Forschungs- und Innovationsprojekt
Verwertung von Körnermaisstroh für die Biogaserzeugung
Die Erzeugung von Substraten für die Biogasproduktion steht sehr häufig in Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion. Einen Lösungsansatz zur Entschärfung dieses Konfliktes bieten landwirtschaftliche Koppelprodukte, wie z. B. Körnermaisstroh. Voraussetzung für die künftige Nutzung ist jedoch eine umfassende Bewertung der Substrateignung von Körnermaisstroh.
Hintergrund und Zielsetzung
Pro Jahr fallen in Deutschland beim Körnermaisanbau etwa 3,8 Mio. t Trockenmasse (TM) Maisstroh an, die bislang ungenutzt auf dem Feld verbleiben. Demgegenüber stehen schätzungsweise 12 - 14 Mio. t TM Silomais (FNR, 2015), die eigens für die Verwertung in der Biogasanlage angebaut und vergoren werden. Grundsätzlich stehen also relevante Mengen an Maisstroh zur Verfügung. Da es sich um einen Reststoff handelt, sind außerdem zahlreiche Vorteile gegenüber dem Einsatz von Energiepflanzen gegeben: Es ist kein zusätzlicher Flächenbedarf notwendig, bis zur Ernte muss kein Produktionsaufwand betrieben werden und es bestehen keine Nutzungskonkurrenzen, weil Maisstroh in Deutschland bislang nicht anderweitig genutzt wird. Da es außerdem nicht unter den sogenannten "Mais- und Getreidekorndeckel" (§ 39h EEG 2017) fällt, der die Nutzung von Mais (als Ganzpflanze, Maiskorn-Spindel-Gemisch, Körnermais und Lieschkolbenschrot) und Getreidekörnern künftig auf bis zu 44 % begrenzt, sind vorerst keine gesetzlichen Restriktionen für den Einsatz von Maisstroh in der Biogasanlage zu erwarten. Voraussetzung für die künftige Nutzung von Maisstroh in der Biogasproduktion ist jedoch eine umfangreiche Prüfung der Substrateignung. Dazu sind folgende Fragen zu klären:
- Welche Mengen an Stroh fallen beim Anbau von Körnermais an?
- Welche Erntetechniken können zur Bergung von Maisstroh eingesetzt werden und welche Abfuhrraten und Maisstrohqualitäten (z. B. Verschmutzung) können damit realisiert werden?
- Kann Maisstroh erfolgreich siliert werden?
- Wie ist die stoffliche Zusammensetzung dieses Substrates und wie hoch sind die Methanerträge beim Einsatz von Körnermaisstroh in der Biogasanlage?
- Spielt die Sortenwahl oder der Erntezeitpunkt (bzw. Abreifegrad der Restpflanze) eine Rolle?
- Welche Vollkosten fallen beim Einsatz von Körnermaisstroh an?
Um die Menge des beim Körnerdrusch anfallenden Maisstrohs bestimmen zu können, wurden von 2014 bis 2016 am Standort Freising pflanzenbauliche Feldversuche mit Körnermais durchgeführt und zur Druschreife die Erträge und TM-Gehalte von Korn und Maisstroh (= Gesamtpflanze ohne Körner) ermittelt. Dabei wurde auch der Einfluss der Sortenwahl (fünf Sorten) und des Erntezeitpunktes (drei Erntetermine im Abstand von je 10 – 14 Tagen im Zeitraum Anfang Oktober bis Anfang November) geprüft. Alle Varianten wurden in dreifacher Wiederholung in einer Blockanlange getestet. Die so ermittelten Maisstroherträge sind als „potenziell erntbares Maisstroh“ zu verstehen.
