Glyphosat – Anwendungsgebiete und Alternativen

Für die in Deutschland im Ackerbau zugelassen Glyphosat-haltigen Herbizide ist die Aufwandmenge auf max. 1.800 g Glyphosat je Hektar und Behandlung begrenzt. Bei sehr selten möglichen Behandlungsfolgen innerhalb von 40 Tagen darf die Wirkstoffmenge von 2.900 g/ha nicht überschritten werden. In der Praxis wird im Ackerbau ein mittlerer Wirkstoffaufwand von zirka 1.300 g/ha je Anwendung eingesetzt. Die zugelassenen Indikationen (Kultur und Zielunkraut) variieren sehr stark von Präparat zu Präparat. Eine für Herbizide exklusive Indikation haben 19 der im Ackerbau zugelassenen Glyphosat-haltigen Herbizide: In Ackerbaukulturen nach der Ernte oder nach dem Wiederergrünen gegen Unkräuter und Ungräser.
In Bayern erfolgt eine Glyphosat-Anwendung auf zirka elf Prozent der Ackerfläche und unter einem Prozent der Grünlandfläche, während im Bundesdurchschnitt die Behandlungsquote bei rund 31 Prozent der Ackerfläche und vier Prozent der Grünlandfläche liegt. Der Behandlungsumfang der einzelnen Anwendungsgebiete ist hierbei sehr unterschiedlich.
Tabelle

Indikationen von Glyphosat-haltigen Herbiziden, Foto: BVL, 2018

Grafik

Behandlungsumfang verschiedener Glyphosat-Anwendungsgebiete, Foto: Wiese et al., 2016; ergänzt

Übersicht der Möglichkeiten

Stoppel-/Nacherntebehandlung

Der Einsatz zur Bekämpfung von Wurzel- bzw. Problemunkräutern und von Ausfallkulturen auf der Stoppel bzw. nach der Ernte hat in Bayern mit einer Einsatzfläche von zirka 145.000 ha bzw. sieben Prozent der Ackerfläche die relativ größte Bedeutung im Ackerbau. Hinsichtlich der Kulturen konzentrieren sich die Anwendungen auf den Einsatz nach der Ernte von Getreide und Winterraps. Die Anwendung nach Mais hat einen deutlich geringeren Umfang und der Einsatz nach der Ernte von Leguminosen oder Feldgemüse ist im Vergleich nur marginal.  Mehr

Vorsaat-/Vorauflaufbehandlung

Die Bekämpfung von Unkräutern und Ausfallkulturen im Vorsaat- bzw. Vorauflaufverfahren ist mit einer Behandlungsfläche von etwa 80.000 ha (ca. 4 % AF) in Bayern das zweitwichtigste Anwendungsgebiet für Glyphosat. Der Einsatz erfolgt zweckmäßiger Weise vorwiegend beim Anbau von Kulturen im Mulch- oder Direktsaatverfahren. Beide Verfahren, inklusive der Streifenbodenbearbeitung, werden mit dem Ziel des Boden- und Gewässerschutzes als Maßnahmen des bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP) mit einem Förderbeitrag von 100 bzw. 150 Euro/ha gefördert. Im Jahr 2017 lag die Beteiligung bei knapp 42.000 ha mit Schwerpunkt in den Kulturen Mais und Zuckerrüben. Beim Flächenanteil dieser Art der Glyphosat-Anwendung dominiert die Kultur Mais (ca. 62.000 ha) gefolgt von Getreide (ca. 10.000 ha) und Zuckerrüben (ca. 5.000 ha). Die Anwendung zum Anbau von Winterraps oder Körnerleguminosen hat nur eine geringfügige Bedeutung.  Mehr

