Versuchsergebnisse zur organischen Düngung
Pflanzenbauliche Wirkung von Rindergülle (IOSDV)

Versuchsparzelle mit Schild zur DüngungshöheZoombild vorhanden

Blick auf die Versuchsparzellen

Teilauswertung des Internationalen Organischen Stickstoffdauerversuches (IOSDV; V520)

Der Wert von Gülle wird gern unterschätzt. Gleichzeitig ist die Langzeitwirkung der Gülle nicht so einfach bewertbar. Wieviel mineralischer Stickstoff lässt sich durch den Einsatz von Gülle einsparen und welche Rolle spielt dabei die Anwendungsdauer? Antworten auf diese Fragen gibt der Internationale Organische Stickstoffdauerversuch, der nun bezogen auf die Gülledüngung für den Zeitraum 1999-2019 ausgewertet wurde.

Versuchsbeschreibung

Bei diesem ortsfesten Dauerfeldversuch (V520) werden in einer dreigliedrigen Fruchtfolge (Rotation) Silomais bzw. Zuckerrübe, gefolgt von Winterweizen und Wintergerste angebaut. Dabei werden verschiedene Kombinationen von organischer und anorganischer Stickstoffdüngung in dreifacher Wiederholung getestet. Da im Versuch ab der sechsten Rotation die Gülledüngung hinsichtlich Menge und Verteilung grundlegend geändert wurde, wird nachfolgend der Zeitraum von der sechsten bis zur zwölften Rotation beleuchtet.
Bodennahe Gülleausbringung in einer Mais-VersuchsparzelleZoombild vorhanden

Gülleausbringung im Versuch

Der Versuch ist als zweifaktorielle Streifenanlage angelegt. Faktor 1 umfasst insgesamt zehn Stufen unterschiedlicher Arten von organischer Düngung. Dabei werden unter anderem Gülle in Form von Rindergülle eingesetzt. Unter den damals gegebenen produktionstechnischen Zielen, den Optimalertrag zu erzielen, wurde die Rindergülle zu Silomais im Vorjahr auf Wintergerstenstoppel zur Förderung der Strohrotte sowie in den Maisbestand ausgebracht. Dies erfolgte mit Schleppschlauchtechnik und anschließendem Anhäufeln bzw. mit Schleppschuhtechnik. Bei Winterweizen wurde die Gülle im Frühjahr, dagegen bei Wintergerste weitestgehend im Herbst vor der Saat ausgebracht. Dies jeweils mit Schleppschlauch bzw. Schleppschuh.
Da aus heutiger Sicht diese Düngung teilweise nicht mehr konform mit der Düngeverordnung ist, wurde der Versuch mittlerweile den rechtlichen Vorgaben angepasst. Die ab der sechsten Rotation gegebenen Düngermengen zeigt Tabelle 1.
Tabelle mit den Düngemengen zu den KulturenZoombild vorhanden

Tabelle 1:
Übersicht zur Düngung

Die mineralische N-Düngung zu den einzelnen Varianten umfasste eine große Spannweite. Dabei entspricht, über eine Rotation betrachtet, Stufe 5 einer N-Menge, die bewusst hoch angesetzt wurde und in der Rotation insgesamt über der heute in der Praxis nach Düngeverordnung möglichen Maximalmenge liegt. Bei Mais wurde bei der Saat eine Unterfußdüngung mit Kalkammonsalpeter in Höhe von 30 kg N/ha durchgeführt. Bei Winterweizen und Wintergerste verblieb zudem das Stroh auf dem Feld.

Getreideeinheiten (GE)

Um Aussagen über die N-Effizienz von Düngungsmaßnahmen im Rahmen einer Fruchtfolge treffen zu können, mussten die jeweiligen Korn- und Frischmasseerträge in sogenannte Getreideeinheiten (GE) umgerechnet werden. Dadurch können die Ertragsergebnisse der einzelnen Fruchtarten Silomais (Frischmasseertrag), Winterweizen (Kornertrag) und Wintergerste (Kornertrag) für eine Rotation bzw. über die Jahre miteinander verrechnet werden.

