Forschungs- und Innovationsprojekt
Moor-KULAP

Personen beernten Grünland-Versuchsparzellen.

Versuchsparzellen im Moor

Entwicklung von KULAP-Maßnahmen für eine innovative Nassgrünlandnutzung mit Dränmanagement und Grünlanderneuerung für Intensivgrünland auf Niedermoorstandorten

Moorbodenschutz erfordert Grundwasserstände von dauerhaft knapp unter Flur. Im Rahmen des Forschungsprojektes "Moor-KULAP" zeigte sich, dass der Grundwasserstand über einen Eingriff in bestehende Rohrdränagen gezielt angehoben werden kann. Auf der wiedervernässten Untersuchungs­fläche wurde ein Acker in Grünland umgewandelt und mit drei Schnitten im Jahr genutzt. Durch den Saatguteinsatz von nässeverträglichen Süßgräsern kann die Grundlage für dauerhaft stabile Pflanzenbestände zur Verwertung der Aufwüchse als Raufutter gelegt werden.

Projektinhalte auf einen Blick

  • Moorböden verlieren unter entwässerten Bedingungen an Masse
  • Die Nutzung der fruchtbaren Böden als Acker oder Intensivgrünland ist daher endlich
  • Nur dauerhaft nasse Bedingungen halten den Torfverzehr auf
  • Der Grundwasserstand kann zum Beispiel über bestehende Rohrdränagen gezielt angehoben werden
  • Nassgrünlandnutzung zur Raufutterproduktion für Robustrassen, Jungvieh oder Trockensteher ist eine moorschonende Nutzungsalternative
  • Weißklee und Weidelgras sind für wasserbeeinflusste Niedermoorstandorte nicht geeignet
  • Wiesenfuchsschwanz, Rohrschwingel und Rohrglanzgras kommen dagegen gut mit nassen Bedingungen zurecht
  • Die Umwandlung von Acker in Nassgrünland sollte im Herbst vor der Wasserstandsanhebung erfolgen

Einleitung

Moore sind für viele Regionen Bayerns prägende und identitätsgebende Landschaftselemente. Sie entstanden seit dem Ende der letzten Eiszeit (Würm-Kaltzeit) in Bereichen mit dauerhaftem Wassereinfluss wie z. B. in Senken und natürlichen Überschwemmungsgebieten, während der Verlandung von Stillgewässern, an Quellaustritten oder in Regionen mit einem deutlichen Niederschlagsüberschuss.
Die systematische Entwässerung von Mooren in Bayern begann im Jahr 1790 im Altbayerischen Donaumoos bei Neuburg. In der Folge wurden viele weitere Moore, unter anderem für die Nahrungsmitteproduktion, urbar gemacht. Heute sind etwa 110.000 ha Moorböden in Bayern landwirtschaftlich als Dauergrünland (~ 60 %) oder Acker (~ 40 %) genutzt und dabei meist tief dräniert.
Warum besteht Handlungsbedarf?
Durch die Entwässerung von Mooren gelangt Sauerstoff in den Torfkörper. Die organische Substanz wird abgebaut und es kommt zu einem starken Anstieg an Treibhausgasemissionen, vor allem in Form von Kohlenstoffdioxid. In der Summe emittierten landwirtschaftlich genutzte Moorböden in Bayern derzeit jedes Jahr etwa vier Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das entspricht knapp einem Viertel der gesamten Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft in Bayern.
Folgen für die landwirtschaftliche Nutzung
Der oxidative Torfverzehr wird mit jährlichen Gesamthöhenverlusten der Mooroberfläche von 0,5 bis 4 cm in der Landschaft sichtbar. In vielen Moorgebieten hat die Geländehöhe bereits so stark abgenommen, dass die Vorflut nur noch mit erheblichem Aufwand gewährleistet werden kann. Durch die Verluste an organischer Substanz entsteht zudem eine sehr feine, dichte, "staubige" Bodenstruktur, welche im trockenen Zustand stark wasserabweisend wirkt.
Ein Bodenabtrag durch Winderosion tritt verstärkt auf, wenn die Ackernutzung fortgesetzt wird. Bei ausbleibenden Niederschlägen kommt es, besonders während der Saatzeitpunkte im Frühjahr, schnell zu Trockenstress im Pflanzenbestand. Überstausituationen entstehen bereits bei mittelintensiven Regenereignissen, weil das Wasser nur langsam durch den degradierten Oberbodenhorizont in den Torfkörper einsickern kann.
Das letztgenannte Phänomen führt vor allem in Mulden zu massiven Ernteausfällen und wird häufig als hoher Grundwasserstand fehlinterpretiert. Da unterhalb des Torfkörpers in der Regel unfruchtbare Ton- oder Kieshorizonte anstehen, ist bei einem fortschreitendem Torfverzehr die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Flächen gefährdet.
Bohrstock mit Bodenprobe

