Bayerische Eiweißinitiative
Grünlandverbesserung

Bilder von Wiesen

Die Grundlage einer bedarfsgerechten und kostengünstigen Eiweißversorgung von Rindern ist das Grobfutter. Nur durch ein standortangepasstes und produktives Grünlandmanagement können die Energie- und Eiweißkomponenten effizient genutzt werden. Dies ermöglicht eine wiederkäuergerechte und ökonomische Rationsgestaltung und die Reduktion des Einsatzes zugekaufter Kraftfuttermittel. Voraussetzung für eine konstante Futterqualität ist eine leistungsfähige Grasnarbe aus wertvollen Futtergräsern. Die durchschnittlichen Eiweiß- und Energiegehalte, die auch als Zielwerte für das Grünlandmanagement zu sehen sind, sind in Tabelle 1 dargestellt. Eine günstige Zusammensetzung liegt bei etwa 70:15:15 Gräsern zu Kräutern und Leguminosen.

Neben der Anpassung des Bewirtschaftungsregimes stehen in Abhängigkeit des Ausmaßes der Lücken im Bestand, des Unkrautbesatzes und der Zielsetzung die drei Saatverfahren Übersaat, Nachsaat und Neuansaat zur Verfügung.

Übersaat

Die Übersaat dient der Pflege und Unterstützung intensiv geführter Bestände, besonders in Grenzlagen des Dt. Weidelgrases und ist eine vorbeugende Maßnahme zum Erhalt eines produktiven Grünlandbestandes sowie zur Schließung kleiner Lücken im Bestand. Das Saatgut wird auf die unbearbeitete Bodenoberfläche abgelegt.

  • Die Saatstärke liegt bei 5 – 12 kg/ha.
  • Der Erfolg der Übersaat hängt größtenteils von der Bodenfeuchtigkeit zum Ausbringungstermin und in der frühen Jugendentwicklung ab.
  • Die Übersaat sollte als Standardmaßnahme in Verbindung mit Pflegemaßnahmen geplant werden.
  • Für den Erfolg sind Lücken im Bestand Voraussetzung. Keine Saat in geschlossene, dichte Narben!
  • Kosten: rund 50 – 100 €/ha.

Nachsaat

Nachsaat ist empfohlen, wenn eine Neuansaat vermieden werden soll und eine Übersaat nicht genügend Verbesserungspotenzial bringt. Das Saatgut wird entweder mittels Durchsaatverfahren in flache Säschlitze oder in Breitsaat nach einer bodenöffnenden Maßnahme abgelegt. Ziel ist eine deutliche Bestandesverschiebung hin zu gewünschten Arten sowie die Schließung von Lücken im Bestand ggf. nach einer selektiven Herbizidbehandlung. Bei der Nachsaat sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Zeitpunkt, zu dem die Wüchsigkeit der Altnarbe gering und gleichzeitig die Wasserversorgung gesichert ist.
  • Die Saatstärke liegt in der Regel bei 20 - 24 kg/ha.
  • Der Bestand muss größere Lücken aufweisen oder diese sind künstlich zu schaffen (Striegel). Um Konkurrenzdruck der Altnarbe zu reduzieren, kann der alte Bestand vor der Nachsaat kürzer abgemäht werden (ca. 5 cm).
  • Bei starkem Besatz mit Unkräutern sollte vor der Nachsaat eine selektive Herbizidbehandlung durchgeführt werden.
  • Die gemeine Rispe sollte zusätzlich herausgestriegelt und abgefahren werden.
  • Eine frühzeitige und häufige Nutzung der Folgeaufwüchse fördert die Bestockung und verringert die Lichtkonkurrenz durch die Altnarbe.
  • Eine übermäßige Düngung nach der Nachsaat sollte vermieden werden, um die Konkurrenz der Altnarbe nicht zu stärken. Gülle sollte in der Regel nicht eingesetzt werden.
  • Kosten: rund 150 – 210 €/ha.

Neuansaat

Die Neuansaat umfasst die vollständige Abtötung der minderwertigen Altnarbe und eine Erneuerung des Gesamtbestandes. Eine Neuansaat kann bei sehr hoher Verunkrautung insbesondere mit hartnäckigen Wurzelunkräutern notwendig werden. Kosten und Risiken (Erosion, Aufwuchs) dieses Verfahrens sind am höchsten. Daher sollte eine Neuansaat nur gewählt werden, wenn eine Nachsaat nicht mehr erfolgversprechend ist.

  • Das Abtöten der Altnarbe kann ohne Narbenzerstörung, mit zugelassenen Totalherbiziden erfolgen oder mit Narbenzerstörung, z. B. durch mehrmaliges Fräsen.
  • Neuansaaten sollten im Ansaatjahr keine bzw. nur wenig stark verdünnte Gülle erhalten.
  • Wichtig für das Gelingen der Neuansaat ist die Nachbehandlung gegen auflaufende Unkräuter.
  • Bei 10 – 15 cm Wuchshöhe der Neuansaat sollte ein Schröpfschnitt erfolgen. Dieser dient der Unkrautunterdrückung und dem schnelleren Narbenschluss durch die Förderung der Bestockung.
  • Informieren Sie sich vor einer geplanten Neuansaat beim zuständigen AELF über vertragliche Vorgaben und Meldepflichten im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen (AUM).

