezug auf unsere Insekten und die Konsequenzen begegnen zu müssen.
Eine Frau läuft mit einem Kescher in der Hand über ein Feld.
Juliane Tanz
Das Thema Insekten gehörte zu den eher stiefmütterlich gehandhabten Themen meines Landwirtschafts­studiums. Wenn Insekten in den Fokus gerieten, dann meist im negativen Kontext als Schädlinge mit gleichzeitigen Hinweisen zu deren Bekämpfung. Dass Nützlinge wie Wildbienen, Schwebfliegen, Falter etc. eine wichtige Rolle als Bestäuber, auch unserer Kulturpflanzen, spielen, wurde mir jedoch beim Einlesen in die Thematik bewusst. Bereits im Studium habe ich einen Imkerkurs belegt, durch welchen ich mich erstmalig mit der besonderen Art "Nutztiere" auseinandergesetzt habe.
Logo des BMEL mit BÖL-Förderzusatz

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Peer Urbatzka, LfL-Institut für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz (IAB)
Projektbearbeitung: Dr. Nina Weiher, Juliane Tanz, Jessica Westermeier (IAB)
Laufzeit: 02.08.2021 bis 31.12.2025
Finanzierung: Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL)
Projektpartner: Das Vorhaben ist Teil eines Verbundes mit Prof. Dr. Thomas Döring, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (FKZ 2819OE103)
Förderkennzeichen: 2819OE157

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