Bayerns Streuobstsorten
Streuobstsorten-Ausstellung im Allgäu, z. B. Sorte "Pfaffenhofer Schmelzling"
Auf der Suche nach fast verlorenen Schätzen
Die EU-Richtlinie 2008/90/EG sieht vor, dass künftig nur noch Pflanzensorten verkauft werden dürfen, die amtlich registriert worden sind.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt von LfL und LWG wurden in den Jahren 2012 bis 2015 möglichst viele Sorten erfasst, die in den Streuobstbeständen Bayerns vorgekommen bzw. heute noch vorhanden sind.
Mittlerweile sind 5089 Streuobst- und Obstsorten in Listen erfasst und an das Bundessortenamt zur Registrierung gemeldet.
Die EU-Richtlinie über das "Inverkehrbringen von Vermehrungsmaterial und Pflanzen von Obstarten zur Fruchterzeugung" (RL 2008/90/EG) regelt den Handel und Verkauf von Obstgehölzen neu. Bis zum 30. September 2012 waren die Mitgliedstaaten aufgefordert, alle Obstsorten, die nach dem Stichtag im Baumschulhandel bleiben sollten, zu registrieren. In Zukunft dürfen Baumschulen voraussichtlich nur noch Sorten anbieten, die amtlich registriert bzw. beschrieben oder die sortenrechtlich geschützt sind.
Ziel der RL 2008/90/EG sowie der Bundesverordnung über das Inverkehrbringen von Anbaumaterial von Gemüse-, Obst- und Zierpflanzenarten (AGOZV) ist es, die Bereitstellung von gesundem und qualitativ hochwertigem Vermehrungsmaterial für Pflanzen jeder Art sicherzustellen.
Diese Liste ist noch nicht vollständig und wird weiter ergänzt.
Entsprechend dem Ziel dieser Arbeit, der Erstellung einer Gesamtliste bayerischer Streuobstsorten, erfolgte die Recherche in zwei Richtungen:
Auswertung von 50 Literaturquellen und Baumschulkatalogen aus den Jahren 1776 bis 2014
Bevorzugt waren darunter bayerische Quellen zur Pomologie. Allerdings existierte bereits im 19. Jahrhundert ein intensiver nationaler und internationaler Austausch von Sorten, so dass viele Sortenwerke für ganz Mitteleuropa Bedeutung haben. Regionsspezifische Quellen gibt es nur wenige.
Literaturquellen der Obstsortenerfassung
Auswertung aktuell verfügbarer Daten der bayerischen Landkreise aufgrund von Meldungen der Kreisfachberater, Landschaftspflegeverbänden und Pomologen sowie Daten aktueller Kartierungsergebnisse
In einem zweiten Schritt ging diese Sortenliste an die bayerischen Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, die Landschaftspflegeverbände sowie an eine Reihe weiterer bekannter Sortenexperten zur Prüfung und Ergänzung. Zum einen sollten diese Sortenexperten zurückmelden, welche Sorten in ihrem Landkreis sicher oder vermutlich noch vorhanden sind. Zum zweiten waren sie aufgefordert, weitere ihnen bekannte Sorten nachzumelden, die angegebenen Sortennamen zu prüfen.
Die pomologische Bearbeitung übernahm der Pomologe Wolfgang Subal.
Bis Ende 2015 wurden insgesamt 5089 historisch nachgewiesene und aktuell vorkommende Obstsorten aus neun Obstarten erfasst.
Die Apfelsorten stellen mit 2292 Sorten den größten Anteil. Obwohl Birnen im Streuobst nur 10 bis 20 Prozent der Bäume stellen, ist hier die Anzahl der Sorten mit 1658 vergleichsweise hoch. Kirschen mit 454 und Pflaumen/Zwetschgen mit 405 Sorten stellen ebenfalls wichtige Gruppen für die Sortenerhaltung dar. Bei Quitten wurden 92 Sorten erfasst. Die Obstarten Mispel, Aprikose und Pfirsich wurden am Rande mit erfasst, sind aber im Streuobstbau völlig unbedeutend. Eine Sortendifferenzierung bei Walnuss spielt in der Pomologie kaum eine Rolle.
Ergebnisse der Streuobst-Sortenerfassung, Stand Dezember 2015Art | Sortenzahl | Meldungen aktuell | in % |
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Apfel | 2292 | 647 | 28 |
Birne | 1658 | 285 | 17 |
Quitte | 92 | 53 | 58 |
Pflaume / Zwetschge | 405 | 62 | 15 |
Kirsche | 454 | 85 | 19 |
Pfirsich | 137 | 6 | 4 |
Aprikose | 19 | 3 | 16 |
Mispel | 4 | ? | ? |
Walnuss | 28 | 11 | 39 |
Gesamt | 5089 | 1152 | 23 |
Aktuell vorhandene Sorten in Bayern
Quelle: BVV-geodaten.bayern.de, Esri, TomTom, Garmin, FAO, METI/NASA, USGS | Esri, USGS
Es wurden insgesamt 1152 Obstsorten genannt, die aktuell in (mindestens) einem der 61 ausgewerteten Landkreise bzw. kreisfreien Städte vorkommen.