Im Zusammenhang mit Nachsaat und Neuansaat sind die Gründe, die zur Bestandesverschlechterung führten, abzuklären und nach Möglichkeit zu beseitigen. Oftmals sind Bewirtschaftungsänderungen nötig. Diese umfassen Anpassungen von Nutzungshäufigkeit oder -zeitpunkt, der Schnitthöhe, Düngung, Nachmahd sowie der gezielten Einzelpflanzenbekämpfung oder der befristeten Nutzungsänderung (Wiese zu Weide oder umgekehrt).

Bekämpfung der Gemeinen Rispe, des Stumpfblättrigen Ampfers und weiterer Unkräuter des Grünlands

Bekämpfung der Gemeinen Rispe

Die gemeine Rispe (Poa trivialis) zählt zu den unerwünschten Gräsern im Grünland. Hochwertig ist sie nur im ersten Aufwuchs (FWZ 7), bei Anteilen < 20 %. Bei höheren Anteilen nehmen Futterwert (FWZ 4) und Ertrag stark ab. Sie ist vielschnittverträglich und breitet sich in lückigen Beständen (z.B. nach Auswinterungsschäden) durch ihre oberflächigen Kriechtriebe meist flächig aus und erzeugt einen filzigen Bewuchs mit muffigem Geruch.

Bei einer Bekämpfung in Kombination mit Nachsaat ist folgende Vorgehensweise empfehlenswert:

  • mechanische Bekämpfung (Striegel)
  • Abfahren der herausgestriegelten Pflanzen
  • Nachsaat

Bei hohen Anteilen an gemeiner Rispe (> 50 %) kann eine Neuansaat erforderlich sein.

Zeichnung einer WiesenrispeZoombild vorhanden

Wiesenrispe

Im Unterschied zur Gemeinen Rispe stellt die Wiesenrispe (Poa pratensis) ein wertvolles und ertragsstarkes Gras dar. Die Fähigkeit zur Unterscheidung der Gräser ist daher essentiell für ein erfolgreiches Grünlandmanagement.

Wichtiges Erkennungsmerkmal von Rispen ist die Doppelrille auf der Blattspreite. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen Wiesenrispe zu gemeiner Rispe sind:

Wiesenrispe

  • Kleines Blatthäutchen
  • Blatt kahnförmig zulaufend (Kahnspitze)
  • Unterirdische Kriechtriebe

Gemeine Rispe

  • Spitzes Blatthäutchen
  • Blatt allmählich spitz zulaufend
  • Oberflächige Kriechtriebe

Bekämpfung des Stumpfblättrigen Ampfers

Photo einer AmpferpflanzeZoombild vorhanden

Stumpfblättr. Ampfer

Der stumpfblättrige Ampfer (Rumex obtusifolius) gilt als minderwertiger Platzräuber, der vom Vieh wegen seines hohen Oxalatgehalts eher gemieden wird. Durch das hohe Samenpotential, die Langlebigkeit der Samen und die schnelle Samenreife sind schon Einzelpflanzen bekämpfungswürdig.
Mechanische Bekämpfung

Das Ausstechen der Ampferstöcke erzielt i.d.R. die beste und sicherste Bekämpfungsleistung. Dies sollte allerdings frühzeitig, bereits bei geringem Besatz, erfolgen. Höhere Besatzdichten verursachten in einem Versuch der LfL einen Arbeitszeitbedarf von 260 - 300 h/ha. Wichtig ist auch das Abtragen bzw. Abfahren der Pflanzen und deren Entsorgung.

Chemische Bekämpfung

als Einzelpflanzenbehandlung mit Rückenspritze, Rotowiper oder Streichstab. Selektive Präparate erzielen bessere Ergebnisse als nicht-selektive Herbizide. Eine Flächenbehandlung ist ab 0,5 Pflanzen/m² mit einem selektiv wirkenden Präparat sinnvoll und wirtschaftlich.
Wirkstoffe zur Ampferbekämpfung im Grünland: Thifensulfuron, Fluroxypyr, Mecoprop-P (selektiv); Glyphosat (nicht-selektives Herbizid).

Vorbeugende Maßnahmen

  • Erhalt einer intakten Grasnarbe
  • Vermeidung zu hoher Güllegaben
  • rasches Schließen der Bestandslücken durch Übersaat
  • regelmäßiger Schnitt, um das Abblühen des Ampfers zu verhindern
  • standortangepasstes Weidemanagement, keine zu hohe Besatzdichte
  • Nachmahd bei Weide
  • Bei beginnendem leichten Besatz: Ausstechen der Pflanzen (mind. 10 – 15 cm tief)

Weitere Unkräuter des Grünlands

Weitere bekämpfungswürdige Unkräuter sind u.a. verschiedene Doldenblütler (z.B. Bärenklau, Wiesenkümmel, Wiesenkerbel), Löwenzahn, Brennnessel, Distel, scharfer Hahnenfuß und Kreuzkraut-Arten.

