Versuchsergebnisse zur Bewirtschaftungsintensität von Grünland
Intensivierung der Grünlandnutzung in Nordbayern
von Dr. Michael Diepolder, Sven Raschbacher

Erste Auswertungen eines Grünland-Exaktversuchs auf einem Wiesenfuchsschwanz-Standort im Landkreis Bayreuth zeigten bei den sieben geprüften Varianten im dreijährigen Mittel (2004 - 2006) eine Spannweite des Bruttoertrages von 68 bis 104 dt Trockenmasse (TM) pro Hektar und Jahr. Davon fielen 44 - 51 % des gesamten Jahresertrages auf den ersten Schnitt.

Bei den Parzellen mit vier Nutzungen pro Jahr erreichte der letzte Aufwuchs nur Ertragsanteile von max. 11 %. Die Variation von (mineralischer) N-Düngung und Schnitthäufigkeit hatte Auswirkungen auf die botanische Zusammensetzung des Pflanzenbestandes. Hingegen deutete sich bislang nur ein geringfügiger Einfluss einer gesteigerten N-Düngung auf die analytisch messbare Futterqualität der Aufwüchse an, wobei die Ergebnisse auch in Hinblick auf die Artenzusammensetzung diskutiert werden müssen. Im Versuch wurden im bisherigen Mittel die von der leistungsorientierten Milchviehfütterung gewünschten hohen analytischen Qualitätsparameter kaum erreicht. So lag z. B. der Energiegehalt im getrockneten Grüngut meist unter 6,0 MJ NEL/kg TM.

Einleitung

Bekannt ist, dass hohe Futterqualitäten vom Grünland eine intensive Nutzung erfordern. Dies ist in Gunstlagen des Grünlandes (Südbayern) mit ausreichender Wasserverfügbarkeit, hohem Anteil an Deutschem Weidelgras und entsprechender Düngung auch möglich. Bei Grünlandbeständen im nordbayerischen Raum, die aufgrund klimatischer Gegebenheiten und Bestandszusammensetzung häufig ungünstigere Voraussetzungen aufweisen, stellt sich jedoch die Frage einer nachhaltig optimalen Bewirtschaftungsintensität (Nutzung und Düngung) ganz besonders.
Versuche dazu gibt es in diesem Raum allerdings nur wenige. Zur notwendigen Erweiterung von datengestützten regionalen Beratungsgrundlagen wurde daher vor einigen Jahren von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in enger Zusammenarbeit mit dem staatlichen Versuchswesen vor Ort eine Versuchsserie gestartet, die bis mindestens 2010 laufen soll. Nachfolgend werden erste, dreijährige Ergebnisse des oberfränkischen Standortes Aichig vorgestellt. Die zwei weiteren Versuche dieser Serie stehen im Raum Cham und Neuburg a. d. Donau. Über deren Ergebnisse wird zu gegebener Zeit in Schule und Beratung berichtet werden.

Standort und Varianten

Der Standort Aichig befindet sich in der Nähe von Bayreuth. Er liegt 360 m über NN, weist 680 mm mittleren Niederschlag und eine Jahresdurchschnittstemperatur von 7,5 °C auf. Ausgangsgestein ist Keuper/Muschelkalk. Als Bodentyp liegt Braunerde vor, bei schluffigem Sand als Bodenart.
Vom Amt für Landwirtschaft und Forsten (SG 2.1 P) wurde innerhalb der Grünlandfläche eines Milchviehbetriebes ein Exaktversuch mit sieben Varianten in vierfacher Wiederholung angelegt. Die sieben Varianten unterscheiden sich sowohl durch die Anzahl der Schnitte pro Jahr als auch durch die Höhe der N-Düngung ( siehe Tabelle 1 ). Allen Varianten gemeinsam ist, dass der erste Aufwuchs im dargestellten Versuchszeitraum zum gleichen Zeitpunkt geerntet wurde.
Bei der Interpretation der Ergebnisse sei darauf hingewiesen, dass aus technischen Gründen der Exaktversuch in Aichig rein mineralisch gedüngt werden musste. (Bei den Parallelversuchen konnten bei vorhandener Versuchstechnik auch Güllevarianten geprüft werden.) Ebenfalls erfolgte der erste Schnitt in Aichig zwar ziemlich zeitgleich mit dem Praxisschlag, wobei aber 2004-2006 in der Region zum Teil spätere Erntetermine wegen Nässe zu verzeichnen waren.

