Wildgänse: Biotopmanagement

Im Gegensatz zu Vergrämungsmaßnahmen sind Maßnahmen des Biotopmanagements mehr oder weniger dauerhaft. Die Wahl der jeweiligen Maßnahme beziehungsweise die Art und Weise der Umsetzung ist hierbei abhängig von der Art des Problems, dem Gänseauftreten und der vorhandenen Fläche. Aus betriebswirtschaftlichen oder eigentumsrechtlichen Gründen wird nicht jede Maßnahme umsetzbar sein.

Umzäunen von Brutflächen und Inselanbindungen

Die bayerischen Wildgänse brüten überwiegend auf Inseln. Das Abhalten der Tiere von den Brutinseln durch Umzäunung beziehungsweise die Anbindung dieser an das Festland stellen zwar aufwendige, stringent durchgeführt jedoch auch erfolgreiche Maßnahmen dar, Bruten von Wildgänsen zu verhindern.
Eine Möglichkeit, Brutbestände von Wildgänsen zu verringern, besteht darin, Inseln dauerhaft mit dem Land zu verbinden. Dadurch wird die vormalige Insel für Füchse und andere Nesträuber zugänglich. Im Maintal fanden wir einen starker Hinweis darauf, dass die Inselanbindung zu einer Reduzierung von Gelegen führen kann. Im Baggersee nordöstlich von Sand am Main (Lkr. Haßberge) wurde eine der vier vorhandenen Inseln im Jahr 2014 mit dem Festland verbunden. 2015 wiederholte die LfL in diesem Bereich eine Gelegekartierung von 2013. Während bei den nicht angebundenen Inseln 2013 und 2015 vergleichbare Gelegezahlen gefunden wurden, wurden auf der angebundenen Insel 2015 keine Gelege mehr kartiert.

Ausführlicher Bericht: Inselanbindung zur Reduzierung von Wildgansbruten pdf 1,1 MB

Überspannungen

Biotopmanagement ÜberspannungZoombild vorhanden

Biotopmanagement Überspannung

Um den Wildgänsen das Einfliegen zu erschweren können landwirtschaftliche Flächen überspannt werden. Dabei werden in Bearbeitungsrichtung des Felds etwa 2 mm dicke Schnüre oder Drähte gespannt, welche mittels Anbringung an Erdpfosten auf einer Höhe von ca. 80 cm verlaufen. Das zusätzliche Spannen einer weiteren Schnur auf 50 cm Höhe an den Feldrändern verhindert, dass die Gänse in die Felder hineinlaufen. Beim Vorhandensein von Nilgänsen ist es ratsam, zusätzliche Diagonalüberspannungen vorzunehmen, da diese aufgrund ihres Verhaltens eher als Graugänse geneigt sind, in einfach überspannte Felder einzufliegen. Einmal im Feld, führt das Vorhandensein von Nilgänsen zu einer Anziehung der Graugänse, welche dann trotz vorhandener Überspannung die Felder aufsuchen. Die Überspannung sollte vor allem in den Monaten von Mai bis Ende Juli erfolgen. Sie stellt eine kostengünstige Alternative dar, landwirtschaftliche Flächen für einfliegende Gänse unattraktiv zu machen. Durch den aufwendigen Aufbau sowie die dadurch erschwerte Bearbeitung des Felds eignet sich die Maßnahme bevorzugt für kleine Felder sowie Sonderkulturen.

Zäune

Mit mobilen Zäunen lassen sich flugunfähige Tiere wie mausernde Gänse und Gössel von gewässernahen Flächen abhalten. Schafszäune besitzen aufgrund ihrer kleinen Gitterweide und dem lückenlose Bodenschluss eine sehr gute Wirkung und sind zudem verhältnismäßig kostengünstig. Auch lichtundurchlässige Zäune können einen solchen Vergrämungseffekt besitzen. Die Ursache dieses Meidungseffektes ist bei beiden Zaunformen im hohen Sicherungsbedürfnis der Wildgänse zu finden. Vor allem flugunfähige und jungtierführende Tiere benötigen zu jeder Zeit freien Zugang und Sicht auf die sichere Wasserfläche. Wird dies mittels Zäunen verwehrt, fehlt den Tieren die Sicherheit und entsprechend liegende Flächen werden gemieden. Obwohl diese Zäune mobil und versetzbar sind, ist der Aufbau aufwendig, da der Zaun fest und lückenlos gespannt sein muss.
Neben diesen mobilen Zäunen besitzen auch geschlossene dauerhaft errichtete Barrieren eine hohe Wirksamkeit. Statt eines künstlich aufgebauten Zauns versperren so zum Beispiel angepflanzte Hecken die Sicht auf das sichere Wasser. Neben diesem Vergrämungseffekt besitzen Hecken weiterhin den Vorteil, dass sie viel attraktiver auf die Bevölkerung wirken und sich als wichtiges Landschaftselement besser in das Landschaftsbild eingliedern. Der Nachteil dauerhafter Barrieren liegt in den höheren Kosten bezüglich Anschaffung und Pflege.

