Mehltauresistenz-Züchtung bei Hopfen
Echter Mehltau bei Hopfen (Podosphaera macularis ssp. humuli) ist im Hopfenanbau in Europa und in den USA eine sehr ernste Bedrohung. Nur unter drastisch gestiegenen Kosten für Pflanzenschutzmittel kann Qualitätshopfen mit guten Ernteerträgen produziert werden. Im Kampf gegen den Echten Mehltau hat daher die Resistenzzüchtung, die schon seit Jahren am Hopfenforschungszentrum in Hüll sehr intensiv betrieben wird, oberste Priorität, um die Resistenzlücke bei Echtem Mehltau im Aroma- und Hochalphasortenbereich Schritt für Schritt zu schließen.
Seit 2000 werden für die Mehltauresistenzprüfung im Gewächshaus und Labor Mehltauisolate mit charakterisierten Virulenzeigenschaften eingesetzt. Zusammen mit den ständig optimierten Prüfsystemen im Gewächshaus und dem seit 2000 etablierten Blatt-Testsystem im Labor ermöglichen es diese Mehltauisolate, Hopfensorten zu züchten, die aufgrund ihrer breiten Mehltauresistenz auch in Jahren mit hohem Pilzbefallsdruck beste Brau- und Lebensmittelqualität und zugleich Liefersicherheit garantieren.
Im Folgenden werden alle Arbeiten und Aufgabenstellung vorgestellt, die in den letzten Jahren unter Einsatz von 11 Mehltauisolaten durchgeführt wurden:
Fortschritte in der Mehltauresistenzzüchtung durch den Einsatz von charakterisierten Mehltauisolaten im Blatt-Resistenz-Testsystem und im Gewächshaus
Mehltauisolate – Erhaltung und Charakterisierung
Wie jedes Jahr werden vor dem Start der Testungen, die Virulenz aller Mehltauisolate überprüft. Dazu wird ein Sortiment von elf Hopfensorten und Wildhopfen, die alle bisher bekannten Resistenzgene tragen, zur Differenzierung der Virulenzeigenschaften aller 11 Mehltauisolate eingesetzt. Dadurch wird sichergestellt, dass alle zur Testung zur Verfügung stehenden Isolate auch Jahre nach der Inkulturnahme keine ihrer Virulenzgene durch Mutation verloren haben. Immer wieder werden auch neue Isolat unbekannter Virulenz aus dem Gewächshaus oder Freiland mit aufgenommen und hinsichtlich ihrer Virulenzgene charakterisiert.
Prüfung auf Mehltauresistenz im Gewächshaus
Jedes Jahr zu Beginn der Sämlingsselektion im Februar werden ca. 100.000 Sämlinge aus den Kreuzungen des Vorjahres im Gewächshaus künstlich mit zwei Mehltauisolaten beimpft, die alle Virulenzen (v1,v3,v4,v6,vB) aufweisen, die in der Hallertau verbreitet auftreten. Unter standardisierten Infektionsbedingungen werden im Gewächshaus auch Zuchtstämme im fortgeschrittenen Selektionsstadium sowie Sorten und Wildhopfen auf ihre Widerstandsfähigkeit getestet.
Prüfung auf Mehltauresistenz im Labor mit dem Blatt-Testsystem
Im Gewächshaus als resistent eingestufte Hopfen werden nachfolgend im Labor bei EpiLogic mit dem Blatt-Test („Blatt-Resistenzprüfsystem in der Petrischale“ = detached leaf assay) nachgetestet. Diese Tests werden mit einem englischen Mehltauisolat („R2 Resistenz-brecher“) und nachfolgend mit einem Hallertauer Isolat, das regionale Bedeutung hat, geprüft. Nur mit Hopfen, die eine breite Widerstandsfähigkeit gegenüber Echtem Mehltau in beiden Prüfungen beweisen, wird weitergezüchtet.
