Innovations- und Forschungsprojekt
DH-Weizen: Entwicklung und Etablierung einer neuen Technik für die Produktion von doppelhaploiden Winterweizen-Zuchtstämmen

Grüne Pflanze schwimmt in einer Schale in  Regenerationsflüssigkeit

Die Nachfrage an doppelhaploiden (DH) Getreidepflanzen seitens der Saatgutwirtschaft steigt. Mit einer verbesserten in vitro Technik ist es gelungen, eine effizientere Produktion von reinerbigem DH-Zuchtmaterial für die Weizensortenentwicklung in Bayern zu ermöglichen.

Zielsetzung

Eine neueTechnik für die Produktion von doppelhaploiden Winterweizen-Zuchtstämmen zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit bayerischer Saatzuchtunternehmen sollte entwickelt und etabliert werden.
Ziel unseres Projektes war es, an der LfL - neben der bestehenden und als Routine-Methode eingesetzten Weizen x Maismethode - die effizientere und kostengünstigere Antherenkultur-Methode zur Produktion von doppelhaploidem Winterweizen (Triticum aestivum L.) zu etablieren.
Biotechnologisch erzeugte doppelhaploide (DH) Pflanzen werden sehr häufig in der Pflanzensortenzüchtung eingesetzt. Sie verkürzen den Zuchtgang um mehrere Jahre.

Methode

DH-Pflanzen sind zu hundert Prozent homozygot, sie sind komplett reinerbig. Alle väterlichen und mütterlichen Gene sind identisch. Solche Pflanzen lassen sich im Zell- und Gewebekultur-Labor ausschließlich aus den haploiden Keimzellen regenerieren. Die männlichen Keimzellen der Pflanze sind die Pollenvorläuferzellen, die Mikrosporen, die sich in den Staubblättern, den Antheren, bilden. Die weibliche Keimzelle ist die Eizelle. Die Keimzellen besitzen nur einen, aus der vorausgegangenen Reduktionsteilung, der Meiose, hervorgegangenen Chromosomensatz. Der normale, bei allen höheren Organismen herrschende diploide Zellkern-Zustand wird natürlicherweise durch die Fusion der Eizelle mit der Spermazelle während der Befruchtung wieder hergestellt. Im Spezialfall der induzierten Regeneration von Pflanzen aus isolierten Mikrosporen geschieht dies während der ersten Zellteilungen überwiegend spontan durch identische Verdopplung des Genoms. Bei der anderen Methode zur Erzeugung doppelhaploider Pflanzen, der Weizen mal Mais-Methode, muss die chromosomale Verdopplung durch Applikation des Mitosegiftes Colchizin erzwungen werden.
Neben der deutlich erhöhten Effizienz hat die Antherenkultur-Methode den weiteren Vorteil der Spontanaufdopplung des Chromosomensatzes, so dass der umweltbelastende Einsatz von Colchizin entfallen kann. Da die Antherenkultur-Tauglichkeit sehr stark von der Genetik der jeweiligen Pflanzensorte oder Zuchtlinie abhängt, wurden zunächst Vorversuche mit Sorten durchgeführt, deren Antherenkultur-Tauglichkeit bekannt war. Mit den Modellsorten Svilena, Florida und Pamier wurde ein sehr praktikables Protokoll für die Antherenkultur erarbeitet. In der Folge wurden 222 Winterweizen-Genotypen (132 Zuchtstämme und 90 Sorten) aus bayerischen Zuchtprogrammen auf die Fähigkeit getestet, doppelhaploide Pflanzen über diese Methode entwickeln zu können. Die Versuche wurden sowohl im Gewächshaus als auch auf dem Feld durchgeführt.