Gänsefreundliche Zwischenfrüchte

Greeningflächen mit für Gänse attraktiven Zwischenfrüchten können helfen, im Herbst und Winter Schäden in den Winterfeldfrüchten zu minimieren. In diesem Zeitraum wird der Zwischenfruchtanbau im Rahmen der Greeningverpflichtungen oder auf freiwilliger Basis vorgenommen. Es wird kein direkter wirtschaftlicher Ertrag auf den Zwischenfruchtflächen erwirtschaftet. Oft werden im Rahmen der Greeningverpflichtungen Zwischenfrüchte mit hohem Senfsaatenanteil ausgebracht, der aber von den Gänsen nicht angenommen wird. Senf friert zuverlässig über den Winter ab und muss nicht abgespritzt beziehungsweise in einem extra Arbeitsgang bearbeitet werden. Dazu ist das Saatgut mit etwa 40 Euro pro Hektar günstig. Es knnen aber auch gänsefreundliche Zwischenfruchtmischungen ohne Senf ausgebracht werden. Sie müssen einige Vorgaben einhalten.
  • Zwischenfrüchte im Rahmen des Greenings müssen mindestens zwei Pflanzenarten besitzen und dürfen einen maximalen Samenanteil an Gräsern von 60 Prozent aufweisen. Alle zulässigen Arten werden durch das Greening vorgegeben.
  • Nach den Empfehlungen des Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum für Geflügel- und Kleintierhaltung Kitzingen (LVFZ) sollte eine optimale Gänseweide aus einer Mischung von 70-80 Prozent Gräsern, 10-15 Prozent Weißklee und 10-15 Prozent Kräutern bestehen.
  • Eine Literaturrecherche zeigt, dass Kleearten wie Wiesenklee (Trifolium pratense) und Weißklee (Trifolium repens) von Gänsen sehr gerne beweidet werden.
Nach den Vorgaben des Greenings und unter Beachtung der Empfehlungen des LVFZ wurden drei Greeningmischungen sowie eine Mischung für freiwilligen Zwischenfruchtanbau zusammengestellt. Die gänsefreundlichen Zwischenfruchtmischungen kosten zwischen 60 und 200 Euro pro Hektar. Da es sich bei den Mischungen nicht um Standardmischungen handelt, sind sie aufwendiger zu bestellen.
Die Lage der Zwischenfruchtflächen ist extrem wichtig, ob die Gänse eine Fläche annehmen. Absolut zu bevorzugen sind gewässerangrenzende Flächen. Wichtig ist außerdem, dass die Flächen groß sind und nicht von hohen Strukturen beschränkt werden.
Beispiel-Mischungen für gänsefreundliche Zwischenfrüchte
Übersicht über vier Mischungen gänsefreundlicher Zwischenfrüchte und über die anfallenden Netto-Saatgutkosten (Stand 2017). Das Saatgut für eine einen Hektar große Senfeinsaat beläuft sich auf etwa 40 Euro. Mischung IV ist nicht greeningfähig.
MischungArtenAnteil [%]Saatgut netto [Euro]
I Gras und KleeDeutsches Weidelgras
Welsches Weidelgras
Wiesenschweidel
Weißklee
19
16
15
50
60-70
II Raps und FuttererbseRaps
Futtererbse
50
50
160-200
III KleeartenWeißklee
Schwedenklee
Alexandrinerklee
30
20
50
65-85
IV Hafer und SommergersteHafer
Sommergerste
60
40
160-210

Stoppelbrachen

Stoppelbrachen sind attraktive Äsungsflächen für Wildgänse. Sie können helfen, Fraßschäden im Wintergetreide zu vermeiden. Dazu müssen sie in optimaler Weise über den Winter stehen gelassen werden. Aber auch kürzere Standzeiten verringern (dann im Herbst) den Fraßdruck auf neu eingesätes Getreide. Auch eine gestaffelte Maisernte ist eine Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum problemarme Nahrungsflächen zur Verfügung zu stellen.
In einer Bachelorarbeit wurde das Äsungsverhalten von Gänsen im Maintal westlich und nördlich von Bamberg zwischen 19.10.2017 und 16.01.2018 an 17 Terminen beobachtet. Im Untersuchungsgebiet lagen einige Stoppelbrachen, die von den Gänsen überproportional zu ihrer Fläche angenommen wurden. Etwa 50 Prozent der beobachteten Gänse wurden auf Stoppelbrachen gefunden, obwohl diese nur gut 25 Hektar Fläche einnahmen. Ein weiterer wichtiger Faktor der Flächenwahl war die geringe Entfernung der Stoppelbrachen zum Wasser.

Ablenkungsflächen am Altmühlsee

Am Altmühlsee wird ein Konzept zur Reduzierung der Probleme mit Wildgänsen umgesetzt. Ein wichtiger Beitrag ist die Bereitstellung von Ablenkungsflächen. Das Vorhandensein von direkt an den See angrenzenden Flächen in öffentlicher Hand ist ein dabei günstiger Umstand. Ziel der Ablenkungsflächen ist es, im Frühjahr, wenn die meisten Schäden auftreten, für Entlastung auf den Wirtschaftswiesen und im auflaufenden Mais zu sorgen.
Zwei Hauptmaßnahmen wurden und werden dabei in fünf Bereichen um den See umgesetzt. Erstens Anlage von Rampen, damit die Gänse einen einfachen Zugang zu den Ablenkungsflächen haben. Eine Pflege zur Freihaltung der Rampen erfolgt fortlaufend. Zweitens Einführung eines Mahdregimes mit dem Ziel, die Wiesen immer kurzrasig zu halten (Mahd bei Bierflaschenhöhe).
Positiv ist, dass auf den staatseigenen Flächen die Jagd ruht. Die Ablenkungsflächen werden im Frühjahr von den Gänsen sehr gut angenommen. Vor allem Gänsefamilien nutzen die gewässernahen Nahrungsflächen.