LfL-Thema Eiweiß
Heimische Eiweißfuttermittel in der Legehennenfütterung
Die Proteinversorgung der Legehennenfütterung wird in erster Linie durch Sojaextraktionsschrot (SES) aus Übersee gedeckt. Gründe dafür sind die hervorragenden Eigenschaften aus Sicht der Tierernährung, eine hohe Verfügbarkeit sowie standardisierte Verarbeitungsmethoden. Der verstärkte Einsatz von heimischen Eiweißfuttermitteln bietet sich jedoch als Alternative an. Dadurch können Abhängigkeiten aus Übersee reduziert, heimische Wertschöpfungsketten gestärkt und eine Fütterung „Ohne Gentechnik“ ermöglicht werden. Die vorgestellten Rationen richten sich in erster Linie an Landwirte die in hofeigenen Mischungen ihr Getreide sowie ihre Leguminosen veredeln wollen. In den vorgestellten Mischungen schwankt der Getreideanteil zwischen 50 % und 60 %. Als Proteinquellen kommen vor allem Extraktionsschrote (Raps, Soja, Sonnenblumen) und heimische Leguminosen zum Einsatz.
Anforderungen an Legehennenfutter
Durch ihr geringes Verdauungsvolumen haben Legehennen eine begrenzte Futteraufnahmekapazität sowie eine rasche Passagerate. Futtermittel sollten deshalb hochverdaulich sein und eine hohe Energie- und Nährstoffkonzentration aufweisen. Rohfaser- und Zuckerkomponenten können nur begrenzt verdaut werden. Ein wertbestimmendes Kriterium ist der Anteil an essentiellen Aminosäuren, der die Rohproteinqualität charakterisiert. Lysin, Methionin + Cystein, Threonin und Tryptophan sind dabei in der Regel erstlimitierend. Die Verdaulichkeit der Aminosäuren ist ein weiteres wichtiges Kriterium, die sowohl zwischen den Aminosäuren, als auch zwischen den Körnerleguminosen variiert. Werden ganze Körner verfüttert, ist eine Gabe von unlöslichen Magensteinchen notwendig. Praxisübliche Energiegehalte im Futter liegen zwischen 11,4 und 11,6 MJ ME/kg. Eine Phasenfütterung mit drei Futterphasen hat sich bewährt, wobei die Umstellung herdenspezifisch zu gestalten ist.
Hofeigene Mischungen
Hofeigene Mischungen profitieren von kurzen Transportwegen und der ökonomischen Veredelung der eigenen Getreideerzeugnisse. Heimische Getreidearten zeichnen sich in erster Linie durch ihren hohen Stärkeanteil aus. Ergänzt werden muss die Ration hinsichtlich Rohprotein, essentieller Aminosäuren, Linolsäure, Kalzium, Natrium, Phosphor, Spurenelementen, Vitaminen sowie sonstiger Zusatzstoffe (z. B. Phytase oder freie Aminosäuren). Mit wenigen Einzelkomponenten in Kombination mit hofeigenem Getreide kann eine qualitativ hochwertige Mischung erstellt werden, wobei ein Getreideanteil von 65 % in der Ration realisierbar ist. Hohe Anteile von Gerste, Hafer, Roggen und Triticale in der Ration erfordern den Einsatz von Nicht-Stärke-Polysaccharide spaltenden Enzymen. Dadurch werden schwer verdauliche Kohlenhydrate aufgeschlossen, die Nährstoffverfügbarkeit erhöht und die Stickstoffausscheidungen reduziert.
Eiweißfuttermittel und Einsatzempfehlung für die Legehennenfütterung
Tabelle 1: Wertbestimmende Inhaltsstoffe, Energiegehalte von Eiweißfuttermitteln und Einsatzempfehlungen (Bezogen auf 88 % Trockenmasse). | AMEN*1 [MJ/kg] | TM [g/kg] | XP [g/kg] | XL [g/kg] | XF [g/kg] | Lysin [g/kg] | Methionin [g/kg] | Ca [g/kg] | Einsatzempfehlungen [%] |
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SES 48% | 9,66 | 877 | 464 | 23 | 48 | 29,4 | 6,6 | 3,1 | Keine*2 |
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SES 44% | 9,34 | 871 | 429 | 25 | 65 | 27,7 | 6,2 | 3,8 | Keine*2 |
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RES | 8,17 | 894 | 332 | 40 | 128 | 17,1 | 7,0 | 7,4 | 10 - 15 |
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SBS (geschält) | 7,95 | 894 | 403 | 15 | 113 | 14,5 | 9,3 | 3,9 | 15 |
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Weizentrockenschlempe | 7,74 | 932 | 283 | 69 | 70 | 6,4 | 4,7 | 0,8 | 10 - 12 |
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Erbse | 11,69 | 880 | 228 | 13 | 57 | 15,9 | 2,0 | 0,8 | 20 - 30 |
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Ackerbohne | 11,06 | 880 | 263 | 14 | 79 | 16,9 | 1,8 | 1,4 | 10 |
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Lupine (weiß) | 9,69 | 880 | 331 | 77 | 120 | 17,2 | 4,3 | 2,5 | 20 |
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Sojavollbohne (getoastet) | 13,36 | 935 | 352 | 179 | 55 | 21,3 | 4,8 | 2,6 | 15 |
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Sojakuchen (8 % XL) | 10,40 | 884 | 402 | 75 | 51 | 25,0 | 6,0 | 3,3 | 20 |
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*1) Energieberechnung nach WASP (1984): AMEN kj/kg = 15,51 x Rohprotein, g/kg + 34,31 x Rohfett, g/kg + 16,69 x Stärke, g/kg + 13,01 x Zucker, g/kg.
