Züchtung hornloser Fleckviehtiere in den Milchviehbetrieben
Homozygot hornlose Manolo-Tochter, Foto: BSG Greifenberg
In den Milchviehbetrieben hält der Trend der letzten Jahre zu einem vermehrten Einsatz von natürlich hornlosen Fleckviehbesamungsbullen ungebrochen an. Das gestiegene Vertrauen in die „Hornlosen“ bei den Landwirten basiert auf einer immer besser werdenden Genetik der genomischen Jungvererber, auf der guten Nachfrage nach natürlich hornlosen Zuchttieren auf den Märkten und der positiven Fürsprache der Ansprechpartner in Zucht und Besamung. Darüber hinaus liegen immer häufiger eigene Erfahrungswerte mit hornlosen Kühen vor.
Der Wunsch nach einer Verringerung der Zahl zu enthornender Kälber im eigenen Betrieb wird angesichts der züchterischen Möglichkeiten, aber auch der Vorgaben im Hinblick auf eine frühere und schonendere Kälberenthornung immer ausgeprägter. Denn diese Entwicklung hat zu einer starken Verlagerung der Enthornung der zu vermarktenden Bullenkälber in die Geburtsbetriebe und damit zu einer Mehrarbeit in den Milchviehbetrieben geführt. Die Hornloszüchtung entlastet die enthornenden Betriebe und verbessert das Tierwohl in der Rinderhaltung.
Entwicklung bis zum heutigen Stand
Einzelne Züchter holten sich auch über den Einsatz von verfügbaren hornlosen Red Holstein–Bullen das Hornlosgen in den Bestand mit der Absicht, einen rascheren Zuchtfortschritt in der Milchmengenleistung und der Euterbeschaffenheit zu erreichen. Dabei wurden Einbußen in der Fleischkomponente und im Fleckviehtyp in Kauf genommen.
Entwicklung der Besamungen mit natürlich hornlosen Fleckvieh-Bullen in Bayern
In den bayerischen Ställen ist in den letzten Jahren als Folge dieses Trends auch ein Anstieg der Zahl natürlich hornloser FV-Milchkühe zu verzeichnen. Zum Stand April 2021 sind 62.852 Kühe als natürlich hornlos registriert. Dies entspricht 8,8 Prozent der bayerischen FV-Population. Der hornlose Jungviehbestand (vom Kalb bis zur Kalbin) umfasst 121.735 Jungtiere (Quelle: LKV Bayern).
Möglichkeit des Einsatzes natürlich hornloser Bullen
Das Angebot der Besamungsstationen in Bayern umfasst Fleckvieh-Sperma von zwei verschiedenen Zucht- bzw. Nutzungsrichtungen.
Die Mehrzahl der hornlosen GJV sind derzeit noch heterozygot hornlos. Mit dem Hornstatus Pp/Pp* oder PS/P*S erzeugen alle heterozygot hornlosen Bullen, angepaart an gehörnte Kühe, annähernd je zur Hälfte hornlose und gehörnte Nachkommen in den Beständen.
In den letzten Jahren gelang es zunehmend, auch homozygot hornlose (PP/PP*) genomische Jungvererber mit "konkurrenzfähigen" Zuchtwerten zu züchten und in den KB-Einsatz zu stellen. Dagegen ist der züchterisch interessante, nachkommengeprüfte homozygot hornlose Besamungsbulle derzeit noch die Ausnahme. Diese (homozygoten) Bullen sind die perfekten Enthorner, denn ihre Nachkommen werden ebenfalls hornlos geboren. Im Laufe der Entwicklung ist lediglich die Ausbildung von Krusten und wackeligen Ansätzen möglich, welche aufgrund ihrer zumeist geringen Größe nicht stören und nicht zu enthornen sind.
Das Angebot an hornlosen Doppelnutzungsbullen wird in den nächsten Jahren in Qualität und Umfang weiter zulegen. Dafür spricht das große Interesse der Fleckvieh-Züchter an einer Alternative zur herkömmlichen Enthornung, die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den Zuchtverbänden, Besamungsstationen, der staatlichen Rinderzucht und dem Institut für Tierzucht der LfL sowie die Weiterentwicklung der genomischen Zuchtwertschätzung.
Hornlose Besamungsbullen der Zuchtrichtung Milch und Fleisch (Milchviehhaltung) im Einsatz
Zuchtbulle Fleckvieh Fleisch
Ihre Stärken liegen in der Regel in einer sehr guten Mast- und Schlachtleistung und einer hervorragenden Bemuskelung bei den Söhnen und Töchtern. Darüber hinaus verfügen sie häufig über eine gute Persistenz und können auf der weiblichen Seite zu einer Erweiterung der genetischen Vielfalt beitragen. Allerdings weisen diese Bullen negative Milchmengenzuchtwerte und damit einhergehend sehr niedrige Milchwerte auf. Die hervorgehenden männlichen Nachkommen sind zur Mast zu verwenden.
Über die Nachkommen wird das Abkalbeverhalten, die Fleischleistung der Söhne (Fleischwert und Einzelzuchtwerte) ermittelt, die Nachzuchtbeschreibung der Töchter durchgeführt und alle weiteren in der Milchviehhaltung wichtigen Daten erhoben und die Zuchtwerte geschätzt.
Bei der weiblichen Nachzucht bestehen je nach Muttergrundlage häufig Schwächen in der Melkbarkeit und der Euterbeschaffenheit. Darüber hinaus ist mit einer geringeren Milchleistung zu rechnen.
Hornlose Besamungsbullen der Zuchtrichtung Fleisch im Einsatz
Ansprechpartner
Johann Robeis
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7159
Fax: 08161 8640-7199
E-Mail: Tierzucht@lfl.bayern.de
Zucht auf Hornlosigkeit beim Fleckvieh