Haselnussanbau in Bayern - ein Vergleich unterschiedlicher Standorte

Haselnussplantage
Wildhaselnusssträucher stellen in Bezug auf ihren Standort und die Bodenverhältnisse nur geringe Ansprüche. Zudem gelten sie als tolerant gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Aufgrund dieser Tatsachen und optimistischer Prognosen für den Absatz heimischer Haselnüsse erfuhren die Anbauflächen in den letzten Jahren eine starke Ausweitung. Mit dem intensiven Anbau der sensibleren Kultursorten der Haselnuss haben sich jedoch auch hier Probleme in der Kulturführung ergeben.
So ist im tierischen Bereich der Haselnussbohrer ein ernst zu nehmender Schädling. Den Funden von angebohrten Nüssen des Spätneolithikums und der Bronzezeit ist zu entnehmen, dass der Haselnussbohrer bereits seit langem als Obstschädling existiert.
Ebenfalls führen die bakteriellen Erkrankungen Xanthomonas arboricola pv. corylina und Pseudomonas syringae pv. coryli seit 2004 auch in sehr gut gepflegten Erwerbsanlagen zu starken Ertragseinbußen.

Material und Methoden

Standorte

Im Jahr 2007 begann das Monitoring an vier verschiedenen Standorten:
Standort A Landkreis Dachau
Die Sträucher wurden 2001 auf einer Fläche von 4,4 ha gepflanzt. Die Bodenart ist sandiger Lehm mit einem pH-Wert von 6,8.
Standort B Landkreis Erding
Die Pflanzen wurden 2003 auf einer Fläche von 2,1 ha gepflanzt. Das Feld liegt dicht am Waldrand und hat eine Hanglage. Die Bodenart ist toniger Lehm mit einem pH-Wert von 6,8.
Standort C Landkreis Neuburg- Schrobenhausen
Die Pflanzen wurden 2003 auf einer Fläche von 1 ha gepflanzt. Die Anlage steht auf ebenen Boden und ist dem Wind stark ausgesetzt. Eine Gehölzhecke befindet sich östlich hinter dem Feld. Die Bodenart ist sehr anmoorig sandiger Lehm mit einem pH-Wert von 5,9.
Standort D Landkreis Freising
Die Pflanzen wurden 2003 auf einer Fläche von 1,6 ha gepflanzt. Die Bodenart ist schwerer Lehm.
Im Jahr 2008 wurde diese Erwerbsfläche aufgrund von Rodung ersetzt durch Standort E.
Standort E Landkreis Erding
Die 7,8 ha große Fläche wurde im Jahr 2003 aufgepflanzt. Das Feld ist sehr eben und wird nur teilweise durch die Wirtschaftsgebäude vor Wind geschützt. Der Boden kann schluffigem Leben zugeordnet werden. Der pH-Wert liegt bei 7,3-7,5. Die Anlage steht teilweise auf Almkalk.

Anordnung der Sträucher und Trichterfallen

In allen Haselnussanlagen wurden im April 2007 und 2008 jeweils 15 Sträucher, immer nach jeder zweiten Reihe diagonal über den Schalg verteilt, mit Baumfarbe markiert. Die ersten drei Reihen wurden ausgelassen, um negative Randeinflüsse zu vermeiden. Zudem wurden jeweils fünf Trichterfallen diagonal über die Versuchsfelder verteilt. Mit diesen Fallen sollte die Schadschwelle der vorhandenen Schädlinge in den Versuchsanlagen festgestellt werden. Außerhalb der Haselnussplantagen wurden an den Standorten A und B zusätzlich drei weitere Trichterfallen an Wildhaselnusssträuchern befestigt, um den Zuflug zu kontrollieren.

Bonituren der Anlagen

Bei den Bonituren der Anlagen, die alle 14 Tage statt fanden, wurde jedes Mal die Blattfarbe, die Frucht, der Stamm, die Art der Schädlinge, die Wachstumszunahme eines zusätzlich markierten Zweiges und die Blattgröße erfasst. Die Fallen mit Ethylenglycolalkohol wurden im Abstand von vier Wochen geleert und wieder neu gefüllt.