*2) Kann als alleiniges Eiweißfuttermittel eingesetzt werden.
Quelle: Schweinefütterung mit heimischen Eiweißfuttermitteln (LfL) 2011; Legehennenfütterung (LfL) 2017; Prof. Dr. G. Bellof u. P. Weindl: Der Futtermittelreport, 2013.
Ansätze zum Einsatz heimischer Futtermittel
Soll SES durch heimische Futtermittel ersetzt werden, sollten mehrere verschiedene Komponenten in der Ration kombiniert werden, um Einsatzrestriktionen zu befolgen und die Bedarfswerte (der Tiere) einzuhalten. Als heimische Futtermittel können Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen sowie aufbereitete Sojabohnen (vollfett, Kuchen) eingesetzt werden. Weitere Komponenten sind Koppelprodukte aus der Pflanzenölgewinnung von Raps und Sonnenblumen. Die Kombination von lysinreichen Körnerleguminosen mit methioninreichen Raps- und/oder Sonnenblumennebenprodukten bietet sich dabei besonders an. Durch die Zugabe freier Aminosäuren können Defizite gezielt ausgeglichen und ausgewogene Rationen erstellt werden. Mittlerweile sind auch non-GVO-SES aus europäischen Herkünften verfügbar.
Heimische Eiweißfuttermittel
Der Einsatz von heimischen Körnerleguminosen ist aus Sicht der Tierernährung durch suboptimale Eigenschaften limitiert. Dazu zählen unter anderem die teilweise schlechtere Verdaulichkeit, der geringe Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren sowie sekundäre Pflanzeninhaltstoffe, wie zum Beispiel Tannine (Gerbstoffe), Proteaseinhibitoren (Hemmstoffe), Lektine oder Saponine. Durch eine thermische oder mechanische Aufbereitung können die Eigenschaften verbessert werden. Verglichen mit SES enthalten Körnerleguminosen weniger Rohprotein und damit auch weniger Aminosäuren. Der Anteil bezogen auf die Rohproteingehalte ist allerdings zum Teil ähnlich. Eine Ausnahme stellen die essentiellen Aminosäuren Methionin + Cystein dar. Phosphor ist zu einem hohen Anteil an Phytin gebunden und erst durch die Zugabe des Enzyms Phytase verfügbar.
Sojaextraktionsschrot (SES):
Einsatz von geschälter (48 % XP) oder ungeschälter (44 % XP) europäischer Ware. Stellt eine bewährte Futterkomponente dar, die als alleiniges Futtermittel eingesetzt werden kann. Dabei auf bedarfsgerechte Aminosäurenversorgung, speziell Methionin, achten.
Sojavollbohne:
Nur Einsatz, wenn davor getoastet, um Trypsininhibitoren zu inaktivieren. Der hohe Fettgehalt von 18 % ist einsatzbegrenzend.
Sojakuchen:
Energiekonzentration liegt durch hohen Trockenmasse- und Fettgehalt über dem Niveau von Getreide.
Rapsextraktionsschrot (RES) und Rapskuchen:
Glucosinolatgehalt begrenzender Parameter. Rapskuchen enthält mehr Glucosinolat als RES. Gehalte können durch Toasten verringert werden. RES hat im Vergleich zu SES niedrigere Lysin- und Proteingehalte sowie höhere Methioningehalte. Rückgang des Futterverzehrs wenn der Anteil an Rapsprodukten > 16 %.
Sonnenblumenextraktionsschrot (SBS) geschält:
Rohfaseranteil von 12 % von Vorteil bei schnabel-unkupierten Hennen. Schwächen sind niedrige Energie- und Lysingehalte im Vergleich zu SES. Verdaulichkeit der Aminosäuren höher als bei RES und erreicht das Niveau von SES. Teilentschälte Ware günstiger, aber Rohfasergehalte i.d.R. > 20 % und Verdaulichkeit entsprechend schlechter als bei SES.
Erbse und Ackerbohne:
Weisen hohe Stärkegehalte auf und im Vergleich zu SES geringere Gehalte an Methionin, aber höhere Lysingehalte. Weißblühende Sorten weisen niedrigere, buntblühende dagegen höhere Tanningehalte auf. Bei Ackerbohnen ist der Einsatz von vicin- und convicinarmen Sorten zu empfehlen. Hohe Konzentrationen im Futter können leistungshemmend für den tierischen Stoffwechsel sein und Futteraufnahme sowie Nährstoffverdaulichkeit negativ beeinflussen. Ackerbohnen weisen eine geringere Aminosäureverdaulichkeit auf als SES. Erbsen hingegen unterschieden sich in der Verdaulichkeit kaum.
