Umsetzung der Energiewende
Bayernplan: Biogas zum Ersatz von Gaskraftwerken
Technisches Potential, Erzeugung und Kosten der Biogaserzeugung (Stand: September 2012)
Bayern will die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien deutlich schneller ausbauen und ihren Anteil am Gesamtstromverbrauch bis zum Jahr 2021 auf mindestens 50 Prozent anheben. Der angestrebte massive Ausbau der Windenergie und Photovoltaik führt wetter- und tageszeitabhängig jedoch zu starken Schwankungen der Stromerzeugung. Zum Ausgleich dieser Schwankungen sind flexible Stromerzeugungskapazitäten notwendig. In welchem Umfang hier Biogasanlagen mit einer flexibleren und bedarfsgerechteren Stromerzeugung einen Beitrag leisten könnten, untersuchte eine Expertengruppe unter Leitung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.
Untersuchungsauftrag
Im Rahmen der Prüfung des Bayernplans wurden vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die folgenden vier Arbeitsgruppen eingerichtet:
- AG 1: Technisches Potential, Erzeugung, Kosten der Biogaserzeugung (Leitung LfL)
- AG 2: Integration in das bayerische Energieversorgungssystem (Leitung Energie innovativ)
- AG 3: Gesellschaftliche Akzeptanz (Leitung TFZ in Abstimmung mit dem StMUG)
- AG 4: Rahmenbedingungen für Investitionen: EEG, Förderungen, Steuern (Leitung StMELF)
Die Arbeitsgruppe 1 unter Leitung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft hatte
- das vorhandene und das zusätzlich erschließbare Potential der Biogaserzeugung ohne weitere Ausdehnung des NawaRo-Anbaus zu bestimmen,
- die technischen Möglichkeiten und Grenzen der flexiblen Stromerzeugung zu prüfen, sowie
- die Mehrkosten einer flexiblen Stromerzeugung zu quantifizieren.
Zusammenfassung der Ergebnisse aus der AG 1
Zusätzlich erschließbares Methanpotential
Das zusätzliche erschließbare Methanpotential beläuft sich auf rund 840 Mio. Normkubikmeter Methan. Die Berechnungen basieren auf der Flächennutzung des Jahres 2011.
Mittelfristiges Potential (ab 2015), falls 50 % der Bestandsanlagen in den Intervallbetrieb wechseln und 50 % des zusätzlichen Potentials für Intervallbetrieb neu erschlossen wird:
- 6.939 GWhel - Mittelfristig jährlich verfügbare Strommenge aus Biogas
- 1.454 MWel - Mittelfristig verfügbare Anlagenleistung mit 8/24-h-Intervallbetrieb
- 337 MWel - Verfügbare Anlagenleistung im Grundlastbetrieb
Verfahrenstechnische Konsequenzen (bei derzeit verfügbarer Technik)
Möglichkeiten zur Anpassung der Biogaserzeugung, zur Kofeuerung fossiler Brennstoffe und zur Regelung eines einzelnen BHKW:
- Modulationsmöglichkeiten der Gaserzeugung (untertägig) gering.
- Saisonale Anpassung der Gaserzeugung in gewissen Grenzen denkbar.
- Kein Einsatz von Flüssiggas (LPG) sinnvoll.
- BHKW mit Zündstrahl-Motor: Kofeuerung von Biodiesel/RME/Pflanzenöl möglich, beliebig über den Zündölanteil von ca. 5 % hinaus.
- BHKW mit Gas-Otto-Motor: Biogasbetrieb oder Betrieb mit 100 % Erdgas denkbar.
- Regelbereich BHKW ohne nennenswerten Effizienzverlust: 75 % - 100 % der Nennleistung (Teillastbetrieb).
Letztendlich scheint ein Intervallbetrieb mit einmal pro Tag 8 Vollbenutzungsstunden oder zweimal pro Tag jeweils 4 Vollbenutzungsstunden eine aus derzeitiger technischer Sicht vertretbare Lösung zu sein. Zwar erhöht sich prinzipiell mit zunehmender Verkürzung der Laufzeiten der Instandhaltungsaufwand der Aggregate und vermindert sich die Effizienz der BHKW, aber durch eine Temperierung des Motors auf ca. 60°C lassen sich diese Effekte abmildern. Praktische Erfahrungen bzw. gesicherte Daten gibt es dazu allerdings auch bei den BHKW-Herstellern nicht.
