Starkregen, Bodenerosion, Sturzfluten

Acker mit viel Wasser

Eine Abfolge von Tiefdruckgebieten hat im Mai und Juni 2016 in ungewöhnlich vielen Teilen Bayerns zu Regenfällen mit sehr hoher Intensität und entsprechend hohem erosivem Potenzial geführt. Die Jährlichkeiten dieser Regenereignisse lagen oft über zehn, teilweise über hundert Jahren. Unter den Bedingungen des Klimawandels ist allerdings damit zu rechnen, dass Jahre mit Regenintensitäten wie 2016 häufiger vorkommen werden.

Die vorliegende Dokumentation führt Beobachtungen im Gelände und Datenauswertungen zur Intensität und räumlichen Verbreitung der Starkregen sowie zur Landnutzung einiger Starkregengebiete zusammen, vornehmlich in Südostbayern und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Unter welchen Bedingungen kam es zu Bodenabschwemmungen? Wo kam es zu Oberflächenabfluss? Welche Wege bahnten sich Wasser und Schlamm? Welche Rolle spielte dabei der verbreitete Maisanbau? Wie haben sich verschiedene Anbauverfahren unter den extremen Stressbedingungen bewährt?

Auswirkungen in den betroffenen Gebieten

Anschwemmung MaisfeldZoombild vorhanden

Bodenabschwemmung mit Anlandung im Maisfeld

Im betroffenen Hügelland kam es zu erheblichen Bodenabschwemmungen mit der damit verbundenen Minderung der Bodenfruchtbarkeit. Große Mengen an Schlamm wurden in Gewässer eingetragen. Sturzfluten verursachten enorme Schäden. Im südlichen Landkreis Rottal-Inn starben durch die Überflutungen sieben Menschen. Die Sturzfluten transportierten vielfach Schlamm in die Siedlungen, was die Schäden erhöhte und die Aufräumarbeiten erschwerte.

Ursachenforschung

Luftbild MaisfeldZoombild vorhanden

Foto: W. Bauer, Agroluftbild Obertraubling

Das Geschehen im Einzugsgebiet des Simbachs mit dem katastrophalen Hochwasser in der Stadt Simbach am 01.06.2016 ragt heraus und unterscheidet sich von den Starkregenereignissen im übrigen Bayern. Extrem hohe Regenmengen (ca. 160 mm gemittelt über das Einzugsgebiet) ergossen sich im Laufe von etwas mehr als 24 Stunden über das komplette Einzugsgebiet, ohne dass sehr hohe Regenintensitäten (mm/h) erreicht wurden. In einer späten Phase des Regenereignisses war das Speichervermögen der Böden erschöpft und alle Flächen im Einzugsgebiet spendeten Oberflächenabfluss. Die verschiedenen Landnutzungen lieferten nach Modellberechnung in etwa entsprechend ihrem Flächenanteil Oberflächenabfluss. Dem Maisanbau, der im Einzugsgebiet nur einen Flächenanteil von 13 % einnimmt (Wald und Grünland machen zusammen 50 % aus), ist die Sturzflut also nicht anzulasten. Das zuletzt in Talwegen und dann in Bächen wild abströmende Wasser hat im Einzugsgebiet massive Auskolkungen, Uferabrisse und Zerstörungen an Straßen, Brücken und Gebäuden verursacht. Der gesamte Abfluss aus dem Einzugsgebiet musste in kurzer Zeit das Ortszentrum von Simbach passieren.
Luftbild

Luftbild zur Auskolkung, Foto: W. Bauer, Agroluftbild Obertraubling

Luftbild

Topographie und Landnutzung im Umfeld der Auskolkung (rote Ellipse)

Matsch

Auskolkung im Talweg

Beeinflussung des lokalen Abflussgeschehens durch Landnutzung

In den anderen Gebieten Bayern, die von heftigen Gewitterregen mit hoher kurzzeitiger Intensität aber in der Tagessumme niedrigeren Gesamtregenmengen betroffen waren, ist dagegen davon auszugehen, dass die Landnutzung das lokale Abflussgeschehen durchaus beeinflusste. In Böden, die vor dem Aufprall von Regentropfen durch Vegetation oder Mulch geschützt sind und keine Verdichtungen aufweisen, kann nach Einsetzen des Starkregens längere Zeit Wasser einsickern. Bei kurzer Regendauer spenden diese Flächen weniger Abfluss.
Wesentlich stärker als Flächennutzung und -bewirtschaftung beeinflusst aber die Fließgeschwindigkeit des abfließenden Wassers die Formung einer lokalen Hochwasserwelle. Begrünte Abflusswege, Fließwegverlängerungen und Retentionsstrukturen innerhalb der landwirtschaftlichen Flur können Hochwasserspitzen aus kleinen Einzugsgebieten kappen. In der Agrarlandschaft sind diese Strukturen aber nicht ausreichend vorhanden. Die vorliegende Dokumentation zeigt, dass sich wild abfließendes Wasser häufig an verklausten Durchlässen unter Wegen und Straßen zurückstaute. Wurde das Hindernis bei anhaltendem Wasserzustrom überflossen, kam es rückseitig häufig zu massiven Schäden an Brücken und Straßenkörpern. Geeignete Maßnahmen zum gezielten Bremsen und Rückhalten von Abfluss in der landwirtschaftlichen Flur sind deshalb in Angriff zu nehmen. Angesichts der Größe des betroffenen Raums ist dies eine herausfordernde Zukunftsaufgabe.

