Speiseleguminosen BioBayern: Aus der Praxis
Linsentagebuch Neumüller
Der Naturland-Betrieb von Bernhard Neumüller in Hechendorf am Pilsensee (Gemeinde Seefeld) ist Demobetrieb im Innovationsprojekt Speiseleguminosen BioBayern. Lesen Sie hier, wie Bernhard Neumüller im Jahr 2021 seine Linsengemenge in Zusammenarbeit mit der LfL anbaut.
Die Böden des Betriebs Neumüller sind fast ausschließlich (Braunerde-) Pararendzina aus kiesführendem Lehm bis Kieslehm über Schluff- bis Lehmkies (Jungmoräne, carbonatisch; in Bayern Atlas/ Legende Nr. 28b).
Angebaut werden die Linsentypen Anicia im Gemenge mit Sommergerste (Avalon/Saatzucht Breun) und Beluga in Gemenge mit Sommergerste (Prospect/I.G.Pflanzenzucht). Je Linsentyp beträgt die angebaute Fläche ca. 5000 m2.
Dem Landwirt über die Schulter geschaut - Der Anbau am Naturland-Betrieb Neumüller über das Jahr 2021
25.03.2021 – Bodenprobe ziehen
Beim Besuch des Versuchsfeldes am Hof von Landwirt Neumüller ist das Ziehen der Bodenprobe ein Kraftakt. Die Mitarbeiterin der Landesanstalt für Landwirtschaft hat zu kämpfen, den Stab für die Probenahme zwanzigmal in den trockenen, mit vielen Steinen übersäten Acker zu stecken. Aber Linsen haben kräftige Wurzeln und kommen mit diesen Gegebenheiten gut zurecht. Die Bodenprobe wird auf die Parameter pH-Wert, verfügbares Phosphor, Kalium und Magnesium untersucht.
10.04.2021 – Aussaat
Mitte April sät Landwirt Neumüller den Linsentyp Anicia mit der Sommergerste Sorte Avalon (Saatzucht Breun) im Gemenge auf einer Fläche von etwa einem halben Hektar an. Auf der anderen Hälfte des Feldes, auch ca. ein halber Hektar groß, sät er den Linsentyp Beluga mit der Sommergerste Sorte Prospect (I. G: Pflanzenzucht). Das Wetter war mit 17 °C für April warm. Die nächsten Tage war leichter Regen angesagt, was für die Keimung der Saat optimal sein wird. Der Reihenabstand beträgt 12,5 cm bei einer Saattiefe von 3-4 cm. Am darauffolgenden Tag wird angewalzt, um größere Steine in den Boden zu drücken und der Bodenschluss verbessert sich. Angestrebt sind bei den Linsen 200 keimfähige Körner je Quadratmeter, das entspricht einer Aussaatstärke für die Anicia-Linse von 65 kg/ha und für die Beluga-Linse von 50 kg/ha. Die Aussaatstärke der Gerste wird mit 95 keimfähigen Körnern je Quadratmeter berechnet auf 35 kg/ha.
01.05.2021 – Wie verlief der Aufgang in der Zeit nach der Aussaat?
Drei Wochen nach der Ansaat sind die Linsen und die Gerste gut gekeimt, es zeigen sich gleichmäßige Pflanzreihen. Der Bestand wird zur Unkrautbekämpfung im 3-4 Blatt-Stadium des Gemengepartners Gerste gestriegelt.
17.05.2021 – Beobachtungen und kulturspezifische Kennzahlen
Zoombild vorhanden
Rechts sind die Gemengepartner Anicia-Linse mit der Gerste Avalon zu sehen, links Beluga-Linse mit der Gerste Prospect
Eine Mitarbeiterin der LfL besucht den Linsenacker. Man sieht gut die Trennlinie zwischen der Anicia-Linse mit der Gerste Avalon rechts und der Beluga-Linse mit der Gerste Prospect links. In diesem Wachstumsstadium sind noch keine Unterschiede zwischen den beiden Linsentypen erkennbar.
