Versuchsergebnisse und Praxisbeobachtungen
Wirkung saurer und alkalischer Düngung im Dauergrünland Ergebnisse eines Dauerdüngungsversuchs
Die Ergebnisse eines Dauerdüngungsversuchs auf einer intensiv genutzten Weidelgraswiese im Allgäuer Alpenvorland ließen im 17jährigen Mittel trotz langjährig saurer und alkalischer Düngung bzw. unterschiedlicher P-Formen nur teilweise deutliche Auswirkungen auf bodenchemische Parameter und Pflanzeninhaltstoffe erkennen. Im Falle einer extrem sauren Düngung mit permanenter Zufuhr von Ammonsulfatsalpeter konnte auch durch periodische Kalkgaben die starke Versauerung des Bodens kaum aufgehalten werden. Bisher führten die unterschiedlichen Düngungsformen in diesem Versuch interessanterweise nur zu geringfügigen Veränderungen der botanischen Zusammensetzung und der Qualität der Pflanzenbestände. Nennenswerte Unterschiede beim Ertrag und bei der N-Aufnahme waren nicht gegeben. Die Ergebnisse werden in Zusammenhang mit Literaturangaben diskutiert.
Neben dem Standort und der Nutzungsintensität beeinflusst die Düngung maßgeblich die Ausprägung von Grünlandbeständen, deren Ertragsniveau und Futterqualität sowie die pflanzenverfügbaren Nährstoffvorräte des Bodens. Anhand eines Dauerversuchs im Allgäuer Alpenvorland wird die langjährige Wirkung von physiologisch saurer und alkalischer Düngungskombinationen auf o. g. Parameter bei einer weidelgrasreichen Wiese im Allgäuer Alpenvorland vorgestellt und diskutiert. Ebenfalls wird auf Effekte unterschiedlicher Phosphatformen eingegangen.
Der Exaktversuch am Spitalhof/Kempten (730 m Höhe, 1290 mm Niederschlag, 7,0 °C Jahresdurchschnittstemperatur, Parabraunerde aus schluffigem Lehm mit ca. 10 % organischer Substanz in 0-10 cm Tiefe) besteht aus einer Streifenanlage mit vier Wiederholungen. Diese lagen aus versuchstechnischen Gründen für jede Düngungsvariante hintereinander (unechte Wiederholungen). Die Parzellen wurden viermal pro Jahr beerntet.
Die sechs Düngungsvarianten sind in Tabelle 1 aufgeführt. Sie enthalten zwei Faktoren: „NPK-Düngerart" und „Kalkung". Bezüglich des Faktors „Düngerart" stehen Parzellen mit vorwiegender Gülledüngung (1.1, 1.2) Varianten mit ausschließlicher mineralischer Düngung gegenüber. Bei letzteren ist zu unterscheiden zwischen Versuchsgliedern (2.1, 2.2), bei denen mit ASS ein physiologisch stark saurer N-Dünger und mit Superphosphat eine leicht verfügbare P-Form ausgebracht wurde. Des weiteren ist zu unterscheiden zwischen Parzellen (Vgl. 3.1, 3.2), bei denen die N-Düngung über (schwach saures) KAS und die P-Düngung über Dolophos (weicherdiges Rohphosphat mit kohlensaurem Kalk) erfolgte.
Nach Sluismans (zitiert nach LfL, 2003) errechnet sich für Grünland bei Variante 2.1 ein jährlicher Kalkverlust von ca. 375 kg CaO/ha. Sie stellt daher im Versuch das Extrem einer physiologisch sauren Düngung dar. Hingegen ergibt sich bei Variante 3.1 durch den hier verwendeten P-Dünger ein rechnerischer Kalkgewinn von rund 400 kg CaO/ha.
Bei drei von sechs Varianten wurde als zweiter Versuchsfaktor durch den zusätzlichen Einsatz von 20 dt/ha kohlensauren Kalk alle drei Jahre dem Boden im Mittel pro Jahr ca. 300-330 dt/ha CaO zugeführt. Während bei Variante 2.2 damit der rechnerische Kalksaldo nach Sluismans immer noch leicht negativ blieb, können die Versuchsglieder 3.1 und 3.2 als stark bzw. sehr stark basisch gedüngt gelten.
