Forschungs- und Innovationsprojekt
Maissilage in der Milchviehfütterung – kolben- oder restpflanzenbetont?

fressende Kuh am Futtertisch

In Deutschland werden stärkereiche Silomaissorten in der Milchviehfütterung bevorzugt.

Bei hoher Restpflanzenverdaulichkeit könnten restpflanzenbetonte Sorten einen vergleichbaren Energiegehalt aufweisen, mit gleichem Erfolg in der Milchviehfütterung eingesetzt werden und dabei zu einer Minderung von hohen Stärkegehalten in Milchviehrationen führen.

Zielsetzung

Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Silomaissorten sollte vorliegender Versuch klären, ob sich beim vergleichenden Einsatz einer stärkebetonten Maissilage (Sorte SY Multipass) und einer Maissilage mit hoher Restpflanzenverdaulichkeit (Sorte SY Altitude) Effekte auf Futteraufnahme und Milchleistungskriterien bei hochleistenden Fleckvieh- und Brown-Swiss-Kühen ergeben.

Methode

Für die Untersuchungen wurde auf einer Fläche des Lehr-, Versuch- und Fachzentrums Achselschwang der LfL Bayern Mais der Sorten SY Multipass, SY Altitude und SY Kardona (Züchter: Syngenta Agro GmbH) unter vergleichbaren Bedingungen angesät. Die kolbenbetonte Sorte SY Multipass und die restpflanzenbetonte Sorte SY Altitude wurden für den späteren Milchviehfütterungsversuch ausgewählt. Zur Charakterisierung der beiden Sorten wurden repräsentative Proben des Maises aus dem stehenden Bestand gezogen. Zur Ernte zeigte der Kolben der Sorte Multipass höhere TM-Gehalte als die Sorte Altitude (Tabelle 1), die Gehalte an Stärke waren im Kolben der beiden Sorten vergleichbar. Der ELOS-Wert weist auf eine bessere Verdaulichkeit des Kolbens der Sorte Multipass hin. In der Restpflanze lagen die Fasergehalte bei SY Altitude niedriger als bei SY Multipass. Die höheren Gasbildungs- und ELOS-Werte der Restpflanze der Sorte SY Altitude spiegeln eine verbesserte Restpflanzenverdaulichkeit wider. Der Kolbenanteil an der Ganzpflanze lag bei der Sorte SY Multipass zur Ernte über 3 % höher als bei SY Altitude.
Ausgewählte Inhaltsstoffe von Kolben und Restpflanze der im Versuch eingesetzten Maissorten
SorteSY MultipassSY Altitude
Kolben+Spindel
TM, g/kg595574
XS, g/kg TM602610
XZ, g/kg TM4537
GB, mg/200 mg TM6163
ELOS, g/kg TM823774
Restpflanze
TM, g/kg272241
XF, g/kg TM355327
ADFom, g/kg TM420407
aNDFom, g/kg TM737690
GB, mg/200 mg TM3438
ELOS, g/kg TM422483
Kolbenanteil, % der TM60,156,7
Am Tag der Ernte wurde der Mais bei einer eingestellten Schnitthöhe von 25 cm und einer theoretischen Häcksellänge von 8 mm geerntet. Die Silierung erfolgte ohne Zugabe von Silierhilfsmitteln in Schlauchsilos. Die Silos wurden nach knapp neunwöchiger Silierdauer für den Fütterungsversuch geöffnet. Die Fasergehalte (XF, ADFom, aNDFom) lagen in der Silage der Sorte SY Altitude höher als bei der Sorte SY Multipass, was sich mit dem höheren Restpflanzenanteil bei SY Altitude deckt (Tabelle 2). Der Stärkegehalt der Silage SY Multipass lag etwa 1 % über dem der Silage SY Altitude. Die ELOS lag in der Silage SY Altitude etwas höher als bei SY Multipass, allerdings errechnet sich trotzdem ein etwas erniedrigter Energiegehalt.
