Fütterungskonzepte gegen Kannibalismus
Erhöhung des Rohfasergehaltes im Futter und des Wassernachlauf an den Nippeltränken
Das Auftreten von Kannibalismus in der Schweinehaltung hat viele Ursachen. Neben dem Stallklima, der Haltung, der Genetik und diversen Erkrankungen hat auch die Fütterung einen maßgeblichen Einfluss. Die möglichen Ansatzpunkte der Fütterung zur Vermeidung von Kannibalismus sind vielfältig. So gilt es die Ration zu optimieren und auf entsprechende Fütterungszeiten zu achten. Darüber hinaus spielt die Sättigung der Tiere, die Futter- bzw. Fütterungshygiene sowie die Wasserversorgung eine wichtige Rolle.
In vorliegender Untersuchung wurde deshalb der Einfluss des Rohfasergehaltes der Ration in Verbindung mit der Futterstruktur und des Tränkewassernachlaufes an den Nippeltränken überprüft.
Versuchsdurchführung
Der Fütterungsversuch mit 196 Ferkeln in Gruppenfütterung wurde am Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum Schwarzenau durchgeführt.
Fütterungsgruppen
- Kontrolle, 8 Buchten: Ferkelaufzuchtfutter mit 3 % Rohfaser; Schroten mit „Standardsieb“
- Testgruppe, 8 Buchten: Ferkelaufzuchtfutter mit 5 % Rohfaser; Schroten mit 6 mm Sieb
In jeder Fütterungsgruppe waren folgende Buchtenkombinationen vertreten:
- 2 Buchten mit nicht schwanzkupierten Ferkeln; Wassernachlauf aus der Nippeltränke 1,0 l/min
- 2 Buchten mit nicht schwanzkupierten Ferkeln; Wassernachlauf aus der Nippeltränke 0,5 l/min
- 2 Buchten mit schwanzkupierten Ferkeln; Wassernachlauf aus der Nippeltränke 1,0 l/min
- 2 Buchten mit schwanzkupierten Ferkeln; Wassernachlauf aus der Nippeltränke 0,5 l/min
Ergebnisse
Auswertung nach Fütterungsgruppen
In nebenstehender Grafik sind die Ergebnisse der Fütterungsgruppen relativ zur Kontrolle dargestellt. Mit 534 und 532 g wurden in beiden Gruppen nahezu identische tägliche Zunahmen verzeichnet. Der Futteraufwand je kg Zuwachs war aufgrund des um 43 g geringeren täglichen Futterverzehrs in der Gruppe mit hohem Rofasergehalt günstiger. Die Rohfaserergänzung erhöhte die Futterkosten um 2 Cent je kg Zuwachs bzw. um 0,44 Euro je aufgezogenes Ferkel. Der Verbiss an den Schwänzen war sogar bei rohfaserreicher Fütterung höher.
Zwischenfazit
Etwa 5 Prozent Rohfaser im Ferkelaufzuchtfutter sind nicht leistungsschädlich, sie stabilisieren laut Kotbonitierung die Darmgesundheit etwas. Mehr Rohfaser als üblich verteuert aber die Fütterung.
Auswertung nach Buchten mit kupierten und nicht kupierten Tieren
Der Vergleich von Tieren mit kupierten und nicht kupierten Schwänzen geht aus nebenstehender Grafik hervor. Die Ergebnisse sind relativ zu den nicht kupierten Ferkeln dargestellt. Schwanzkupierte Tiere erzielten 23 g höhere tägliche Zunahmen und hatten einen um 23 g niedrigeren Futterverzehr. Der Futteraufwand je kg Zuwachs war dadurch entsprechend günstiger. In den Buchten mit nicht schwanzkupierten Ferkeln erhöhten sich die Futterkosten um 3 Cent je kg Zuwachs bzw. um 0,66 Euro je aufgezogenes Ferkel. Ein Verbiss an den Schwänzen bei den kupierten Ferkeln war nicht zu erkennen.
Eingezogene Schwänze,
Anzeichen für
beginnendes Schwanzbeißen
Zwischenfazit
Das Nichtkupieren der Schwänze führte in dem Versuch zu vielen Verletzungen, Leistungseinbußen und erhöhten Futterkosten.
Auswertung nach Buchten mit niedrigem und hohem Wassernachlauf an den Nippeltränken
Wurden die Tiere in den Buchten mit hohem und niedrigem Wassernachlauf miteinander verglichen so ergaben sich die Ergebnisse in nebenstehender Grafik. Sie sind relativ zu den Buchten mit 1,0 l Wassernachlauf dargestellt.
Bei 0,5 l Wassernachlauf erzielten die Ferkel 24 g höhere tägliche Zunahmen und hatten einen um 17 g höheren Futterverzehr. Der Futteraufwand je kg Zuwachs war bei 0,5 l Wassernachlauf entsprechend günstiger. In den Buchten mit 1 l Wassernachlauf erhöhten sich dadurch die Futterkosten um 2 Cent je kg Zuwachs bzw. um 0,44 Euro je aufgezogenes Ferkel. Der Verbiss an den Schwänzen bei den schwanzkupierten Ferkeln war bei höherem Wassernachlauf sogar stärker.
Zwischenfazit
Ein Zusatznutzen der „besseren“ Wasserversorgung stellt sich nur ein, wenn das Futterwasser sehr knapp ist bzw. wenn extrem hohe Stalltemperaturen anzutreffen sind. Dies war im vorliegendem Versuch nicht der Fall.
Schlussfolgerung
Der größte Ansatzhebel zur Verhinderung von Unruhe und Kannibalismus ist das Kupieren der Schwänze. Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls wie mehr Rohfaser oder besserer Wassernachlauf aus den Zusatztränken (Nippel) in der Bucht sind nicht immer eindeutig positiv in ihrer Wirkung und kosten auf alle Fälle Geld. Trotzdem sollte nicht auf die bewährten Sicherheitspakete wie „mehr Rohfaser" und "gute Zusatzwasserversorgung" verzichtet werden.
Projektinformation
Projektleiter: Dr. H. Lindermayer
Projektbearbeiter: Dr. W. Preißinger; G. Propstmeier, S. Scherb, Herbst, N.
Laufzeit: März bis September 2013
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