Verlauf einer Virusinfektion in einer Pflanze

Viren sind gefährliche Krankheitserreger nicht nur bei Mensch und Tier. Bestimmte Viren können auch Pflanzen infizieren und zu erheblichen Schäden führen. Da die Viren keine Lebewesen sind, können sie sich weder alleine fortbewegen noch alleine vermehren. Für die Vermehrung sind die Pflanzenviren auf Pflanzen als Wirtsorganismen angewiesen, deren Stoffwechsel sie zu diesem Zweck "benutzen". Für die Fortbewegung, d. h. um von einem Wirt zum nächsten zu gelangen, benötigen die Viren sogenannte "Vektoren" oder sie werden mechanisch über Kontakt weitergetragen sowie z. B. über Wasser und Nährlösungen. Bei den Vektoren handelt es sich um bestimmte Tiere, sehr häufig ums Blattläuse, aber auch Thripse, Nematoden, Milben und andere kommen je nach Virus in Betracht.

Verlauf einer Virusinfektion in einer Pflanze

Eintritt Virus in die Pflanze

Die Vermehrung eines Virus erfolgt in mehreren Schritten. Als erstes muss das Virus von der Blattlaus in die Pflanze abgegeben werden. Für den Eintritt des Virus in die Pflanzenzelle ist eine Eintrittspforte notwendig, die je nach Virus beispielsweise durch die Mundwerkzeuge einer saugenden Blattlaus bei der Nahrungsaufnahme oder durch mechanische Verletzung geschaffen wird.

grafische Darstellung Eintritt Virus in Pflanze

Foto: Anette Bentele
Gelangen Viren in eine Pflanze, so sind zunächst meist nur wenige Zellen betroffen, in denen sowohl die Erbsubstanz der Viren vervielfältigt, viruseigene Eiweiße (z. B. Hüll- und Transportproteine, für die Vermehrung notwendige Enzyme) synthetisiert und komplette Viruspartikel ausgebildet werden.

Verbreitung in der Pflanze

Danach werden die Viren in der Pflanze verbreitet. Man unterscheidet hier zwischen dem „Kurzstrecken-Transport“ von Zelle zu Zelle und dem „Langstrecken-Transport“ von einem Pflanzenorgan zu einem anderen. Über kurze Strecken werden – abhängig vom jeweiligen Virus - virale Nukleinsäuren oder komplette Viruspartikel in den natürlich vorkommenden Plasmodesmen (Verbindungskanäle zwischen den Zellen) unter Verbrauch wirtseigener Energiereserven befördert. Grundlegend beteiligt sind hierbei die viralen Transportproteine („movement proteins“). Der „Langstrecken-Transport“ von Viren erfolgt passiv in den Leitungsbahnen der Wirtspflanzen, zumeist im Assimilate-befördernden Phloem (Siebröhren) und seltener im Xylem, das für die Wasser-Versorgung zuständig ist.

Krankheitsbilder

Hat sich die Virusinfektion in einer Pflanze manifestiert, so entstehen mehr oder weniger typische Krankheitsbilder: z. B. Vergilbung, Scheckung, Mosaik, Ringmuster, Blatt- und Adernnekrosen, Adernbänderung, Wurzelbärtigkeit, Deformationen der Blätter, Triebe und Blüten, Farbbrechungen der Blüten, Blütenverkleinerung, Frucht-, Samen- und Pollenveränderungen, Welke, Wachstumsstörungen wie Stauchung und Verzwergung, verstärkte Bestockung, Gallenbildung, Absterben von Teilbereichen oder der gesamten Pflanzen.
Bei Symptomen, die am Ort der ursprünglichen Infektion auftreten, handelt es sich um eine lokale Infektion, sind sie über die gesamte Pflanze verteilt, um eine systemische. Die molekularen Mechanismen der Pathophysiologie, die zu den beobachteten Schäden führen, sind noch weitgehend ungeklärt.
Das gesamte Krankheitsgeschehen ist sehr vielschichtig und wird von einer Reihe von Parametern (Virus bzw. Virusstamm, Alter und Ernährungsstatus der Pflanze, Sorte, Umweltbedingungen etc.) beeinflusst.

Verlauf Infektion

Der Verlauf der Infektion im Detail, die Freisetzung und Vermehrung der einzelnen Viruskomponenten (Nukleinsäuren und Proteine) und auch der „Zusammenbau“ neuer Viruspartikel ist bei den verschiedenen Virusgruppen bzw. Viren sehr unterschiedlich und äußerst komplex.

Einzelne Schritte

  1. Das Virus gelangt durch Eintrittspforten in die Pflanzenzelle.
  2. Die Erbsubstanz (Nukleinsäuren: DNA oder RNA) wird von der Virushülle befreit.
  3. Die Nukleinsäuren werden, abhängig vom Virus, entweder im Zytoplasma oder im Kern vermehrt. Die Hüllproteine werden abgebaut.
  4. Die Information der Nukleinsäuren wird in virale Proteine umgesetzt: dabei werden sowohl Strukturproteine (Hüllproteine, virustypische Einschlusskörper in den Pflanzenzellen), Enzyme für die Nukleinsäurevermehrung und Transportproteine gebildet.
  5. Die Bildung neuer Viruspartikel („assembly“) aus Nukleinsäuren und Hüllproteinen erfolgt im Zytoplasma. Sie verläuft bei den verschiedenen Virusgruppen unterschiedlich und gehorcht strengen Gesetzmäßigkeiten.
  6. Das Virus wird in der Pflanze verbreitet. Dabei werden Nukleinsäuren bzw. ganze Viruspartikel über kurze Strecken von Zelle zu Zelle transportiert (6-38 µm pro Stunde). Außerdem findet ein „Langstreckentransport“ kompletter Viruspartikel von einem Pflanzenorgan zum anderen in den Leitungsbahnen (meist im Phloem) statt, mit einer Geschwindigkeit von mehreren Zentimetern pro Stunde.
  7. Es kommt zur Schädigung der Pflanzen und zur Ausbildung von Symptomen.
  8. Ausgehend von einer infizierten Pflanze kann sich der Befall im gesamten Bestand ausbreiten.

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