Fleckvieh stark im Fleisch
Vom Fleckviehzüchter bis zur Fast Food Kette: Das Fleckvieh bietet Vorteile in vielen Bereichen
Die Rasse Fleckvieh ist wegen ihrer herausragenden Eignung als Doppelnutzungsrasse sehr geschätzt. Dabei ist neben der Milchleistung, vor allem der Verkauf der männlichen Kälber zur Mast ein erheblicher Einkommensfaktor. Dies gilt sowohl für die Milcherzeuger als auch für die Zuchtverbände. Für viele Bullenmäster innerhalb aber auch außerhalb Bayerns ist das Fleckvieh-Bullenkalb die Grundlage ihres betrieblichen Erfolgs.
Auch die Vermarkter profitieren von der Nachfrage nach dem exzellenten Fleisch dieser Rasse durch den Lebensmitteleinzelhandel. Seit kurzem wirbt eine große Fast-Food Kette für ihre Produkte mit Fleisch, das ausschließlich vom Simmentaler Rind aus Deutschland stammt.
In einem Fachgespräch mit Experten aus Zucht, Vermarktung und Praxis wurde die aktuelle Situation zum Thema Fleischleistung bei Fleckvieh aufgezeigt.
Genetische und phänotypische Trends in der Fleischleistung beim Bayerischen Fleckvieh
Den Beginn der Veranstaltung übernahm die Wissenschaft mit einem kurzen Überblick über die Fleischleistungsprüfung und die Zuchtwertschätzung Fleisch. Als Datengrundlage dienen größtenteils die Daten von den Schlachthöfen, die Lebend- und Totgewichte sowie die Handelsklasseneinstufung liefern. Daraus werden Zuchtwerte für
- Nettozunahme
- Handelsklasse
- Ausschlachtung
ermittelt und zu eine Fleischwert zusammen gefasst. Der größte Teil der Daten kommt aus Bayern, gefolgt von Österreich, Baden-Württemberg und Tschechien.
Steter Anstieg im Zuchtwert
Die Fleischwerte der Deckbullen stiegen zwischen1985 und 2000 nur leicht an. Seit der Jahrtausendwende zeigt die Kurve deutlich nach oben. Allerdings ist der Anstieg nahezu ausschließlich durch die Nettozunahmen zu erklären, während sich Handelsklasseneinstufung und Ausschlachtung kaum veränderten.
(Henning Hamann, Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Baden-Württemberg, Kornwestheim)
Genetische und phänotypische Trends in der Fleischleistung beim Bayerischen Fleckvieh 637 KB
Ökonomische Gewichtung von Fleisch im Vergleich zu anderen Merkmalskomplexen
Aus Wien angereist beantwortete Dr. Fürst mit den Fragen aus der Praxis:
Wie wichtig ist den Züchtern das Fleisch?
Wie sind die wirtschaftlichen Gewichte?
Welcher Selektionserfolg ist zu erwarten?
Sehr anschaulich leitete er die aktuellen wirtschaftlichen Gewichte im Gesamtzuchtwert ab, zeigte anhand von Modellrechnungen die Auswirkungen möglicher Veränderungen und folgerte daraus, dass die aktuellen Merkmale mit ihren jetzigen Gewichtungen beibehalten werden sollen, damit die Doppelnutzung von Fleckvieh nicht aufs Spiel gesetzt wird.
(Dr. Christian FÜRST und PD Dr. Birgit FÜRST-WALTL ZuchtData und BOKU)
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Wettbewerbsfähigkeit unterschiedlicher Rassen in der intensiven Bullenmast
Nach den wissenschaftlich geprägten Vorträgen wurden von WilfrieddNaue die Ergebnisse verschiedener Bullenmäster aus Niedersachsen miteinander verglichen. Hierbei präsentierte der Unternehmensberater zum einen die Ergebnisse der Betriebszweigsauswertungen der Landwirtschaftkammer Niedersachsen. Der höhere Preis der Fleckviehkälber im Vergleich zu Schwarzbunten und Braunviehkälbern muss durch höhere Tageszunahmen und Verkaufspreise kompensiert werden. Im Wirtschaftsjahr 2013/14 hatte Braunvieh die Nase leicht vorne gegenüber Fleckvieh und Schwarzbunten.
