Forschungs- und Innovationsprojekt
EffiKar – Selektion und Züchtung Kraut- und Braunfäule-resistenter und nährstoffeffizienter Kartoffelstämme für einen nachhaltigen ökologischen Landbau

Sämlingsknollen in unterschiedlichen Formen und Farben.

Erschließung und Bewertung genetischer Ressourcen

Im Vorgängerprojekt Ökokartoffel von 2012 bis 2018 wurden innerhalb eines von der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL/BÖLN) finanzierten Projektes, in enger Kooperation zwischen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und Julius Kühn-Institut (JKI) Phytophthora-resistente Kartoffelstämme unter den Bedingungen des ökologischen Landbaus entwickelt und hinsichtlich ihrer Eigenschaften evaluiert. Im Nachgang zu diesem Projekt wurde eine Kernsammlung (core collection) aus 240 Genotypen erstellt, die einen großen Teil der genetischen Varianz der vegetativ erhaltenen Groß Lüsewitzer Kartoffel-Sortimente (GLKS) abbildet. Diese Kartoffel-Kernsammlung des Leibnitz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) soll im Rahmen erstmals hinsichtlich der N- und P-Effizienz und damit der Toleranz gegenüber abiotischen Stressfaktoren sowie der Resistenz gegenüber dem Kraut- und Knollenfäule-Erreger Phytophthora infestans (P. i.) untersucht werden.

Gezielte Ausnutzung des genetischen Potenzials im Zuchtprogramm
Von JKI und LfL werden verschiedene im Vorgängerprojekt entwickelte Zuchtstämme im Projektverlauf ebenfalls auf ihre N- und P-Effizienz untersucht. Die Zuchtklone werden zudem in Kooperation mit Landwirten in Walleshausen (Familie Huber), Esting (Familie Hatzl) und Fohrenreuth (Familie Hertel) im Zuge des Projekts EffiKar angebaut.
Am JKI wird an ausgewählten Zuchtklonen und Sorten der Einfluss verschiedener N-Stufen auf die P.-i.-Resistenz untersucht. Auf molekularer Ebene werden zusätzlich Assoziationsstudien zum Merkmal P.-i.-Resistenz unter anderem an neu entwickeltem Zuchtmaterial durchgeführt. Zudem wird der Einsatz von Drohnentechnik etabliert, um langfristig die Selektionsarbeit im Zuchtgarten mittels bildgebender Verfahren zu unterstützen.
An der LfL wird unter kontrollierten Gewächshausbedingungen von ausgewählten Kartoffelstämmen unter reduzierten und optimalen Stickstoffbedingungen das Wurzelwachstum untersucht. Zur Quantifizierung des Wurzelwachstums der Zuchtklone wird der Einsatz einer bildverarbeitenden Software basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI) etabliert. Die im Projektzeitraum gesammelten phänotypischen Daten zu den Merkmalen Jugendentwicklung, N- und P-Verwertungseffizienz und Wurzelwachstum werden genutzt, um neue genetische Selektionsmarker mittels des Fluidigm SNP-Array-Systems der LfL zu detektieren.
Durch die Züchtung von P.-i.-resistenten und nährstoffeffizienten Kartoffelstämmen können Ertragsnachteile im ökologischen Landbau verringert werden.

Ziele

  • Ausnutzung der genetischen Varianz der Groß Lüsewitzer Kernsammlung in Bezug auf Nährstoffnutzungseffizienz und P.-i.-Resistenz
  • GBS-Genotypisierung und Identifizierung genetischer Zusammenhänge der Merkmale Jugendentwicklung, Wurzelwachstum und Verwertungseffizienz (N bzw. P-Aufnahme und Ertrag) und Etablierung eines SNP-Arrays
  • Validierung der molekularen Marker in Bezug auf Nährstoffnutzungseffizienz an der Groß Lüsewitzer Kartoffel-Kernsammlung
  • Beschreibung der Wechselwirkung zwischen N-Gabe und P.-i.-Resistenz in Zuchtstämmen für den Ökolandbau
  • Verbesserung der Nährstoffnutzungseffizienz und P.-i.-Resistenz in Kartoffelzuchtstämmen für den Ökolandbau