Zur Erfassung kulturspezifischer Kennzahlen wurden gekeimte Linsenpflanzen und Gerstenpflanzen an drei verschiedenen Stellen des Feldes gezählt und die Bestandesdichte dokumentiert. Je laufendem Meter sind durchschnittlich bei der Anicia-Linse 24 Pflänzchen aufgegangen, bei der Beluga-Linse sind es 19 Pflänzchen. Die Gerstensorten unterscheiden sich nicht, hier sind es durchschnittlich 8 Pflänzchen je laufendem Meter.
Dieses Bild zeigt den Linsentyp Anicia zusammen mit der Sommergerste Avalon. Die Linse hat einen kräftigen Wuchs und ist fast so hoch wie die Gerstenhalme.
Aus dem Vorgewende wurden drei Linsen des Anicia-Types ausgegraben und die Wurzeln sauber gewaschen. Es ist bereits jetzt ein guter Besatz mit Knöllchenbakterien festzustellen. Das deutet auf ein zahlreiches Vorkommen an Rhizobien hin, die auf Linsen spezialisiert sind. Rhizobien sind Bakterienstämme, die Stickstoff aus der Luft in pflanzenverfügbaren Stickstoff umwandeln können und deshalb eine Art Symbiose mit Leguminosen eingehen. Jede Leguminosenart braucht spezielle Rhizobienstämme. Da früher Linsen verbreitet in Bayern angebaut wurden, sind die spezialisierten Knöllchenbakterien oft noch im Boden erhalten. Bei anderen Kulturen, wie zum Beispiel der Kichererbse, gibt es Arten-spezialisierte Impfmittel mit den passenden Rhizobienkulturen zu kaufen.
25.06.2021 – Besuch zum Blühbeginn der Linse
Mitte bis Ende Juni fängt die Linse zum Blühen an. Gut zur Orientierung ist noch die Trennlinie zwischen dem Beluga-Gersten-Gemenge links und dem Anicia-Gersten-Gemenge rechts zu sehen.
Linsenpflanzen habe eine lange Blütezeit
Filigran blüht die Belugalinse mit ihren leicht bläulichen Blüten zwischen der Gerste. Durch die lange Blühdauer der Linse (indeterminierter Wuchs) bietet sie vielen Insekten noch Nahrung, wenn in unserer Kulturlandschaft im Sommer auf den Feldern kaum Blühpflanzen mehr stehen.
Bei der Aufsicht der unterschiedlichen Linsentypen kann man deutliche Unterschiede feststellen. Die Anicia-Linse war im Wachstum laut Bernhard Neumüller immer etwas weiter als die Beluga-Linse. Vielleicht ist sie deshalb von den Starkregenereignissen Anfang Juni mehr betroffen als die Beluga-Linse? Die Aufsicht zeigt auf jeden Fall bei der Beluga-Linse einen fast geschlossenen Bestand und eine die Gerste überragende Pflanzenlänge. Bei der Anicia-Linse ist deutlich mehr Boden zu sehen und die Pflanzen haben Mühe bei dem lichten Gerstenbestand nicht ins Lager zu gehen.
Aufsicht auf das Gemenge Beluga-Linse und Gerste Prospect
Aufsicht auf das Gemenge Anicia-Linse und Gerste Avalon
08.07.2021 – Besuch zur Hauptblüte
Zwei Wochen später besucht eine Mitarbeiterin der LfL das Feld zur Hauptblüte des Linsenbestandes. Jetzt wird für die Dokumentation die Pflanzenlänge der Linsen und der Gerste gemessen. Der Unterschied der Wüchsigkeit zeigt sich noch deutlicher als beim letzten Besuch. Die Beluga-Linse ist mit durchschnittlich 46 cm Pflanzenlänge höher als die Gerste (Ø 44 cm), während die Anicia-Linse mit einer durchschnittlichen Pflanzenlänge von 43 cm kürzer bleibt. Aber interessant ist am Ende der Ertrag und nicht die Pflanzenmasse.
