Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2021 – Mykologie

Diagnose von pilzlichen Schaderregern an Kulturpflanzen - Ein Rückblick auf das Jahr 2021

Insgesamt wurden 1830 Pflanzen- bzw. Saatgutproben zur Untersuchung an die Arbeitsgruppe "Mykologie" mit einem Verdacht auf eine pilzliche Schadursache eingesandt. Diese waren nicht auf bestimmte Pflanzengruppen beschränkt, sondern verteilten sich auf Obst, Gemüse und Zierpflanzen sowie auf Gehölze und landwirtschaftliche Kulturen. Mit der Zunahme des Ökolandbaus spielen Gesundheitsprüfungen an Saatgut eine immer größere Rolle. Sie machen mittlerweile mehr als 60 % des Probenaufkommens aus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Arbeiten im Rahmen des Hoheitsvollzuges – insbesondere zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses – einer gefürchteten Quarantäneerkrankung.

Thema 1: Untersuchung Anthraknose-Erkrankungen bei Körnerleguminosen

In Auftrag von Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung - Saatgutuntersuchung (IPZ 6c), der Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim und der Landwirtschaftskammer (LWK) in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Münster wurden insgesamt 44 Proben auf Befall mit Ascochyta pisi untersucht. Daneben sind weitere 164 Leguminosen-Saatgutproben (Soja, Lupine, Ackerbohne, Kichererbse) auf Brennfleckenerkrankungen zur Untersuchung vorgelegt worden.
Colletotrichum lupiniZoombild vorhanden

Colletotrichum lupini – Brennfleckenerreger bei Lupinen in Plattenkultur, Foto: P. Büttner

Diese samenübertragbare Erkrankung (Anthraknose) spielt bei Futtererbsen z. T. eine große Rolle und kann zu hohen Ertragsausfällen führen. Keine der Partien zeigte einen Befallsgrad von 13 % und mehr. Ab diesem Wert ist die Verwendung als Saatgut als bedenklich anzusehen. Im Vergleich zu 2008 ist das Befallsgeschehen weiterhin rückläufig bzw. hat sich auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert. Während 2008 noch gut 50 % der bayerischen Partien beanstandet wurden, waren es 2009 17 %, 2010 knapp 9 %, 2011 nur noch gut 3 % und in den letzten 3 Jahren lediglich eine 2020 und im vergangenen Jahr keine.
Darüber hinaus sind im mykologischen Labor noch weitere 55 Saatgutproben anderer Körnerleguminosen wie Ackerbohne (7) und Lupine (48) auf Anthraknose-Erkrankungen untersucht worden. Bei 2 Ackerbohnen- bzw. Lupinenproben konnte Ascochyta fabae bzw. Colletotrichum lupini nachgewiesen werden.
Sehr stark zugenommen haben in den vergangenen Jahren Untersuchungen von Sojasaatgut. Es wurden 119 Proben – über 70 % mehr wie in 2020 - vorgelegt; bei 54 % konnte der Erreger von Brennflecken (Phomopsis-Komplex) nachgewiesen werden. Im Jahr 2017 war dies bei lediglich 22 % der Fall, 2018 bei 66 %, 2019 bei 60 % und 2020 bei 68 %.

Thema 2: Untersuchungen auf Tilletia-Besatz bei Weizen (Weizensteinbrand) und Gerstenflugbrand

Im abgelaufenen Jahr wurden überwiegend von IPZ 6c und der Landwirtschaftskammer in Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines gemeinsamen Projektes insgesamt 708 Weizen- bzw. Dinkelproben (474 aus BY über die Saatgutprüfstelle, 74 aus NRW, 117 von diversen anderen Einsendern), meist aus dem ökologischen Landbau, zur Untersuchung auf Steinbrand bzw. Zwergsteinbrand vorgelegt.
Weizensteinbrand Ähren

Weizensteinbrand – infizierte Ähre mit schwarzen Sporenmassen (Bildmitte), Foto: W. Richter, ITE

Im Jahr 2021 wiesen gut 11 % der Weizen-/Dinkelproben aus Bayern Besatzwerte von durchschnittlich über 20 Sporen pro Korn (T. caries und/oder T. controversa) auf, sodass die entsprechenden Partien als Saatgut ungeeignet waren. Ein vergleichbares Niveau konnte bei den untersuchten Dinkelpartien beobachtet werden. Hier waren auch gut 10 % der Proben zu beanstanden.
Ergebnisse der Untersuchungen von Weizen- und Dinkelsaatgut auf Tilletia-Besatz in Bayern in den Jahren 2007 bis 2021
 200720082009201020112012201320142015201620172018201920202021
Anzahl Proben73110233273492341326333370303474386458499474
Anteil Proben mit Besatzwerten über 20 Sporen/Korn in %1939363350384630,334,6332124,5332111
Anteil Tilletia-freier Proben in %7767< 196123,59192191735
Weizensteinbrandsporen