Klopfprobe

Im Jahr 2008 kam im Flugzeitraum des Haselnussbohrers die Klopfprobe hinzu, weil mit den Trichterfallen 2007 kein einziges Exemplar gefangen werden konnte. Bei der Klopfprobe wurden in jeder Anlage die Zweige von fünfzig Haselnusssträuchern mit einem Stock angeschlagen. Dieser war am Ende weich ummantelt, um die Pflanzen nicht zu beschädigen. Zugleich wurde ein Trichter aus glattem Stoff, an dem eine Plastikflasche am verengten Ende angeschraubt war, unter die Äste gehalten. Darin konnten Schädlinge, die sich unter Blättern versteckten und in Blattachseln saßen, aufgefangen werden. Je nach Niederschlag ist die Klopfprobe ingesamt drei- bis viermal pro Anlage durchgeführt worden.
Die Bestimmung der somit gefangenen Insekten erfolgte im Labor jeweils nach der Monitoringperiode. Jedes Jahr erfolgte vor und nach der Vegetationsperiode eine zusätzliche Entnahme von Bodenproben.

Ergebnisse

Temperatur- und Niederschlagsverlauf

Durchschnittstemperatur
In den Hauptexportländern der Haselnuss gab es in den letzten fünf Jahren starke Ertragsschwankungen. Diese Mengenschwankungen waren auch in Deutschland 2007 und 2008 zu beobachten.
Sie sind auf die unterschiedliche Witterung vor allem im Frühjahr, auf den Schädlingsdruck und die Stärke des Krankheitsbefalls in den letzten zwei Jahren zurückzuführen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Unterschiede im Temperatur- und Niederschlagsverlauf anhand der Klimawerte aus Freising zusammen gestellt. Sie differenzieren sich kaum von den Aufzeichnungen der umliegenden Wetterstationen der einzelnen Haselnussplantagen.
Wie den Abbildungen zu entnehmen ist, war der April im Jahr 2007 sehr warm und es gab kaum Niederschlag während dieser Zeit. Es wurden Höchssttemperaturen bis zu 25,1°C aufgezeichnet. Dem gegenüber regnete es im April 2008 sehr stark. Dieser Monat war einer der niederschlagsreichsten während des Monitorings. Die Temperatur war im April 2008 deutlich niedriger als im Jahr zuvor.
Niederschlagssummen
2007 lagen die Temperaturen bis einschließlich Juli nur geringfügig über den Werten vom Jahr 2008. Der Spätsommer war 2008 bis 1,1 °C wärmer als ein Jahr vorher.
Die gesamten Niederschlagsmengen in den beiden Jahresabschnitten wichen nur wenig (26 mm) von einander ab. In der Zeit von April bis Oktober fielen 2007 611,9 mm und 2008 637,9 mm Niederschlag, viel bedeutender war der Unterschied in der Verteilung des Regens. Im Jahr 2008 waren die Niederschläge besonders im Monat April gleichmäßig verteilt. Im Jahr 2007 gab es dagegen im April fast keinen Niederschlag, wobei der Boden so stark austrocknete, dass er teilweise Risse bekam. In den anderen Monaten regnete es meist nur an einem Tag viel, dies kam den Haselnusssträuchern aber nicht zu gute, da das Wasser über die harte Bodenkruste abfloss.
Auch war der Oktober 2007 deutlich trockener als der Oktober 2008.

