Vegetation und Pflanzendiversität
Ergebnisorientierte Honorierung im Grünland
Extensives Grünland gilt als Schlüsselhabitat für die Erhaltung von Biodiversität in Mitteleuropa. In den vergangenen Jahrzehnten gab es im Wirtschaftsgrünland größere Veränderungen in der Bewirtschaftungsweise, die die Artenvielfalt vermindert haben.
Jetzt steht die Landwirtschaft in der Verantwortung, einen Beitrag zur Trendumkehr zu leisten. Ein wichtiges Instrument dazu sind die Agrar-Umweltmaßnahmen (AUM), die von der EU schon seit über 20 Jahren ko-finanziert werden. Bei diesen Maßnahmen gibt es wiederum mehrere Strategien, wie Leistungen seitens der Landwirte umgesetzt und honoriert werden können.
Die traditionelle Methode sieht vor, den Landwirt für einen entgangenen Nutzen zu entschädigen, der ihm z. B. aufgrund eines verringerten Einsatzes von Betriebsmitteln (Düngung, Pflanzenschutzmittel) oder später Mahd entstanden ist. Bei der alternativen Methode wird dagegen die Erhaltung der Biodiversität (z. B. von Gefäßpflanzen-Arten) direkt entlohnt, wobei die Art und Weise, wie der Landwirt das Ziel erreicht, ihm selbst überlassen bleiben. Letztere Variante wird seit ca. 10 Jahren in Baden-Württemberg und in der Schweiz angewandt, danach folgten andere deutsche Bundesländer mit vergleichbaren Ansätzen. Die ergebnisorientierte Honorierung wird wegen der klaren Zielvorgaben und Erfolgskontrollen auch vom EU-Rechnungshof positiv bewertet.
Ergebnisorientierte Honorierung in Bayern
Seit der Förderperiode 2015 bis 2020 kann auch in Bayern eine ergebnisorientierte Honorierung für artenreiches Grünland im Rahmen des KULAP – und mit einer höheren Artenzahl im VNP – beantragt werden. Um das Ergebnis ‚artenreiches Grünland‘ auch für botanische Laien bestimmbar zu machen, wird hier das Prinzip der Indikatoren, das auch in anderen Bereichen Anwendung findet, verwendet. Indikatoren sind gut erkennbare Zeiger für sonst nur mit großem Aufwand messbare Größen. Pflanzenarten, die vor allem in artenreichem Grünland vorkommen, eignen sich als Zeiger (Indikator) für artenreiches Wirtschaftsgrünland.
Ergebnisorientierte Grünlandnutzung: B40 – H30
Für Bayern wurde eine Liste von 34 Kennarten bzw. Kennartengruppen zusammengestellt. Neben der Eigenschaft, auf artenreichem Grünland vorzukommen, sollten die Kennarten während der Blütezeit auffällig und leicht erkennbar sein, so dass auch ein Laie die in der Fläche vorkommenden Arten in einem farbigen Katalog finden kann. Eine Broschüre stellt die Kennarten in kurzen Porträts und Fotos vor. Aufgabe des Landwirtes ist es, den Artenreichtum eigenverantwortlich durch eine geeignete Bewirtschaftung über die gesamte Förderperiode zu gewährleisten. Die Erfassung der Kennarten erfolgt durch den Bewirtschafter entlang der längstmöglichen Geraden durch den Schlag (siehe Abbildung), dies ist z. B. bei rechteckigen Flächen eine der beiden Diagonalen. Da der Randbereich eines Schlages häufig eine untypische Pflanzenzusammensetzung aufweist, geht man zuerst ca. fünf Meter in die Fläche hinein. Die Erfassungslinie wird nach Augenmaß in zwei gleich lange Abschnitte unterteilt und die Kennarten für beide Abschnitte getrennt erfasst. Beim Durchqueren der Fläche sollte man mehrmals stehen bleiben und alle Arten der Kennartenliste, die in einem etwa 2 m breiten Streifen entlang der Geraden (Bereich der seitwärts ausgestreckten Arme) vorkommen, vermerken.