Bohrstock mit Oberboden­horizont

Wiese mit großen Wasserpfützen

Regenwasser­überstau

Tiefenlockerer mit Presskegel

Tiefenlockerer mit Presskegel

Wiese mit Schlitzen im Boden

Schlitzung des Oberboden­horizonts

Ziel

Mit dem Forschungsprojekt "Moor-KULAP" sollte erstmals in Bayern getestet werden, ob sich landwirtschaftlich genutzte Niedermoore über bestehende, für Südbayern typische Rohrdränagen geregelt wiedervernässen lassen. Auf der jahrzehntelang als Acker genutzten Untersuchungsfläche wurde gleichzeitig auf eine moorverträglichere Nutzung als Nassgrünland umgestellt. Es sollte untersucht werden, ob sich mit dem Einsatz von nässeangepassten Saatgutmischungen dauerhaft stabile, als Raufutter verwertbare Pflanzenbestände etablieren lassen.

Methode

Moor-Versuchsstation Karolinenfeld
Als Untersuchungsfläche diente ein Schlag an der Versuchsstation Karolinenfeld der Bayerischen Staatsgüter (BaySG) bei Rosenheim. Hier wurde um das Jahr 1983 ein bis zu 180 cm tiefes Dränagensystem in den Torfkörper eingezogen, um Grundwasser möglichst rasch in einen Vorfluter abzuführen. Die etwa 3,4 ha umfassende Fläche wurde seitdem mit sogenannten Saugern im Abstand von 10 m über Sammler und zwei Knotenpunkte mit Hilfe von Pumpen entwässert.
Anhebung des Grundwasserstands
Das bestehende Entwässerungssystem sollte im Rahmen des Projektes "Moor-KULAP" genutzt werden, um den Grundwasserstand flächig wieder anzuheben und dann möglichst präzise zu steuern. Die Entwicklung der Staubauwerke inklusive Bauleitung erfolgte durch die Professur für Vegetationsökologie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (VÖK-HSWT). Die Auswirkungen auf den Grundwasserstand wurden stündlich durch Pegellogger in 22 Grundwassermessstellen aufgezeichnet.
Umwandlung in nässeangepasstes Grünland
Vor der Wiedervernässung wurde die als Acker genutzte Untersuchungsfläche mit sechs unterschiedlichen Saatgutmischungen in Grünland umgewandelt und dann mit drei Schnitten und einer moderaten Düngung bewirtschaftet. Dafür hat das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL-IPZ) fünf möglicherweise für Moorlagen in Bayern passende, von den nordostdeutschen Landwirtschaftskammern empfohlene, regionale Grünlandmischungen (RG) ausgewählt und mit einer für das Projekt "Moor-KULAP" zusammengestellten und dort zu prüfenden Saatgutmischung (LfL-M) ergänzt.

