Anforderungen an eine elektrische Einzäunung bei Anwesenheit von großen Beutegreifern
Die Einzäunung einer Koppel kann nur dann Schutz vor Großbeutegreifern bieten, wenn sie sowohl eine mechanische (z.B. keine Einschlupfmöglichkeiten) als auch eine optische (z.B. deutlich erkennbar) und psychische (z.B. ausreichend elektrifiziert) Barriere darstellt. Die Anschaffung eines komplett neuen Zaunsystems wird hierfür in den wenigsten Fällen nötig sein. Vielmehr kann die Schutzwirkung des bereits bestehenden Zaunes deutlich verbessert werden, wenn einige Hinweise zum Aufbau des Zaunes sowie der Lage der Koppel beachtet werden.
Ein wolfssicherer Zaun muss "untergrabsicher" sein
Bei stark wüchsigen Weideflächen ist das Anbringen einer stromführenden Litze im Bodenbereich des Zaunes mit viel zusätzlicher Arbeit für das Entfernen der Vegetation verbunden. Vor allem auf ortsgebundenen Weiden kann alternativ das Einlassen des Zaunes in den Boden oder das Anbringen einer Zaunschürze (siehe Artikel unter "Gehegewild") effektiver sein.
1. Schritt: Richtig zäunen!
- Die Zäunung muss ringsum – also auch wasserseitig - geschlossen sein. Wölfe überwinden Flüsse!
- Geländeunebenheiten müssen richtig gezäunt werden (Pfahl in Mulden!)
- Der Abstand der untersten Litze zum Boden sollte auf der gesamten Zaunlänge an keiner Stelle höher als 20 cm sein. Dies ist speziell an Toren sowie Bodenwellen/Fahrspuren zu überprüfen, um so ein Unterkriechen/Untergraben von Wölfen zu verhindern. Bei Bedarf könnten im Torbereich massive Böden – wie z.B. Rasengittersteine – Abhilfe schaffen. Über diese feste ebene Fläche kann dann eine Stromlitze gezogen werden, die das Untergraben verhindert. Mindestens vier Litzen sollten in den Höhen 20, 40, 60 und 90 cm gezogen sein.
- Als unterste und oberste Litze wenn möglich optisch auffällige Breitbandlitzen verwenden.
- Es sollte ein entsprechender Abstand (empfohlen werden 4 m) zu "Einsprunghilfen" wie z.B. Straßenböschungen, Erdwällen, Baumstümpfen oder Heuballen eingehalten werden. Alternativ sind diese Objekte zu entfernen, mit einzuzäunen oder der Zaun entsprechend zu erhöhen.
- Die Höhe des Zaunes ist wenn nötig an das Gelände anzupassen (z.B. bei Einsprunggefahren im Bereich von Hangkanten)
- Der Zaun muss gut gespannt sein, sodass die empfohlene Höhe auf der gesamten Koppellänge erreicht wird. Der Zaun darf keine Gelegenheit zum leichten Einspringen an durchhängenden Stellen bieten.
- Die Koppel muss ausreichend groß sein, damit die Tiere bei Gefahr genügend Raum zum Ausweichen haben und möglichst nicht ausbrechen.
- Auf möglichst großen Abstand zu Wald oder anderen Deckungsmöglichkeiten für den Wolf achten.
- Nutztiere und Beutegreifer sind rot grün blind. Die Standardfarbe orange bei Weidenetzen ist daher nur schlecht sichtbar und als Warnfarbe für den Mensch gedacht. Weidenetze mit weiß-blauem Farbkontrast sind gut sichtbar. Durch 20 bis 30 cm lange weiß blaue Flatterbänder in regelmäßigen Abständen können vorhandene Zäune visuell aufgewertet werden.
Negativbeispiele sind:
2. Schritt: Zaun ausreichend elektrifizieren!
Voraussetzungen:
- Die Spannung des Weidezauns sollte 4.000 Volt betragen und darf 2.000 Volt nie unterschreiten.
- Elektrozäune müssen täglich auf ihre volle Funktionstüchtigkeit (vor allem Spannungskontrolle) hin sorgfältig kontrolliert werden. Es wird empfohlen die Kontrolle täglich zu dokumentieren
(Stichwort: Nachweis der Sorgfaltspflicht/Haftungsausschluss). - Nur wenn alle Bestandteile eines Elektrozaunes sinnvoll aufeinander abgestimmt sind, wird ein effektiver Schutz erreicht. Nutzen Sie die Beratung des Fachhandels!
- Draht bzw. Litzen sollten einen spezifischen Widerstand von weniger als 1 Ohm/m aufweisen.
- Weidezaungeräte sollten über eine Impulsenergie von mindestens 1 Joule verfügen. Je länger der Zaun, desto höher sollte die Impulsenergie sein. Auch für die schwerer zu hütenden Schafe, Ziegen und auch Wildtiere sollte die Impulsenergie höher sein.
- Eine ausreichende Stromversorgung kann rein technisch unter Berücksichtigung von praxisüblichem Bewuchs aktuell bis zu einer Zaunlänge von ca. 15 km gewährleistet werden. Größere Flächen bzw. längere Zäune lassen sich gegebenenfalls aufteilen und mit zwei Geräten versorgen. Achtung: Zäune, die von unterschiedlichen Geräten versorgt werden, müssen einen Mindestabstand von 2,5 m haben. Prinzipiell ist es bei langen Zäunen empfehlenswert, das Gerät mittig zu platzieren um die effektiven Leitungslängen kurz zu halten.
- Es ist zu prüfen, ob die Erdung ausreichend ist. In der Regel müssen mehrere Erdungsstäbe tief in den Boden eingeschlagen werden. Bei Trockenheit kann ein Wässern der Erdungsstäbe die Erdung verbessern und somit die Stromspannung auf dem Zaun erhöhen.
- Werden Weidezaungeräte unabhängig von einer Steckdose genutzt, empfiehlt sich zur sicheren Stromversorgung der Einsatz von Solarmodulen.
- Plus-Minus Netze leiten den Strom intensiver, der Einsatz empfiehlt sich bei trockenen Böden, wenn die Erdung schlecht möglich ist.
- Zäune stellen eine Barriere für Wildtiere dar. Deshalb sollten nach jedem Weidewechsel die Zäune soweit wie möglich abgebaut werden. Ist dies nicht möglich, wird empfohlen, die Zäune unter Strom zu lassen. Andernfalls gewöhnen sich Wölfe an die Elektrozäune und verlieren so den Respekt davor.
- Wird der Zaun durch Bewuchs berührt, verringert dies die Stromspannung und damit die Intensität des Stromschlages für den Wolf deutlich. Zum Freihalten des Zaunes von Bewuchs sind Mähen, Mulchen oder thermische Verfahren geeignet. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere Totalherbizide ist nicht erlaubt, da für diesen Zweck keine Zulassung vorliegt.
- Eine Elektrifizierung von Stacheldrähten ist aufgrund der erhöhten Verletzungsgefahr verboten.
Zäune erhöhen?
Breite Litze über Elektronetz
Fachlich gerechtfertigt erscheint nach aktuellem Stand eine Maximalhöhe von 175 cm. Da mobile Zäune mit zunehmender Höhe instabil werden, wird geraten für diesen Zweck nur eine stationäre Elektrozaunvariante zu benutzen und dies auch nur auf den unbedingt erforderlichen Streckenabschnitten.
Ansprechpartnerin
Giulia Kriegel
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8640-7121
Fax: 08161 8640-5555
E-Mail: Tierzucht@LfL.bayern.de