Vielfalt durch Sorten – Hofporträt Lex
Der vielseitige Ackerbaubetrieb von Familie Lex in Bockhorn bei Erding wird seit 1979 ökologisch bewirtschaftet, seit 1982 nach den Richtlinien des Naturland-Verbandes. Der Betrieb erzeugt sämtliche Getreidearten, wobei der Schwerpunkt auf Dinkel liegt. Sojabohnen, Kräuter, Kartoffeln, Sonnenblumen, Buchweizen, Speisemais und Braunhirse sind weitere Feldfrüchte der Produktion.
In einer vielfältigen Fruchtfolge experimentiert Familie Lex mit Gemengevarianten. Die Produkte werden sofort nach der Ernte schonend getrocknet, um die Keimfähigkeit zu erhalten. Die anschließende Reinigung und Aufbereitung sämtlicher Getreidearten erfolgt in der hofeigenen Mühle. Die Erzeugnisse vermarkten sie im eigenen Hofladen und über den Großhandel. Den Nährstoffkreislauf ergänzen 400 Legehennen, die den Abputz aus der Getreidereinigung optimal verwerten. Ein weiterer Betriebszweig ist die Saatgutvermehrung von verschiedenen Kulturen. Großes Augenmerk wird auf Bodenschonung und Produkteffektivität gelegt.
Interview mit Betriebsleiterin Bernadette Lex
"Ich mag die Vielfalt bei uns am Hof: Die Vielfalt auf dem Acker, die Vielfalt an Arbeit und die Vielfalt an Menschen."
Interview Biohof Lex Thema Sorten
Transkript des Interviews
Interview zum Thema Sortenvielfalt im Ökologischen Landbau
Ich heiße Bernadette Lex, komme aus Emling in der Gemeinde Bockhorn und auf unserem Betrieb machen wir hauptsächlich Saatgutvermehrung und Direktvermarktung und bauen ganz viele verschiedene Arten und Sorten an.
Frau Lex, woher kommt Ihre Leidenschaft für alte Sorten?
Die Leidenschaft für alte Sorten haben wir eigentlich schon von unserem Vater mitbekommen, der schon vor 40 Jahren angefangen hat zu experimentieren. Und unser Motto ist: jedes Jahr eine neue Sorte. Und wir haben eigentlich jedes Jahr neue Versuche, wo wir ausprobieren, was könnte vielleicht wachsen, was könnte gesund für die Menschen sein, was passt gut in unsere Fruchtfolge und was passt auch gut für die Natur.
Welche besonderen Sorten haben Sie?
Wir haben ganz viele alte Getreidesorten, wir haben aber auch Hirsesorten, Buchweizensorten. Wir bauen auch Hanf an, Mohn, Wildblumen, Bohnen und Linsen. Wir experimentieren eben mit allem Möglichen, auch mit Gewürzen.
Warum ist die Erhaltung alter Sorten oder der Sortenvielfalt aus Ihrer Sicht wichtig für die Biodiversität?
Einfach als Potenzial für neue Sorten. Und alte Sorten sind einfach sehr widerstandsfähig, was Krankheiten und Schädlinge anbelangt.
Wie werden Ihre alten Sorten verarbeitet und vermarktet?
Wir vermarkten die alten Sorten selber bei uns auf dem Hof. Wir haben eine kleine Getreideanlage, wir reinigen alles selber. Und mit dem Kauf einer alten Sorte unterstützt der Kunde auch unseren Hof und dass weiterhin alte Getreidesorten angebaut werden können.
Ist eine Sorte dabei besonders gefragt?
Es gibt immer wieder Trends und Trendprodukte. Jetzt im Moment ist es Hanf und diese ganzen CBD-Öle. Aber für uns ist das eigentlich gar nichts Neues - mein Vater hat schon vor 30 Jahren mit der LfL Hanfsorten-Versuche gemacht. Damals war das sehr schwierig, da war täglich die Polizei da, um die Hanfsorten-Versuche zu begutachten.
Wie fördern Sie auf Ihrem Betrieb sonst noch die Artenvielfalt?