Weiterführendes LfL-Forschungsprojekt: Saatguteinsatz für wassergeregeltes Mahd-Grünland auf Niedermoorstandorten

Untersuchung des Pflanzenbestandes
Die Ergebnisse basieren auf Erhebungen durch das Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL-IAB) im ersten Hauptnutzungsjahr unter entwässerten, aber von Stauwasser beeinflussten Bedingungen. Es wurden Artenzusammensetzung, Ertrag, Scherfestigkeit sowie Lager und weiteren landwirtschaftliche Bonituren geschätzt und gemessen. Die Analyse der Futtermittelqualität der Aufwüchse wurde von der Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL-AQU) durchgeführt.

Von den nordostdeutschen Landwirtschaftskammern empfohlene Regionale Grünlandsaatgutmischungen Externer Link

Ergebnisse

Anstau von bestehenden Rohrdränagen

An den Knotenpunkten des Entwässerungsnetztes wurden die Dränagen offengelegt und mit wasserdichten Schächten von oben zugänglich gemacht. Über jeweils ein senkrecht an die Sammeldränage angeschlossenes Rohr mit Öffnungen in unterschiedlichen Höhen, kann Grundwasser im Torfkörper gezielt zurückgehalten werden. Mit einer Pumpe wird Überschusswasser aus Nachbarflächen und Wasser aus der Hofentwässerungen bei Bedarf in das System eingeleitet.
Aufgegrabenes Rohrleitungssystem im Boden

Knotenpunkt des ehemaligen Entwässerungs­netzes

Betonschächte im Boden

Wiedervernässung des Topfkörpers über Stauschächte

Blick in einen Betonschacht

Stauhöhe – Blick in einen Stauschacht

Wiese mit Wasserpfützen

Einstellung der Stauhöhe anhand Mikrorelief

Nach der Fertigstellung der Baumaßnahme am 22.10.2020 stabilisierte sich der Grundwasserstand über den Winter 2020/2021 auf einem höheren Niveau als unter entwässerten Bedingungen im Vorjahr. Das vollständige Trockenfallen des Torfkörpers bis auf die mineralische Stauschicht konnte im Sommer 2021 verhindert werden. Über den Winter 2021/2022 wurde der Grundwasserstand dauerhaft im Zielbereich von weniger als 30 cm unter Flur gehalten, wobei ausbleibende Niederschläge von Mitte Februar bis Mitte März nicht durch die seit Ende Juni 2021 bestehende Möglichkeit der Wasserzufuhr aus angrenzenden Flächen oder der Hofentwässerung abgepuffert werden konnte.
Aus diesem Grund soll im Folgeprojekt "MoorBewi" ein nicht mehr genutzter Güllebehälter in einen Wasserspeicher für niederschlagsarme Perioden umfunktioniert werden. Es kam sowohl im Jahr 2020 als auch im Jahr 2021 zu Starkregenereignissen im Sommer, die zu mehrtägigen Überstaubedingungen führten, weil das Niederschlagswasser nur sehr langsam durch den Oberbodenhorizont einsickern konnte. Die für degradierte Moorböden typischen Überstausituationen nahmen Einfluss auf die Entwicklung der Pflanzenbestände.

Liniendiagramm

Etablierung von (nicht) nässeverträglichen Grünlandbeständen

Die Ansaat auf langjährig entwässerten Moorstandorten mit einem dann vermulmten, dichten, "staubigen" Oberbodenhorizont gelingt bei ausgeglicheneren Witterungsverhältnissen im Herbst zuverlässiger als im Frühjahr. Es ist sinnvoll die Umwandlung von Acker in Nassgrünland im Jahr vor der Wiedervernässung durchzuführen, weil Saatbettbereitung und Ansaat deutlich schonender und einfacher gelingen. Nach der Etablierung trägt der gewachsene Wurzelfilz zur Befahrbarkeit der Fläche und zur raschen Wiederbesiedelung von offenen Bodenstellen bei.
Die zu prüfenden Saatgutmischungen konnten mit einer Neuansaat im Herbst 2018 unter entwässerten Bedingungen erfolgreich etabliert werden. Dabei deckten sich die Ertragsanteile der Gräser und des Weißklees (Trifolium repens) vor dem ersten Schnitt im zweiten Hauptnutzungsjahr 2020 in etwa mit ihrem Gewichtsanteil in den Saatgutmischungen.