Welche Strohmengen davon tatsächlich geborgen werden können, wurde in weiteren Versuchen unter praxisnahen Bedingungen an der LfL-Versuchsstation Grub untersucht. Dazu wurden acht Ernteverfahren (vier Schwadtechniken in Kombination mit zwei Bergungsvarianten) in Großparzellen von mindestens 630 m2 Größe mit vierfacher Wiederholung eingesetzt. Als Schwadtechniken kamen der BioChipper (BioG GmbH), der Schwadhäcksler UP-6400 (Uidl Biogas GmbH/Agrinz Technologies GmbH), der Merge Maxx 900/902 (Kuhn S.A.) und der Mais Star* Collect (Carl Geringhoff Vertriebsgesellschaft mbH & Co.KG) zum Einsatz. Bei den Schwadtechniken BioChipper und Schwadhäcksler UP-6400 handelt es sich um modifizierte Mulcher mit Schwadfunktion, bei denen die Maisstoppeln gemulcht, das Maisstroh durch den Sog der Schlegelwelle aufgenommen, zerkleinert und seitlich im Schwad abgelegt wird. Beim Merge Maxx wird das Maisstroh ohne weitere Zerkleinerung über Pick-ups aufgenommen und auf ein Querförderband transportiert. Der Mais Star* Collect ist ein modifizierter Pflücker für Mähdrescher, bei dem unterhalb der Pflückeinheit eine Auffangwanne verbaut ist, wodurch die Schwadablage des Maisstrohs direkt beim Dreschen erfolgen kann. Für die nachfolgende Bergung des geschwadeten Maisstrohs wurden Feldhäcksler (mit Pick-up-Vorsatz) und Ladewagen im Vergleich getestet. Für alle Varianten wurden die Erträge und Ernteverluste nach den Verfahrensschritten Schwaden und Bergen ermittelt („auf Schwad gelegtes Maisstroh“ und „abgefahrenes Maisstroh“) und der TM-Gehalt, der Rohaschegehalt (als Maß für die Verschmutzung) und der Zerkleinerungsgrad im Erntegut ermittelt.
Zur Beurteilung der Maisstrohqualität wurde die stoffliche Zusammensetzung nasschemisch mithilfe der Weender/Van Soest-Analyse untersucht und die spezifischen Methanausbeuten im Labormaßstab mittels Batchversuchen nach VDI 4630 (2006) ermittelt.
Um die Siliereignung zu testen, wurden Silierversuche in Laborsilos und im Praxismaßstab in einem Silotunnel durchgeführt und anschließend die Gärqualität sowie die aerobe Stabilität bewertet.
Die ermittelten Kennzahlen waren zudem die Grundlage für die ökonomische Bewertung der Maisstrohnutzung.
Potenziell erntbares Maisstroh
In den dreijährigen Versuchen hat sich gezeigt, dass beim Anbau von Körnermais zusätzlich zum Kornertrag rund 110 dt TM ha-1 an Maisstroh anfallen. Der Ertrag dieses „potenziell erntbaren Maisstrohs“ war dabei jeweils geringer als der Kornertrag – ausgenommen unter den Trockenstressbedingungen im Versuchsjahr 2015, in dem der sehr niedrige Kornertrag vom Ertrag des potenziell erntbaren Maisstrohs übertroffen wurde. Eine grobe Abschätzung des anfallenden Maisstrohs anhand des Kornertrages ist möglich, wobei sich für die Praxis ein eher konservatives Korn:Stroh-Verhältnis von 1:0,9 empfiehlt. Trotz der starken Abreife der Restpflanze ist der TM-Gehalt des „potenziell erntbaren Maisstrohs“ mit Werten zwischen 30 – 40 % keineswegs hoch, sondern vergleichbar zu Silomais.
Ertrag und Abfuhrraten bei der Bergung von Maisstroh
Alle geprüften Ernteverfahren erwiesen sich als praktikabel und es konnten in den Einzeljahren „abgefahrene Stroherträge“ von 48 bis 63 dt TM ha-1 erzielt werden, wobei die Ernteverluste sehr hoch waren und mehrheitlich die „abgefahrenen Stroherträge“ überstiegen. Die Abfuhrraten lagen demzufolge zwischen 43 und 53 %. Die Ernteverluste sind vorwiegend beim Verfahrensschritt Schwaden aufgetreten (Verluste von rund 43 % des potenziell erntbaren Maisstrohs), wohingegen die Verluste bei der Bergung des geschwadeten Maisstrohs verhältnismäßig gering waren (Verluste von rund 8 % des potenziell erntbaren Maisstrohs). Trotz der geringen TM-Gehalte des „potenziell erntbaren Maisstrohs“ beim Dreschen wurden nach der Strohbergung, in Abhängigkeit von den Witterungseinflüssen während der Strohernte, sehr variable TM-Gehalte von bis zu 59 % erreicht. Die Rohaschegehalte lagen im Mittel bei nur 7,6 %, sodass eine schmutzarme Bergung möglich war.