Lupine:
Im Vergleich zu anderen Leguminosen hoher Eiweißgehalt; der Energiegehalt resultiert aus dem relativ hohen Fettgehalt (7,7 % XL). Kein Unterschied in der Verdaulichkeit des Lysins zu SES. Hoher Anteil an leichtverdaulichen Zellwandbestandteilen (Pektine) ist verantwortlich für schlechte Verdaulichkeit.
Vergleich verschiedener Futterrationen für Legehennen
Rationsgestaltung
In Abbildung 1 sind folgende Rationsbeispiele dargestellt:
- Vergleichsration mit SES 44 %
- Ration SES 44 % mit heimischen Futtermitteln
- Ration mit SES 44 %, 48% und heimischen Futtermitteln
- „Ohne Gentechnik“-Ration mit non-GVO-SES 48 % und Erbsen
- „Ohne Gentechnik“-Ration ohne SES mit Sojavollbohne
Phasenfütterung ermöglicht die Anpassung des Energie- und Nährstoffbedarfs. Phase 1 steht am Anfang der Legeperiode und zeichnet sich durch eine hohe Energie- und Nährstoffdichte aus (11,4 bis 11,8 ME MJ/kg). In Phase 2 und 3 kann die Energie , Protein- und Aminosäurenkonzentration bei steigendem Ca-Gehalt schrittweise reduziert werden. Heimische Futtermittel können hier gut in die Ration integriert werden, da das Futteraufnahmevermögen höher und der Leistungsanspruch niedriger ist. Eine Ration ohne SES in allen drei Phasen ist möglich, wenn der Eiweiß- und Aminosäurebedarf mit anderen Komponenten ausgeglichen wird (Ration E).
Wirtschaftlichkeit
Abbildung 2 zeigt die Wirtschaftlichkeit der Rationen gegen-über der Vergleichsration A (€/dt) sowie die Futterkosten pro Legehenne und Jahr (€/LH). Im Vergleich zur Ration A werden in Ration B und C Teile des SES durch RES und heimische Leguminosen ersetzt, wodurch die Futterkosten gesenkt werden. Die Gestaltung der Rationen kann betriebsindividuell und je nach Marktlage angepasst werden. Rationen „Ohne Gentechnik“ sind auf verschiedene Weise umsetzbar und kommen, wie in Ration E dargestellt, auch ohne SES aus. Je nach Preisentwicklung der Komponenten kann eine Fütterung „Ohne Gentechnik“ kostenintensiver sein.
Ausblick
Durch die Kombination heimischer Eiweißkomponenten kann der SES-Anteil in der Ration gesenkt werden. Heimische Körnerleguminosen können eine kostengünstige Ergänzung der Futterration darstellen. Auf eine ausgeglichene Rations-gestaltung und Aminosäurezusammensetzung ist zu achten. Heimische Futterkomponenten unterstützen die Umsetzung einer „Ohne Gentechnik“-Fütterung. Die Rationen können je nach Verfügbarkeit der Futtermittel am Markt, der Preiswürdigkeit und dem Vermarktungskonzept angepasst und optimiert werden.
Weiterführende Beratung
Für weitere Informationen stehen die Bayerische Eiweißinitiative sowie das Fachzentrum für Geflügelwirtschaft an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Verfügung. Das Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum für Geflügel- und Kleintierhaltung Kitzingen stellt eine Excel-Anwendung für Rationsberechnungen bereit. In der Veröffentlichung „UFOP-Praxisfütterung: Ackerbohnen, Futtererbsen und Blaue Süßlupinen in der Geflügelfütterung“ wird ein Überblick über Inhaltsstoffe, Futterwerte und Einsatzmöglichkeiten von Körnerleguminosen gegeben.
Mehr zum Thema
Die Eiweißversorgung in der Schweinefütterung wird zu einem überwiegenden Teil mit importiertem Sojaextraktionsschrot (SES) sichergestellt. Es bieten sich jedoch heimische Alternativen an, welche die Importabhängigkeit reduzieren können, ökonomisch rentabel sind und eine bedarfsgerechte und eiweißsparende Aminosäurenversorgung der Tiere ermöglichen. Zudem wurden auch durch „Greening“ und „KULAP“ neue Impulse für den Anbau heimischer Eiweißpflanzen und deren Einsatz in der Fütterung gesetzt.
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Die Proteinergänzung in der Rinderfütterung wurde in den vergangenen Jahren häufig durch importierten Sojaextraktionsschrot vorgenommen. Doch die Gründe für den Einsatz heimischer Eiweißfuttermittel sind vielfältig und liegen beispielsweise in der Möglichkeit der GVO-freien Fütterung, der Importunabhängigkeit, der Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe und der Erhöhung der Biodiversität in der Kulturlandschaft.
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