Ergebnisse und Diskussion

Zu den Erläuterungen finden Sie hier die Tabellen:

Ergebnisse im Detail

Ertrag

Das im dreijährigen Mittel erzielte Ertragsniveau lag bei drei Schnitten und N-Düngung (Var. 2 - 4) zwischen 74 und 101 dt Trockenmasse pro Hektar und Jahr. Die Werte sind als Bruttoerträge bei verlustfreier Ernte zu verstehen. Davon erreichte der erste Aufwuchs die Hälfte des gesamten Jahresertrages (siehe Tabelle 2). Bei viermaliger Nutzung wurden im Versuch Erträge von 76 bis 104 dt TM/ha erzielt. Dabei hatte der vierte Aufwuchs jedoch nur Ertragsanteile von maximal 11 % des Jahresertrags. Damit wäre in der Praxis dieser 4. Schnitt „teuer erkauft" gewesen und ist als reiner „Pflegeschnitt" zu werten.
Bereits ohne N-Düngung, jedoch guter PK-Versorgung und hohem Kleebesatz (siehe Tabelle 1, Var. 1 ) konnten 68 dt TM/ha geerntet werden. Dies ist ein Hinweis, dass die natürlichen Standortbedingungen (Boden und Nährstoffnachlieferung) in Aichig als günstig zu beurteilen sind. Steigende N-Düngung verdrängte den Klee zunehmend aus dem Bestand (siehe auch Bestandszusammensetzung). Damit wurde letztendlich „Stickstoff durch Klee aus der Luft" durch mineralischen Stickstoff ersetzt. Dies mag auch erklären, wieso bisher Variante 2 gegenüber Variante 1 kaum einen Ertragszuwachs erzielte.
Ebenfalls nur wenig ertragswirksam war im Vergleich der Dreischnittvarianten (siehe Tabelle 1, Var. 2 und 3) die Stickstoffgabe Ende Mai, also in einer Phase, wo in Franken häufig Vorsommertrockenheit auftritt. Vergleichsweise gut umgesetzt wurde hingegen die N-Gabe zum dritten Aufwuchs, der bei den Dreischnittvarianten rund ein Viertel des Jahresertrags ausmachte.
Sowohl der Vergleich von Variante 3 und 4 als auch der von Variante 5, 6 und 7 deutet an, dass in erster Linie eine ausreichende N-Versorgung im Frühjahr zum ersten Aufwuchs, jedoch auch (abgeschwächt) eine solche im Zeitraum August bis September von Vorteil war.
Hingewiesen sei noch darauf, dass sowohl Variante 3 als auch Variante 7 in der N-Düngung bewusst sehr hoch im Versuch angesetzt wurden und keine Düngungsempfehlung für die Praxis darstellen. Diese wäre unter oberfränkischen Verhältnissen bei reinen Dreischnittwiesen im Bereich von ca. 90 - 120 kg N/ha und bei Drei- bis Vierschnittwiesen um die 150 kg N/ha und Jahr anzusetzen.