Charakterisierung verschiedener Resistenzmechanismen im Hüller Zuchtmaterial auf Zellebene
In Zusammenarbeit mit der TU München, Lehrstuhl Phytopathologie, wurden im Rahmen einer Promotionsarbeit mit dem Fluoreszenzmikroskop die Interaktionen zwischen virulenten bzw. avirulenten Mehltaupilzisolaten und verschiedenen Sorten, Zuchtstämmen und Wildhopfen auf Zellebene untersucht. So konnten genauere Einblicke in die verschiedenen Reaktionen und somit in die unterschiedlichen Resistenzmechanismen des Hüller Zuchtmaterials gewonnen werden. Dieses Wissen ist entscheidend, um die gezielte Kombination verschiedener, sich in ihrer Wirkung ergänzender Resistenzmechanismen in künftigen Sorten erreichen zu können.
Dissertation: Histochemische und molekulare Untersuchungen der Interaktion von Hopfen und Hopfenmehltau
Transientes Blatt-Expressionssystem zur Funktionsaufklärung von Genen, die bei der Mehltau-Abwehr beteiligt sind
Ein transientes Blatt-Expressionssystem wurde erarbeitet und etabliert, um Gene, die bei der Abwehr des Mehltaupilzes involviert sind, in ihrer Funktion zu verifizieren. Dazu wurde ein Genkonstrukt mit einem vermuteten Resistenzgen über eine Gentransfertechnik (Genkanone) in Hopfen-Blattzellen eingeschleust und nachfolgend die Reaktionen des Pilzes und der mit einem neuen Resistenzgen ausgestatteten Blattzellen unter dem Mikroskop verfolgt. Auch hierfür spielten die Mehltauisolate mit definierten Virulenzeigenschaften eine entscheidende Rolle. Gensequenzen, die über dieses Blatt-Expressionssystem in ihrer Wirkung bestätigt wurden, sollen in der klassischen Resistenzzüchtung als Selektionsmarker genutzt werden.
Technique to Assess Gene Function in Hop-Powdery Mildew Interactions
Überprüfung der Wirksamkeit von bestehenden Resistenzen in Sorten und im Hüller Zuchtmaterial
Jedes Jahr werden die Virulenzgene von aktuellen Mehltaupopulationen in den deutschen Hopfenanbaugebieten bestimmt. Dabei wird die Reaktion von 11 Sorten und Wildhopfen, die alle bisher weltweit bekannten Resistenzgene tragen (= sog. Hopfen-Differenzial-sortiment), gegenüber allen aktuell zur Verfügung stehenden Mehltauisolaten getestet. Dadurch ist es möglich, zu beurteilen, ob bestehende Resistenzen in aktuellen Sorten wie z. B. bei „Hallertauer Merkur“ noch voll wirksam sind bzw. wie bei „ Herkules“ regional begrenzt sind.
Virulenztest von Mehltauisolaten aus verschiedenen Hopfenbauregionen: Blätter von Sorten mit bekannten Resistenzen (R) wurden in diesem Fall mit einem Mehltauisolat aus der Hallertau in der Petrischale beimpft und nachfolgend die Blätter auf Mehltauwachstum untersucht. Während die Resistenzen R3, R4, R6 und RB nicht mehr vor Mehltaubefall schützen, ist die Resistenz von Wye Target (R2-Resistenz) in der Hallertau noch voll wirksam. Auch der Wildhopfen aus Japan zeigt sich als mehltauresistent.
Erhaltung der Mehltaurassen und Bereitstellung für verschiedene Aufgabenstellungen
Mit großem Know-How und unter den entsprechenden Sicherheitsbedingungen werden alle Mehltau-Isolate seit 1999 bei EpiLogic in Freising erhalten und als Inokulationsmaterial für die Gewächshaus- oder Laborprüfungen bereitgestellt. Unser Rassensortiment wird durch neue Isolate ständig ergänzt bzw. ausgetauscht. Der Erhalt aller – auch aggressiver - Mehltauisolate in Freising außerhalb unseres Hauses stellt wegen der hohen Sicherheitsbedingungen keine Gefahr für die Hopfengärten in der Hallertau dar.
Die Mehltauisolate und die Resistenzprüfsysteme sind zu entscheidenden Säulen für eine erfolgreiche Resistenzzüchtung in Hüll geworden und unverzichtbar für die Weiterführung der verschiedenen Forschungsansätze rund um die Resistenz gegenüber Echtem Mehltau.