Gänsemanagement: Eingriff in die Reproduktion – Gelegebehandlung

Bei der Gelegebehandlung erfolgt ein gezielter Eingriff in den Fortpflanzungserfolg. Die Maßnahme stellt eine wirksame Ergänzung zur Gänsejagd dar. Sie ist praxisreif und tierschutzgerecht (Bestimmung des Entwicklungsstadiums mittels Schierkasten), wirksam (Reduzierung der Familiengrößen) und effizient (speziell bei hohen Brutdichten). Eine Gelegebehandlung kann bei Vorliegen triftiger Gründe bei den Unteren Jagdbehörden beantragt werden.

Schulung Gelegebehandlung

Alle Personen, die die Gelegebehandlung durchführen, müssen durch die LfL vollständig geschult sein und dies per Teilnahmebescheinigung nachweisen (Voraussetzung im Genehmigungsverfahren, siehe oben). Damit wird sichergestellt, dass die Behandlung tierschutzgerecht erfolgt.
Die Schulung gliedert sich in einen Theorieteil (online; für Gelegebehandler, Gelegebehandlerinnen und Behörden, Verbände etc.) und einen Praxisteil (während Brutsaison in ausgewählten Gebieten; nur für Personen, die die Behandlung tatsächlich durchführen werden).

Die Theorieschulungen für den Antragszeitraum 2025 finden statt am

  • Montag 09.12.2024 von 9:30-12:00 Uhr (Termin 1) und
  • Mittwoch 11.12.2024 von 19:00 – 21:30 Uhr (Termin 2).
Die Praxistermine werden kurzfristig in Absprache mit den Teilnehmern bekannt gegeben.

Inhalte der beiden Schulungsteile sind

  • Rechtliche Grundlagen der Gelegebehandlung in Bayern
  • Biologie und Ökologie der Wildgänse in Bayern
  • Einführung in Theorie und Praxis der Gelegebehandlung
  • Bestimmung Entwicklungsstadium der Eier mithilfe eines Schierkastens

Aktuelle Rechtslage

Aufgrund einer erfolgten Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes im Mai 2022 ist es nunmehr möglich, die Gelegebehandlung durch Einzelanordnung der Unteren Jagdbehörde zuzulassen. Damit kann abweichend von § 22 Abs. 4 Satz 4 des Bundesjagdgesetzes unter Beachtung der in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2009/147/EG (EU-Vogelschutzrichtlinie) genannten Maßgaben das Ausnehmen oder Unfruchtbarmachen der Gelege von Federwild aus den in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2009/147/EG genannten Gründen gestattet werden.

Rechtliche Voraussetzungen dafür sind:

  • ein erheblicher Schaden bzw. eine Gesundheitsgefährdung (zum Beispiel Verkotung von Liegewiesen) und
  • keine andere zufriedenstellende Lösung (Jagd, Vergrämung, Biotopmaßnahmen etc.).

Weitere Genehmigungsvoraussetzungen sind:

  • vollständige Schulung aller behandelnden Personen und Nachweis mittels Teilnahmebescheinigung (siehe Punkt Schulung),
  • tierschutzgerechte Behandlung laut Schulungsinhalten und Auszug aus der Schulungsunterlage (Anlage Genehmigungsbescheid, Downloadlink siehe Punkt Genehmigungsverfahren),
  • Zustimmung durch Revierinhaber,
  • Bericht an Genehmigungsbehörde nach Abschluss der Gelegebehandlung (Vorlage siehe Anlage Genehmigungsbescheid).

Genehmigungsverfahren und allgemeine Hinweise

Ein Antrag auf Gelegebehandlung kann bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde (Landratsamt bzw. Kreisfreie Stadt) gestellt werden. Weitere Ausführungen, ein Musterantrag und ein Auszug aus der Schulungsunterlage zur tierschutzgerechten Behandlung sind veröffentlicht unter:
Die unteren Jagdbehörden (UJB) erhielten per LMS zusätzlich eine Mustergenehmigung samt Anlagen.