Futterqualität der Aufwüchse

Tabelle 2 zeigt, dass mit dem im Versuch gewählten Nutzungs- und Düngungsregime die in der leistungsbetonten Milchviehfütterung gewünschten Energiegehalte von deutlich über 6,0 MJ NEL pro kg TM – mit Ausnahme des ertragsarmen vierten Aufwuchses – bislang nicht erreicht wurden. Der Grund dafür ist in dem relativ spät genommenen ersten Schnitt zu sehen, liegt aber auch in der Natur der Zusammensetzung des Grünlands. Die obergrasreichen Bestände (in den Versuchsparzellen Wiesenfuchsschwanz und Glatthafer) bildeten gerade beim ersten Aufwuchs schnell Rohfaser. Damit wurden Rohfasergehalte von teilweise bis zu 34 % im ersten Aufwuchs erreicht (siehe Tabelle 3). Bei den Dreischnittvarianten erzielten auch die Folgeaufwüchse mit Standzeiten von ca. zwei Monaten Rohfasergehalte von ca. 27 - 30 %.
Bei den Vierschnittvarianten lagen diese bei um ca. zwei Wochen verkürzten Nutzungsintervallen beim zweiten Schnitt etwas niedriger (ca. 26 - 28 % RF), wobei ein sehr hohes N-Niveau (Vgl. 7) den Rohfasergehalt erhöhte. Erwartungsgemäß lag der Rohfasergehalt beim letzten ca. sieben Wochen alten vierten Aufwuchs mit 22 - 23 % vergleichsweise niedrig und in einem optimalen Bereich.
Die Rohproteingehalte lagen im ersten Aufwuchs mit ca. 10 % sehr niedrig, die Höhe der N-Düngung blieb dabei ohne Einfluss. Da die Entwicklung des Rohfaser- und Rohproteingehalts im Zeitverlauf grundsätzlich gegenläufig reagiert, können die niedrigen Konzentrationen gut mit dem obergrasbetonten, rohfaserreichen Bestand erklärt werden.
Angestrebt werden im Grünlandfutter Rohproteingehalte im Bereich von ca. 15 - 18 %. Diese Größenordnung wurde nur bei den Vierschnittvarianten beim dritten und vierten Aufwuchs teilweise erreicht.
Der Vergleich identisch gedüngter Parzellen (Var. 3 und 5 bzw. Var. 4 und 6) zeigt, dass das Schnittregime deutlichen Einfluss auf den Rohfaser- und Rohproteingehalt hatte. Eine Erhöhung der N-Düngung von 70 - 80 kg N/ha und Jahr (Vergleich: Var. 3 und 4 bzw. 5 und 6) ließ dagegen den Rohproteingehalt um maximal 1,8 % in der TS des zweiten und dritten Schnittes ansteigen.
Interessant ist der Vergleich von Variante 1 mit den Varianten 2 und 3. Bei fehlender Stickstoffversorgung aus Mineraldünger (Var. 1) wurden beim zweiten und dritten Schnitt die höchsten Rohproteingehalte erzielt (siehe Tabelle 3). Dies ist nicht nur auf einen „Verdünnungseffekt" (Proteinabnahme bei Ertragszuwachs) sondern wohl in erster Linie auch darauf zurückzuführen, dass in den mineralischen N-Varianten der Klee mit zunehmendem Mineraldüngereinsatz verdrängt wurde und damit der Rohproteingehalt im Futter sank.

