Innovations- und Forschungsprojekt
Untersuchung des MHC bei Schafen und Rindern

Modell MHC-Klasse II Moleküls in den Farben grün und blau vereint

Modell eines MHC-Klasse II Moleküls mit gebundenem Peptid

Der MHC („major histocompatibility complex“) hat eine Schlüsselrolle in der Erkennung von Krankheitserregern und in der Unterscheidung von „Selbst vs. Fremd“. MHC-Moleküle präsentieren den Zellen des Immunsystems kurze Eiweißketten aus dem Abbau von Erregern (z. B. Bakterien) oder aus dem Zellstoffwechsel. Das Repertoire der MHC-Moleküle und den auch als Antigene bezeichneten Peptiden bestimmt ob und wie eine Immunantwort erfolgt.
Einige Ketten der MHC-Moleküle werden von den variantenreichsten Genen kodiert, die man kennt. Jedes Tier hat ein Set von mehreren unterschiedlichen MHC-Genen, wodurch weitere Variabilität entsteht. Dank dieser Variabilität wird eine große Zahl unterschiedlicher Antigene erkannt. Die optimale Menge unterschiedlicher Antigene, die präsentiert werden können, hängt vom Tier und der Umwelt ab. Werden für die Immunantwort verantwortliche Antigene nicht erkannt, findet keine effektive Bekämpfung des Erregers statt. Ist das Spektrum hingegen zu groß, können z.B. Autoimmunreaktionen die Folge sein. Das Set an MHC-Allelen und Haplotypen bestimmt daher zum einen die Krankheitsanfälligkeit des einzelnen Tieres, zum anderen aber auch die Resilienz einer Population gegenüber neuen Erregern.

Ziele

Aufgrund der Variabilität von MHC-Genen sind in wenigen hundert Basenpaaren viele polymorphe Positionen vorhanden. Außerdem existieren für einige MHC-Moleküle mehrere eng verwandte Gene, so dass die Analyse des Allelrepertoires und die Genotypisierung des MHC mit klassischen Methoden schwer möglich sind. Die Genotypen können nur bestimmt werden, wenn die populationsspezifischen Allele möglichst umfassend bekannt sind. Dies ist bisher nur für wenige Nutztierpopulationen der Fall. Wir entwickeln daher Strategien zur möglichst effizienten Erfassung der MHC-Allele in Populationen, die bisher nicht untersucht wurden.

Methode

In diesem Projekt wird das spezifische MHC-Allel-Set für einzelne Populationen mit zwei unterschiedlichen Methoden analysiert: zum einen auf genomischer Ebene mit klassischer, PCR-basierter Direktsequenzierung, zum anderen auf Expressionsebene mittels RNA-Seq-Daten.
Für die Direktsequenzierung werden im ersten Schritt mittels eines hochpolymorphen und relativ einfach zu genotypisierenden Markers Tiere ausgewählt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit am MHC homozygot sind. Dies hat zwei Vorteile: zum einen können Allele und Haplotypen bei homozygoten Tieren direkt bestimmt werden, zum anderen werden die häufigsten Allele in der Population erfasst. Im zweiten Schritt werden dann Nachkommen dieser Tiere sequenziert, bei denen dann automatisch ein Allel bzw. Haplotyp bekannt ist.
Für die RNA-Seq basierte Analyse werden RNA-Seq-Datensätze mit einer speziellen Methode re-analysiert, die es ermöglicht, die Sequenz für hochpolymorphe Gene aus den Daten zu bestimmen. Ein großer Vorteil der Methode ist, dass ein vollständiger Genotyp unabhängig von vorgegebenen Primersequenzen ermittelt werden kann.

Ergebnisse

Mittels der Direktsequenzierung konnte das Allelspektrum für verschiedene Populationen, u.a. für Spanische Churra- und Bayerische Merino-Schafe charakterisiert werden und neue Primersysteme für die DQB-Gene etabliert werden. Die damit aufgebauten populationsspezifischen Datenbanken erlauben eine effiziente Genotypisierung mittels PCR und Direktsequenzierung.
Die Analyse von RNA-Seq Daten wurde anhand von Holstein-Friesian-Rindern etabliert. Dabei konnten durch Optimierung der Referenzsequenzen und der Suchparameter vollständige MHC-Klasse I Haplotypen aus den RNA-Seq-Reads rekonstruiert werden.
Veröffentlichungen
Ali AO, Stear A, Fairlie-Clarke K, Brujeni GN, Isa NM, Salisi MS, Donskow-Lysoniewska K, Groth D, Buitkamp J, Stear MJ (2017) The genetic architecture of the MHC class II region in British Texel sheep. Immunogenetics 69:157-163
Atljia M, Gutíerrez-Gil B, Arranz JJ, Stear MJ, Semmer J, Buitkamp J (2015) Major Histocompatibility Complex class IIB polymorphism in an ancient Spanish breed. Immunogenetics 67:531-537
Buitkamp J, Semmer J (2017) A rapid, direct-sequencing based MHC genotyping system for populations with insufficient information on allelic variation. Proceedings of the 36th International Conference on Animal Genetics, Dublin, Ireland (2017), p. 17
Demasius W, Weikard R, Hadlich F, Buitkamp J, Kuhn C (2016) A novel RNAseq-assisted method for MHC class I genotyping in a non-model species applied to a lethal vaccination-induced alloimmune disease. BMC Genomics 17:365
Stear MJ, Innocent GT, Buitkamp J (2005) The evolution and maintenance of polymorphism in the major histocompatibility complex. Vet Immunol Immunopathol 108:53-57
Projektinformation
Projektleiter: Dr. Johannes Buitkamp
Projektbearbeiter: Jördis Semmer, Dr. Johannes Buitkamp
Laufzeit: 01.01.2011 – 31.12.2021
Kooperationspartner:
Prof. Dr. med. vet. Christa Kühn, Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN), Institut für Genombiologie, Dummerstorf, Prof. Michael James Stear, School of Life Science, AgriBio, Melbourne, Australien