Für die Berechnung wurde unter Berücksichtigung der Erzeugerpreise für Verkaufsware (netto) folgendes für die einzelnen Fruchtarten im Mittel von drei Jahren (2018-2020) zugrunde gelegt:

  • 1 Doppelzentner (dt) Kornertrag Winterweizen = 1,00 GE (entsprechend 16,27 Euro netto Verkaufserlös)
  • 1 dt Kornertrag Wintergerste = 0,92 GE
  • 1 dt Frischmasse Silomais mit 32 % TS = 0,172 GE

Ergebnisse

Stark positive Ertragseffekte durch Rindergülle

Tabelle mit den Erträgen je KulturZoombild vorhanden

Tabelle 2:
Erzielte Erträge

In Tabelle 2 sind die mittleren jährlichen Erträge der drei einzelnen Fruchtarten sowie der mittlere Jahresertrag einer Rotation bei unterschiedlicher organischer und mineralischer Düngung dargestellt. Bei allen drei Fruchtarten führte die Güllegabe zu signifikant höheren Erträgen. Dies sowohl bei fehlender als auch bei gegebener mineralischer N-Ergänzung. Letztere ist in Tabelle 2 als Mittel über die vier mineralisch gedüngten N-Stufen (2-5) aufgeführt. Der positive Ertragseffekt von Rindergülle war jedoch bei jeder Fruchtart in allen fünf N-Stufen (nicht eigens dargestellt) signifikant.
Ohne mineralische N-Düngung reagierten die Kulturen erwartungsgemäß stärker auf die organische Düngung als es bei einer Kombinationsdüngung mit mineralischem Stickstoffdünger der Fall war. (siehe auch Tabelle 2, Abbildung 1). Diese ist auf das höhere Ertrags- und Düngeniveau zurückzuführen. Im Durchschnitt einer dreijährigen Fruchtfolge wurden durch die Gülledüngung bei einer ergänzenden mineralischen N-Düngung (Mittel 2-5) jährlich 19,1 GE pro Hektar mehr gegenüber güllefreier Düngung erzielt.
Was brachte die mineralische N-Düngung?

Wirkung der Mineraldüngung

Die Ertragswirkung der mineralischen N-Düngung (vergleiche Faktor 2, Mittel Stufe 2-5 minus Stufe 1 in Tabelle 2) unterschied sich zwischen den drei Fruchtarten deutlich. Sie war bei Winterweizen mit Abstand am höchsten und bei Silomais am geringsten.
Liniendiagramm zu den Erträgen bei GülledüngungZoombild vorhanden

Abbildung 1:
Mittlere Jahreserträge

Im Falle gänzlich fehlender Düngung sowie bei ausschließlicher Gülledüngung, das heißt ohne mineralische N-Ergänzung (Faktor 2 Stufe 1), erreichte Silomais weit höhere Erträge als die beiden Kornfrüchte. Damit wurde auch in diesem Versuch bestätigt, dass die Nährstoffversorgung von Silomais zu einem hohen Anteil aus der Nachlieferung des Bodens kommt.
Die Ertragswirkung ansteigender mineralischer N-Düngung auf den mittleren Jahresertrag einer Rotation (SM-WW-WG) zeigt Abbildung 1.
Kombinierte Düngung
Die im Versuch in Stufe 5 (Tabelle 1) gegebenen mineralischen N-Mengen liegen höher als dies heute in der Praxis fachrechtlich möglich wäre. Die maximal mögliche mineralische N-Düngung (mit/ohne Rindergülle) wurde für das Mittel einer Rotation unter Berücksichtigung landkreisbezogener Daten (Ertrag, Nmin-Gehalt) abgeschätzt und ist als senkrechte Linien in Abbildung 1 eingetragen. Nach den Vorgaben der Düngebedarfsermittlung kann bei organischer Düngung natürlich weniger mineralischer Stickstoff (Linie links) als bei ausschließlich mineralischer Düngung (Linie rechts) eingesetzt werden.
Die Frage war, ob sich unter diesen Bedingungen die kombinierte Düngung mit Rindergülle weniger Ertrag brachte als eine rein mineralische N-Düngung. Dies war nicht der Fall, vielmehr erreichte die kombinierte Düngung mit Rindergülle tendenziell höhere Erträge als die rein mineralisch höher gedüngte, jedoch güllefreie Variante.
Liniendiagramm zu den Erträgen bei GülledüngungZoombild vorhanden

