Hafer – Aktuelle Ergebnisse aus der Praxis und den Landessortenversuchen

Haferähren.

Heuer waren die Hafererträge oft nicht zufriedenstellend. Mit 39 dt/ha lag der bayerische Durchschnittsertrag zwar deutlich über dem schlechten Vorjahresergebnis, aber um rund 5 dt/ha unter dem Zehnjahresmittel. In Bayern wird ein relativ großer Teil der Haferfläche ökologisch bewirtschaftet. In den letzten Jahren betrug der Ökoanteil etwa 50 %. Jährlich werden die Erträge von rund 70 zufällig über Bayern verteilten Praxisschlägen ermittelt. Die zehnjährige Auswertung dieser Ernteerhebungen ergab, dass von den konventionellen Flächen im Schnitt 49 und von den Ökoflächen 36 dt/ha geerntet wurden.
Der Ertragsunterschied zwischen diesen offiziellen Ergebnissen und den konventionell geführten Landessortenversuchen (LSV) ist bei Hafer besonders groß. Der hohe Ökoanteil bei der Ertragsermittlung, der Anbau auf meist ungünstigeren Standorten und die oft nicht optimale Bestandesführung haben zu dem schwachen Abschneiden in der Praxis beigetragen. Zudem steht Hafer in der Fruchtfolge in der Regel nicht an der besten Position. Er verkraftet dies aufgrund seiner Anspruchslosigkeit, seiner guten Wurzelleistung sowie seiner Resistenz gegenüber Fußkrankheiten (Halmbruch, Schwarzbeinigkeit) besser als Weizen und Gerste. Dass unter günstigen Bedingungen gute Ergebnisse bei gleichzeitig geringem Produktionsmittelaufwand möglich sind, zeigen die Landessortenversuche und die jährlichen Ertragsmessungen von Praxisfeldern. Hektarerträge von über 70 dt/ha werden dort regelmäßig von den besten Schlägen erzielt.

Anbaubedeutung und Verwertung

In Bayern lag die Haferfläche, die zur Körnererzeugung genutzt wurde, bis auf einen kurzen Flächenanstieg im Jahr 2021 in den letzten zehn Jahren zwischen 21 000 und 29 000 ha. Hafer nimmt damit nur einen geringen Anteil an der Getreidefläche ein.
Hauptsächlich wird Sommerhafer angebaut. Winterhafer, der wie Winterweizen im Herbst gesät wird, hat durch seine längere Vegetationszeit zwar ein höheres Ertragspotenzial, ist aber wegen seiner nicht immer ausreichenden Winterhärte riskant. Versuche mit der Herbstaussaat von Hafer werden derzeit an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft durchgeführt.
Anhand der Spelzenfarbe werden die Sorten in Gelb-, Weiß- und Schwarzhafer eingeteilt. In den letzten Jahren waren fast alle Neuzulassungen Gelbhafer. Schwarzhafer, der bei Pferdehaltern beliebt ist, fällt ertraglich etwas ab und wird von Schälmühlen nicht abgenommen.
Der in Bayern angebaute Hafer wird hauptsächlich verfüttert. Für die menschliche Ernährung muss er, anders als in der Tierernährung, zuerst entspelzt (geschält) werden. Da es in Bayern nur wenige Verarbeiter von Lebensmittel-Hafer gibt, spielt seine Erzeugung nur eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommt, dass Schälmühlen in der Regel größere, einheitliche und qualitativ hochwertige Partien wünschen. Für die Schälmühlen interessante Mengen werden in Bayern kaum erfasst und aufbereitet.

Ansprüche an Mindestqualität

Beim Handel ist das zentrale Qualitätskriterium das Hektolitergewicht. Die Mindestanforderung variiert je nach Abnehmer und Verwendungszweck meist zwischen 50 und 55 kg/hl, wobei die niedrigeren Werte für Futterhafer gelten. Neben der Umwelt hat die Sorte Einfluss auf die Höhe des Hektolitergewichts. In den Landessortenversuchen sind die Sortenunterschiede mittlerweile gering, da in den letzten Jahren nur Sorten zugelassen wurden, die mittlere bis hohe und hohe Hektolitergewichte aufweisen.

Schälmühlen

Schälmühlen stellen zum Teil weitere Anforderungen, wie z.B. gute Sortierung (90 % über 2,0 mm), geringer Spelzenanteil, gut zu entspelzende Körner und Anbau bestimmter Sorten. Die geforderten Qualitäten lassen sich am ehesten mit qualitativ hochwertigen Sorten, auf Standorten mit gesicherter Wasserversorgung, bei nicht zu hohen Temperaturen während der Kornfüllung und trockenen Abreifebedingungen erzeugen. Auch das Vermeiden von Lager, eine termingerechte Ernte und das rasche Erreichen einer Kornfeuchte von maximal 14 % tragen zum Anbauerfolg bei. Außerdem muss Hafer sorgfältig und trocken eingelagert werden, da er wegen seines hohen Fettgehalts leicht verdirbt.

Sortenwahl

Die Ertragsunterschiede sind im aktuellen Hafersortiment gering. Somit kann bei der Sortenwahl das Augenmerk auf andere Eigenschaften wie Standfestigkeit und Strohstabilität gelegt werden. Vor allem bei feuchter Abreifewitterung ist auch eine gleichzeitige Reife von Korn und Stroh vorteilhaft, da feuchtes Stroh zu Ernteverzögerungen sowie zu Druschproblemen führen kann. Krankheiten sind meist nicht bekämpfungswürdig. Resistenzen spielen deshalb eine eher untergeordnete Rolle. Wird Hafer verkauft, bieten Sorten mit hohem Hl-Gewicht eine bessere Vermarktungssicherheit.

Landessortenversuch Ergebnisse

In diesem Jahr standen neun Spelzhafersorten – alle Gelbhafer – auf fünf Standorten in Bayern im LSV zur Prüfung.
Der Versuch in Markersreuth war nicht wertbar.
Der Einsatz von Fungiziden ist bei Hafer meist nicht rentabel. Deshalb wird in den bayerischen LSV darauf verzichtet. Wachstumsregler werden dagegen nach Bedarf bei lagergefährdeten Beständen eingesetzt. Neben Lager können Wachstumsregler auch das vor allem bei Ernteverzögerungen auftretende Halmknicken reduzieren. Übermäßige Wachstumsreglergaben sollten allerdings vermieden werden, da diese auch zu Ertragsdepressionen führen können.

Aktuelle Ergebnisse

Die Datenbasis ist bei Hafer deutschlandweit gering, deshalb werden die Erträge der LSV, die in der Südhälfte von Deutschland stehen, gemeinsam verrechnet. Den mehrjährigen Erträgen liegen je nach Sorte zwischen 21 und 83 Versuche zugrunde. Die einjährige Verrechnung basiert bei den meisten Sorten auf 16 Einzelergebnissen.