Soweit im Text nicht anders genannt, gibt die Auswertung das Mittel von achtzehn Untersuchungsjahren (1988 bis 2005) wieder. Die statistische Absicherung der Ergebnisse erfolgte bei den Mittelwerten mit dem SNK-Test. Unterschiedliche Kleinbuchstaben in den Tabellen bedeuten signifikante Differenzen bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %. Die zeitliche Entwicklung der pH-Werte und CAL-Phosphatgehalte im Boden (0-10 cm) wurde mittels linearer Regression (alpha = 0.05) untersucht.
Ergebnisse und Diskussion
Tabellen zu den Erläuterungen
Durch vorwiegende Gülledüngung (Var. 1.1, siehe Tabelle 2 ) konnte auf dem Standort der für die Bodenart (uL) anzustrebende pH-Bereich von 5,6-5,9 (LfL, 2003) gehalten werden. Da bei hohen Niederschlagsmengen im Allgäuer Alpenvorland mit Kalkverlusten zu rechnen ist, ist zu vermuten, dass Regenwürmer durch ihren Kot kalkhaltiges Material aus dem Unterboden nach oben transportieren (Schröpel, 2005) und so dazu beitrugen, den pH-Wert in der Krume auch ohne Kalkung stabil zu halten.
Periodische Kalkgaben (Var. 1.2) führten im Mittel nur zu einer geringfügigen Anhebung des pH-Wertes um 0,2 Einheiten. Ein signifikanter Anstieg über die Jahre hinweg ließ sich wegen starker Jahrgangseffekte jedoch nicht ableiten.
Kaum konnte jedoch durch Kalkung die starke Versauerung des Bodens aufgehalten werden (Var. 2.2), welche im Falle der extrem sauren Düngung mit permanenter Zufuhr von Ammonsulfatsalpeter (Var. 2.1 und 2.2) zu beobachten war.
Ein hoher rechnerischer Kalkgewinn durch die jährliche Düngung mit Dolophos (Var. 3.1 und 3.2) führte – selbst bei zusätzlichen Gaben an kohlensaurem Kalk (Var. 3.2) – bislang zu keiner signifikant fortschreitenden Anhebung des pH-Wertes. Im Mittel des Versuchszeitraumes äußerte sich die periodische Kalkung im Vergleich der Varianten 3.1 und 3.2 aber in einem um ca. 0,5 Einheiten höheren pH-Wert. Dies war jedoch schon zu Beginn des Messzeitraums so. Festzuhalten bleibt jedoch gerade beim Vergleich der Versuchsglieder 1.1 mit 3.1 bzw. 1.2 mit 3.2, dass am Spitalhof die teilweise sehr stark voneinander abweichende Kalkzufuhr sich nicht in einer entsprechenden Differenzierung des pH-Wertes widerspiegelte.
Abbildung 1 gibt die Verläufe der pH-Werte für die ungekalkten Varianten 1.1, 2.1 und 3.1 wieder.
Auffallend in den Bodenuntersuchungsergebnissen waren die wesentlich höheren Versorgungswerte an „pflanzenverfügbarem Phosphat" (CAL-Extrakt, siehe Tabelle 2 , rechte Seite) beim Einsatz von Superphosphat (Var. 2.1 und 2.2) gegenüber weicherdigem Rohphosphat bzw. Güllephosphat. Interessant ist ebenfalls, dass sich die teilweise unterschiedliche Höhe des P-Einsatzes (siehe Vgl. 1.1/2 und 3.1/2) nicht in den P-Gehalten des Bodens (und der Erträge, siehe Tabelle 4) dieser Parzellen wiederspiegelte.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen eines 45-jährigen Grünland Dauerdüngungsversuches auf einer Parabraunerde an einem anderen Standort in Bayern, wo Schnellhammer und Sirch (2006) eindeutig negative Effekte auf Ertrag und Pflanzenbestand bei physiologisch saurer Düngung bzw. fehlenden Kalkgaben feststellen konnten, traten solche am Spitalhof im vorliegenden Versuch bislang nicht auf. Erstaunlich sind hier selbst bei extremer Bodenversauerung (Var. 2.1 und 2.2) die hohen Anteile an Deutschem Weidelgras des sehr grasbetonten Bestandes bzw. die daraus resultierenden hohen mittleren Futterwertzahlen der Parzellen (siehe Tabelle 3 ).