Abbildung 2:
Langjährige Ertragsentwicklung

Versuchsdauer entscheidend
Wenn es aber um die Frage zur Wirkung von Düngern mit einem hohen Anteil an organisch gebundenem Stickstoff geht, sind für Beratungsaussagen lange Versuchslaufzeiten ein großer Gewinn, da sich daraus Trends ableiten lassen. Am Beispiel des Pucher Dauerdüngungsversuchs wird dies anhand von Abbildung 2 ersichtlich, bei der die Entwicklung der mittleren Jahreserträge einer Fruchtfolge mit unterschiedlicher Düngung über einen Zeitraum von 12 Rotationen, das heißt 36 Versuchsjahren dargestellt ist.
Für Abbildung 2 wurde auch die Rotation 1-5 mit einbezogen (grau hinterlegt), obwohl in diesem Zeitraum die organische Düngung nicht identisch mit Rotation 6-12 war. Es handelt sich somit bei den dargestellten Trendlinien um eine eher schematische Darstellung, aus der jedoch die langfristige Ertragsentwicklung der Gülledüngung im Versuch ersichtlich wird.
Darstellung der Ertragswirkung
Erkennbar ist auf den ersten Blick, dass sich im Trend die Ertragsabstände sowohl innerhalb als auch zwischen den einzelnen Düngungsvarianten mit zunehmender Versuchsdauer vergrößert haben. Dabei konnte bei Verzicht auf eine mineralische N-Düngung durch die Rindergülle ein niedriges Ertragsniveau langfristig nicht nur gehalten, sondern sogar steigert werden. Ohne jegliche Stickstoffdüngung (nur P-, K-, Mg-Düngung) fiel der Ertrag, wie erwartet, im Trend ab.
Eindeutig ist außerdem, dass auch zu Beginn des Untersuchungszeitraums eine starke Ertragswirkung von Gülle vorhanden war. Diese Wirkung zeigte sich bei Stallmistdüngung nicht bzw. erst deutlich später in der Versuchslaufzeit. Gründe dafür sind, dass Rindergülle gegenüber Stallmist viel schnell verfügbaren Stickstoff und weniger schwer abbaubare organische Substanzen enthält.

Pflanzenbauliche Wirkung von Stallmist im Dauerversuch (IOSDV)

Der positive Effekt organischer Düngung lässt sich zudem darauf zurückführen, dass sich im Laufe der Zeit immer mehr organischer Stickstoff aus der Rindergülle im Boden ansammelt und mineralisiert wird. Auch bei ausschließlich mineralischer Düngung waren im Trend ansteigende Ertragseffekte gegenüber fehlender Düngung zu verzeichnen. Dies kann dadurch erklärt werden, dass bei einer Düngung auch die unterirdische Biomasse gefördert wird und damit im Laufe der Zeit mehr Stickstoff für die Mineralisation als bei Versuchsanfang zur Verfügung steht.
Wieviel mineralischen Stickstoff ersetzte Rindergülle?

Einsparpotenzial bei der Mineraldüngung

Versuchsparzelle mit GetreideZoombild vorhanden

Versuchsparzellen mit unterschiedlichem Düngeniveau

Eine zentrale Frage der Versuchsauswertung war, wieviel mineralischer Stickstoff durch die gegebene Gülledüngung eingespart werden konnte. Anders gesagt: Wie effizient kann der im Rindergülle enthaltene gesamte Stickstoff (organisch plus anorganisch) im Vergleich zu Kalkammonsalpeter, also schnell verfügbarem mineralischen Stickstoff, eingesetzt werden.
Betrachtet man die einzelnen Kulturen in Puch, so zeigte sich:
Die höchste N-Ausnutzung des durch Rindergülle ausgebrachten Stickstoffs wurde sowohl in der Gesamtwirkung als auch in der Wirkung im Anwendungsjahr innerhalb der dreijährigen Fruchtfolge zu Silomais erzielt (Tabelle 3), dicht gefolgt vom Winterweizen. Auffällig schlecht ist die Wirkung jedoch bei der Wintergerste.
Wird die Mindestwirksamkeit nach Düngeverordnung erreicht?