Kennarten
Bei einigen Kennarten sind mehrere ähnliche Arten einer Gattung (z. B. Glockenblume) oder bei den Skabiosen, Witwenblumen und Teufelsabbiss auch sehr ähnliche Gattungen zu einer Artengruppe zusammengefasst. Hier kommt es nicht darauf an, welche der Arten genau gefunden wird. Jede Artengruppe kann allerdings nur einmal gezählt werden, auch wenn mehrere Arten der Gruppe vorkommen. Zur Bewertung der Fläche werden die gefundenen Kennarten je Abschnitt gezählt. Um eine Förderung zu erhalten müssen in jedem der beiden Abschnitte der jeweiligen Grünland-Fläche vier (KULAP) bzw. sechs (VNP) Arten der Kennartenliste vorkommen. Am einfachsten lassen sich die Pflanzenarten zur Blütezeit identifizieren. Je nach Witterung und Höhenlage ist der Zeitraum von Anfang Mai bis Mitte Juni vor dem ersten Schnitt besonders günstig, um viele Arten blühend anzutreffen. Der günstigste Termin ist bei trockenen und frischen Wiesen die Blütezeit der Margerite, bei feuchten Flächen die Blütezeit der Kuckucks-Lichtnelke. Einige Arten, wie z. B. die Schlüsselblume, blühen auch schon früher, wenige auch erst später zum ersten Mal. Deshalb kann der Schlag mehrmalig zu unterschiedlichen Jahreszeiten begangen und die Arten ergänzt werden.
Workshop an der LfL
Zur Vorbereitung der Agrarumweltmaßnehme wurde im November 2011 in Freising ein Workshop zum Thema ‚Erfolgsorientierte Honorierung im Grünland – Erfahrungen aus der Praxis‘ durchgeführt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Institut für Agrarökologie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). Die mit 70 Teilnehmern sehr gut besuchte Veranstaltung hatte als Ziel, Erfahrungen aus der Praxis verschiedener Bundesländer auszutauschen und Möglichkeiten der Einführung einer ergebnisorientierten AUM in Bayern zu diskutieren.
In zwei einführenden Übersichts-Referaten berichteten Dr. Thomas Schmidt (von-Thünen-Institut, Braunschweig) und Dr. Rainer Oppermann (Institut für Agrarökologie und Biodiversität, Mannheim) über grundlegende Rahmenbedingungen der ergebnisorientierten Honorierung, über Vergleiche mit anderen Auszahlungsmodalitäten und die aktuellen Entwicklungen in Deutschland.
Anschließend stellten Dr. Hans Hochberg (Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft), Annette Most (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) und Horst Glemser (Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg) die Ein- und Durchführung dieser Agrarumwelt-Maßnahme in ihren jeweiligen Bundesländern ausführlich vor. Die Förderung beträgt zwischen 60 und 275 € pro Hektar, wobei allerdings die Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich sind. Zum einen hat die Kombinierbarkeit mit anderen AUM einen wesentlichen Einfluss auf die Förderhöhe, zum anderen sind die zusätzlich verlangten Leistungen unterschiedlich: Sie reichen von der Führung einer Schlagkartei bis hin zur flächenindividuellen Begutachtung und Planung mithilfe von Sachbearbeitern der Genehmigungs-Behörde.
In zwei Diskussionsblöcken konnten die Workshop-Teilnehmer ihre Erfahrungen, Meinungen und Befürchtungen einbringen und besprechen. Insbesondere die Festlegung und Berechnung der Prämienhöhe wurde stark diskutiert. Zudem wurde deutlich, dass es kein Patentrezept für die Konzeption einer solchen Maßnahme und die Lösung von praktischen Problemen z.B. in Bezug auf die Kontrolle geben kann, weil die Ausgangssituationen in den Bundesländern doch sehr unterschiedlich sind.
Demonstration der Vorgehensweise bei der erfolgsorientierten Honorierung im Gelände vor Vetretern des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 26.5.2011 im Freisinger Moos (Foto: Dr. H. Volz)
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