Der hohe Milchsäuregehalt und der niedrige pH-Wert weisen in beiden Silagen auf einen günstigen Silierverlauf hin, der sich auch im Erreichen der vollen DLG-Punktzahl äußert. Die Essigsäuregehalte liegen im Vergleich zu üblichen unbehandelten Maissilagen relativ hoch.
Wertbestimmende Inhaltsstoffe und Gärparameter der im Versuch eingesetzten Maissilagen (SY Multipass und SY Altitude)
MaissilageSY MultipassSY Altitude
TM, g/kg384362
NEL, MJ/kg TM6,786,70
nXP, g/kg TM134133
XP, g/kg TM7876
XF, g/kg TM174185
ADFom, g/kg TM244265
aNDFom, g/kg TM361375
XS, g/kg TM387375
ELOS, % TM678692
Milchsäure, g/kg TM40,537,8
Essigsäure, g/kg TM5,25,0
Buttersäure, g/kg TM1,11,1
pH-Wert3,93,9
DLG Punkte100100
Für den 12-wöchigen Milchviehfütterungsversuch wurden 48 Fleckvieh- und Brown-Swiss-Kühe ausgewählt, die unter Berücksichtigung von Rasse, Laktation, Laktationsstand, Futteraufnahme, Milchleistung und Milchinhaltsstoffen gleichmäßig auf die Gruppen "Multipass" und "Altitude" aufgeteilt wurden. In jeder Gruppe waren 6 Brown-Swiss- und 18 Fleckviehkühe vertreten. In jeder Gruppe befanden sich 3 Erstlingskühe, im Mittel befanden sich die Tiere zu Versuchsbeginn am 110. Laktationstag der 3. Laktation.
Beide Versuchsgruppen wurden über Totale Mischrationen auf Basis Maissilage, Grassilage, Heu/Stroh und Kraftfutter versorgt (Tabelle 3), die bei einer unterstellten täglichen Futteraufnahme von knapp 23 kg TM/Tier auf eine Milchleistung von 35 kg Milch/Tier und Tag ausgelegt war. Die TMR unterschieden sich lediglich durch die eingesetzte Sorte Maissilage (SY Multipass/SY Altitude), der Anteil an Maissilage an der Ration wurde mit knapp 40 % der TM bewusst hoch gewählt. Die beiden TMR wurden einmal täglich mit einem Futtermischwagen erstellt und vorgelegt.
Zusammensetzung der TMR
Futtermittelkg TM/Tier, Tag% der TM
Grassilage5,7525,4
Maissilage (SY Multipass oder SY Altitude)9,0039,7
Heu0,502,21
Kraftfutter
(7,6 MJ NEL und 199 g nXP/kg TM)
6,7529,8
kalkulierte Nährstoff- und Energiegehalte
Inhaltsstoffje kg TM
NEL, MJ5,75
nXP, g154
RNB, g0,0
XF, g183
Stärke+Zucker g299
Pansenabbaubare KH, g254
Pansenstabile Stärke, g45
XL, g35
Strukturindex NDF47
Die Kühe wurden in einem Offenfrontstall mit Liegeboxen gehalten. Die Futteraufnahme wurde tierindividuell über Wiegetröge erfasst. Die Milchleistung wurde täglich erfasst, Milchproben wurden einmal je Woche vom Morgen- und Abendgemelk eines Tages gezogen. Das Lebendgewicht wurde nach dem Melken mit einer automatischen Durchlaufwaage erfasst. Von den Kraft- und Grobfuttermitteln wurden monatliche Mischproben erstellt, an denen die Rohnährstoffgehalte bestimmt wurden. Die Rohnährstoff- und Energiegehalte der TMR wurden aus den Analysenwerten der Einzelkomponenten und den über den Mischwagen erfassten tatsächlich täglich eingewogenen Mengen errechnet.