Schädlingsbefall

Gesamtzahl Schädlingen in allen Fallen
Durch die ungleiche Verteilung der Niederschläge bei etwa gleichen Durchschnittstemperaturen war 2007 der Schädlingsdruck höher und der Krankheitsbefall niedriger als im Jahr 2008. Die Abbildung 3 zeigt, dass sich durch das warme Frühjahr 2007 größere Schädlingspopulationen aufbauen konnten und die Anzahl der Schädlinge innerhalb der Haselnussanlage höher ist, als die außerhalb. Dies ist darauf zurück zu führen, dass die Wildhasel in den Windschutzhecken außerhalb der Plantagen nur vereinzelt vorkommt. Die Schädlinge bevorzugen einen dichten Haselbestand, der das Überleben der Population durch ein größeres Nahrungsangebot in höherem Maß sichert.
Vor allem Frostspanner, Blattwespenraupen, Haselnussbohrer
Der Frostspanner und die Blattwespenraupen sind neben dem Haselnussbohrer die Schädlinge, die den größten Schaden verursachen. Im Frühjahr 2007 waren die Fraßschäden durch den Frostspanner sehr hoch. Der Raupenbefall der Blattwespe war in beiden Jahren fast gleich hoch, verschob sich allerdings hauptsächlich auf den trockneren Spätsommer im Jahr 2008. 2007 war die Hauptbefallszeit dagegen im Frühjahr und zog sich bis zur Mitte des Jahres hin.
Obwohl der Haselnussbohrer ein sehr bedeutender Schädling ist, hatte er bis 2008 in den erfassten Anlagen noch keine herausragende Stellung. So konnte er im Jahr 2008 nur anhand von Klopfproben insgesamt dreimal während der Kulturperiode gefunden werden. Einmal am 28.05.08 am Standort C und am 24.06.08 und am 28.07.08 am Standort B. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Befall mit dem Haselnussbohrer in den nächsten Jahren mit steigendem Fruchtbehang zunehmen wird.
Weitere Schädlinge
Blattläuse kamen in beiden Jahren in allen Anlagen verstärkt vor. Am Standort A trat zusätzlich ein sehr starker Befall mit Schildläusen auf. Außerdem waren an allen Standorten Schnellkäfer, Zikaden, Schmetterlingsraupen und saugende Wanzen, wie Blind-, Weich- und Baumwanzen, unter den Schädlingen zu finden.
Durch die regelmäßige Bodenfeuchte war 2008 auch erstmals eine hohe Anzahl von Springschwänzen in den Fallen nachzuweisen. Diese Tiere sind als indifferent einzustufen. Ebenfalls richteten Spechte und Wühlmäuse erhebliche Schäden in den beiden Beobachtungsjahren an.

Nützlinge

Nicht nur Schädlinge, sondern auch Nützlinge siedelten sich in den Haselnussanlagen an. Insgesamt wurden im Jahr 2007 900 und 2008 956 Nützlinge in den Trichterfallen gefangen. Nachfolgend sind sie im Einzelnen aufgelistet:

  • Schwebfliegen
  • Tanzfliegen
  • Kurzflügelkäfer
  • Marienkäfer/Larven
  • Weichkäfer
  • Blumenwanzen
  • Sichelwanzen
  • Raubwanzen
  • Webspinnen
  • Weberknechte
  • Bienen
  • Schlupfwespen
  • Blattläuse
  • Ohrwürmer
  • Kamelhalsfliegen
Die vier bedeutendsten Nützlinge sind der Marienkäfer inklusive seiner Larve, die Schlupfwespe, der Ohrwurm und die Florfliege mit ihrer Larve.

Krankheitsbefall

Bakterielle und pilzliche Krankheiten

Zwei Haselnusssträucher mit BefallZoombild vorhanden

Beginnender Befall mit Xanthomonas arboricola pv. lorylina (links); Sehr starker Befall mit Xanthomonas arboricola pv. corylina (rechts)

Neben dem Auftreten von Schädlingen sind bakterielle und pilzliche Krankheiten von besonderer Bedeutung.
Besonders problematisch ist der Befall mit Xanthomonas arboricola pv. corylina und Pseudomonas syringae pv. coryli.
Jahr 2007
Im Labor konnte anhand von Blattproben in allen Anlagen Xanthomonas arboricola pv. corylina nachgewiesen werden. In den Haselnussplantagen an den Standorten C und D wurden zugleich noch Mischinfektionen zwischen Xanthomonas arboricola pv. corylina und Pseudomonas syringae pv. coryli festgestellt. Aufgrund der warmen Temperaturen im April, der Hauptinfektionszeit, und dem nachfolgenden Niederschlag haben sich die Schaderreger frühzeitig entwickelt. Ab Juli wich der Verlauf des Befalls am Standort A deutlich von den drei übrigen Anlagen ab, da der allgemeine Pflegezustand hier stets am besten war.
Monilia trat in keiner der Plantagen auf.
Jahr 2008
Da im Frühjahr die Temperaturen zu niedrig waren, begann im Gegensatz zu 2007 im Jahr 2008 die Infektion erst Ende Juni. Durch die stets vorhandenen Niederschläge und die höheren Temperaturen ab August, im Vergleich zum Vorjahr, stieg der Befall von Xanthomonas arboricola pv. corylina in den vier Haselnussanlagen rapide bis auf maximal 77 % der gesamten Blattmasse an.
Eine Mischinfektion mit Pseudomonas syringae pv. coryli gab es an den Standorten A, B und E. Ab September sind in jeder Anlage Echter Mehltau und ein massiver Rußtaubefall aufgetreten. Monilia befiel hauptsächlich die Haselnussplantagen an den feuchten Standorten C und E besonders stark.

