Hafer – Aktuelle Ergebnisse aus der Praxis und den Landessortenversuchen

Haferähren.

Heuer wurde im bayerischen Schnitt mit 47 dt/ha ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis bei Hafer erzielt und damit das Vorjahresmittel um 4 bzw. der zehnjährige Schnitt um 1 dt/ha übertroffen. Unterdurchschnittlich waren in diesem Jahr häufig die Erträge in Nordbayern. Dort litten etliche Regionen unter Trockenheit. Im Süden fielen dagegen meist ausreichend Niederschläge und die Ernten waren in der Regel gut. In die vom Bayerischen Landesamt für Statistik veröffentlichten Hektarerträge fließen sowohl konventionell als auch ökologisch bewirtschaftete Haferflächen ein. In den letzten beiden Jahren betrug der Ökoanteil in der Praxis fast 50 % und war damit wesentlich höher als bei Gerste und Weizen.
In Deutschland wird größtenteils Sommerhafer angebaut. Winterhafer, der wie Wintergerste im Herbst gesät wird, hat durch seine längere Vegetationszeit zwar ein höheres Ertragspotenzial, ist aber wegen seiner nicht immer ausreichenden Winterhärte riskant.
Anhand der Spelzenfarbe werden die Hafersorten in Gelb-, Weiß- und Schwarzhafer eingeteilt. Während in Bayern traditionell Gelbhafer dominiert, sind in Norddeutschland Gelb- und Weißhafer verbreitet. Daneben gibt es noch Schwarzhafer, der ertraglich jedoch etwas abfällt. Dieser wird von Schälmühlen nicht abgenommen.

Anbaubedeutung und Verwertung

Der Haferanbau verlor in den letzten fünfzig Jahren massiv an Bedeutung. Von 160.000 ha Anfang der 1970er Jahre nahm die Fläche in Bayern nahezu kontinuierlich bis ins Jahr 2019 auf 21.000 ha ab. Heuer stand in Bayern auf rund 28.900 ha Sommerhafer (ohne Hafer zur Ganzpflanzenerzeugung). Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Minus von 6.200 ha. Der Tiefststand aus dem Jahr 2019 wurde jedoch deutlich übertroffen. Interessant ist, dass sich die Öko-Haferflächen innerhalb der letzten fünf Jahre fast verdoppelten, während sich bei den konventionellen Flächen kein positiver Trend abzeichnete.
Der in Bayern angebaute Hafer wird hauptsächlich verfüttert. Soll er für die menschliche Ernährung genutzt werden, muss er, anders als in der Tierernährung, zunächst entspelzt (geschält) werden. Da die großen Schälmühlen außerhalb Bayerns liegen, spielt hier die Erzeugung von Lebensmittel-Hafer, trotz des seit Jahren steigenden Bedarfs, nur eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommt, dass Schälmühlen in der Regel einheitliche, sortenreine, große und qualitativ hochwertige Partien wünschen. Für die Schälmühlen interessante Mengen werden in Bayern kaum erfasst und aufbereitet.

Ansprüche an Mindestqualität

Beim Handel ist das zentrale Qualitätskriterium das Hektolitergewicht (hl-Gewicht). Die Mindestanforderungen variieren je nach Abnehmer und Verwendungszweck meist zwischen 50 und 55 kg/hl, wobei die niedrigeren Werte für Futterhafer gelten. Neben der Umwelt hat die Sorte Einfluss auf die Höhe des hl-Gewichts. In den bayerischen Landessortenversuchen (LSV) treten Unterschiede zwischen den Sorten von 3 kg/hl auf.
Schälmühlen
Schälmühlen stellen zum Teil weitere Anforderungen, wie zum Beispiel gute Sortierung (90 % über 2,0 mm), leicht und gut zu entspelzende Körner, geringer Spelzenanteil und Anbau bestimmter Sorten. Die geforderten Qualitäten lassen sich am ehesten auf Standorten mit gesicherter Wasserversorgung, nicht zu heißen Temperaturen während der Kornfüllung und bei trockenen Abreifebedingungen erzeugen. Auch das Vermeiden von Lager, eine termingerechte Ernte und das rasche Erreichen einer Kornfeuchte von maximal 14 % tragen zum Anbauerfolg bei. Außerdem muss Hafer sorgfältig eingelagert werden, da er wegen seines hohen Fettgehalts leicht verdirbt.
Falls man den Anbau von Schälhafer ausprobieren möchte, ist es empfehlenswert, sich über den Absatzweg und die Qualitätsanforderungen vorab zu informieren. Außerdem gibt es zum Teil Einschränkungen bei der Sortenwahl und im Pflanzenschutz.

Sortenwahl

Die Unterschiede im Ertrag sind im aktuellen Hafersortiment gering. Somit kann bei der Sortenwahl das Augenmerk auf andere Eigenschaften wie zum Beispiel Standfestigkeit und Halmstabilität gelegt werden. Vor allem bei feuchter Abreifewitterung ist auch eine gleichzeitige Reife von Korn und Stroh vorteilhaft, da feuchtes Stroh zu Ernteverzögerungen sowie zu Druschproblemen führen kann. In Höhenlagen werden häufig frühreifere Sorten bevorzugt. Im LSV unterscheiden sich die Sorten im Rispenschieben um bis zu 3 und in der Gelbreife um bis zu 2 Tage. Krankheiten sind meist nicht bekämpfungswürdig. Resistenzen spielen deshalb eine eher untergeordnete Rolle. Wird Hafer verkauft, bieten Sorten mit hohem Hektolitergewicht mehr Vermarktungssicherheit.

Landessortenversuch Ergebnisse

In diesem Jahr standen neun Spelzhafersorten – alle Gelbhafer – auf fünf Standorten in Bayern im LSV zur Prüfung.
Nachdem im Vorjahr alle bayerischen Haferversuche bis auf den Standort Straßmoos durch Hagel, Lager, Zwiewuchs und/oder Auswuchs zerstört wurden, waren heuer alle fünf Versuche wertbar.
In den Hafer-LSV wird auf Fungizide verzichtet. Wachstumsregler werden in Bayern nach Bedarf eingesetzt. Sie bringen auf lagergefährdeten Standorten häufig wirtschaftliche Mehrerträge. Übermäßige Wachstumsreglergaben sollten allerdings vermieden werden, da diese zu Ertragseinbußen führen können. Bei sehr standfesten Sorten ist keine Halmverkürzung nötig.

Aktuelle Ergebnisse

Die Datenbasis ist bei Hafer deutschlandweit gering, deshalb werden die Erträge der LSV, die in der Südhälfte von Deutschland stehen, gemeinsam verrechnet. Den mehrjährigen Erträgen liegen je nach Sorte zwischen 29 und 81 Versuche zugrunde. Die einjährige Verrechnung basiert auf 12 bis 14 Einzelergebnissen (Ausnahme Armani: 5).