Ergebnisse

Die tägliche TM-Aufnahme lag in den Gruppen Multipass und Altitude mit 22,0 und 22,3 kg/Tag auf einem vergleichbaren Niveau (Tabelle 5). Die in der Rationsplanung unterstellten TM-Aufnahmen wurden annähernd erreicht, so dass auch die Aufnahme an Maissilage mit täglich knapp 9 kg TM im angestrebt hohen Bereich lag. Die Aufnahme an Energie und nXP unterschied sich zwischen den Versuchsgruppen nicht. Auf Grund der eher geringen Differenzierung zwischen den Silagen ergibt sich auch bei der täglichen Stärkeaufnahme keine Differenzierung zwischen den Fütterungsgruppen. Lediglich die Aufnahme an Faser (XF, aNDFom) lag in der Gruppe Altitude etwas höher als in der Gruppe Multipass. Für beide Fütterungsgruppen ergibt sich, dass trotz der hohen Maisanteile der Ration die Versorgung mit leicht löslichen Kohlenhydraten im Bereich der Empfehlungen (Gruber Futterwerttabellen, LfL, 2015) lag.
Tägliche Futter- Energie- und Nährstoffaufnahme im Milchviehfütterungsversuch
VersuchsgruppeMultipassAltitude
TM-Aufnahme, kg/Tag22,0 ± 2,622,3 ± 2,6
NEL-Aufnahme, MJ/Tag150 ± 18151 ± 18
XP-Aufnahme, g/Tag3367 ± 3973381 ± 397
nXP-Aufnahme, g/Tag3319 ± 3913335 ± 392
XF-Aufnahme, g/Tag3968 ± 4684099 ± 482
aNDFom-Aufnahme, g/Tag8150 ± 9618331 ± 978
ADFom-Aufnahme, g/Tag5076 ± 5995183 ± 609
XS-Aufnahme, g/Tag5226 ± 6165229 ± 616
XS+XZ-Aufnahme, g/Tag5899 ± 6945900 ± 695
Pansenstabile XS, g/Tag10401038
± Standardabweichung, im Bereich liegen 68 % der Werte
Die tägliche Milchleistung lag im Durchschnitt des Versuches in der Gruppe Multipass nur leicht über der Gruppe Altitude (Tabelle 6). Vor allem wegen der höheren Milchfettgehalte egalisieren sich diese Unterschiede bei der energiekorrigierten Milchleistung. Ein erniedrigter Milchfettgehalt ist allgemein mit einer verminderten Faserversorgung in Verbindung zu bringen, was sich mit den Daten zur Nährstoffversorgung deckt. Allerdings kann auch in der Gruppe Multipass bei einem Milchfettgehalt von 4,1 % nicht von einer Milchfettdepression gesprochen werden. Die zwischen den Gruppen vergleichbaren Milchleistungskriterien entsprechen der einheitlichen Futter- und Nährstoffversorgung. Die etwas höheren Gehalte an Faser bei der Sorte SY Altitude führten zu keiner negativen Beeinflussung der Leistungskriterien, was sich durch eine günstige Verdaulichkeit der Restpflanze erklären lässt.
Milchleistungskriterien im Mittel des Milchviehfütterungsversuches (n=24/Gruppe)
VersuchsgruppeMultipassAltitude
Milchleistung, kg/Tag30,4 ± 3,729,7 ± 4,9
Milchfett, %4,08 ± 0,36b4,31 ± 0,30a
Milcheiweiß, %3,64 ± 0,223,70 ± 0,25
Harnstoff, mg/l214 ± 37209 ± 31
ECM, kg/Tag31,1 ± 3,431,3 ± 4,9
a,b) Angaben mit Hochbuchstaben unterscheiden sich bei P<0,05 signifikant
± Standardabweichung, im Bereich liegen 68 % der Werte
Für die Praxis ergibt sich, dass mögliche Effekte von erhöhten Fasergehalten durch eine verbesserte Verdaulichkeit der Restpflanze kompensiert werden können. Folglich können solche restpflanzenbetonte Typen gezielt eingesetzt werden, um zu einer Minderung von hohen Stärkegehalten in Milchviehrationen beizutragen.

Projektinformation
Projektleiter: Dr. T. Ettle
Projektbearbeiter: A. Obermaier, P. Edelmann
Laufzeit: August 2014 bis Dezember 2016
Projektpartner: Syngenta Agro GmbH