Einsatz zur Rekultivierung von Stilllegungsflächen

Die Unkrautbekämpfung auf temporär aus dem Anbau von Ackerbaukulturen genommenen bzw. stillgelegten Flächen mit Glyphosat ist hinsichtlich der Behandlungsfläche (zirka 1.600 ha; 0,1 Prozent AF) ein marginales Anwendungsgebiet. Aus produktionstechnischer Sicht haben diese Anwendungen allerdings einen hohen Stellenwert. Insbesondere wenn es sich um die Bekämpfung von dauerhaft etablierten Wurzelunkräutern (Disteln, Quecken, etc.) oder schwer bekämpfbaren Sonderunkräutern (z.B. durch Einwanderung oder Einschleppung über Ansaatmischungen) handelt, gewährleistet der Einsatz von Glyphosat eine effektive und nachhaltige Bekämpfung. Hierdurch wird der Aufwand für die Wiederinkulturnahme reduziert und der Bedarf für zusätzliche Herbizidbehandlungen in den Folgekulturen vermindert. Das Potenzial an Einsatzflächen, die aktuell aus der ackerbaulichen Bewirtschaftung genommen wurden, liegt bei zirka 16.500 ha in Bayern.

Alternativen für die Rekultivierung von Stilllegungsflächen ohne Glyphosat

Traktor beim PflügenZoombild vorhanden

Eine tiefe Pflugfurche gewährleistet eine sichere Rekultivierung von stillgelegten Ackerflächen, Foto: Werkbild, Fa. Lemken

Beim Verzicht auf die Aufwuchs- bzw. Unkrautregulierung vor dem Anbau von Ackerkulturen auf stillgelegten Flächen mit Glyphosat ist eine mehr oder weniger intensive mechanische Unkrautbekämpfung durch mehrmalige Bodenbearbeitungsmaßnahmen erforderlich. Die notwendige Bearbeitungsintensität richtet sich nach der vorhandenen Vorverunkrautung. Gegen Wurzelunkräuter sind zwei bis drei tiefe Grubber-Bearbeitungsgänge notwendig, während bei Besatz mit reinen Samenunkräutern eine Zerkleinerung und Einarbeitung mit Fräsen, Zinkenrotoren, Scheibeneggen oder Grubber-Kombinationen mit ein bis zwei Arbeitsgängen vor einer nachfolgenden Pflugfurche ausreichend ist.
Bei einem Besatz mit Wurzelunkräutern wird neben dem hohen Aufwand für die mechanische Bekämpfung in den nachfolgenden Ackerbaukulturen eine mehrmalige, zusätzliche mechanische Bekämpfung gegen die jeweiligen Wurzelunkräuter im Rahmen der Fruchtfolge erforderlich.

Anwendung von Glyphosat im Rahmen eines Resistenzmanagement

Für die Regulierung von multiresistentem Acker-Fuchsschwanz, der mit selektiven Herbiziden im Getreidebau nicht mehr ausreichend bekämpft werden kann, hat sich das Verfahren „falsches Saatbett“ in der Anbaupraxis bewährt. Durch eine vorgezogene Saatbettbereitung zu Wintergetreide wird der auflaufende Acker-Fuchsschwanz mit einer Glyphosat-Behandlung beseitigt und das Wintergetreide anschließend mit einem möglichst geringen Bodeneingriff eingesät. Durch das Verfahren wird der Besatz mit Acker-Fuchsschwanz in der Kultur deutlich reduziert und es werden bei der Behandlung auch die multiresistenten Biotypen bekämpft. Das Verfahren „falsches Saatbett“ mit Glyphosat-Vorsaatbehandlung ist in kritischen Fällen für den wirtschaftlichen Anbau von Wintergetreide von großer Bedeutung. Trotz der inzwischen weiten Verbreitung von Acker-Fuchsschwanz ist der Bedarf für diese Sonderbehandlung in Bayern auf eine Fläche von zirka 4.000 ha (0,2 % AF) begrenzt. Der Einsatzbedarf nimmt allerdings aufgrund der fortschreitenden Herbizidresistenz kontinuierlich zu.