Weizensteinbrandsporen (Tilletia caries) bei 320-facher Vergrößerung, Foto: P. Büttner

T. controversa (Zwergsteinbrand) trat 2020 im Vergleich zu den Vorjahren kaum in Erscheinung. Nur bei ca. 4 % der Proben konnte der Erreger festgestellt werden (2017: ca. 86 %, 2018: 20 %, 2019: 16 %, 2020: 1 %). Besatzwerte von über 20 Sporen pro Korn waren nur in einem Fall zu beobachten. Wie in den Jahren zuvor trat der Erreger häufig im Mischinfektionen mit T. caries auf.
Ustilago nuda MyzelZoombild vorhanden

Ustilago nuda - Myzel im Embryonalgewebe (Pfeile) bei 320-facher Vergrößerung, Foto: P. Büttner

Daneben wurden 2021 insgesamt 124 Gerstenproben aus ökologischem Anbau davon 94 von der bayerischen Saatgutprüfstelle auf Flugbrand (Ustilago nuda) untersucht. Im Vergleich zum Vorjahr wurde U. nuda deutlich häufiger beobachtet. Bei 18 % (2020: ca. 6 %) der bayerischen Partien ließ sich der Erreger mit einer Befallsstärke von 0,1 % oder mehr nachweisen. Ab diesem Wert ist eine Verwendung als Saatgut ausgeschlossen. Von anderen Versuchseinrichtungen kamen weitere 30 Gerstenpartien zur Untersuchung auf Gerstenflugbrand hinzu. Hier konnte eine maximale Befallsstärke von gut 8 % infizierter Embryonen nachgewiesen werden.

Thema 3: Nachernte-Monitoring von Ährenfusariosen 2020

Zusammenfassend für das Jahr 2020 lässt sich sagen, dass generell die Infektionen der untersuchten Getreidesorten mit diversen Fusarium-Arten verglichen mit dem Vorjahr auf leicht geringerem Niveau lagen. Die Belastung des Erntegutes mit Mykotoxinen, insbes. DON, war dem entsprechend auch eher gering (vgl. Jahresbericht AQU 2).
IPS2a - Ähre infiziert mit Fusarium graminearum

Ähre infiziert mit Fusarium graminearum, Foto: P. Büttner

Ährenfusariosen haben insbesondere bei Weizen eine hohe Bedeutung. Ein besonderes Problem ist dabei die Produktion von Mykotoxinen durch bestimmte Fusa¬rium-Arten, die durch Risikofaktoren wie Vorfrucht Mais, nicht-wendende Bodenbearbeitung nach Mais, Anbau mittel- und hochanfälliger Weizensorten, Einsatz bestimmter Fungi¬zide und warm-feuchte Witterung vor und zur Weizenblüte gefördert wird. Die Mykoto¬xine können in die Nahrungskette gelangen und Tiere sowie Menschen gefährden (siehe auch die Beiträge von IPS 3a sowie den AQU-Jahresbericht). Ziel des „Nach-Ernte-Monitoring“ ist die Ermittlung des mikrobiellen Besatzes sowie der Mykotoxinbelastung des Erntegutes, ins¬besondere mit Deoxynivalenol (DON). Durch die Untersuchung von Weizen- und Roggenproben nach der Ernte soll Landwirten, Händlern und Verarbeitern der beiden Brotgetreide¬arten ein Überblick über den mikrobiellen Status gegeben werden. Da¬rüber hinaus sollen langfristig Informationen über etwaige Veränderungen des Fusarium-Arten¬spek¬trums und dem damit verbundenen Auftreten anderer Toxine erhalten werden.
Fusarium graminearum Platte