Sie führen ab gewissen Bestandesanteilen zu Ertragseinbu-ßen, reduzieren den Futterwert des Grünlands bzw. sind Giftpflanzen (Jakobskreuzkraut) oder stellen Platzräuber für wertvolle Arten dar.

Ausführliche Informationen zum Unkrautmanagement im Grünland finden Sie unter:

Bestandesbeurteilung und Artenkenntnis

Für die Gesunderhaltung eines hochwertigen Bestandes ist es wichtig, diesen regelmäßig zu beurteilen. Eine gute Pflanzenkenntnis ist essentiell für die Schätzung der Ertragsanteile, des Futterwerts und die Wahl der geeigneten Bewirtschaftungsmaßnahme. Hinweise zur Bestimmung der wichtigsten Gräser im Grünland finden Sie unter:

Kleine Gräserkunde

Fütterungsparameter

Tabelle 1 zeigt die durchschnittlichen Eiweiß- und Energiegehalte verschiedener Produkte vom Dauergrünland. Diese können auch als Zielwerte für das Grünlandmanagement betrachtet werden.

Tab. 1: Rohprotein- und Energiegehalte sowie ernährungsphysiologische und ökonomische Fütterungspa-rameter von Grünlandprodukten
XP [g]nXP [g]UDP [%]ME [MJ]NEL [MJ]var. Kosten
[ct./10 MJ NEL]
var. Kosten
[€/kg XP]
Wiesengras (frisch)
1. Schnitt, Schossen
1951441011,056,715,60,5
Wiesengras (frisch)
1. Schnitt, Beginn Blüte
155133159,995,9314,80,6
Grassilage, 1. Schnitt1651361510,126,0419,90,7
Grassilage, 2. Schnitt140129209,535,6125,11,0
Heu, U.-dachtr. 2. Schnitt150135209,885,8721,10,8
Grascobs, 2. Schnitt1751664010,176,1148,51,7

Ansatzpunkte zur Erhöhung des Eiweißertrags vom Grünland

Optimale Bestandszusammensetzung

Durch angepasstes Nutzungs- und Düngemanagement und ggf. durch Über- oder Nachsaat. Positive Effekte können neben Ertragssteigerungen auch eine erhöhte Futteraufnahme und eine Verbesserung des Anwelkvorgangs durch geringere Anteile ungünstiger Kräuter sein (Wiesenkerbel, Bärenklau).

Nutzungszeitpunkt

mit zunehmender Reife sinkt der Rohprotein- und steigt der Rohfasergehalt des Grünlands; ein früher erster Schnitt liefert hohe Rohproteinerträge und Futterqualitäten und ermöglicht eine optimale Nutzungsintensität.

Nutzungsintensität

Hohe Nutzungsintensitäten erhöhen in der Regel die Proteingehalte des Ernteguts, gehen aber nicht zwingend mit den höchsten Masseerträgen einher. Das Ausmaß einer möglichen Intensivierung ist durch die spezifischen Standortbedingungen begrenzt (Boden, Klima, Wasserverhältnisse).

Kurze Feldliegezeigen

Lange Feldliegezeigen (Anwelken von Silage, Heutrocknung) bei ungünstiger Witterung führen zum erhöhten Nährstoffabbau und sollten vermieden werden.

Schonende Futterwerbung

Insbesondere bei kleereichen Beständen besteht die Gefahr der Bröckel- und Bergungsverluste der proteinreichen Blätter.

Warm- oder Heißlufttrocknung

reduziert das Risiko von Bröckelverlusten und bewirkt den vollständigen Erhalt der Strukturwirksamkeit. Heißlufttrocknung erhöht außerdem den Anteil an UDP (30 – 40 %) und steigert so den Anteil an nutzbarem Rohprotein für Milchkühe und Mastrinder.

Gewährleistung hoher Gärqualitäten bei der Silierung

verschmutzungsfreie Futterwerbung, ausreichende Verdich-tung sowie genügend Vorschub im Silo.

Sortenempfehlungen

Die LfL stellt regelmäßig die aktuellen Sortenempfehlungen für Gräser, Klee und Luzerne mit einer Sortenbeschreibung und Informationen zur Verwendung und den Boden- und Klimaansprüchen der Kulturart zur Verfügung. Diese finden Sie unter:

Sortenempfehlung Gräser, Klee und Luzerne

Literatur

Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (2014): Saatguteinsatz im Grünland. Übersaat – Nachsaat – Neuansaat. LfL-Information. Freising.

Ampferregulierung im Einzelpflanzenbehandlungsverfahren (Versuchsprogramm 934) pdf 92 KB