Ein eindeutiger Effekt der gezielten Kalkdüngung auf die Bestandszusammensetzung ist nach Tabelle 3 im langjährigen Mittel bislang nicht ableitbar, wenngleich sich in der Tendenz ein leicht positiver Einfluss auf den Weißkleeanteil andeutet. Dieser bewegte sich bei Gülledüngung insgesamt auf höherem Niveau als bei mineralischer Düngung und lag bei extrem saurer ASS-Düngung (Vgl. 2.1) mit nur 2 % am niedrigsten.
Selbst starke Extreme bei Düngung und Bodenversorgung spiegelten sich erstaunlicherweise meist nicht in signifikanten Effekten beim Trockenmasse- und Energie-Ertrag bzw. bei der N-Aufnahme wieder (siehe Tabelle 4 , linke Seite). Nur im Falle der Güllevarianten 1.1 und 1.2 waren geringfügig niedrigere TM-Erträge feststellbar. Die gemessenen Unterschiede zu den Mineraldüngervarianten bewegten sich aber an der Grenze der statistischen Absicherbarkeit. Begründung für die etwas niedrigeren Erträge der beiden Güllevarianten könnten bei der Ausbringung entstandene Ammoniakverluste sein.
Hingegen führte die Verwendung von leichtlöslichem P-Dünger (Var. 2.1/2) nicht nur zu höheren mittleren P-Gehalten im Boden sondern auch zu einer signifikanten Anhebung der P-Konzentration im Futter (siehe Tabelle 4 , rechte Seite).
Durch die Kalkung ließ sich in Bezug auf die mittlere Kalziumkonzentration bei Gülledüngung (Var. 1.2) und basischer Mineraldüngung (Var. 3.1/2) ein signifikant positiver Einfluss ableiten. Allerdings wurden auch bei den anderen Varianten die für Milchvieh anzustrebenden P-und Ca-Bereiche von ca. 3,3-4,0 g P/kg TM bzw. 5,3-6,4 g Ca/kg TM (Diepolder und Hege, 2004) erreicht.
Fazit
Unterschiede in der Düngung (u. a. Kalkzufuhr, P-Form) führten in diesem Versuch kaum zu signifikanten Unterschieden beim Ertrag und der N-Aufnahme. Nur geringfügige Effekte konnten in der Wirkung auf die Zusammensetzung und die Qualität der Pflanzenbestände festgestellt werden. Ein teilweise deutlicher Einfluss ergab sich jedoch beim pH-Wert und beim P-Gehalt des Bodens sowie beim P- bzw. Ca-Gehalt des Futters.
Wenngleich dieser Versuch als ein Beispiel dafür gelten soll, wie „tolerant" im Einzelfall das Grünland in Bezug auf Düngungsextreme sein kann, so bleibt – in Einklang mit anderen Versuchsergebnissen und der Literatur – dennoch zu betonen, dass nur eine ausgeglichene d. h. nicht eine einseitige, sondern eine auf die jeweiligen Standort- und Nutzungsverhältnisse abgestimmte Düngung stabile Pflanzenbestände, Erträge und Futterqualitäten nachhaltig sichert. Dies ist der Kernpunkt einer fachgerecht durchgeführten Grünlanddüngung. Empfehlungen dazu sind im „Leitfaden für die Düngung von Acker- und Grünland (Gelbes Heft)" beschrieben, welches in überarbeiteter Auflage im Jahr 2007 neu erscheint (siehe auch www.LfL.bayern.de/iab).