Die geprüften Schwadtechniken erzielten im dreijährigen Vergleich trotz unterschiedlicher Funktionsweise vergleichbare Ergebnisse bei den „auf Schwad gelegten Stroherträgen“ (59 – 65 dt ha-1) und den „abgefahrenen Stroherträgen“ (52 – 54 dt ha-1) und auch die beiden Bergungstechniken waren gleichwertig. In den Einzeljahren wurden jedoch signifikante Unterschiede zwischen den vier Schwadtechniken ermittelt, weil die jahresspezifischen Bedingungen (Fahrweise, Witterung, technische Einstellungen, Stroheigenschaften) einen z. T. unterschiedlich gerichteten Einfluss auf Techniken hatten. Hinsichtlich des TM- und Rohaschegehaltes im „abgefahrenen Maisstroh“ erwies sich das zweistufige Ernteverfahren (Mais Star* Collect) gegenüber den dreistufigen Verfahren als vorteilhaft. Auch der Zerkleinerungsgrad des „abgefahrenen Maisstrohs“ war von der Schwadtechnik abhängig und bei einer Bergung mit dem selbstfahrenden Feldhäcksler signifikant größer als beim Kurzschnittladewagen.
Stoffliche Zusammensetzung und Methanausbeuten von Maisstroh
Obwohl sich die stoffliche Zusammensetzung von Maisstroh grundlegend von Silomais unterschied, war die Methanausbeute des „potenziell erntbaren Maisstrohs“ im Versuchsmittel mit 324 l (kg oTM)-1 (90 % im Vergleich zu Silomais) sehr hoch. Im Vergleich zum „potenziell erntbaren Maisstroh“ (verlustfrei und unverzüglich geerntet) wies das tatsächlich „abgefahrene Maisstroh“ eine geringfügig andere stoffliche Zusammensetzung (z. B. geringere Zuckergehalte) und auch etwas geringere Methanausbeuten von im Mittel 314 l (kg oTM)-1 auf, sodass es offensichtlich durch die Feldliegezeit des Maisstrohs und die äußeren Einflüsse bei der Strohernte zu geringfügigen Qualitätseinbußen gekommen war. Insgesamt ist jedoch das Methanertragspotenzial im Vergleich mit zahlreichen alternativen Substraten (wie zum Beispiel Buchweizen, Biogas-Blühmischungen, Durchwachsene Silphie, Igniscum) als überdurchschnittlich hoch zu bewerten und teilweise sogar ebenbürtig zu klassischen Substraten wie Gras oder Getreide-GPS. Demnach ist anzunehmen, dass die Restpflanze auch bei einer Ernte ab der Körnerreife noch einen hohen Anteil an gut verdaulichen Bestandteilen aufweist und die fehlende Stärke vermutlich weitestgehend durch vergärbare Faserbestandteile kompensiert wird.
Für das „potenziell erntbare Maisstroh“ ergaben sich folglich Methanhektarerträge von gesamtdurchschnittlich 3510 m3 CH4 ha-1 (49 % im Vergleich zu Silomais), wobei sowohl die Sortenwahl als auch der Erntetermin einen Einfluss auf die Höhe der Methanhektarerträge hatten. Stay-green Sorten, die sich durch eine verzögerte Abreife auszeichnen, zeigten dabei keine eindeutige Überlegenheit, was jedoch anhand der geringen Sortenzahl nicht abschließend zu klären war. Der Erntetermin hatte jedoch einen klaren Effekt auf die Methanhektarerträge. Da mit zunehmender Abreife die Erträge und auch die Methanausbeuten des „potenziell erntbaren Maisstrohs“ sanken, nahmen die Methanhektarerträge zu jedem Erntetermin signifikant ab (s. Abbildung), sodass eine möglichst frühe Ernte des Maisstrohs anzustreben ist. Auf der Grundlage des „abgefahrenen Maisstrohs“ konnten Methanhektarerträge von rund 1500 m3 CH4 ha-1 (21 % im Vergleich zu Silomais) ermittelt werden, also weniger als die Hälfte des pflanzenbaulich vorhandenen Potenzials, sodass die Optimierungsmöglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind.
Siliereignung von Maisstroh
Die Silierversuche haben gezeigt, dass Maisstroh vergleichsweise sicher siliert und nur selten Fehlgärungen auftreten, sofern ein Luftabschluss gewährleistet ist. Auch die aerobe Stabilität ist insgesamt als hoch zu bewerten. Allerdings ist die Verdichtbarkeit stark eingeschränkt, weshalb im Vergleich zur Maissilage ein wesentlich größerer Siloraum vorgehalten werden muss und gegebenenfalls ein höherer Vorschub bei der Entnahme erforderlich ist.