Bestandszusammensetzung

Leitgras in Aichig war der Wiesenfuchsschwanz (siehe Tabelle 4), typisch für viele oberfränkische Grünlandbestände. Der Glatthafer, dankbar für höhere Düngung, jedoch empfindlich bei intensiver Nutzung, erreichte im Mittel der Jahre nur bei den intensiver gedüngten Dreischnittvarianten höhere Anteile. Als wertvolles Untergras erreichte auch die vielschnittverträgliche Wiesenrispe höhere Anteile, während Deutsches Weidelgras auf dem Standort nur eine völlig untergeordnete Rolle spielte. Auffallend waren das höhere Auftreten an Gräsern mit nur mittlerem (Rotschwingel) oder geringem (Ruchgras, Wolliges Honiggras) Futterwert, vor allem bei niedrigerem N-Niveau (Var. 1, 2, 3, 5).
Generell reagierte die Artengruppe der Gräser, insbesondere der den Bestand prägende Wiesenfuchsschwanz dankbar auf zunehmende N-Düngung. Gegenläufig verhielten sich die Kleearten. Der lichtbedürftige Weißklee erreichte in dem obergrasreichen Bestand in Aichig nur geringe Ertragsanteile im ersten Aufwuchs.
Auf den Parzellen wurden im Mittel der Jahre zwischen 22 und 28 Pflanzenarten gezählt. Die Artenvielfalt lag deutlich über der von südbayerischen Grünlandversuchen mit 4 - 5 Schnitten und ist typisch für mittelintensiv genutztes Grünland.
Zwischen den einzelnen Jahren war bei den Bestandsaufnahmen im ersten Aufwuchs eine ausgeprägte Dynamik in den Pflanzenbeständen feststellbar – ein Hinweis dafür, dass der Landwirt sich möglichst jedes Jahr ein „Bild" über sein Grünland machen sollte. Nach dem Trockenjahr 2003 gewann im Frühjahr 2004 die Wiesenrispe deutlich an Ertragsanteil; dies war umso ausgeprägter je intensiver die Nutzung/Düngung war. Ebenfalls feststellbar war, dass bei allen Varianten der Anteil der Gräser im relativ trockenen Frühjahr 2007 zurückging und sich infolge dessen der Anteil der tiefer wurzelnden Kräuter erhöhte. Dabei waren die intensiven Varianten stärker betroffen als die weniger intensiven.

Bisheriges Fazit des Versuchs

Obergrasreiches Grünland erreicht bei praxisüblicher Nutzung nicht die Futterqualität von weidelgrasreichem Intensivgrünland. Für eine noch befriedigende Futterqualität ist allerdings ein rechtzeitiger erster Schnitt besonders wichtig. Daraus wird jedoch für die Region nicht generell die Empfehlung einer generellen Steigerung der Intensität auf vier Schnitte (soweit die Witterung dies überhaupt erlaubt) abgeleitet. Eine Erhöhung der Nutzungsintensität auf vier Schnitte ist in Franken nur dann möglich, wenn vielschnittverträgliche Gräser (Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe, Fuchsschwanz, Knaulgras) als Leitgräser im Bestand entweder in höheren Anteilen bereits vorhanden sind oder sich durch Nachsaat auch langfristig etablieren lassen.
Beim zweiten und dritten Schnitt wird meist nicht die Futterqualität wie beim ersten Schnitt erreicht. Ein vierter Aufwuchs ist von vergleichsweise guter Futterqualität, jedoch sehr ertragsschwach, somit häufig eher ein Pflegeschnitt um das Grünland nicht zu hoch in den Winter gehen zu lassen.
Kleeanteile im Bereich von 10 - 15 % sollten erhalten und gefördert werden (gute PK- und Kalk-Versorgung, verhaltener mineralischer N-Einsatz), da Klee nicht nur den Gräsern Stickstoff zur Verfügung stellt, sondern auch den Eiweißgehalt im Futter erhöht. Dreischnittwiesen mit Rotklee verlieren diesen bei einer Steigerung der Nutzungsintensität. Eine hohe mineralische N-Düngung drängt die Kleearten insgesamt zurück. Dies kann sich negativ auf die Futterqualität auswirken.
Auch durch hohe Stickstoffgaben im praxisüblichen Rahmen lässt sich die Futterqualität (Energie und Eiweiß) nur geringfügig steigern – entscheidend sind Pflanzenbestand und optimaler Erntetermin.
Die Versuchsergebnisse zeigen, dass die Düngerverteilung in Franken so erfolgen sollte, dass gerade dem ersten Aufwuchs im Frühjahr ausreichend Stickstoff zur Verfügung steht. Aus anderen Versuchsergebnissen der LfL geht dabei auch hervor, dass eine (moderate) Düngung im Herbst auch dem folgenden Aufwuchs im Frühjahr zugute kommt.

Danksagung

Den Autoren ist es ein Anliegen, den Kollegen am Amt für Landwirtschaft und Forsten Bayreuth für die Versuchsdurchführung und den fruchtbaren Dialog herzlich zu danken.