Bei der Präsentation ausgewählter Beratungsbetriebe zeigte Naue jedoch, dass das Ergebnis durchaus auch anders ausfallen kann, nämlich die Mast von Fleckvieh wirtschaftlicher sein kann gegenüber Braunvieh und Schwarzbunten. Allerdings muss Fleckvieh sein gute Bemuskelung unbedingt behalten, wenn es mittel- und langfristig konkurrenzfähig bleiben will.
Allerdings betonte Naue, dass der wirtschaftliche Erfolg weit mehr durch den Betrieb bestimmt wird als durch die Wahl der Rasse.
(Wilfried Naue, Unternehmensberater Landwirtschaftskammer Niedersachsen)
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Versuchsergebnisse des ITZ Mast-, Schlachtleistung und Fleischqualität von Bullen mit unterschiedlichen Mastendgewichten
Zoombild vorhanden
Schlachtausbeute Bullen der Rassen Fleckvieh, Braunvieh, Gelbvieh und Schwarzbunte
Die Versuchsergebnisse bestätigten die Ausführungen von Wilfried Naue. Die Rasse Fleckvieh ist den mehr milchbetonten Rassen bei den täglichen Zunahmen, der Ausschlachtung und der Handelsklasseneinstufung überlegen. In punkto Fleischqualität waren die Unterschiede gering; der intramuskuläre Fettgehalt wird hauptsächlich vom Gesamtfettgehalt des Schlachtkörpers bestimmt. Für die Zartheit ist die Reifedauer bei der Lagerung der entscheidende Faktor, bei einem Versuch mit Absetzern fiel die Rasse Angus mit den niedrigsten Scherkraftwerten positiv auf.
Steigende Mastendgewichte bis über 800 kg bei Fleckviehbullen zeigten einen positiven Einfluss auf die Handelsklasseneinstufung bei gleichbleibender Fleischqualität.
(Ulrich Geuder, LfL, Institut für Tierzucht)
Versuchsergebnisse des Institut für Tierzucht, LfL 1,5 MB
Entwicklungstendenzen in der Kälbervermarktung
Am Nachmittag kamen vor allem Praktiker und Vermarkter zu Wort. In seinem sehr anschaulichen Vortrag berichtete Sebastian Brandmaier über 30 Jahre Erfahrung in der Vermarktung von Kälbern, Ferkeln und Schlachttieren. Dabei fallen ihm immer häufiger Kälber auf, die nicht mehr seiner Vorstellung von einem gesundem und frohwüchsigen Fleckviehkalb entsprechen. Schmale Tiere mit wenig Bemuskelung und langen, dünnen Beinen führt er auf den Einsatz von RH- Bullen in der Fleckviehzucht zurück. Der Einsatz dürfe keinesfalls verstärkt werden, "damit wir auch in Zukunft noch beste bayerische Fleckviehkälber mästen"
(Sebastian Brandmaier, Viehvermarktungsgenossenschaft Oberbayern-Schwaben eG)
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Anforderungen an Fleckviehkälber aus Sicht des Mästers
Hochinteressant waren die Ausführungen des erfolgreichen Rindermästers mit 400 Mastplätzen. August Drexler beobachtete in den letzten Jahrzehnten beim Fleckvieh höhere Wachstumskapazitäten, die sich in höheren Tageszunahmen und auch Mastendgewichten niederschlugen. Gleichzeitig seien die Masttiere aggressiver geworden und die Mastgruppen wüchsen trotz gleicher Bedingungen deutlicher auseinander. Einen Grund hierfür sieht er in der Zuchtausrichtung auf vermehrte Milchleistung und der Bevorzugung großrahmiger Tiere. Deswegen fordert er auch keine weitere Zunahme im Rahmen und vermehrtes Augenmerk auf das Interieur. Verstärkte Zucht auf Hornlosigkeit könnten Probleme bei der Enthornung lösen.
