Zuchtwertschätzung Süddeutsches Kaltblut

Mann hält Süddeutsches Kaltblut


Die Zucht von Nutztieren wird seit hunderten von Jahren auf allen Kontinenten betrieben. Züchtung bedeutet hierbei immer die gezielte Auswahl (Selektion) von Vater- und Muttertieren für die Weiterzucht. Die Zuchtwertschätzung unterstützt die Züchter bei dieser Auswahl.

Datengrundlage

Datengrundlage für die Zuchtwertschätzung Süddeutsches Kaltblut sind die Ergebnisse der Leistungsprüfungen sowie die Bewertungen bei den Körungen, Stutbuchaufnahmen und Fohlenschauen. In die Zuchtwertschätzung gehen sämtliche Zahlen ein, die in Bayern verfügbar sind.
Bei den Fohlenschauen werden die Merkmale Typ, Gebäude, Gliedmaße/Hufe, Gangkorrektheit, Trab und Schritt erfasst. Zur Aufnahme ins Herdbuch werden ebenfalls diese Merkmale bewertet; außerdem wird das Stockmaß erfasst. Bei den Leistungsprüfungen werden neben den Grundgangarten Schritt und Trab die Fahrtauglichkeit vor dem Wagen bewertet, sowie die Merkmale Umgänglichkeit, Arbeitswilligkeit, Konzentration bei der Arbeit, Nervenstärke und Zugmanier beim Ziehen.
Das Stockmaß wird tatsächlich gemessen, während alle anderen Merkmale auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet werden und damit einer subjektiven Beurteilung unterliegen.

Modellierung: BLUP-Mehrmerkmals-Tiermodell

Ziel der Zuchtwertschätzung ist, das genetische Potential eines Tieres möglichst genau zu schätzen. In einer BLUP-Zuchtwertschätzung werden dazu alle vorhandenen Beobachtungswerte und alle verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Tieren berücksichtigt sowie gleichzeitig alle bekannten, systematischen Umwelteinflüsse ausgeschaltet.
Die Schätzung der Zuchtwerte beim Süddeutschen Kaltblut erfolgt in einem BLUP-Tiermodell für 13 Merkmale gleichzeitig (Mehrmerkmalsmodell). Dabei finden die genetischen Parameter Erblichkeitsgrad und genetische Beziehungen der Merkmale untereinander Beachtung. Um eine möglichst vergleichbare Bewertung der Tiere zu gewährleisten, werden Alter, Ort und Zeitpunkt der Prüfung als Umweltfaktoren berücksichtigt.

Zusammenfassung der Einzelzuchtwerte zu Teilzuchtwerten und Gesamtzuchtwert

Neben den 13 Einzelzuchtwerten (siehe Tabelle) wird ein Gesamtzuchtwert (GZW) ermittelt, in dem verschiedene Einzelmerkmale in einer ganz bestimmten Gewichtung vertreten sind. Außerdem werden noch die Teilzuchtwerte für Interieur, Fahren und Exterieur berechnet und ausgewiesen. Die Gewichtungen für Teilzuchtwerte und Gesamtzuchtwert spiegeln die wirtschaftliche Bedeutung der Einzelmerkmale wider. Der Rassebeirat des Landesverbandes Bayerischer Pferdezüchter überprüft diese Gewichtungen in regelmäßigen Abständen und korrigiert diese bei Bedarf.
Einzelmerkmale in der Zuchtwertschätzung und deren Gewichtung im Gesamtzuchtwert und in den Teilzuchtwerten
MerkmaleGesamtzuchtwertZuchtwert
Interieur
Zuchtwert
Fahren
Zuchtwert
Exterieur
Typ10 %20 %
Gebäude10 %20 %
Gangkorrektheit10 %15 %
Gliedmaßen/Hufe10 %15 %
Trab10 %20 %15 %
Schritt10 %10 %20 %15 %
Umgänglichkeit10 %10 %
Fahrtauglichkeit10 %60 %
Konzentration5 %20 %
Arbeitswilligkeit5 %20 %
Zugmanier5 %20 %
Nervenstärke5 %20 %
Stockmaß