Anzahl und Größe der Früchte

Unterschiede im Wachstum der Nüsse
Durch das Auftreten von Schädlingen und Krankheiten wird die Photosyntheseleistung der Haselnusssträucher gehemmt. In den folgenden vier Abbildungen sind deutliche Unterschiede im Wachstum der Nüsse erkennbar. Die Bewertung der Anzahl der Früchte und die Nussgröße erfolgte durch Boniturnoten. Bei der Fruchtanzahl wurde die Note 1 für „wenig“, 3 für „mittel“ und 5 für „viel“ vergeben. Die Nussgröße wurde mit der Note 1 für „sehr klein“, 3 für „klein“, 5 für „mittel“ und 7 für „groß“ bonitiert. Wenn keine Haselnüsse vorhanden waren, wurde bei beiden Eigenschaften die Note 0 eingesetzt.
Liniendiagramm

Bewertung der Anzahl der Früchte im Jahr 2007

Liniendiagramm

Bewertung der Anzahl der Früchte im Jahr 2008

Unterschiede an den Standorten
Aus den Abbildungen ist ersichtlich, dass am Standort A in beiden Monitoringperioden viele Früchte ausgebildet wurden. Absolut war die Anzahl der Früchte 2007 höher als im Jahr 2008. Der Standort A unterscheidet sich hierbei hochsignifikant von allen anderen Standorten.
Zum Boniturtermin 16.10.2007 waren am Standort D alle vorhandenen Früchte abgefallen. Ursache dieses Fruchtfalls war die starke Zunahme des Befalls mit Xanthomonas arboricola pv. corylina im Bestand. Ähnlich verhielt es sich am Standort C, bei dem die Anzahl der Früchte jedoch bereits von Haus aus sehr gering war.
Die durchschnittliche Größe der Früchte variierte je nach Standort sehr stark. Der Standort A produzierte in beiden Jahren die größten Früchte, der Standort C mit Abstand die kleinsten. Weil plötzlich an den Standorten B und E ein massiver Abwurf von leeren und erkrankten Haselnüssen an einigen der Monitoringbüsche erfolgte, endete hier am 23.07.08 die Bonitur der durchschnittlichen Fruchtgröße in beiden Anlagen.
Liniendiagramm

Bewertung der Größe der Früchte im Jahr 2007

Liniendiagramm

Bewertung der Größe der Früchte im Jahr 2008

Wachstumsunterschiede

Blattgröße
In den folgenden Abbildungen ist die durchschnittliche Blattgröße der einzelnen Anlagen an jedem Boniturtermin dargestellt. Ab dem 24.07.2007 und dem 06.08.2008 nahm die Blattgröße in den meisten Anlagen rechnerisch ab, weil der Austrieb von neuen Blättern in die Bonitur mit eingebzogen wurde. Der Standort A unterschied sich aufgrund einer Mischbepflanzung aus grünen und roten Haselnusssorten von den anderen Standorten.
Liniendiagramm

Darstellung der Blattgröße in den einzelnen Anlagen 2007

Liniendiagramm

Darstellung der Blattgröße in den einzelnen Anlagen 2008

SäulendiagrammZoombild vorhanden

Darstellung des Triebwachstums 2007 im Vergleich zu 2008

Triebzuwachs
Im Jahr 2008 gab es gleichmäßigere Niederschläge und der Boden konnte das Wasser besser aufnehmen. Dies führte zu einem kräftigeren Wachstum an den Standorten B und C. Zudem wurde in C eine Phosphor- und Kaliumdüngung durchgeführt, nachdem im April bei der Bodenanalyse sehr niedrige Werte festgestellt wurden. Am Standort A war das Wachstum der Triebe mit der Entwicklung vieler und großer Früchte eher ausgeglichen. Am Standort E bildeten sich, nach einem zu starken Rückschnitt im Frühjahr, mit dem das enorme Wachstum angeregt wurde, nur wenige und mittlere Früchte.

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