Sommergerste – Aktuelle Ergebnisse aus der Praxis und den Landessortenversuchen

Sommergerstenähren im Feldbestand.

In Bayern wurden heuer in der Praxis im Schnitt 49 dt/ha Sommergerste geerntet. Die Erträge lagen damit etwa auf Niveau des Vorjahres und fast 4 dt/ha unterhalb des Zehnjahresmittels. Im Ertrag zeigte sich wieder einmal ein Gefälle von Süden nach Norden. Während sich in Südbayern die Erträge im Bereich des zehnjährigen regionalen Mittels von 60 dt/ha bewegten, wurde der mehrjährige Schnitt in Franken (50 dt/ha) heuer nicht erreicht. Hauptverantwortlich für das unterdurchschnittliche Abschneiden in Nordbayern war die teilweise extreme Trockenheit in Verbindung mit hohen Temperaturen. Unter Wassermangel litten vor allem zahlreiche Bestände in Oberfranken. Dort lag der Durchschnittsertrag, ermittelt anhand von 29 Praxisproben, nur bei 42 dt/ha.

Die Sommergerste reifte vor allem in den Trockenregionen rasch ab, und die Ernte wurde frühzeitig und trocken eingebracht. Der langanhaltenden trocken-warmen Witterung ist es zu verdanken, dass die Ähren und Körner kaum von Schwärzepilzen befallen waren und überwiegend eine helle, goldgelbe Farbe aufwiesen.

Anbaubedeutung

Nachdem der Sommergerstenanbau in Bayern im Vorjahr mit 81.600 ha einen historischen Tiefpunkt erreichte, nahm die Fläche heuer wieder deutlich auf 99.000 ha zu. Seit einigen Jahren wird auch Sommergerste versuchsweise im Herbst angebaut. Diese Flächen sind in der Statistik nicht enthalten. Zum Herbstanbau liegen noch wenige Versuchsergebnisse vor.
Interessante Informationen hierzu sind auf der Homepage des Thüringer Landesamts für Landwirtschaft und Ländlichen Raum unter dem Titel "Sommerbraugerste in Herbstaussaat Versuchsbericht 2022" zu finden.

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Sortenverteilung

Die beliebtesten Sommergerstensorten im Freistaat waren heuer Accordine, Avalon, Solist, und RGT Planet, Amidala und Prospect. Auf fast 90 % der Schläge wurde eine dieser Sorten angebaut.

Qualität in der Praxis

Jedes Jahr wird die Qualität von etwa 100 Sommergerstenpartien aus ganz Bayern analysiert.

Rohproteingehalt

Der Rohproteingehalt lag heuer im Mittel mit 10,9 % auf Niveau des zehnjährigen Schnitts. Unterdurchschnittliche Werte von 10,4 % wurden in Südbayern gemessen. Im ertragsschwachen Oberfranken fielen die Gehalte mit 11,5 % dagegen deutlich überdurchschnittlich aus. Von den Mälzern und Brauern wird in der Regel ein Rohproteingehalt zwischen 9,5 und 11,5 % gewünscht. Diese Anforderung konnten heuer, wie auch im Schnitt der letzten zehn Jahre, 58 % der bayerischen Sommergersten erfüllen.

Kornqualität

Der Vollgerstenanteil (> 2,5 mm) erreichte in diesem Jahr mit 88 % nicht ganz das mehrjährige bayerische Mittel von 90 %. Aus dem Süden wurden mit 92 % hohe Gehalte gemeldet. In dem durch Trockenheit während der Kornfüllung und der Abreife besonders betroffenen Oberfranken fielen die Werte mit 84 % schwach aus. Auch das Tausendkorngewicht (TKG) war dort unterdurchschnittlich. Die Hektolitergewichte lagen dagegen bayernweit mit 70 kg/hl im höheren Bereich.

Landessortenversuche

Die Landessortenversuche (LSV) standen heuer an sieben Orten, wovon alle ausgewertet werden konnten.

Rentabilität des Pflanzenschutzmitteleinsatzes

In den LSV werden alle Sorten in einer extensiven (ohne Fungizide, ohne/wenig Wachstumsregler) und einer intensiven Stufe, die Fungizide und Wachstumsregler nach Bedarf erhält, geprüft. Die Stickstoffdüngung im Versuch ist am Produktionsziel Braugerste orientiert und erfolgt in beiden Stufen einheitlich. In den optimal geführten Varianten konnten im Mittel der letzten fünf Jahre 8 dt/ha (14 %) mehr geerntet werden. Dem gegenüber steht ein Mehraufwand von etwa 100 Euro/ha. Der Zusatzaufwand war jedoch nicht immer wirtschaftlich. Etwa bei 30 % der Versuche rentierte er sich nicht.
Häufig bringt die Intensitätssteigerung eine Verbesserung der Qualität. Im Zehnjahresmittel konnten durch den zusätzlichen Pflanzenschutzaufwand der Vollgerstenanteil von 85 auf 91 %, das Hektolitergewicht um 1,5 kg und das TKG um 3,2 g verbessert werden.

Sortenempfehlung

In die staatliche Sortenempfehlung wird eine Braugerstensorte erst nach mehrjähriger Prüfung im LSV aufgenommen. Neben hohen und stabilen Erträgen und ansprechenden Anbaueigenschaften muss sie auch eine gute Malz- und Brauqualität aufweisen.
Die Bewertung der Qualität wird vom Sortengremium des Berliner Programms vorgenommen. Dieses setzt sich aus Vertretern der Landwirtschaft, der deutschen Mälzereien und Brauereien sowie aus Wissenschaftlern zusammen. Entscheidend für die Qualitätsbeurteilung sind Mälzungs- und Brauversuche, die im Rahmen des Berliner Programms mit den meisten Neuzulassungen in kleinerem und mit wenigen ausgewählten Sorten in größerem Umfang (großtechnische Verarbeitung) durchgeführt werden. Wird eine Sorte in der Großtechnik für gut befunden, erhält sie eine Verarbeitungsempfehlung. Bis auf RGT Planet bekamen alle mehrjährig geprüften LSV-Sorten diese Empfehlung. Die Neuzulassung LG Flamenco wird derzeit großtechnisch verarbeitet. Anfang Februar entscheidet sich, ob sie eine Verarbeitungsempfehlung erhält. Diese ist für eine Sorte sehr wichtig, denn bis jetzt ist es lediglich RGT Planet gelungen, ohne Empfehlung eine größere Anbaubedeutung zu erlangen.
Die Beurteilung der agronomischen Eigenschaften, der Krankheitsresistenzen und des Ertragspotentials erfolgt durch Experten von den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.