Sicherheit der Zuchtwertschätzung

Die Sicherheit eines Zuchtwertes dient als Maßzahl für die Fülle der vorhandenen Informationen bei der Schätzung dieses Zuchtwertes. Die Sicherheit kann Werte zwischen 0 und 100 Prozent erreichen. Je höher die Sicherheit, umso kleiner ist das Intervall um den geschätzten Zuchtwert, in dem der wahre (uns unbekannte) Zuchtwert mit sehr großer Wahrscheinlichkeit liegt.
Mit dem angewendeten Zuchtwertschätzmodell beim Süddeutschen Kaltblut und den normalerweise zugrunde liegenden Informationen der Vorfahren vor der ersten Bewertung eines Tieres selbst kann z.B. für den Gesamtzuchtwert eine Sicherheit von ca. 30 Prozent erreicht werden. Nach der Körung beträgt die Sicherheit bei den Hengsten zwischen 50 und 60 Prozent. Mit der Eigenleistungsprüfung steigt die Sicherheit im Gesamtzuchtwert nochmals um 5 bis 10 Prozent an. Werden ihre Nachkommen auf Fohlenschauen bewertet, wirkt sich dies vor allem bei den Vätern nochmals in einer deutlichen Steigerung der Sicherheit aus.

Veröffentlichung

Zeitpunkt der Zuchtwertschätzung:

Die Zuchtwertschätzung wird einmal pro Jahr durchgeführt, und zwar im Herbst nach Abschluss sämtlicher Leistungsprüfungen für Stuten und Hengste.

Was wird veröffentlicht?

Veröffentlicht werden neben dem Gesamtzuchtwert und den Teilzuchtwerten Interieur, Exterieur und Fahren auch sämtliche Einzelzuchtwerte der 13 verschiedenen Merkmale. Allerdings wird der Zuchtwert eines Tieres in einem bestimmen Merkmal bzw. im GZW oder in den Teilzuchtwerten erst dann veröffentlicht, wenn er eine Sicherheit von mindestens 50 Prozent erreicht hat.

Standardisierung und Basis:

Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Zuchtwerte als Relativzuchtwerte veröffentlicht. Dazu werden die Einzelzuchtwerte, der Gesamtzuchtwert und die Teilzuchtwerte jeweils so standardisiert, dass die Zuchtwerte der aktiven Population der sogenannten Basisjahrgänge ein Mittel von 100 Punkten haben. Die Streuung der Relativzuchtwerte wird auf 20 Punkte eingestellt. Die Basisjahrgänge werden jedes Jahr angepasst und umfassen jeweils die Jahrgänge 13 bis 7 Jahre vor dem aktuellen Jahr der Zuchtwertschätzung.

Durch die jährliche Anpassung der Basis kommt es zu einer "Abschreibung" der Zuchtwerte. Die Höhe der Abschreibung hängt davon ab, wie stark sich die neue Basis im Vergleich zum Vorjahr verändert. Gab es einen Zuchtfortschritt in einem Merkmal ist die alte Basis der neuen unterlegen und die Abschreibung negativ, d.h. der Relativzuchtwert eines Tieres ist selbst bei gleicher Informationslage wie im Vorjahr niedriger. Dies ist normal und hilft sogar bei der schnellen Orientierung beim Blick auf die Zuchtwerte: Die Basistiere sind in der Regel geprüfte Zuchttiere im besten Alter mit Eigen- und Nachkommensleistungen und sicher geschätzten Zuchtwerten. Sie bilden mit dem Mittelwert von 100 in jedem Merkmal die Grundlage, um das genetische Potential z.B. eines jüngeren Tieres schnell abschätzen zu können. Liegt dessen Zuchtwert in einem Merkmal über 100 oder gar über 120, so ist zu erwarten, dass im Mittel die Nachkommen dieses Hengstes oder dieser Stute dem Durchschnitt der Basisjahrgänge überlegen sind.

Wichtig: Die Abschreibung betrifft alle Einzel-, Teil- und Gesamtzuchtwerte und alle Stuten und Hengste gleichermaßen. Die Rangierung der Tiere nach Zuchtwerten ist davon nicht betroffen.

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