Wildtiermanagement
Schutzmaßnahmen für Gehegewildhalter

Elektrodrahtzaun mit Holzpfosten.

Foto: Manfred Wölfl, StMUG

Die Einzäunung eines Geheges entscheidet darüber, ob ein Beutegreifer in das Gehege eindringen kann oder nicht. Durch die Rückkehr der Beutegreifer in andere Bundesländer liegen dort inzwischen wieder Erfahrungen über effektive Einzäunungsarten vor, die in diesem Artikel vorgestellt werden.

Beutegreifer überwinden eine Einzäunung durch Überspringen, Überklettern oder Untergraben. Während beispielsweise Luchse häufig den Zaun überklettern oder von Bäumen einspringen, untergraben Wölfe Zäune häufiger. Je nach bereits vorhandener Einzäunungsart empfehlen sich verschiedene Anbauten, um den Zaun sicherer zu machen.

Verhindern des Überspringens und Überkletterns

Bei sachgemäßer Installation stellt die Elektrifizierung (4.000 V) den wirksamsten Schutz gegen ein Überspringen bzw. Überklettern durch Großbeutegreifer und andere Eindringlinge (z. B. Hunde) dar. Bei dem Neubau eines Geheges in Luchs- oder Wolfsgebieten sollte eine Elektrifizierung daher von vornherein mit bedacht werden. Bereits bestehende Gehege können jedoch auch nachträglich elektrifiziert werden. Der ursprüngliche Aufbau des Zaunes ist hierbei zweitrangig. Wichtiger für die Schutzwirksamkeit ist der schräg nach außen weisende, stromführende Aufsatz.

Von der Verwendung von Stacheldraht zur oberen Abgrenzung des Zaunes wird abgeraten, weil zu befürchten ist, dass der Luchs aufgrund seiner hervorragenden Kletterfähigkeit durch die Zwischenräume der Stacheln hindurchschlüpft. Hinzu kommt, dass das äußere Erscheinungsbild des Geheges stark beeinträchtigt wird, da es durch den Stacheldraht eine Art "Gefängnishofcharakter" bekommt.

Der Schutz eines Geheges durch eine nächtliche Beleuchtung scheint zunächst wenig arbeitsintensiv und recht kostengünstig. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich Großbeutegreifer an das Licht gewöhnen. Auf Hunde scheint es sogar eher anziehend als abschreckend zu wirken.

Hinweis zu Einsprungmöglichkeiten
Vor allem der Luchs nutzt alle verfügbaren Kletterhilfen, um in ein Gehege einzudringen. Daher sollten Gerätehütten oder Futtereinrichtungen möglichst freistehend im Gehege errichtet werden und neue Bäume wenn möglich nicht in den unmittelbaren Zaunbereich gepflanzt werden. Wird eine Umzäunung neu errichtet, sollte zu bereits vorhandenen Bäumen einige Meter Abstand gehalten werden. Ein Überklettern des Zaunes kann außerdem dadurch erschwert werden, indem Holzpfosten durch Metallpfosten ersetzt werden. Achtung: Diese baulichen Anpassungen können unter Umständen zu Schwierigkeiten bei der Anerkennung als "freilebendes Wild" führen. Daher sollte im Vorfeld eine Abstimmung mit der zuständigen Behörde erfolgen.

Verhindern des Untergrabens

Wölfe und Hunde erweitern oftmals bereits vorhandene Fuchs- oder Dachsgrabungen und dringen so in das Gehege ein. Der dichte Bodenabschluss des Zaunes muss daher regelmäßig überprüft werden. Durch Eingraben des Zaunes, Befestigen einer Zaunschürze oder Anbringen eines elektrischen Drahtes im Bodenbereich des Zaunes kann ein Eindringen in das Gehege von außen wirksam unterbunden werden.
Die verschiedenen Methoden lassen sich bei Bedarf auch kombinieren. So ist bei einem Gehege mit viel Publikumsverkehr im Eingangsbereich das Eingraben einer Zaunschürze sicherlich dem elektrischen Draht vorzuziehen. Dieser kann aber wiederum an für Besucher unzugänglichen Stellen mit wenig Aufwuchs die bessere Variante darstellen.

Bereits in der Planungsphase muss berücksichtigt werden, dass bei sämtlichen Arbeiten im Zaunbereich eventuell betroffene Grundstücksgrenzen beachtet werden müssen. Kann hierbei keine Einigung mit angrenzenden Eigentümern erzielt werden, müssen die Arbeiten unterbleiben. Bei einem Neubau des Zaunes sollte darüber nachgedacht werden, ob zwischen der Grundstücksgrenze und dem Zaun einige Meter Abstand gelassen werden kann, um eventuelle Erdarbeiten wie bspw. das Anbringen einer Zaunschürze auf eigenem Grund durchführen zu können.