Wirtschaftlichkeit
Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurden die Kosten der Biomasse-Erntelogistik abgeschätzt. Fällt Maisstroh kostenfrei beim Drusch der Körner an, wurden für die gesamte Ernte (Schwaden, Bergen mit einem Feldhäcksler), den Transport im Umkreis von 5 km, die Einlagerung im Fahrsilo (unter der Annahme von 8 % Lagerverlusten) bis hin zur Einbringung in den Fermenter Vollkosten von 243 Euro je ha für einen Strohertrag von 49 dt ha-1 ermittelt. Dies entspricht bei oben erwähnten Methanerträgen und einem elektrischen Wirkungsgrad von 40 % Kosten in Höhe von 4,9 Cent je erzeugter kWh elektrisch. Nicht ökonomisch bewertet wurden hier aber mögliche (negative wie positive) Nebeneffekte (z. B. Effekte auf den Humushaushalt, die Nährstoffbilanz, die Feldhygiene, die Bodenverdichtung, den Pump- und Rühraufwand), die jeweils betriebsspezifisch betrachtet werden müssen. Verglichen mit einer klassischer Maissilage, für welche die Vollkosten ohne Flächennutzungskosten 8,9 Cent betragen, ist die Vergärung von Maisstroh wirtschaftlich sinnvoll und für die erwähnten einzelbetrieblichen Nebeneffekte mit gut 4 Cent Unterschied je kWh auch noch ein Puffer vorhanden.
Zusammenfassung und Ausblick
Anhand der dreijährigen Versuche konnte gezeigt werden, dass der Reststoff Maisstroh ein praxistaugliches Biogassubstrat darstellt, das den Substratmix einer Biogasanlage ergänzen kann. Dabei kann von folgenden Potenzialen und Eigenschaften ausgegangen werden:
- Beim Anbau von Körnermais fallen (unter guten Ertragsbedingungen) über 100 dt TM ha-1 an Maisstroh an.
- Mit den verschiedenen Ernteverfahren, die im Versuch getestet wurden, konnten davon je ha etwa 48 -63 dt TM an Maisstroh abgefahren werden, wobei die Wahl der Schwadtechnik und auch der Bergungstechnik unerheblich war.
- Eine schmutzarme Bergung mit Rohaschegehalten unter 10 % ist möglich.
- Maisstroh kann erfolgreich siliert werden, wobei die Verdichtung problematisch ist.
- Versuche im Labormaßstab belegen, dass die Methanausbeuten in einem Bereich von 300-330 l (kg oTM)-1 liegen, also rund 90 % von Silomais erreichen.
- Fällt Maisstroh kostenfrei als Reststoff an, so betragen die Vollkosten der Maisstrohsilage-Bereitstellung „frei Fermenter“ nur rund 5 Cent je kWh elektrisch. Damit ist Maisstroh ein wettbewerbsfähiges Substrat
- Als Faustzahl gilt: Durch den Anbau von 1 ha Körnermais und die Ernte des anfallenden Maisstrohs können hinsichtlich des möglichen Methanhektarertrages etwa 0,2 -0,25 ha Silomais ersetzen werden.
Im vorliegenden Projekt konnten wesentliche Parameter und Kennzahlen zu Ertrag, Qualität und Methanausbeute von Maisstroh ermittelt werden. Dennoch ist die Substrateignung von Maisstroh noch nicht umfassend bekannt und insbesondere Fragen zur Silierung, der Arbeitswirtschaft, der notwendigen Anlagentechnik und dem Verhalten im Durchflussbetrieb noch weitgehend unbeantwortet. Diese werden nun in einem Folgeprojekt bearbeitet.
Folgeprojekt "Biogas aus Körnermaisstroh" bei ILT
Die vier Schwadtechniken im Bild
Schwadhäcksler BioChipper
Mais Star* Collect Geringhoff
Bandschwader Merge Maxx 900
Die zwei Bergungstechniken im Bild
Weitere Informationen zum Thema
Projektinformation
Laufzeit: 01.05.2014 bis 31.08.2017
Kostenträger: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF)
Projektleitung: Dr. Joachim Eder (Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung), Stefan Thurner (Institut für Landtechnik und Tierhaltung)
Projektbearbeitung: Monika Fleschhut (Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung)
Silierversuche: Dr. Johannes Ostertag (Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft, mittlerweile Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg)
Abschätzung der Wirtschaftlichkeit: Martin Strobl (Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur); die erwähnte Bachelorarbeit wurde von Herrn Parzefall an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf erstellt
Förderkennzeichen: N/14/07