(August Drexler, Vorsitzender Rindermastring Schwaben)
Entwicklung des Fleckviehtyps anhand von Ergebnissen aus der Nachzuchtbewertung
Die Ergebnisse der Nachzuchtbewertungen bestätigen die Beobachtung der Vorredner inpunkto Rahmenwachstum. So haben die Jungkühe bei der Nachzuchtbewertung seit 1970 um über 10 cm in der Höhe zugenommen. Allerdings sei diese Tendenz seit 2012 bewusst gestoppt worden, um die Zweinutzungsrasse Fleckvieh mit gutem Muskelansatz zu erhalten. Der RH-Anteil bei den Besamungsbullen in Bayern liegt mit leichten Schwankungen in den letzten 20 Jahren bei durchschnittlich 4% und damit deutlich niedriger als in anderen Fleckviehzuchtgebieten. Ein deutlicher Preisabschlag im Kälberpreis sei erst ab einem RH-Anteil von über 10% zu beobachten.
(Bernhard Luntz, LfL, Institut für Tierzucht)
Entwicklung des Fleckviehtyps anhand von Ergebnissen aus der Nachzuchtbewertung 1,2 MB
Fleischleistung aus der Sicht eines Fleckviehzüchters
Mit über 11.000 kg Stalldurchschnitt ist Georg Kraus ein überaus erfolgreicher Milcherzeuger, der in seinem Vortrag betonte, dass ein wesentlicher Ertragsanteil seines Betriebes aus dem Verkauf von Bullenkälber zur Mast und Schlachtkühen kommt. Deswegen ist neben einer hohen Milchleistung in der Herde für ihn die Mastfähigkeit von Kälbern, Färsen und Kühen von großer Bedeutung. Dies spiegelt sich vor allem auch in der Auswahl der Besamungsbullen für seine Kuh Herde wieder, die im Schnitt einen Fleischwert von 108 aufweisen und damit deutlich über dem Populationsmittel liegen. Er appelliert an die Besamungsstationen, beim Bullenankauf auf nicht zu großen Rahmen bei guter Bemuskelung zu achten, dann könne die Erfolgsstory Zweinutzungsrasse Fleckvieh noch viele Generationen weiter gehen.
(Georg Kraus, Rinderzuchtverband Wertingen)
Fleischleistung aus der Sicht eines Fleckviehzüchters 2,4 MB
Ansprüche der Vermarkter an den Schlachtbullen
Am Ende des lebenden Masttieres steht in der Regel der Schlachthof. Der Leiter von VION Pfarrkirchen machte eindrringlich klar, dass der Rindfleischmarkt global betrachtet werden müsse. Weltweit sei mit steigender Nachfrage nach Rindfleisch zu rechnen, in Deutschland werde die Regionalität mehr an Bedeutung gewinnen. Bayern sei beim Rindfleisch mit einem Selbstversorgungsgrad von 166% auf den Export angewiesen, hier machten momentan Handelssanktionen gegen Russland und preisgünstige Offerten aus Ost-EU-Statten den Vermarktern zu schaffen.
Aus Sicht der Vermarkter seien die Schlachtgewichte der Jungbullen wieder etwas zurück gegangen. Wenn das Schlachtaufkommen im Schlachthof groß genug sei, könne die Ware entsprechend sortiert und an den verschiedenen Märkten zu guten Preisen platziert werden.
(Christoph Brunner, VION, Leiter Schlachthof Pfarrkirchen)
Ansprüche der Vermarkter an den Schlachtbullen 1,7 MB
Diskussion und Fazit
In der Diskussion waren sich vom Züchter über Organisationen bis zu den Vermarktern alle einig, dass
- Die zwei Nutzungsrichtungen beim Fleckvieh Milch und Fleisch erhalten bleiben müssen
- es keine weitere Zunahme im Rahmen geben dürfe
- auf die Bemuskelung auch in Zukunft viel Wert gelegen werden müsse
- die Rasse Fleckvieh absolut konkurrenzfähig ist und
- Fleckvieh den betriebswirtschaftlichen Erfolg sowohl für den Milcherzeuger als auch den Mäster sichern kann.