Ökonomische Konsequenzen
Umrüstung von Bestandsanlagen auf den Intervallbetrieb
Auf der Basis der Kalkulationsansätze beträgt das Saldo aus Kosten der Umstellung und Mehrerlösen sowie eingesparten Kosten -0,34 bis 3,50 Cent pro Kilowattstunde eingespeisten Stroms. Engt man den Bereich der Nutzungsgradsteigerung auf einen realistischen Bereich ein, liegen die Beträge in einem Korridor von 0,33 bis 2,83 Ct/kWhel. Am teuersten ist die Umstellung der 50-kWel-Klasse mit 2,83 Ct/kWhel, wenn der komplette Gasspeicher und ein Pufferspeicher für 70 % der erzeugten Wärme neu gebaut werden muss. Mit 0,33 Ct/kWhel lässt sich die Maßnahme am kostengünstigsten für eine 300-kWel-Anlage realisieren, die nur 60 % des notwendigen Gasspeichervolumens ergänzen muss und einen Pufferspeicher für lediglich 30 % der Wärme benötigt.
Unter realistischen Annahmen ist die Umstellung auf den Intervallbetrieb für eine Biogasanlage ökonomisch nicht sinnvoll, wenn keine höheren Einnahmen generiert werden können. Das EEG 2012 bietet allen Bestandsanlagen die Möglichkeit in die Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell zu wechseln und sich für 10 Jahre die Flexibilitätsprämie nach § 33i EEG 2012 zu sichern.
Neuanlagen der 50-kWel-Klasse im Intervallbetrieb (150 kWel inst. Leistung)
Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass Stromerzeugungskosten (einschließlich der Substratkosten) von weniger als 30 Ct/kWhel auch mit einem Substratmix aus Wirtschaftsdüngern, Erntenebenprodukten und Gras kaum zu erreichen sind. Die Vergütung für kleine Anlagen, die 2013 erstmals an das Netz gehen, beträgt ca. 21 Ct/kWhel. Die Inanspruchnahme der Vergütung für kleine Gülleanlagen in Höhe von 24,50 Ct/kWhel ist wegen der Überschreitung der Leistungsgrenze von 75 kW installierter elektrischer Leistung nicht möglich.
Ausblick
Die Studie konzentriert sich auf die aktuelle Situation sowie die kurzfristigen Potentiale und Möglichkeiten bis 2015. Die beschriebene bedarfsgerechtere Stromeinspeisung von Biogasanlagen wird als pareto-optimal angesehen und ist kurzfristig umsetzbar. Daher könnte sie im Rahmen der Energiewende durchaus der nächste Schritt in die richtige Richtung sein. Szenarien, die weit in die Zukunft reichen, sind nicht zielführend, da derzeit weder die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien noch die möglichen Anpassungsstrategien der Verbraucher vorhersehbar sind.
Das zusätzlich erschließbare Methanpotential kann nicht nur von neuen kleinen "Gülleanlagen“, sondern auch durch die Erweiterung vorhandener Biogasanlagen genutzt werden.
Die Studie basiert auf Anlagentechnik, die für Grundlastbetrieb optimiert ist. Sollte tatsächlich ein Markt für bedarfsgerecht einspeisende Biogasanlagen entstehen, sind kurzfristig deutliche Innovationen zu Effizienz und Funktionalität zu erwarten.
Zur Integration der in Intervallen betriebenen Biogasanlagen ins Stromsystem könnten einzelne Biogasanlagen zu einer Vielzahl von "virtuellen Kraftwerken“ zusammengefasst werden. Durch das zeitlich unterschiedliche Zu- und Abschalten einzelner virtueller Kraftwerke wären viele Einspeiseszenarien denkbar. Welche Szenarien sind für eine aus technischer Sicht optimale Netzintegration sinnvoll? Fragen dieser Art wurden von der Arbeitsgruppe 2 ("Stromsystemintegration") bearbeitet.
Ansprechpartner
Martin Strobl
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökonomie
Menzinger Straße 54, 80638 München
Tel.: 08161 8640-1474
E-Mail: Agraroekonomie@LfL.bayern.de
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