Arbeitsschwerpunkte der Projektpartner

Arbeitsschwerpunkte der Projektpartner mit jeweiligem Logo für JKI, IPK, LfL

Methoden

Als viertwichtigste Feldfrucht weltweit spielt die Kartoffel Solanum tuberosum eine bedeutende Rolle in der Welternährung. Durch das flach ausgeprägte Wurzelsystem ist die Mobilisierung von Nährstoffen aus tieferen Bodenschichten nur sehr eingeschränkt möglich, zudem führen vermehrt Trockenphasen im Zuge des Klimawandels zu einer ungenügenden Nährstoff­mineralisierung. Im ökologischen Landbau sind zur Bekämpfung von P.-i.-Kupferpräparate zugelassen, die in einem (starken) Befallsjahr die Erträge oft nicht ausreichend absichern können (Bangemann et al. 2014). Daher ist die Verbesserung der Resistenz gegenüber P. i. und eine Erhöhung der Nährstoff­nutzungs­effizienz von großem Interesse in der Kartoffelzüchtung. Mittels Genotyping by Sequencing (GBS) sollen neue Sequenzvarianten der N- und P-Aufnahme und -Verwertung gefunden und die beteiligten Gene identifiziert werden. Unter Verwendung der phänotypischen Daten aus Feld-, Topf- und Hydroponik­versuchen werden Assoziations­studien in Zusammenhang mit den Merkmalen P.-i.-Resistenz, Jugendentwicklung, Wurzelwachstum und Nährstoff-Verwertungseffizienz erstellt. Die gefundenen Marker sollen in einem SNP-Array etabliert und an den Akzessionen der IPK-Kernsammlung mit Hilfe der Ergebnisse der Hydroponik-Versuche validiert werden.
Gefäßversuche
Das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der LfL verfügt mit einer LemnaTec-Anlage über modernste Hochdurchsatz-Phänotypisierungstechnik. Die Bewässerung, die Fotografie des Pflanzenaufwuchses und des Wurzelwerks erfolgen automatisch zu festgelegten Zeiten. Die Umelteinflüsse werden durch die fortlaufende Änderung der Pflanzenstandorte auf der Fließbandanlage reduziert. Eine unterschiedlich hohe Stickstoffzufuhr beeinflusst die Photosynthese­rate und das Wachstum der Blattorgane (Vos und Biemond 1992; Vos 1998). Bei der Stickstoffaufnahme kann zwischen Verwertungs- und Aufnahmeeffizienz unterschieden werden (Zebarth et al. 2004). Ob die Aufnahmeeffizienz durch die Wurzelentwicklung beeinflusst wird, soll im Projekt untersucht werden. In den Gefäßversuchen werden Kartoffelstämme mit besonders hoher und mit besonders niedriger Nährstoffeffizienz im Hinblick auf ihre Wurzel-, Jugendentwicklung und ihre Chlorophyllgehalte untersucht.

Erste Ergebnisse

Grafik Diagramm: Anzahl Stängel auf y-Achse und der untersuchten Kartoffelgenotypen auf x-AchseZoombild vorhanden