Bei der Kontrolle der Knöllchen an den Wurzeln zeigt sich an beiden Linsentypen ein guter Besatz. Die Knöllchen sind beim Anschneiden rötlich, was auf eine Aktivität der Rhizobien schließen lässt. So steht der Kultur vermehrt Stickstoff zur Verfügung und nach der Ernte sorgen die zurückbleibenden Wurzelreste für eine gute Vorfruchtwirkung für die Kultur kommendes Jahr.
Im Gemenge ist der Wuchs der Linsenpflanze meist nicht gut zu erkennen, darum wurde eine Pflanze der Belugalinse herausgenommen und ausgebreitet. Man sieht gut die Verzweigungen und den Schotenansatz. Auch Blüten sind in der Vergrößerung zu sehen.
09.08.2021 – Wann ist der beste Erntezeitpunkt?
Am Versuchsfeld lassen sich die angebauten Varianten sehr gut unterscheiden. Die Anicia-Linse mit der Gerstensorte Avalon als Stützfrucht ist auf der rechten Feldseite und im Vorgewende angebaut. Es dominiert die bräunliche Farbe der Gerstenähren. Auf der linken Fläche ist die Beluga-Linse mit der Gerstensorte Prospect zu sehen. Hier dominiert die grünliche Färbung, da die grünen Linsenpflanzen über die Gerstenähren hinausgewachsen sind.
Die Anicia-Linse hat durch mehrere Starkregenereignisse etwas den Halt an den Gerstenhalmen verloren und ist nach unten gedrückt worden.
Vom Reifezustand der Anicia-Samen ist die Ernte in der nächsten trockenen Wetterphase möglich.
Die Pflanzen der Beluga-Linse sind noch überwiegend grün, hier überlegt Bernhard Neumüller mit der Ernte noch zu warten.
Aus dem Bestand genommen zeigt sich an dieser kompletten Pflanze der Beluga-Linse, dass erst die unteren 30-40 % der Hülsen abgereift sind, dies ist an der Braunfärbung erkennbar.
In der Nahaufnahme kann man verschiedene Reifezustände der Hülsen mit Beluga-Linsen erkennen.
Auch so kurz vor der Ernte bildet die Pflanze noch Blüten. Mit dem indeterminierten Wuchs kann die Linsenpflanze Schlechtwetterperioden mit Verlust von Blüten ausgleichen. Die unterschiedlichen Reifezustände erschweren jedoch die Entscheidung, wann die Ernte optimalerweise stattfinden kann. Sind die frühesten, unteren Hülsen schon lange reif und vom Hülsenplatzen bedroht, so sind am anderen Ende noch sehr grüne, unreife Hülsen vorhanden.
Die heute aus den Hülsen genommenen Beluga-Samen haben noch nicht ihre charakteristische tiefschwarze Farbe. Hier ist es ratsam, den Pflanzen noch Zeit zum Ausreifen zu geben.
21.08.2021 & 06.09.2021 – Ernte
Am 21.08.2021 erntet Bernhard Neumüller das Anicia-Gemenge, am 06.09.2021 das Beluga-Gemenge.
17.09.2021 – Untersuchungen an der LfL
Am 17.09.2021 werden je eine getrocknete Ernteprobe für die Untersuchung an der LfL geholt. Hier wird eine Probe von 500 g genau nach Linsen-, Gerste- und Unkrautanteilen getrennt, da bei der Reinigung der gesamten Partie eine Restmenge bleibt, deren Trennung wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Bernhard Neumüller hat dieses Jahr - im Vergleich zum Anbau der Anicia-Linse 2020 - weniger Ernteertrag bei den Anicia-Linsen.
Ernteprobe des Anicia-Gemenges nach der Trocknung
Ernteprobe des Beluga-Gemenges nach der Trocknung