Mais-Mulchsaat

Starkregen-bodenerosion Sturzfluten Lfl-schriftenreihe MulchsaatZoombild vorhanden

Mulchsaat mit intensiver Saatbettbereitung

Von Bodenabschwemmungen waren in fast allen von uns dokumentierten Fällen Maisfelder betroffen, die in der Zeit von Mai bis Juni mangels Bodenbedeckung besonders verwundbar sind. Die übliche Maismulchsaat mit Saatbettbereitung und relativ geringer Bodenbedeckung nach der Saat erwies sich zwar als widerstandsfähiger gegen Erosion als Maisfelder ohne jede Mulchsaat, das Mulchsaatverfahren mit intensiverer Saatbettbereitung reichte aber bei sehr hoher Regenintensität nicht aus, um Bodenabschwemmungen hinreichend zu verhindern. Dies gelang bei Maismulchsaat ohne Saatbettbereitung ("Direktsaat") recht gut. Dieses Verfahren wird von einigen Landwirten erfolgreich praktiziert, ist aber in der Fläche noch wenig präsent.

LfL-Feldstudie im Tertiärhügelland

Die Beobachtungen von 2016 bestätigten grundsätzlich die Ergebnisse einer LfL-Feldstudie im Tertiärhügelland aus den Jahren 2011/2012 (Kistler et al. 2013). Dort waren Erosionsschäden nach Niederschlägen mit Jährlichkeiten überwiegend im Bereich von 10 Jahren dokumentiert und analysiert worden. Auf Basis einer quantitativen Auswertung von ca. 2.000 von Starkregen betroffenen Maisfeldern war nachgewiesen worden, dass Mais-Mulchsaat nach Zwischenfruchtanbau zwar häufig praktiziert wird, der Boden aber vor der Maissaat meist intensiv bearbeitet ist, so dass nur noch wenig Mulchmaterial auf der Bodenoberfläche verbleibt. Schutz vor Bodenerosion ist dann während der Starkregen im Mai/Juni nur mehr eingeschränkt vorhanden. Die schützende Bodenbedeckung nach der Maissaat könnte viel höher sein, wenn auf eine intensive Bodenbearbeitung verzichtet und Gülle z. B. im Injektionsverfahren in den Boden gebracht würde.

Erosionsschutzmaßnahme in Maisfruchtfolgen

Maisfeld mit RinneZoombild vorhanden

typisches Bild mit Erosionsrinnen im Maisfeld

Die wichtigste Erosionsschutzmaßnahme in Maisfruchtfolgen ist deshalb eine möglichst durchgehend hohe Bodenbedeckung. Zwischenfrüchte und Mulchsaatverfahren mit geringem Bodeneingriff bei Gülleausbringung und Saat müssen die Lücke zwischen Getreide-ernte und Reihenschluss der Maispflanzen schließen. Grundsätzlich problematisch sind einheitlich mit Mais oder anderen Reihenkulturen bestellte langgezogene Hänge. Direktsaat von Mais, dauerhafte Begrünung von Abflussrinnen oder zumindest die Teilung des Hangs in Getreide und Mais sind dann Alternativen zur Risikominderung. Generell muss bei der Bewirtschaftung darauf geachtet werden, dass Fruchtbarkeit und Infiltrationsvermögen der Böden gestärkt werden. Vermeiden von Bodenverdichtungen, Erhalt oder Mehrung des Humusgehalts, Förderung der Regenwürmer und ausreichende Kalkdüngung sind ackerbauliche Tugenden, die gepflegt werden wollen. All diese Maßnahmen erleichtern es den Kulturen auch Trockenphasen besser zu überstehen. Selbstverständlich sind Flächen von Betrieben, die keinen oder wenig Mais (oder andere Reihenkulturen) anbauen und Gras oder Kleegras als Futter verwenden, in viel geringerem Maß von Bodenerosion betroffen. Das sind z. B. Ökobetriebe mit Kleegras statt Mais und generell Grünlandbetriebe.
Im Vergleich zur Feldstudie von 2011/2012 wurden bei den Beobachtungen nach den Starkregen im Jahr 2016 mehr Felder mit hoher Widerstandskraft gegen Bodenerosion angetroffen. Das heißt, eine zunehmende Anzahl von Betrieben mit Maisfruchtfolgen wirtschaftet beim Erosionsschutz vorbildlich und erfolgreich.

Mehrheit von Maisfeldern mit geringerem Schutzniveau

Wo es im Jahr 2016 in den erosionsgefährdeten Maisanbaugebieten zu Regenfällen mit sehr hoher Intensität kam, standen einzelne, gut geschützten Maisfelder aber einer Mehrheit von Maisfeldern mit geringerem Schutzniveau gegenüber. Um unterliegende Güter hinreichend vor Schaden durch Schlamm zu bewahren, hätte der Anteil gut geschützter Flächen in der Flur deutlich höher sein müssen. Viele landwirtschaftliche Betriebe sind deshalb herausgefordert, ihre Wirtschaftsweise Schritt für Schritt anzupassen.