Die meisten Sortenmeldungen kamen aus dem Landkreis Regensburg (445), gefolgt von Erlangen-Höchstadt (398), Cham (358) und Rosenheim (326).
Sie können hier die Gesamtanzahl aller gemeldeten Sorten oder separat für die jeweilige Obstart abrufen.
Gesamtanzahl gemeldeter Sorten und Gesamtanzahl pro Obstart in den Landkreisen
Am häufigsten zurückgemeldet wurden bei Apfel die Sorten Gravensteiner, Jakob Fischer, Jakob Lebel und Schöner aus Boskoop, bei Birne Köstliche aus Charneux, Alexander Lucas und Gute Graue.
Die 20 am häufigsten zurückgemeldeten Apfel- und Birnensorten aus 61 Landkreisen bzw. kreisfreien StädtenÄpfel | Anzahl | Birnen | Anzahl |
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Grafensteiner | 57 | Köstliche aus Charneux | 50 |
Jakob Fischer | 55 | Alexander Lucas | 49 |
Jakob Lebel | 55 | Gute Graue | 47 |
Schöner aus Boskoop | 55 | Doppelte Philippsbirne | 44 |
Brettacher | 54 | Gellerts Butterbirne | 44 |
Welschisner | 54 | Gräfin von Paris | 44 |
Kaiser Wilhelm | 53 | Gute Luise von Avranches | 44 |
Weißer Klarapfel | 53 | Oberösterreichische Weinbirne | 43 |
Landsberger renette | 53 | Clapps Liebling | 42 |
Wintergoldparmäne | 53 | Conference | 41 |
Rheinischer Winterrambur | 52 | Neue Poiteau | 40 |
Roter Boskoop | 52 | Williams Christbirne | 40 |
Ontario | 51 | Madame Verte | 38 |
Roter Eiserapfel | 51 | Mollebusch | 38 |
Grahams Jubiläumsapfel | 50 | Pastorenbirne | 36 |
Danziger Kantapfel | 49 | Schweizer Wasserbirne | 36 |
Ingrid Marie | 49 | Boscs Flaschenbirne | 33 |
Transparent aus Croncels | 48 | Clairgeaus Butterbirne | 33 |
Schöner aus Wiltshire | 48 | Prinzessin Marianne | 32 |
Lohrer Rambur | 48 | Stuttgarter Geißhirtle | 32 |
Abfrage der aktuell vorhandenen Sorten in Bayern
Quelle: BVV-geodaten.bayern.de Esri
Bisher gab es keinen Überblick über das aktuelle Vorkommen der Streuobstsorten in Bayern. Mit den Meldungen aus den Landkreisen ergibt sich ein erster, noch unvollständiger Eindruck über die Verbreitungssituation. In der interaktiven Karte können Sie sich die Landkreismeldungen für jede aktuell vorkommende Sorte anzeigen lassen.
Interaktive Karte – Streuobstsorten: Vorkommen nach Landkreisen
Verwendung der Karte und Hinweise zu den Sorten
- Im Auswahlmenü auf der rechten Seite unter "Sortenabfrage" können Sie die gewünschte Obstart und dann die gesuchte Obstsorte entweder eingeben oder im Dopdown-Menü auswählen.
- Nachdem Sie durch Drücken der Taste "Übernehmen" rechts unten die Auswahl bestätigt haben, erscheint die Sortenverbreitung in Bayern im Kartenausschnitt mit einer Ergebnisliste rechts unter "Sortenabfrage" und der Legende auf der linken Seite.
- Mit dem Wechsel auf den Reiter "Auswahl" im Auswahlmenü unter "Sortenabfrage" können Sie weitere Sorten recherchieren.
- Die Größe des Kartenausschnitts verändern Sie durch Bewegen des Mausrads oder den Gebrauch der Symbole "+" und "-".
- Den Kartenausschnitt verschieben Sie mit gedrückter linker Maustaste auf dem Kartenfenster.
- Die Karte zeigt Erfassungs- bzw. Meldeergebnisse. Es handelt sich nicht um Sortenempfehlungen.
- Ein Teil der angegebenen Sorten sind nur noch in speziellen Baumschulen zu erhalten oder gar nicht mehr verfügbar.
Sortenlisten für Landkreise und Regierungsbezirke
Foto: LfL
Zusätzlich zur Übersicht über die einzelnen Sorten können Sie sich eine Liste der aktuell vorkommenden Sorten zu einem oder mehreren Landkreisen oder Regierungsbezirken erstellen und herunterladen.