Mindestwirksamkeit und Mineraldüngeräquivalent

Eine weitere Frage war, ob und inwieweit die bundeseinheitlich vorgeschriebenen Vorgaben der Düngeverordnung (DüV) zur Mindestwirksamkeit des Gesamtstickstoffs erreicht werden konnten. Eine wichtige Rolle spielt dabei das sogenannte Mineraldüngeräquivalent, kurz MDÄ.
Nach Düngeverordnung (DüV) sind bei der Düngebedarfsermittlung bei Rindergülle im Anwendungsjahr 60 Prozent des Gesamt-N an Mindestwirksamkeit anzurechnen. Dies wurde im Mittel der Jahre in Puch nur bei Silomais mit einem durchschnittlichen MDÄ von 64 Prozent erreicht. Dass bei Silomais dieser Wert erzielt werden konnte, obwohl ca. die Hälfte der organischen Düngung auf die Gerstenstoppel im Vorjahr ausgebracht wurde, ist unter anderem dadurch zu begründen, dass im Versuch die mit Schleppschlauch in den Maisbestand ausgebracht Rindergülle durch Anhäufeln abgedeckt wurde. Diese Maßnahme reduzierte offensichtlich die gasförmigen N-Verluste erfolgreich.
Unter den Versuchsbedingungen verfehlte Winterweizen die Vorgaben der Düngeverordnung nur knapp. Die Wintergerste konnte im Versuch die Forderungen der DüV bei weitem nicht erfüllen (Tabelle 3). Die besonders geringe Ausnutzung des Güllestickstoffs bei Wintergerste im Anwendungsjahr (und damit das insgesamt niedrige MDÄ) ist auf die nur einmalige Gülledüngung im Herbst vor der Gerstensaat im Versuch zurückzuführen. Es ist davon auszugehen, dass bei einer Frühjahrsdüngung in den Wintergerstenbestand ein weitaus höheres Mineraldüngeräquivalent (MDÄ) hätte erreicht werden können. Die Ergebnisse bei Wintergerste im Vergleich zu Winterweizen sind zudem ein Hinweis darauf, dass im Herbst gegebener Stickstoff deutlich schlechter ausgenutzt wird als eine N-Düngung im Frühjahr.
Tabelle 3: Stickstoffwirkung (Mineraldüngeräquivalent = MDÄ) von Rindergülle bei den einzelnen Kulturarten (Mittel von 21 Versuchsjahren)
FruchtartMDÄ im AnwendungsjahrMDÄ gesamt
Silomais64 %72 %
Winterweizen56 %70 %
Wintergerste35 %50 %
Mittel Rotation52 %64 %
Nach Düngeverordnung sind darüber hinaus bei der Düngebedarfsermittlung noch 10 Prozent des zur Vorfrucht gegebenen organischen Stickstoffs (Gesamt-N) als N-Nachlieferung anzurechnen. Damit wären zu den Kulturen bzw. in der Rotation insgesamt 70 (60 + 10) Prozent des mit Gülle ausgebrachten Stickstoffs als gesamte Mindestwirksamkeit (MDÄ) zu erreichen gewesen. In Puch konnte dieser Zielwert im Mittel der Jahre 1999-2019 bei Silomais und Winterweizen erreicht werden (Tabelle 3).
Durchschnittlich lag die gesamte N-Ausnutzung der Rindergülle im Versuch um 12 Prozentpunkte (64 Prozent gegenüber 52 Prozent) höher als die Wirkung im Anwendungsjahr. Daraus geht hervor, dass die Berücksichtigung der N-Nachlieferung ein wichtiger Parameter bei der Ermittlung des Düngebedarfs ist. Die Ergebnisse aus Puch deuten darauf hin, dass die Anrechnung von 10 Prozent des im Vorjahr einer Kultur gegebenen organischen Stickstoffs in der Größenordnung gerechtfertigt ist. Der geringe Unterschied zwischen der Wirkung in Anwendungsjahr und der Gesamtwirkung beim Mais ist auf dessen flache Ertragskurve und auf die höheren Güllegaben zurückzuführen.
Nicht eigens dargestellt ist die Entwicklung des MDÄ für die Fruchtfolge im Zeitverlauf. Die Berechnungen zeigten jedoch einen klaren Trend: Bei regelmäßiger Anwendung nimmt die Wirkung von Rindergülle zu. Dies liegt unter anderem daran, dass sich zunehmend mehr organischer Stickstoff im Boden anreichert, woraus pro Jahr etwa 1-3 Prozent mineralisiert werden und dem Pflanzenwachstum zur Verfügung stehen.
Daraus folgt für die Praxis, dass sich auf einer bisher nicht organisch gedüngten Fläche durch Rindergülle nicht so viel mineralischer N-Dünger einsparen lässt, wie auf einer langjährig gedüngten.

Fazit

Rindergülle wirkt – je länger eingesetzt, umso besser! Ableitbar ist aber auch, dass ein Versuch, welcher nach etwa 3-4 Rotationen, also 9-12 Jahren, abgebrochen worden wäre, andere Ergebnisse und damit auch andere Aussagen gebracht hätte als die vorliegende Langzeitbetrachtung.
Luftbild mit einer Drohne mit Sicht auf den IOSDVZoombild vorhanden

Vogelperspektive auf den IOSDV

Durch Rindergülleeinsatz in der Fruchtfolge kann der Ertrag signifikant gesteigert bzw. der Aufwand an mineralischem N-Dünger deutlich reduziert werden. Dies im Gegensatz zu Stallmist bereits in den ersten Jahren der Anwendung. Die nach Düngeverordnung bei der Düngebedarfsermittlung anzusetzende Mindestwirksamkeit von Rindergülle konnte im 21-jährigen Versuchszeitraum (1999-2019) bei Mais im Anwendungsjahr sowie bei Mais und Weizen in der Gesamtwirkung (inklusive Stickstoffnachlieferung) erreicht werden. Auch die im Versuch ermittelte durchschnittliche Stickstoffnachlieferung von 12 Prozent nach langjähriger Gülledüngung bestätigt die nach Düngeverordnung gesetzten Vorgaben.

Veröffentlichung