AV DüV
Neuausweisung der roten und gelben Gebiete – Warum? Und wie ist sie erfolgt?
Zum 30. November 2022 erfolgte eine Neuausweisung der roten und gelben Gebiete.
Seit in Kraft treten der Düngeverordnung 2017, die erstmals eine Ausweisung von mit Nitrat belasteten sowie eutrophierten Gebieten vorgab, ist es nun die dritte Ausweisung innerhalb von fünf Jahren. Für viele Landwirte und Berater ist diese erneute Ausweisung der Gebietskulisse nach der "Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten" (kurz: AVV GeA) schwer nachvollziehbar und deren Umsetzung eine große Herausforderung. Insbesondere auch, da sich die ausgewiesenen Gebietskulissen der verschiedenen Jahre teils stark voneinander unterscheiden. Was sind die Hintergründe der Neuausweisung und worin sind die Unterschiede zur vorangegangenen Ausweisung begründet?
Warum müssen mit Nitrat belasteten sowie eutrophierten Gebieten ausgewiesen werden?
In vielen Regionen Deutschlands ist die Belastung des Grundwassers mit Nitrat bereits seit den 1970er und 80er Jahren zu hoch. Zum Schutz der Trinkwasserreserven hat die EU im Jahr 1991 die EU-Nitratrichtlinie erlassen, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss. In Deutschland ist die "Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen", kurz: Düngeverordnung (DüV), ein wichtiger Teil der Umsetzung der Nitratrichtlinie.
Aus Sicht der EU reichten die von Deutschland getroffenen Maßnahmen bisher nicht aus, um den Nitrateintrag ins Grundwasser ausreichend zu verringern.
Im Jahr 2018 hat daher der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie verurteilt. Daraufhin hat die Bundesregierung im Mai 2020 die Düngeverordnung novelliert und so auch die Ausweisungsmethodik der mit Nitrat belasteten Gebiete und eutrophierten Gebiete, die besser bekannt sind als "rote Gebiete" und "gelbe Gebiete".
Warum wurden die Gebiete zum 30.11.2022 neu ausgewiesen?
Die zum 1. Januar 2021 erfolgte Ausweisung der Gebiete in Deutschland wurde von der EU-Kommission nicht akzeptiert. Vor allem die Ausweisung der roten Gebiete hielt der Prüfung durch die EU-Kommission nicht stand. Aus Sicht der EU-Kommission muss über jeder belasteten Messstelle ein rotes Gebiet liegen. Daher forderte die EU-Kommission von der Bundesregierung eine kurzfristige Änderung der Ausweisungssystematik, woran eine Neuausweisung der Gebietskulisse unmittelbar verbunden ist.
Wie hat sich die Ausweisungssystematik gegenüber der letzten Ausweisung geändert?
Insbesondere dürfen nach Vorgabe der EU die Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft, d.h. die bislang eingeflossenen abgeschätzten Stickstoffsalden und das damit verbundene Eintragsrisiko in das Grundwasser, bei der Ausweisung der roten Gebiete nicht mehr berücksichtigt werden. Außerdem müssen alle belasteten Flächen unabhängig von ihrer Nutzung als rote Gebiete ausgewiesen werden. So zum Beispiel auch Wald- und Siedlungsflächen, welche in der vorangegangenen Gebietsausweisung nicht einbezogen waren. Für diese Flächen jedoch ohne Konsequenzen, weil die zusätzlichen Auflagen in den Gebieten nur für die landwirtschaftlich genutzten Flächen gelten.
Im Gegensatz zu den Vorgaben zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten Gebieten mussten die Vorgaben zur Ausweisung der eutrophierten Gebiete bei der Novellierung der AVV GeA im Sommer 2022 nur sehr geringfügig geändert werden. Allerdings wurde für die betroffenen Fluss- und Seewasserkörper nochmals geprüft, ob alle Kriterien nach den bundeseinheitlichen Vorgaben der AVV GeA zutreffen. Diese Prüfung führte in einzelnen Teilen Bayerns dazu, dass Flächen neu in die Gebietskulisse hinzukamen.
Wie ist die Ausweisung der Gebiete erfolgt?
Mit der Novellierung der AVV GeA wurde die neue Ausweisungssystematik durch die Bundesregierung für die Bundesländer verbindlich festgelegt.
Die Bundesländer müssen auf dieser Grundlage die mit Nitrat belasteten Gebiete zum 30.November 2022 neu auszuweisen. Bayern setzt dies mit Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV) um.
Die schrittweise Ermittlung der Gebietskulisse erfolgte gemeinsam auf fachlichen Grundlagen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).
Ausweisung der roten Gebiete 2022
Ermittlung der mit Nitrat belasteten Gebiete
Schritt 1:
Zuerst stellt sich die Frage, welche Grundwasserkörper in Bayern mit Nitrat belastet sind? Dazu wurden die Nitratgehalte von Grundwasserproben an den Messstellen des Ausweisungsmessnetzes ausgewertet. Grundwasserkörper mit mindestens einer belasteten Messstelle des Ausweisungsmessnetzes müssen betrachtet werden. Sie sind die Ausgangsbasis für die weitere Abgrenzung der mit Nitrat belasteten Gebiete.