Tabelle mit Saatgutstärke je Grasart

Saatguteinsatz für nasse Niedermoorstandorte
Ein gutes Ergebnis hinsichtlich einer Artenanreicherung der Bestände zeigte die gleichzeitige Neuansaat von Gräsern und Kräutern im Herbst. Vor dem ersten Schnitt im zweiten Haupnutzungsjahr 2021 waren folgende Kräuterarten in absteigenden Anteilen vertreten: Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata), Wiesen-Kümmel (Carum carvi), Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi), Wiesen-Labkraut (Galium album), Sumpf-Schafgarbe (Achillea ptarmica), Rauhaar-Löwenzahn (Leontodon hispidus) und Blutstillendes Fingerkraut (Potentilla erecta).
Weißklee (Trifolium repens) und Deutsches Weidelgras (Lolium perenne) sind für wasserbeeinflusste Niedermoorstandorte nicht geeignet. In den Bodensenken der Untersuchungsfläche begann Weißklee zunehmend zu faulen. Es blieben offene Bodenstellen zurück, was zu einer vergleichsweise geringen gemessenen Scherfestigkeit der Grasnarbe führte. In den niedrigen Beständen aus der Saatgutmischung RG6 waren Deutsches Weidelgras, zum Beispiel durch Rostanfälligkeit, sichtlich geschwächt.
Rohrschwingel (Festuca arundinacea) und Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) kamen unter Überstauverhältnissen gut zurecht und bleiben gegenüber nicht als Futter verwertbaren Arten, wie der Flatterbinse (Juncus effusus), konkurrenzkräftig.
Verwertung der Aufwüchse als Raufutter
Mit dem am 27. Mai 2020 geernteten ersten Aufwuchs konnten Energiedichten von 5,4 bis 5,6 MJ NEL kg-1 TM erreicht werden. RG7 erzeugte mit Weißklee (Trifolium repens) und dem spätreifenden Weißen Straußgras (Agrostis gigantea) zum selben Erntezeitpunkt 6,0 MJ NEL kg-1 TM. Die erzielten Rohproteingehalte waren mit durchschnittlich 8,75 % TM niedrig im Vergleich zu den Mittelwerten bayerischer Monitoringflächen. Die Aufwüchse der Untersuchungsfläche wurden bisher als Einstreumaterial und zur Fütterung von Jungvieh eines nahegelegenen Milchviehbetriebes verwendet.
Schlepper mit Sämaschine auf einer Ackerfläche

Neuansaat von Grünland

Gras

Rohrglanzgras

Grasbestand mit Wiesenfuchsschwanz

Wiesen­fuchsschwanz

Person mäht mit der Stachelwalze eine Wiese

Mahd der Untersuchungs­fläche

Ausblick

Die bisherigen Erkenntnisse waren Grundlage für die Umwandlung fast sämtlicher Ackerflächen der Versuchsstation Karolinenfeld in Grünland und Bestandteil eines Vorschlages für ein Moorbauernprogramm in Bayern. Als Reaktion auf die kleinräumig unterschiedlichen Standortbedingungen und Pflanzeneigenschaften scheint der Saatguteinsatz eines breiten Spektrums an nässeangepassten Süßgräsern für die Nutzung der Aufwüchse als Futter sinnvoll. Die Entwicklung der Bestände wird im Projekt "MoorBewi: Entwicklung moorverträglicher Bewirtschaftungsmaßnahmen für landwirtschaftlichen Moor- und Klimaschutz" weiterverfolgt.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Annette Freibauer, Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau (IAB)
Projektbearbeitung: Bastian Zwack
Projektpartner: Bayerische Staatsgüter (BaySG), Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ), Abteilung Qualitätssicherung und Untersuchungswesen (AQU), Professur für Vegetationsökologie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (VÖK-HSWT)
Laufzeit: 01.08.2018 bis 31.07.2021
Finanzierung: StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: KL/18/02

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