§§ AVDüV und AVV GeA
Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete 2022 – Wie ist sie erfolgt?
Die Ermittlung der Gebiete erfolgt auf Grundlage von Grundwasser-Messwerten.
Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat ist in den letzten Jahrzehnten in Deutschland nicht wesentlich gesunken, wodurch die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie nicht erfüllt werden konnten. Deshalb wurde 2020 die Düngeverordnung (DüV) erneut novelliert und erhöhte Anforderungen in den mit Nitrat belasteten Gebieten bundeseinheitlich festgelegt.
Rechtlicher Hintergrund
Warum wurden die Gebiete zum 30.11.2022 neu ausgewiesen?
Die zum 1. Januar 2021 erfolgte Ausweisung der roten Gebiete in Deutschland wurde von der EU-Kommission nicht akzeptiert. Aus Sicht der EU-Kommission muss über jeder belasteten Messstelle ein rotes Gebiet entstehen. Daher forderte die EU-Kommission von der Bundesregierung eine kurzfristige Änderung der Ausweisungssystematik.
Insbesondere dürfen die Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft, d. h. die bislang eingeflossenen abgeschätzten Stickstoffsalden und das damit verbundene Eintragsrisiko in das Grundwasser bei der Gebietsausweisung nicht mehr berücksichtigt werden. Außerdem müssen alle belasteten Flächen unabhängig von ihrer Nutzung als rote Gebiete ausgewiesen werden. So zum Beispiel auch Wald- und Siedlungsflächen, welche in der vorangegangenen Gebietsausweisung nicht einbezogen waren. Die Maßnahmen sind jedoch nur auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen umzusetzen.
Methodik der Ausweisung
Die Ermittlung der mit Nitrat belasteten Gebiete in Bayern erfolgt in Zusammenarbeit der Umweltverwaltung und der Landwirtschaftsverwaltung. Grundlage für die Gebietsausweisung ist die geänderte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA).
In vier aufeinander aufbauenden Schritten entsteht die Gebietskulisse.
Die Ermittlung der mit Nitrat belasteten Gebiete (rote Gebiete) findet über folgende Schritte statt:
Dieses Schema zeigt die Arbeitsschritte, durch die die mit Nitrat belasteten Gebiete ausgewiesen werden.
Diese schrittweise Ausweisung erfolgt gemeinsam auf fachlichen Grundlagen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (kurz LfU) und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (kurz LfL).
Wie werden die mit Nitrat belastete Gebiete ausgewiesen? (LfU)
Schritt 1
Welche Grundwasserkörper in Bayern sind mit Nitrat belastet?
Bei einem Grundwasserkörper handelt es sich um ein abgegrenztes Grundwasservolumen für das möglichst einheitliche hydrogeologische Verhältnisse vorliegen. Bayern hat über die gesamte Landesfläche rund 260 Grundwasserkörper. Die Wasserqualität der Grundwasserkörper wird durch regelmäßige Wasserproben an Grundwassermessstellen kontrolliert. Nach der Systematik der AVV GeA sind alle Grundwasserkörper zu betrachten, an denen an mindestens einer Messstelle Nitratgehalte über dem Schwellenwert von 50 mg Nitrat pro Liter, als auch Messwerte über 37,5 Milligramm Nitrat pro Liter mit steigendem Trend aufweisen.
Weitere Informationen zur Überwachung und Bestimmung der Grundwasserqualität (LfU)
Im ersten Schritt wertet das LfU an den 685 Messstellen des Ausweisungsmessnetzes die Nitratgehalte von Grundwasserproben aus. Die Untersuchung ergibt, dass 169 der 685 Messtellen belastet sind. Grundwasserkörper mit mindestens einer belasteten Messstelle des Ausweisungsmessnetzes müssen weiter betrachtet. Das betrifft in Bayern 83 Grundwasserkörper, die so Ausgangsbasis für die weitere Abgrenzung der mit Nitrat belasteten Gebiete bilden. Grundwasserkörper ohne belastete Messstellen des Ausweisungsmessnetzes sind für die weiteren Schritte nicht mehr relevant.
Weiterführende Informationen zum Ausweisungsmessnetz (LfU)
Schritt 2
Gibt es in den belasteten Grundwasserkörpern unbelastete Teilgebiete?
Neben den Nitratmesswerten der Messstellen des Ausweisungsmessnetzes werden auch die Messwerte an sogenannten Zusatzmessstellen berücksichtigt. Mit Hilfe von Regionalisierungsverfahren werden innerhalb der betrachteten Grundwasserkörper anhand der gemessenen Nitratkonzentrationen unbelastete Gebiete von belasteten Gebieten abgegrenzt.