Schritt 2:
Gibt es in den belasteten Grundwasserkörpern unbelastete Teilgebiete? In diesem Schritt werden neben den Nitratmesswerten der Messstellen des Ausweisungsmessnetzes auch die Messwerte an sogenannten Zusatzmessstellen berücksichtigt. Mithilfe von Regionalisierungsverfahren werden innerhalb der betrachteten Grundwasserkörper anhand der gemessenen Nitratkonzentrationen unbelastete Gebiete von belasteten Gebieten abgegrenzt.
Schritt 3:
Gibt es zusätzlich belastete Einzugsgebiete von Trinkwassergewinnungen und Heilquellen? Einzugsgebiete von belasteten Trinkwassergewinnungen oder Heilquellen, die im Schritt 1 über das Ausweisungsmessnetz nicht erfasst wurden, werden hier hinzugenommen.
Schritt 4:
Welche landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen mit mindestens 20 % im belasteten Gebiet? An den Grenzen der roten Gebiete gilt: Sobald eine Fläche mit mindestens 20 % im belasteten Gebiet liegt, muss sie mit ihrer Gesamtfläche in die Kulisse mit einbezogen werden.
Weiterführende Erläuterungen zur Ausweisung der roten Gebiete
Ausweisung der gelben Gebiete 2022
Ermittlung der eutrophierten Gebiete
Auf Basis von vier Kriterien, die gleichrangig erfüllt sein müssen, wird die Gebietskulisse eingegrenzt. Die Wasserwirtschaftsverwaltung ermittelt die Gebiete eutrophierter Oberflächengewässer und legt diese anhand gewässerbezogener Daten fest. Die räumliche Bezugseinheit sind die Gebiete der Oberflächenwasserkörper nach EG-Wasserrahmenrichtlinie ("OWK-Gebiet"). Die Ausweisung erfolgt sehr kleinräumig auf Ebene der landwirtschaftlichen Feldstücke.
Kriterium A
Fluss- und Seewasserkörper, die überhöhte Phosphorbelastungen zeigen, werden identifiziert. Dazu werden die Gewässer mithilfe chemischer und biologischer Kriterien, wie sie in der Oberflächengewässerverordnung beschrieben sind, bewertet und als eutrophiert eingestuft.
Kriterium B
Bei diesen belasteten Flüssen und Seen wird mit dem Nährstoffeintragsmodell MONERIS ermittelt, wie groß der landwirtschaftliche Anteil an den Phosphoreinträgen in die Gewässer-Einzugsgebiete ist. Weiter betrachtet werden nur Einzugsgebiete mit einem Eintrag von über 20 % aus den landwirtschaftlichen Phosphorquellen: Erosion, Oberflächenabfluss und Drainagen.
Kriterium C
Für die verbleibenden Fluss- und Seewasserkörper wird berechnet, wie hoch der flächenbezogene Phosphoreintrag ist. Nur wenn ein nach Gewässertyp festgelegter Eintrag in Kilogramm Phosphor pro km² überschritten wird, verbleibt das Gebiet in der Kulisse.
Abschließend wird die Kulisse der belasteten Fluss- und Seewasserkörper mit den landwirtschaftlichen Flächen verschnitten. Landwirtschaftliche Flächen, die nur teilweise in den belasteten Gebieten liegen, werden mit ihrer Gesamtfläche in die Gebietskulisse einbezogen, wenn sie mit mindestens 20 % im belasteten Gebiet liegen.
Erläuterungen zur Ausweisung der gelben Gebiete (LfU)
Wie haben sich die Flächenanteile in den ausgewiesenen Gebietskulissen verändert?
Mit der Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete und eutrophierten Gebiete 2022 wurden 341.000 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche in Bayern neu als rotes Gebiet und rund 82.000 ha LF neu als gelbes Gebiet ausgewiesen.
Zahlen zur roten Gebietskulisse
In die Ausweisung flossen die Daten von 685 Ausweisungsessstellen und 4.400 Zusatzmessstellen ein, wodurch 83 der 260 Grundwasserkörper als zu betrachtend eingestuft wurden. 16 der 83 Grundwasserkörper sind aufgrund des geänderten Ausweisungsverfahren 2022 neu hinzugekommen. In sieben Grundwasserkörpern wurden gegenüber 2021 keine roten Gebiete mehr ausgewiesen. Letzteres ist überwiegend auf rückläufige Nitratkonzentrationen im Grundwasser zurückzuführen. Der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche im roten Gebiet beträgt nach der aktuellen Ausweisung 17,1 %.
Zahlen zur gelben Gebietskulisse
Der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche im gelben Gebiet beträgt nach der aktuellen Ausweisung 29,3 %.
Weiterführende Informationen zum Thema
Filmreihe: Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten
Drei kurze Videos erklären die Ermittlung der Gebietskulisse, die einzuhaltenden Auflagen sowie mögliche Anpassungsmaßnahmen an die neuen Vorgaben.