Reinkultur Fusarium graminearum, Foto: P. Büttner

Vor mehr als 10 Jahren wurde auch Sommergerste in das Monitoring aufgenommen, da in den letzten Jahren immer wieder Befürchtungen geäußert wurden, dass auch hier mit nicht unerheblichen Fusarium spp.-Infektionen zu rechnen sei. Beim Weizen waren 2021 ca. 42 % der insgesamt 147 untersuchten Proben mit F. graminearum infiziert. Die Befallsstärke der einzelnen Proben erreichte maximal 78 %. F. culmorum konnte lediglich bei 23 % der Proben isoliert werden. Die höchste Befallsstärke lag bei 50 % befallener Körner. Insgesamt war damit die Belastung des Weizens mit DON-bildenden Fusarium-Arten auf einem vergleichbarem Niveau wie 2020.
Neben diesen beiden Arten konnten beim Weizen noch F. poae, F. langesethiae und F. sporotrichioides sowie in geringerem Umfang F. avenaceum, F. equiseti, und Monographella nivalis (Schneeschimmel) beobachtet werden. F. sporotrichioides kam bei 75 % der Proben vor; ebenso F. langsethiae bei 71 %. Dabei lag die Befallsstärke bei beiden zuletzt genannten Arten höchstens bei 32 % bzw. 17 % befallener Körner. Insgesamt traten beide Arten in ähnlicher Häufigkeit wie 2020 in Erscheinung.
Die Untersuchungen der 57 Roggenproben war zum Zeitpunkt der Berichtserstellung noch nicht abgeschlossen.
Bei der Sommergerste (70 Proben) spielten die DON-bildenden Fusarium-Arten eine untergeordnete Rolle im Vergleich zum Weizen. Bei 10 % der Proben konnte F. graminearum mit einer maximalen Befallsstärke von 8 % beobachtet werden. F. culmorum trat bei 32 % mit einer maximalen Befallsstärke von 16 % wesentlich gehäufter auf als in den Jahren zuvor. Noch häufiger konnte F. sporotrichioides und F. langsethiae diagnostiziert werden. Bei 98 % bzw. 71 % der Proben konnten die angesprochenen Arten bis zu einer maximalen Befallsstärke von 95 bzw. 43 % infizierter Körner beobachtet werden.

Thema 4: Vollzug der Verordung (VO) zur Bekämpfung des Kartoffelkrebses

Um eine Ausbreitung von Quarantäne-Schadorganismen zu verhindern bzw. einzudämmen, sind Untersuchungen und eine Vielzahl von restriktiven Maßnahmen notwendig, die z. T. große wirtschaftliche Folgen (z.B. ein Verbot des Kartoffelanbaus auf der Befallsfläche) für betroffene Landwirte haben können. Erschwerend kommt im Falle des Kartoffelkrebses (Erreger: Synchytrium endobioticum) hinzu, dass die Überdauerungsformen (Dauersori) mindestens 20 Jahre im Boden lebens- und infektionsfähig bleiben. In enger Zusammenarbeit mit IPS 4b (Quarantänemaßnahmen bei Kartoffeln) erfolgen Bodenuntersuchungen zur Aufhebung der Sperrmaßnahmen betroffener Flächen.
mit Kartoffelkrebs befallene Kartoffelknolle

Kartoffelkrebs – Synchytrium endobioticum – befallene Kartoffelknolle, Foto: P. Büttner

Bei Befallsfeststellung wird mittels eines amtlichen Bescheides die Befallsfläche für den Kartoffelanbau gesperrt. Zusätzlich wird um diese Fläche ein Sicherheitsbereich abgegrenzt, in dem nur krebsresistente Kartoffeln angebaut werden dürfen. Ferner sind eventuell befallene Knollen so zu behandeln, dass eine Ausbreitung des Erregers ausgeschlossen ist. Eine Aufhebung der Sperrmaßnahmen ist nur möglich, wenn Untersuchungen des Bodens nach EPPO-Richtlinien eine Befallsfreiheit ergeben haben. Bei dieser Laboruntersuchung werden die Dauersori mittels eines Nass-Siebverfahrens aus Bodenproben aus¬gewaschen und deren Anzahl wird mikroskopisch bestimmt. Pro 0,3 ha ist eine Mischprobe bestehend aus 20 Einstichen in 20 cm Tiefe zu ziehen.
Dauersorus – Synchytrium endobioticum

Dauersorus – Synchytrium endobioticum – bei 320-facher Vergrößerung, Foto: P. Büttner

Ist das Ergebnis des Testverfahrens negativ, kann der Sperrbescheid aufgehoben werden. Daneben werden auch immer wieder Untersuchungsanfragen von kartoffelverarbeitenden Betrieben an IPS 2a gerichtet, bei denen es z.B. um die evtl. Belastung von Feststoffresten aus dem Waschprozess mit Dauersori geht.
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 8 Bodenproben auf Vorhandensein von S. endobioticum untersucht. Dabei handelt es sich überwiegend um Flächen, auf denen vor mehr als 20 Jahren Kartoffelkrebs beobachtet wurde. Auf diesen Äckern konnten keine lebensfähigen Dauersori mehr nachgewiesen werden.
Vor dem Hintergrund immer wieder auftretender Krankheitsfälle in den letzten Jahren und in Anbetracht des Verbreitungsweges des Pilzes vor allem durch verseuchtes Pflanzgut ist gerade auch im Rahmen der Anerkennung eine genaue Prüfung des Pflanzgutes auf Knollenwucherungen unverzichtbar.