Aufgelaufene Stängel pro Versuchskiste und Genotyp

Im Rahmen der ersten LemnaTec-Gefäßversuche wurde das Kraut- und Stängelwachstum von Kartoffelstämmen unter Gewächshausbedingungen untersucht. In früheren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Kartoffelsorten vor allem hohe Erträge generieren konnten, wenn die Bodenbedeckung zu Vegetationsbeginn rasch erfolgte (Tiemens-Hulscher et al. 2014). Die Stickstoffversorgung in der Vegetationsperiode beeinflusst den Grad der Bodenbeckung auch über das Stängelwachstum, wohingegen die Stängelanzahl überwiegend durch den Genotyp selbst bestimmt wird (Almekinders und Struik 1996). Die Ergebnisse zeigen, dass es für die Anzahl der Stängel pro Versuchskiste (VK) mit 0,2 m2 Fläche große Unterschiede im Zuchtmaterial gibt, was eine gute Vorraussetzung für eine züchterische Optimierung des Merkmals innerhalb des untersuchten Zuchtmaterials bietet.
Diagramm: Frischmassemittelwerte und Konfidenzintervalle untersuchter Kartoffelgenotypen.Zoombild vorhanden

Adjustierte Frischmasse­mittel­werte und 95 % Konfidenz­intervalle unter hohen (A) und reduzierten (B) Stickstoff-Input-Bedingungen

Stickstoff-Input und Krautwachstum
Unter hohem Stickstoff-Input zeigten viele Kartoffelstämme ein erhöhtes Krautwachstum, einige Genotypen wie zum Beispiel Otolia konnten unter reduzierten Stickstoff-Input Bedingungen eine hohe Frischmasseentwicklung realisieren. Krone und Jelly reagieren dahingehend genau umgekehrt. Für die Faktoren Genotyp und Frischmasse wurde ein lineares Model mit den Effekten Anzahl Wiederholungen und Erntetermin angepasst und eine mehrfaktorielle ANOVA durchgeführt. Die adjustierten Mittelwerte wurden innerhalb des Statistikprogramms R geschätzt. Die Auswertung der Frischmasseproben zeigt, dass zum Teil starke Genotyp-Umwelt Interaktionen auftraten, was die gezielte Züchtung leistungsstarker Kartoffelsorten in ihrer später bestimmten Zielumwelt empfiehlt. Die Ergebnisse unter kontrollierten Bedingungen müssen jedoch noch mit mehrjährigen Feldertragsdaten verglichen und auf weitere Merkmale wie Stickstoffaufnahme- und, Stickstoffumwandlungs­effizienz, Blatt­flavonoid-Gehalt und Knollen­ertrag erweitert werden.
Literatur
  • Almekinders, C. J. M., & Struik, P. C. (1996): Shoot development and flowering in potato (Solanum tuberosum L.). Potato Research, 39(4), 581–607.
  • Bangemann, L. W., Westphal, A., Zwerger, P., Sieling, K., & Kage, H. (2014): Copper reducing strategies for late blight (Phytophthora infestans) control in organic potato (Solanum tuberosum) production. Journal of Plant Diseases and Protection, 121(3), 105–116.
  • Tiemens-Hulscher, M., van Bueren, E. T. L., & Struik, P. C. (2014): Identifying nitrogen-efficient potato cultivars for organic farming. Euphytica, 199(1–2), 137–154.
  • Vos, J., & Biemond, H. (1992): Effects of nitrogen on the development and growth of the potato plant. 1. Leaf appearance, expansion growth, life spans of leaves and stem branching. Annals of Botany, 70(1), 27–35.
  • Vos, J., & Van der Putten, P. E. L. (1998): Effect of nitrogen supply on leaf growth, leaf nitrogen economy and photosynthetic capacity in potato. Field Crops Research, 59(1), 63–72.
  • Zebarth, B. J., Tai, G., Tarn, R. D., De Jong, H., & Milburn, P. H. (2004). Nitrogen use efficiency characteristics of commercial potato cultivars. Canadian Journal of Plant Science, 84(2), 589–598.

Logo Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, Programm Ökologischer Landbau

Projektinformation
Projektleitung: A. Kellermann
Projektbearbeitung: J. Wanner
Projektpartner: Julius Kühn-Institut (JKI), Leibnitz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK)
Laufzeit: 01.09.2019 bis 29.02.2024
Finanzierung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL-BÖLN)
Förderkennzeichen: 2818NA001