Sortenlisten für Landkreise und Regierungsbezirke
Hinweise zur Sortenliste
- Über die Auswahlfenster rechts oben "Regierungsbezirke auswählen", "Landkreise auswählen" und "Obstart auswählen" können Sie sich Sortenlisten zu einem bis alle Regierungsbezirke, für einzelne Landkreise bis alle Landkreise und zu einer einzelnen Obstart oder allen verfügbaren Obstarten in der gewünschten Konstellation zusammenstellen und anzeigen lassen.
- Über den Download-Button unten links können die Listen als .csv-Datei heruntergeladen werden.
- Die Liste zeigt Erfassungs- bzw. Meldeergebnisse. Es handelt sich nicht um Sortenempfehlungen.
- Ein Teil der angegebenen Sorten ist nur noch in speziellen Baumschulen zu erhalten oder gar nicht mehr verfügbar.
Lokalsorten
Lokalsorten
Zoombild vorhanden
Wiederentdeckte Lokalsorte "Röhrlesbirne" aus dem Landkreis Würzburg
Foto: W. Subal
Aufgrund von regional unterschiedlichen Bezeichnungen derselben Obstsorte – auch in der Sortenliteratur – ist es ohne pomologische Überprüfung schwierig, Lokalsorten zu determinieren.
Insgesamt konnten 184 Lokalsorten erfasst werden, davon 147 als sichere, 32 als fragliche und 5 als partielle* Lokalsorten.
Als Beispiele seien genannt: Allgäuer Kalvill, Bernrieder Stingel, Bamberger Kugelbirne, Deggendorfer Frauenapfel, Kitzinger Taubenapfel und Großwallstädter Rosenapfel.
* Das Vorkommen partieller Lokalsorten erstreckt sich auch auf benachbarte Bundesländer.
Obstart | Lokalsorte Bayern | Lokalsorte partiell | Lokalsorte fraglich | Gesamt |
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Apfel | 91 | 4 | 17 | 112 |
Birne | 48 | 1 | 13 | 62 |
Kirsche | 5 | - | 1 | 6 |
Mispel | - | - | - | - |
Aprikose | - | - | - | - |
Pfirsich | - | - | - | - |
Quitte | 1 | - | - | 1 |
Walnuss | - | - | - | - |
Zwetschge | 2 | - | 1 | 3 |
Gesamt | 147 | 5 | 32 | 184 |
Abfrage der aktuell vorhandenen Lokalsorten in Bayern
Quelle: Esri, HERE, Garmin, FAO, USGS
Über das Sortenprojekt wurden auch Sorten mit einem eingeschränkten Verbreitungsgebiet, sogenannte Lokalsorten, erfasst. Hier können Sie zu den Lokalsorten und ihren Verbreitungsgebieten in Bayern recherchieren.
Abfrage der aktuell vorhandenen Lokalsorten in Bayern
Verwendung der Karte und Hinweise zu den Sorten
- Im Auswahlmenü auf der rechten Seite unter "Lokalsortenabfrage" können Sie die gewünschte Obstart und dann die gesuchte Lokalsorte entweder eingeben oder im Dropdown-Menü auswählen.
- Nachdem Sie durch Drücken der Taste "Übernehmen" rechts unten die Auswahl bestätigt haben, erscheint die Sortenverbreitung in Bayern im Kartenausschnitt mit einer Ergebnisliste rechts unter "Sortenabfrage" und der Legende auf der linken Seite.
- Mit dem Wechsel auf den Reiter "Auswahl" im Auswahlmenü unter "Sortenabfrage" können Sie weitere Lokalsorten recherchieren.
- Die Größe des Kartenausschnitts verändern Sie durch Bewegen des Mausrads oder den Gebrauch der Symbole "+" und "-". Den Kartenausschnitt verschieben Sie mit gedrückter linker Maustaste auf dem Kartenfenster.
- Die Liste zeigt Erfassungs- bzw. Meldeergebnisse. Es handelt sich nicht um Sortenempfehlungen.
- Ein Teil der angegebenen Sorten sind nur noch in speziellen Baumschulen zu erhalten oder gar nicht mehr verfügbar.
Bewertung der Ergebnisse
Die enorme Sortenvielfalt, die sich auf Grund der großen Bedeutung des Streuobstbaus für die Selbstversorgung der Bevölkerung entwickelt hat und Ende des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte, ist beeindruckend. Inwieweit die in historischen Quellen genannten Sorten wirklich eigenständige Sorten waren und nicht nur regional unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dieselbe Sorte, lässt sich im Nachhinein oft nicht mehr prüfen. Der daraus resultierende Fehler liegt nach Einschätzung des projektbearbeitenden Pomologen bei unter 3 Prozent der Sortenzahl.
Fachartikel "Erfassung der Bayerischen Streuobstsorten"– Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG)
Anforderung der Sortenliste
Aufgrund ihres Umfangs und der spezifischen Sorteninformationen richten sich die Listen in erster Linie an Sortenkenner.
E-Mail: streuobst@LfL.bayern.de