Wichtige, allgemeine Hinweise zur Planung

  • Die Beantragung und Durchführung einer Gelegebehandlung macht nur Sinn, wo auch eine gewisse Brutdichte vorherrscht. Deshalb sollten potenzielle Antragsteller, eventuell gemeinsam mit zuständigen Behörden/Verbänden/etc., sich vorab intensive Gedanken machen, wo bei Ihnen überhaupt aktuell genutzte Brutflächen (in Bayern üblicherweise vorwiegend Inseln) existieren.
  • Die Zulassung zur Durchführung der Behandlung ist nicht auf bestimmte Personenkreise beschränkt. In den bisherigen Behandlungsregionen wurde die Maßnahme oft von Jägern, Landwirten oder kommunalen Mitarbeitern durchgeführt, ein gültiger Jagdschein ist allerdings aus aktueller Rechtslage keine Pflicht. Allgemeine Voraussetzungen für Gelegebehandlerinnen und Gelegebehandler sind die persönliche Bereitschaft zum Behandeln von Eiern und eine entsprechende körperliche Fitness abhängig von den Umgebungsbedingungen (Wasserbefahrung, Bewegung auf Brutinseln je nach Bewuchs mühsam, Umgang mit wehrhaften Wildgänsen etc.).

Verleih Grundausstattung für Gelegebehandlung

Als initiale Unterstützung der Umsetzung in der Praxis kann eine Grundausstattung für Gelegebehandlung (Schierkasten samt Taschenlampe, Behandlungswerkzeug, Schwimmwesten, bei sehr dringendem Bedarf Trockenanzüge) bei der LfL kostenlos geliehen werden. Dies erfolgt mittels Leihvertrag, der sich jährlich verlängert, sofern er nicht von einem Vertragspartner gekündigt wird.
Für weitere Informationen bzw. eine Anmeldung für eine Leihe schreiben Sie bitte an wildtiere@LfL.bayern.de (Angabe von Name Leihnehmer oder Leihnehmerin, Anzahl Gelegebehandler und Gelegebehandlerinnen, Antrags-/Behandlungsgebiet).
Bastler könne sich einen Schierkasten auch selbst bauen. Die Maße eines funktionalen Schierkastens finden Sie links im Bild.

Hintergrund Gelegebehandlung

Eine Person kniet vor einem Gelege mit vier Eiern, daneben liegen ein Schierkasten und ein Plastikbehälter.Zoombild vorhanden

Datenaufnahme und Unter­suchung des aufgefun­denen Geleges

Unter Gelegebehandlung wird eine Maßnahme zur Reduktion der Anzahl geschlüpfter Jungvögel verstanden. An der LfL wurde die Methode "Anstechen" gewählt und praxisreif weiterentwickelt. Aus Tierschutzgründen erfolgt die Behandlung eines Eis nur bis zum 14. Tag der Eientwicklung (Bebrütungsdauer). Mithilfe einer mobilen Durchleuchtungsstation ("Schierkasten") wird das Entwicklungsstadium des Eis festgestellt. Je Gelege bleiben stets mindestens zwei Eier unbehandelt, damit für die Elterntiere ein normales Brut- und Aufzuchtverhalten weiterhin möglich ist und um nicht gewollte Nachbruten möglichst zu verhindern.
Die Maßnahme ist je nach Vorkommen der Arten auf Graugänse (Anser anser, Brutzeit März/April) und/oder Kanadagänse (Branta canadensis, Brutzeit April/Mai) abgestimmt. Aufgefundene Gelege der als invasive Art eingestuften Nilgans (Alopochen aegyptiaca, Brutzeit variabel) werden in allen Gebieten mitbehandelt.

Ergebnisse des Vorgängerprojekts

Säulendiagramm: Anzahl der Eier und der geschlüpften Gössel.Zoombild vorhanden

Anzahl der Eier und der geschlüpften Gössel

In den zwei Forschungsprojekten "Gelegebehandlung bei Wildgänsen" (2016 bis 2018) und "Gelegebehandlung II – Überführung in die Praxis" (2019, laufend) wurde die Wirksamkeit, Umsetzbarkeit und Effizienz dieser Maßnahme in der Praxis untersucht.