Alternative Resistenzmanagement-Maßnahmen

Bodenbearbeitung gegen Ackerfuchsschwanz-KeimpflanzenZoombild vorhanden

Flache, aber intensive Bodenbearbeitung gegen Acker-Fuchsschwanz-Keimpflanzen und Ausfallgetreide, Foto: Werkbild, Fa. Lemken

Mittel- und langfristig muss diese spezielle Resistenzmanagement-Maßnahme durch ackerbauliche Maßnahmen unterstützt werden. Der regelmäßige Einsatz von Glyphosat zur Bekämpfung von herbizidresistentem Acker-Fuchsschwanz ist kein nachhaltig erfolgversprechendes Resistenzmanagement. Das Verfahren „falsches Saatbett“ kann zur Bekämpfung von Acker-Fuchsschwanz auch ohne den Einsatz von Glyphosat vorgenommen werden. Hierzu wird der auflaufende Acker-Fuchsschwanz durch eine flache aber ausreichend intensive Bodenbearbeitung beseitigt. Die Bekämpfung von multiresistenten Biotypen kann unter günstigen Witterungsbedingungen und Bodenverhältnissen das Niveau einer Glyphosat-Behandlung erreichen. Durch die ganzflächige mechanische Bearbeitung wird allerdings im Boden vorhandenes Samenpotenzial wieder aktiviert. Eine mechanische Bekämpfung von Acker-Fuchsschwanz als Stoppelbearbeitung oder im Verfahren „falsches Saatbett“ kann den Besatzdruck im Wintergetreideanbau daher nur begrenzt reduzieren und ist bei sehr hohen Besatzdichten mit multiresistenten Populationen nicht mehr für ein effektives Resistenzmanagement geeignet.

Vorerntebehandlung

GetreidefeldZoombild vorhanden

Wiederherstellung der Erntefähigkeit von verunkrauteten, lagernden oder zwiewüchsigen Getreidebeständen

Bei Unkrautdurchwuchs in lagerndem Getreide und bei extremen Zwiewuchs kann die Erntefähigkeit durch eine Teilflächenbehandlung mit Glyphosat wieder hergestellt werden. Eine Vorerntebehandlung zur Sikkation ist in z.B. Brassica-Arten, Ackerbohnen und Futtererbsen zugelassen. Die Sonderanwendung hat in Bayern nur im Getreidebau, respektive in Wintergerste, die bei Starkregen frühzeitig ins Lager gehen kann, eine sehr geringe Bedeutung (zirka 2.000 ha; 0,1 % AF). Saat- und Braugetreide darf nicht behandelt werden bzw. können behandelte Bestände auch aufgrund der beeinträchtigten Qualitätseigenschaften nur als Futtergetreide verwertet werden. Der Behandlungsbedarf ist nach Jahrgang und Region sehr unterschiedlich, da extreme Witterungsereignisse der eigentliche Auslöser für diesen Einsatz sind.

Sikkation im Getreidebau nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen

Ein Verzicht auf die Vorerntebehandlung zur Wiederherstellung der Erntefähigkeit hat die Vernichtung und Einarbeitung des Kulturbestandes zur Konsequenz. Alternative Verwertungen, wie zum Beispiel als Substrat für die Biogasproduktion, hängen stark von den örtlichen Möglichkeiten im jeweiligen Einzelfall ab.

Horst- und Einzelpflanzenbehandlung im Ackerbau

Im Ackerbau ist bei der Saatgutproduktion von Grassamen und kleinkörnigen Leguminosen (Luzerne, Klee, Wicken) eine Bekämpfung von solitär oder sehr kleinräumig im Bestand auftretenden Unkräutern, insbesondere Ampfer- und Distelarten, durch eine gezielte Streichbehandlung mit Glyphosat möglich. Der Einsatz erfolgt vorwiegend manuell mit Dochtstreichstäben, kann aber auch mit speziellen Streichgeräten (z.B. Rotowiper) vorgenommen werden. Das Hauptziel der Unkrautbekämpfung ist die Vermeidung von Unkrautsamenbesatz im Saatgut bzw. die Einhaltung der Besatzgrenzen bei der Feldanerkennung der Vermehrungsbestände. In Bayern ist dieser Einsatz so marginal, dass keine Flächenangabe möglich ist. In aller Regel erfolgt die Bereinigung der Vermehrungsflächen durch manuelle bzw. mechanische Unkrautbekämpfung in Form von Ausstechen, Ausreißen oder Abmähen.