Bayern wendet bei der Regionalisierung der roten Gebiete die Interpolationsverfahren Voronoi und IDW an. Die Abkürzung IDW steht für "Invers Distance Weighting". Mit diesen deterministischen Interpolationsverfahren werden über die an Messstellen erfassten Nitratkonzentrationen Werte für Flächen ermittelt. Als Datenkollektiv liegt auch hier, wie schon beim Ausweisungsmessnetz, der Zeitraum 2018 bis 2021 zugrunde. Auch hier muss der Nitrat-Mittelwert aus den jährlichen Maximalwerten gebildet werden.
Regionalisierung mit dem IDW-Verfahren
Voraussetzung für das Verfahren IDW ist eine Messstellendichte von mindestens einer Messstelle je 50 km². Zusätzlich ist auch die Verteilung der Messstellen im Grundwasserkörper wichtig. Wenn ein Grundwasserkörper zu mindestens 60 % seiner Fläche mit Messstellen abgedeckt ist, wird er mittels des IDW-Verfahrens regionalisiert. Wenn nicht, dann wird das Voronoi-Verfahren angewandt.
Regionalisierung mit dem Voronoi-Verfahren
Das Voronoi-Verfahren kann angewandt werden, sobald in einem Grundwasserkörper mindestens zwei Messstellen vorhanden sind. In der Gebietsausweisung wird es immer dann herangezogen, wenn das IDW-Verfahren nicht verwendet werden kann.
Schritt 3
Gibt es zusätzlich belastete Einzugsgebiete von Trinkwassergewinnungen und Heilquellen?
Einzugsgebiete von belasteten Trinkwassergewinnungen oder Heilquellen, die im Schritt 1 über das Ausweisungsmessnetz nicht erfasst wurden, werden hier hinzugenommen. Ein Einzugsgebiet wird als mit Nitrat belastet bewertet, wenn an mindestens einer Wasserfassung oder einer zu überwachenden Messstelle eine Nitratkonzentration im Grundwasser von über 50 mg/l oder mit mindestens 37,5 mg/l und steigendem Trend vorliegt.
Die in der Karte in einem dunkleren Blau eingefärbten kleinen Gebiete sind belastete Einzugs- bzw. Wasserschutzgebiete, die hier im dritten Ausweisungsschritt in die Kulisse hinzugenommen werden.
Schritt 4
Welche landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen mit mindestens 20 % im belasteten Gebiet?
An den Grenzen der roten Gebiete gilt: Sobald eine Fläche mit mindestens 20 % im belasteten Gebiet liegt, muss sie mit ihrer Gesamtfläche in die Kulisse einbezogen werden. Wenn weniger als 20 % der Fläche im belasteten Gebiet liegt, dann zählt die Fläche als Ganzes nicht zum roten Gebiet.
Durch diesen Schritt vergrößerte sich die rote Gebietskulisse um rund 16.300 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche.
Kulisse der mit Nitrat belasteten Gebiete
Ausblick
Spätestens alle vier Jahre wird die Gebietskulisse überprüft und angepasst. Dabei werden aktualisierte Nitratmesswerte an den Messstellen verwendet und das Messnetz weiter ausgebaut. Bis zum Jahr 2024 muss das Ausweisungsmessnetz auf 1.500 Messtellen ausgebaut werden.
Umsetzung im eigenen Betrieb
Anforderungen in Nitrat belasteten Gebieten
Bei der Düngung im mit Nitrat belasteten Gebiet müssen die Landwirte auf allen landwirtschaftlich genutzten roten Flächen ihres Betriebs neun zusätzliche Auflagen einhalten. Die Maßnahmen sind in der bayerischen "Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV)" festgeschrieben.
Landwirtschaftliche Anforderungen im roten Gebiet
Betroffene Flächen im eigenen Betrieb
Im öffentlich zugänglichen Kartenviewer Agrar sowie in der Feldstückskarte des zugangsgeschützten Bereichs vom iBALIS gibt der Layer "mit Nitrat belastete Gebiete (AVDüV)" Auskunft zur Betroffenheit einer Fläche. Flächen mit zusätzlichen Anforderungen sind in dem Layer rot dargestellt. Zusätzlich werden im zugangsgeschützten Bereich im Betriebsspiegel für jeden Landwirt in einer eigenen Übersicht alle mit Nitrat belasteten Feldstücke angezeigt. So ergibt sich ein schneller Überblick, auf welchen landwirtschaftlich genutzten Flächen des Betriebs die neun zusätzlichen Auflagen einzuhalten sind.
Kartenviewer Agrar – Informationen zum Feldstück