Folgende wichtige Ergebnisse lassen sich nennen:

  • Wirksamkeit
    Die mittleren Familiengrößen in Gebieten mit Gelegebehandlung waren gegenüber den Familiengrößen in unbehandelten Gebieten um 2,4 bis 3 Gössel (Jungtiere) pro Familie verringert (Auswertung Wildkameradaten).
  • Umsetzbarkeit
    Es wurde eine den Tierschutzvorgaben entsprechende Behandlungsmethode durch Bestimmung des Entwicklungsstadiums (Durchleuchten mittels Schierkasten) und Anstechen der Eier entwickelt und praktisch etabliert.
  • Effizienz
    Die Maßnahme ist sehr effizient, wenn sie in Gebieten bzw. auf Brutflächen mit hohen Brutdichten angewendet wird.

Aktuelles Projekt

Eine Kanadagans bewacht und verteidigt ihr Nest.Zoombild vorhanden

Eine Kanadagans bewacht und verteidigt ihr Nest.

Im aktuell laufenden Projekt "Gelegebehandlung II – Überführung in die Praxis" wird neben der Weiterentwicklung der Methode die Gelegebehandlung in die bayernweite Praxis überführt. Wichtige Schritte für eine breite Umsetzung sind die bereits erfolgte Änderung des Jagdrechts und die laufenden Schulungen von Gelegebe­handlerinnen und Gelegebehandlern (siehe oben). Als Übergangsschritt in die eigenständige Umsetzung auf lokaler Ebene wurde die Gelegebehandlung von der LfL organisiert und gemeinsam mit lokaler Unterstützung durchgeführt.

Untersuchungsgebiete

Übersichtskarte (Bayern) der Gebiete mit Gelegebehandlung.Zoombild vorhanden

Übersichtskarte der Gebiete mit Gelegebehandlung

Projektgebiete waren verschiedene bayerische Regionen mit Wildgänsekonflikten: Entlang des Maintals in den Landkreisen Bamberg und Haßfurt, im Raum Altmühlsee, im Donautal Raum Straubing und im Stadtgebiet Nürnberg.

Ansprechpartner

Christian Wagner
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau
Lange Point 12
85354 Freising
Tel.: +49 8161 8640-5798
E-Mail: Wildtiere@LfL.bayern.de

Betreute Abschlussarbeiten
  • Hammerling, F. (2017). – Evaluierung der Gelegebehandlung von Wildgänsen (Anser anser, Branta canadensis) in Bayern. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät für Wald und Forstwirtschaft, 47 S.
  • Neumann, P. (2018). – Auswirkung der Gelegebehandlung auf den Brutverlauf bei Kanadagänsen. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Wald und Forstwirtschaft, 68 S.
  • Rader, M. (2018). – Evaluierung der Gelegebehandlug durch eine Bruterfolgskontrolle (Populationszählung) der Wildgänse am Main zwischen Haßfurt und Bamberg. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Wald und Forstwirtschaft, 46 S.
  • Schlosser, R. (2021). – Einfluss der Gelegebehandlung auf Brutverlauf und Familiengrößen bei Grau- und Kanadagänsen in Bayern. – Masterarbeit Universität für Bodenkultur, Wien, 59 S
  • Schönamsgruber, S. (2017). – Nistplatzpräferenzen von Wildgänsen (Anser anser, Branta canadensis, Alopochen aegypitaca) in Bayern. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Wald und Forstwirtschaft, 97 S.
  • Vranjkovic, A. (2017). – Evaluierung der Gelegebehandlung von Kanada- (Branta canadensis) und Nilgans (Alopochen aegyptiacus) im Maintal. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Wald und Forstwirtschaft, 62 S.
  • Wolf, C. (2017). – Störungswirkung der Gelegebehandlung bei Wildgänsen und Gründe für einen Brutabbruch. – Bachelorarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät für Wald und Forstwirtschaft, 87 S.