Horst- und Einzelpflanzenbehandlung gegen Ampfer- und Distel-Arten im Dauergrünland

StreichverfahrenZoombild vorhanden

Zur Einzelpflanzenbehandlung im Streichverfahren gegen Ampfer im Grünland werden selektive Grünlandherbizide empfohlen

Diese Sonderbehandlung mit Glyphosat im Streichverfahren ist eine sehr gezielte, umweltschonende und nachhaltige Bekämpfung von Problemunkräutern. Aufgrund des Schädigungsrisikos für die angrenzende Grünlandnarbe wird diese Anwendung grundsätzlich von der Offizialberatung nicht empfohlen. Die Bekämpfung der Problemunkräuter erfolgt vorwiegend mit zugelassenen, selektiven Grünlandherbiziden im Streich- oder Punktspritzverfahren, oder alternativ durch manuelle, mechanische Einzelpflanzenbehandlung (Ausstechen, Abmähen).

Narbenabtötung zur umbruchlosen Grünlanderneuerung

Die Grünlanderneuerung ist die letztmögliche Maßnahme, um bei einer starken Verunkrautung, die durch Pflegemaßnahmen und Einsatz von selektiven Herbiziden nicht mehr sachgerecht reguliert werden kann, eine ökonomische Grünlandbewirtschaftung und die Produktion eines wertvollen Grundfutters wieder herzustellen. Für die umbruchlose Grünlanderneuerung mit Zerstörung der verunkrauteten Altnarbe und Neuansaat im Schlitz- bzw. Direktsaatverfahren ist der Einsatz von Glyphosat als Vorsaatbehandlung systemrelevant und unverzichtbar. Der Bedarf für diesen Einsatz beschränkt sich bei der Grünlandbewirtschaftung in Bayern auf nur wenige Einzelfälle. Aufgrund der Größe der Dauergrünlandfläche resultiert dennoch bei einer Behandlungsquote von nur zirka 0,5 Prozent der Grünlandfläche eine Behandlungsfläche von etwa 5.000 ha. In Folge von unsachlichen Medienberichten haben mehrere Molkereien in ihrer Abnahme und Lieferverträgen den Einsatz von Glyphosat bei den Milchlieferbetrieben untersagt. Dieses vertragsrechtliche Anwendungsverbot wird häufig nicht nur für den Einsatz von Glyphosat im Grünland, sondern auch im Ackerbau erteilt. Der bereits marginale Einsatz von Glyphosat zur Grünlanderneuerung geht daher in einzelnen Regionen bzw. Molkereieinzugsgebieten weiter zurück.

Grünlanderneuerung ohne Glyphosat

Grünlanderneuerung durch intensive BodenbearbeitungZoombild vorhanden

Grünlanderneuerung durch intensive Bodenbearbeitung

Als Alternative kann eine Grünlanderneuerung auch durch eine intensive mechanische Zerstörung der Altnarbe, wendende Bodenbearbeitung, feinkrümelige Saatbettbereitung und Neuansaat im Blanksaatverfahren erfolgen. Neben dem relativ hohen Aufwand für dieses Verfahren sind eine starke Belastung der Bodenstruktur und die Inkaufnahme eines hohen Erosionsrisikos erhebliche negative Nebeneffekte des mechanischen Umbruchs zur Grünlanderneuerung. Das gilt insbesondere für die Grünlandregionen in Südbayern mit hohen Niederschlägen und stark hängiger Topographie.
Im Gegensatz zur umbruchlosen Grünlanderneuerung erfolgt beim mechanischen Umbruch keine nachhaltige Bekämpfung von Wurzelunkräutern, insbesondere von Ampfer. Die intensive Bodenbearbeitung verursacht zudem eine Aktivierung des Bodensamenpotenzials von Samenunkräutern. Die mit der Blanksaat auflaufenden Unkräuter können häufig nicht ausreichend durch einen Schröpfschnitt reguliert werden, sondern müssen durch den Einsatz selektiver Grünlandherbizide in der Etablierungsphase der Neuansaat bekämpft werden.