Ganz stark über Hecken, über Randstreifen, über Blühflächen. Wir haben auch öfters Stilllegungen und wir bauen ganz viele verschiedene Sortenmischungen an, zum Beispiel Gründüngungen oder Mischkulturanbau. Und das ist einfach für die ganze Insektenvielfalt total wichtig. Das merken wir immer, dass über unseren Feldern oft mal wirklich alles surrt und brummt. Wir bauen das Getreide zum Beispiel auch in weiten Reihen an, das ist für viele Vögel ganz wichtig, also für Bodenbrüter zum Beispiel. Auf der Hoffläche haben wir natürlich auch viele Nistkästen, Bienenhotels und Fledermauskästen.
Was macht Ihnen bei der Arbeit als ökologischer Betrieb am meisten Freude?
Auf unserem Hof diese ganze Vielfalt, die es gibt, sowohl die Vielfalt auf dem Acker, die Vielfalt an der Arbeit und die Vielfalt an den Menschen. Wir arbeiten ja immer mit Auszubildenden, auch mit Mitarbeitern und mit Praktikanten. Bei uns sind eigentlich immer so viel Leute da, wie früher zu Zeiten, als mein Großvater den Betrieb geführt hat und das finde ich spannend.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft? Oder für die Zukunft Ihres Betriebs?
Unabhängigkeit für unseren Betrieb - durch diese Vielfalt hat man auch immer eine gewisse Unabhängigkeit. Wenn man nicht nur zwei oder drei verschiedene Feldfrüchte anbaut, sondern zwanzig, dann gibt’s immer irgendwas, was gut hinhaut, und manche Sachen funktionieren halt nicht so gut, weil das Klima einfach nicht passt. Aber es ist sehr selten, dass das Klima für alle Pflanzen nichts ist. Also mit einer großen Bandbreite an Pflanzen auf dem Acker kann man auch einfach ein bisschen ruhiger in die Saison blicken.
Betriebsleiter-Team (Vater Lorenz, Töchter Bernadette und Raphaela Lex) in Phacelia-Saatgutvermehrung. Foto: Biohof Lex
Vielfalt von Kulturpflanzen und Sorten im ökologischen Landbau
Der ökologische Land- und Gartenbau hat neben der Erzeugung hochwertiger Lebensmittel das Ziel, die Artenvielfalt zu erhalten. Vielfältige Fruchtfolgen sowie die Vielfalt an Kulturpflanzen und -sorten sind wichtige Prinzipien. Sie überstehen Wetterextreme besser als Monokulturen.
Die Vielfalt der Kulturpflanzen in einer Landschaft ist ein zentraler Faktor für die Artenvielfalt, wie neuere Studien zeigen. Alte Sorten und Landrassen haben manchmal Eigenschaften, die für die Züchtung neuer Sorten wertvoll sein können.
Der Mensch besitzt höchstens 25.000 Gene, Pflanzen wie Weizen und Raps bis zu fünfmal soviel
Ihre Erhaltung erfordert einen regelmäßigen Anbau, Genbanken alleine reichen hier nicht aus. Viele Bio-Landwirte tragen durch Anbau und Vermarktung dieser alten Sorten zu deren Erhaltung bei. Sie sind Teil einer weltweiten Bewegung für die Erhaltung der Sortenvielfalt und bieten damit eine Alternative zu Genome Editing, Patentierung und Monopolisierung.
BioRegio Betriebsnetz Bayern
Der vorgestellte Betrieb engagiert sich im BioRegio Betriebsnetz Bayern. Dabei handelt es sich um einen bayernweiten Verbund aus 100 langjährig ökologisch wirtschaftenden und vorbildlich geführten Betrieben, die einen vertieften Einblick in die Ökolandbaupraxis ermöglichen. Die Betriebe sind regionstypisch und dennoch vielfältig aufgestellt. Zudem fördert das Betriebsnetz den Wissenstransfer zwischen Landwirten.
BioRegio Betriebsnetz
Weitere Informationen zur Biodiversität in der Landwirtschaft