Ergebnisse

Um die bisherige DH-Produktionsmethode (Weizen x Mais Methode) durch die Antherenkultur in unserem Labor zu ersetzen, ist es notwendig mit dieser Methode mindestens 4 grüne Pflanzen pro Ähre zu erzeugen. Unsere Screening-Ergebnisse des in Bayern verwendeten Genpools weisen 31 Genotypen (21 Zuchtlinien und 10 Sorten) auf, die dieses Kriterium gut erfüllen. Im Durchschnitt regenerierten sie 9 grüne Pflanzen pro Ähre über die Antherenkultur und bildeten den diploiden Chromosomensatz spontan zu knapp 40 %. Die Sorte SU Selke erreichte einen Spitzenwert von 30 grünen Pflanzen pro Ähre, bzw. 72 grünen Pflanzen/100 Antheren mit einer Aufdopplungsrate von 42 %.
Damit besitzen mindestens 15 % der getesteten Genotypen das komplexe Merkmal Antherenkultur-Tauglichkeit. Es wäre wünschenswert, dass die Weizenzüchter ein Augenmerk auf die Einkreuzung von „Antherenkultur-affinen“ Sorten legen, um die Vorteile der DH-Pflanzen in Zukunft noch besser nutzen zu können.
Englisch summary
Double haploid (DH) plants are often employed in plant breeding, because they shorten the breeding process by several years. DH plants are completely homozygous plants with identical male and female alleles. Such plants derive in the lab exclusively either from male or female haploid gametes (microspores or egg cells.). The diploid state, common to all higher organisms, will be reached through identical duplication of the genome. This can happen spontaneously or via application of the mitosis poison colchicine. At the Bavarian State Research Center for Agriculture (LfL) so far double haploid winter wheat plants (Triticum aestivum L.) have routinely been developed by the gynogenic wheat x maize (W x M) method, that involves the application of colchicine, because 100 % haploid regenerates are delivered by this method.

Goal of project

The goal of this project was to establish a new lab protocol for anther culture of winter wheat, which can possibly substitute for the less efficient and cost intensive W x M method. The crucial point of the androgenic DH-production method is the application of a heat-stress treatment to the anthers at a certain state of the microspore cell nuclei inside the anthers. Through this treatment the microspores are reprogrammed and thus prevented from developing into pollen, but rather into embryogenic structures followed by the regeneration of green plantlets. Apart from the efficiency another advantage of microspore derived plants is to a certain extent the spontaneous duplication of the chromosomes.

Method

The capability of wheat plants for anther culture strongly depends on the genotype, therefore preliminary trials have been performed with model varieties of known anther culture capability. With the aid of the varieties Svilena, Florida and Pamier a very practicable protocol for anther culture of winter wheat has been established. Subsequently, 222 winter wheat genotypes (132 breeding lines and 90 varieties) from Bavarian breeding programs have been screened for anther culture capability.

Results

On average Svilena regenerated 42 green plants per ear from anthers with a maximum at 166 green regenerates per ear, the mean values for Florida were 8 green plants per ear and for Pamier 0,8 green plants per ear. The average spontaneous diploidisation rate was around 40 % for the three model varieties. In order to replace the so far used W x M method by the more efficient anther culture method in future, it is necessary to be able to generate at least 4 green plants per ear with this method. In the present screening of representative genotypes used in Bavarian breeding programs this criterion was met by 31 genotypes (21 breeding lines and 10 varieties). On average they regenerated 9 green plants per ear by anther culture with the variety SU Selke reaching a peak value of 30 green plants per ear.
Evidently, there are 15 % of the tested genotypes, who share the complex trait anther culture capability. For the future it would be desirable that the wheat breeders focus on the introgression of anther culture affine varieties, in order to fully exploit the advantages of plant breeding by employing double haploid plants.

Kooperation

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Martin Müller, Gewebekulturtechniken, IPZ 1a
Projektbearbeitung: Dr. Rebecca Seidenberger und Bärbel Eisenman
Laufzeit: 01.01.2017 – 31.12.2019
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: A/17/06

Kontakt
Am Gereuth 8
85354 Freising
Tel.: Tel.: 08161 71-4082
E-Mail: Pflanzenbau@LfL.bayern.de