Weiterentwicklung der NIR-Spektroskopie als Monitoringtool für den Biogasprozess und die Biogaskette

Die NIR-Spektroskopie ist mittlerweile im landwirtschaftlichen Untersuchungswesen oftmals anzufinden. In der Futtermittelanalytik und der Untersuchung von pflanzlichen Produkten werden Inhaltsstoffe wie beispielsweise Rohprotein, Rohfaser, Rohfett und Stärke zumeist über NIRS ermittelt. Nachdem NIR-Spektrometer zur Ermittlung von Inhaltsstoffen (N, P und K) bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern bereits angeboten werden, lag der erweiterte Einsatz der Nah-Infrarot Spektroskopie im Biogasbereich nahe.
NIR-Sensor an der PumpleitungZoombild vorhanden

NIR-Sensor an der Pumpleitung

An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, in der Arbeitsgruppe Wirtschaftsdüngermanagement und Biogastechnologie, wird dieses Messverfahren seit einigen Jahren zur Überwachung des fermentativen Abbauprozesses von Biomasse im Fermenter verwendet und getestet.
In der Arbeitsgruppe Wirtschaftsdüngermanagement und Biogastechnologie wird die Nah-Infrarot-Reflexions Spektroskopie eingesetzt, um zum einen die Prozessstabilität im Fermenter einer Biogasanlage zu überwachen und sicherzustellen und zum anderen die Inhaltstoffe (N, P und K) von Gärresten und Wirtschaftsdüngern zu erfassen. Im ersten Projektabschnitt wurde der Schritt vom Labormaßstab (Fermenter mit einem Nutzvolumen von 240 L) zum Technikumsmaßstab (3,5 m3 Fermenter) durchgeführt. Der zweite Projektteil wird abgerundet durch die Implementierung des NIR-Messsystems an der Hof-Forschungsbiogasanlage in Grub. Durch eine bereits vorliegende, umfassende Datengrundlage bestehend aus spektralen Daten nebst zugehörigen laboranalytischen Referenzen konnten bereits vorhandene Kalibrationsmodelle für alle spezifischen stabilitätsanzeigenden Parameter, wie Essig-, Propion- und Gesamtsäure (FFS), aber auch für den TS-, oTS-Gehalt und die Pufferkapazität im neuen Versuchsansatz erweitert werden.

Problemstellung, Hypothese

Kontinuierliche Überwachungssysteme, die Auskunft über die Stabilität des Biogasprozesses geben sind bis dato nicht etabliert. Die Nah-Infrarot-Reflexions Spektroskopie bietet die Möglichkeit die stabilitätsanzeigenden Prozessparameter, wie die Gesamtsäure (FFS titriert und FFS kalkuliert), die Essig- und Propionsäure, sowie den Carbonatpuffer und den FOS/TAC-Wert anzuzeigen. Darüber hinaus lässt sich auch der Trockensubstanz-Gehalt (TS), der organische Trockensubstanz-Gehalt (oTS) und der Gehalt an Ammoniumstickstoff mit NIRS ermitteln.
Die Nah-Infrarot Spektroskopie bedient sich eines indirekten Verfahrens, das mathematische Verknüpfungen zwischen Spektraldaten und Konzentrationsdaten erstellt, wodurch die Konzentration unbekannter Proben lediglich anhand ihrer Spektraldaten geschätzt werden kann. Im Vorfeld müssen zuerst Kalibrationsmodelle erstellt werden, die dann in der Lage sind die Konzentrationen der Inhaltsstoffe im Fermenter präzise vorherzusagen. Nach Erstellung von Kalibrationsmodellen können alle genannten Prozessparameter online und zu jeder Zeit als aktuelle Werte der Prozessstabilität im Fermenter abgerufen werden. Durch die Hinterlegung von selbst festgelegten Schwellenwerten besteht auch die Möglichkeit, bei Über- oder Unterschreitungen Warnhinweise z.B. auf sein Mobiltelefon zu erhalten. So kann rechtzeitig auf sich anbahnende Störung reagiert werden.

Fazit

Online-Messungen zur Prozessüberwachung von Biogasanlagen

Durch die wissenschaftliche Begleitung des NIR-Messsystems zur Überwachung der spezifischen Parameter des Biogasprozesses im Laborfermenter (220 Liter) über die Technikumsanlage Pellmeyer (3,5 m3) bis hin zur Praxisanwendung an der BGA in Grub konnten die Vorteile und Schwachpunkte des Systems erfolgreich geprüft werden. Tendenzielle Veränderungen der Prozessparameter, wie eine Veränderung der flüchtigen Fettsäuren, bei substratbedingten Variationen sind mit sensiblen Kalibrationsmodellen bereits im Vorfeld möglicher Prozessinstabilitäten gut zu erfassen. Zur Dokumentation der Umsatzgeschwindigkeit des Substrates im Fermenter eignet sich die Betrachtung der organischen Trockensubstanz, deren Schätzungen mit der NIR-Spektroskopie an der Praxis-BGA in Grub sehr gut waren. Obwohl die Praxistauglichkeit des Messsystems prinzipiell gezeigt werden konnte, sind die Grenzen durch stetige Modelladaption bei Substratwechsel und teilweise hohen Schätzungenauigkeiten bei gleichzeitig hohen Anschaffungskosten nicht außer Acht zu lassen.

Offline-Messungen zur Inhaltsstoffanalytik von Wirtschaftsdüngern

Einige der elf untersuchten Parameter der Wirtschaftsdünger lassen sich mit der NIR-Spektroskopie nur schlecht quantifizieren. Darunter fallen der pH-Wert, sowie Magnesium- und Calciumoxid. Die Güteparameter der Kalibrationsmodelle (speziell das Bestimmtheitsmaß und der RPD-Wert) für den Trockensubstanzgehalt und die organische Trockensubstanz sind bei allen Modellen (5 °C und 20 °C, Kreuz Validierung und Test-Set Validierung) nicht zufriedenstellend. Dies könnte der Methode der Probenvermessung im Offline Modus geschuldet sein. Die Erfassung der Spektren jeder einzelnen Probe beansprucht ca. 1 - 2 Minuten, wobei sich in dieser Zeit festere und schwerere Bestandteile der Substratprobe absetzen können und die Oberfläche somit möglicherweise wässriger ist, als die Gesamtprobe. Die Eindringtiefe der Strahlung im Nah-Infraroten Wellenbereich beträgt lediglich 1 - 2 mm. Ohne eine Überarbeitung der Methodik scheinen die Messungen der Wirtschaftsdünger, mit stehendem Substrat in Petrischalen, keine validen Ergebnisse zu liefern.
Projektinformationen
Projektleitung: Dr. Fabian Lichti
Projektbearbeitung: Dr. Andrea Stockl
Laufzeit: 2015-2017
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: EW/12/07