Das Einlassen des Zaunes in 20 bis 50 cm Tiefe hat sich als eine sehr wirksame, aber auch aufwändige Methode gegen das Untergraben durch Wölfe erwiesen. Sie wird vor allem bei einem Neubau des Geheges als sinnvoll erachtet, da hier der Arbeitsaufwand vergleichsweise gering ist. Beim Kauf des Zaunmaterials muss jedoch darauf geachtet werden, dass sich durch das Eingraben die erforderliche Gesamthöhe des Zaunmaterials vergrößert (Zaunhöhe mind. 1,80 m (Damwild) bzw. mind. 2,00 m (Rotwild) + mind. 30 cm eingegrabener Zaun).

Soll das Gehege nachträglich gesichert werden, lässt sich an den bereits bestehenden Zaun mittels Bindedraht (verzinkt, mind. 1 mm stark) ein weiteres Zaunstück oder auch eine Gummimatte befestigen und in den Boden eingraben. Unter Umständen lassen sich hierfür kostengünstige Restprodukte von Industrieunternehmen (z. B. ausgediente Förderbänder) nutzen. Das Ausgraben der Zaunschneise kann besonders bei starkem Wurzelwerk sehr arbeitsintensiv sein. Eine Erleichterung kann hier eine Kabelfräse oder ein Pflug schaffen.

Vorteile

  • kaum Flächenbedarf außerhalb des Geheges
  • keine Verletzungsgefahr
  • keine Probleme bei Mäharbeiten
  • kaum Instandhaltungsarbeiten

Nachteile

  • arbeitsaufwändiges Ausgraben der Zaunschneise
  • Kosten direkt abhängig von Zaunlänge

Negativbeispiele

Folgende Zäune stellen keinen Schutz gegen Luchs, Wolf und Bär dar:
Schlupfloch, verdeckt von Blättern.

Einschlup­floch
eines Luchses
Foto: Manfred Wölfl, LfU

Flusslauf, umgeben mit Bäumen.

Flussläufe
Foto: Tobias Wallrapp

Wiese mit Zaun und Gehegewild

Bauzäune
Foto: Tobias Wallrapp

Gehegezaun auf Wiese.

Gehegezaun ohne Elektrifizierung

Herdenschutztiere im Gehege?

Esel im Wildgehege.Zoombild vorhanden

Esel als Herdenschutztier im Wildgehege
Foto: M. Wölfl, LfU

Bestimmte sogenannte Schutztiere schützen scheinbar nicht nur Schafherden vor Beutegreifern, sondern auch Wild in Gehegen.
Bislang existieren noch keine Erfahrungen mit Herdenschutzhunden in Wildgehegen. In Bayern sind zwei Gehege bekannt, in denen Esel erfolgreich zum Schutz gegen Luchse eingesetzt werden. Generell eignen sich sowohl Lamas als auch Esel als Schutztiere für Gehegewild.
Es sollte jedoch bedacht werden, dass es keine Garantie für die permanente Aufmerksamkeit der Herdenschutztiere gibt. Sie können daher vor allem in größeren Gehegen nicht mit der Sicherheit einer Elektrifizierung konkurrieren. Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Herdenschutztiere ist dem entsprechenden Abschnitt im Kapitel Schafe und Ziegen zu entnehmen.
An dieser Stelle sei lediglich auf zwei Einschränkungen für ihren Einsatz in Gehegen hingewiesen:

Esel

Die Richtlinien für Wildgehege in Bayern erlauben die Vergesellschaftung mit Equiden nur außerhalb der Brunft- und Setzzeit. Während dieser Zeit muss somit eine anderweitige Unterbringung bzw. Abtrennung des Esels möglich sein.

Lamas

Der Besatz mit Neuweltkameliden ist in Bayern nach den aktuellen Richtlinien für Wildgehege zwar nicht ausdrücklich verboten, sollte aber bei Interesse mit dem zuständigen Landratsamt abgeklärt werden, weil diese bisher bei den zur permanenten Vergesellschaftung zulässigen Arten nicht erwähnt sind.

Ansprechpartnerin
Giulia Kriegel
Institut für Tierzucht
Prof.-Dürrwaechter-Platz 1
85586 Poing-Grub
Tel.: 08161 8460-7121
Fax: 08161 8460-5555
E-Mail: Tierzucht@LfL.bayern.de

Eine Frau sitzt auf der Weide neben einer Schafherde.

Giulia Kriegel

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