Innovationen bei der Entwicklung von Hüller Zuchtstämmen und Sorten
In der Züchtung sollen moderne leistungsstarke Sorten entwickelt werden, die im klassischen Aroma- und Hochalphabereich und seit kurzem auch mit speziell fruchtigen Aromaausprägungen (Special Flavor-Hopfen) die Marktanforderungen der Brauwirtschaft, einschließlich der Craft-Brewer-Szene erfüllen und selbstverständlich auch die deutschen Hopfenpflanzer sowie die nationale und internationale Hopfenwirtschaft zufriedenstellen.
Um die Entwicklung neuer Hopfensorten noch stärker den Anforderungen und Wünschen der Hopfen- und Brauwirtschaft anzupassen, wurde von der LfL gemeinsam mit der Gesellschaft für Hopfenforschung (GfH), dem Hopfenpflanzerverband und Hopfenwirtschaftsverband ein neues Selektionskonzept erarbeitet und etabliert.
Gesundes Zuchtmaterial – oberste Priorität
Die bewährten Abläufe der ersten Phase der Sortenentwicklung mit Kreuzung, vielseitigen Resistenzprüfungen und Testanbau in den Zuchtgärten der LfL wurden intensiviert. Alle Planungen und Entscheidungen liegen in der Hand der LfL und damit ist gesundes Zuchtmaterial oberste Priorität. Bei der Realisierung dieser Zielsetzung wurden zum einen die Krankheits-Resistenz- bzw. -Toleranz-Testsysteme optimiert. Darüber hinaus wurden alle Bemühungen noch einmal verstärkt, gesundes Virus- und Verticillium-freies Pflanzmaterial für die Anbauprüfungen in unserem Stadelhofer Zuchtgarten und für die verschiedenen Praxisversuchsprüfungen bereitzustellen.
In der zweiten Phase beginnend mit den Anbauprüfungen vielversprechender Zuchtstämme auf Praxisflächen bis hin zur Anmeldung einer neuen Zuchtsorte durch die GfH kommen einige Innovation zum Tragen, die gemeinsam von LfL, GfH, dem Hopfenwirtschaftsverband und dem Hopfenpflanzerverband vereinbart wurden. Insbesondere die Hopfenwirtschaft und die Brauer wurden dabei intensiver und breiter in diesen Selektionsprozess miteinbezogen. So tragen die Hopfenvermarkter die gesamten Kosten für den Reihenanbau vielversprechender Zuchtstämme in Praxisgärten. Als weitere Neuerungen folgten das Beratungsgremium, der Großflächenversuchsanbau und standardisierte Brauversuche.
Beratungsgremium
Ein 15-köpfiges Beratungsgremium, in das Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette unter der Führung der LfL ihre Expertise einbringen, startete im Januar 2014 mit seinen Aufgaben:
- Aroma-Beschreibung und Bewertung interessanter Zuchtstämme
- schlägt verheißungsvolle Zuchtstämme für den großflächigen Versuchsanbau vor
- Konzept für standardisierte Brauversuche erarbeitet
- Katalog zur Rückmeldung der Brauversuche und -ergebnisse erarbeitet
Standardisierte Brauversuche
Zoombild vorhanden
Hopfen mit verschiedensten Fruchtnoten verleihen dem Bier ganz neue Geschmacksnuancen
Mit interessanten Zuchtstämmen werden neuerdings auch Brauversuche nach standardisierten Vorgaben durchgeführt. Sie ergänzen die bisherigen und weiterhin fortgeführten individuellen Sudversuche. Finanziert werden diese standardisierten Brauversuche von der GfH.
2-stufiges Konzept zu den standardisierten Brauversuchen:
Phase 1:
- Vor-Screening interessanter Zuchtstämme durch reine Hopfenstopfversuche nach standardisierter Vorgehensweise
- Ziel: Identifizierung derjenigen Hopfenaromen, die wirklich im Bier Geruch und Geschmack beeinflussen
- Durchführung: Forschungsbrauerei Weihenstephan der Technischen Universität, Lehrstuhl für Getränke- und Brautechnologie von Prof. Dr. Becker, unter Leitung von Ch. Neugrodda
Phase 2:
- Weiterführende Brauversuche mit Zuchtstämmen aus dem Großflächen-versuchsanbau
- Ziel: Bewertung der Bitterqualität und Whirlpool-Aromaqualität jeweils auch in Kombination mit der Trockenhopfungsqualität
- Durchführung: Versuchsbrauerei der Bitburger Braugruppe unter Leitung von Dr. Stefan Hanke; Versuchsbrauerei St. Johann, A. Gahr
Großflächenversuchsanbau in der Praxis
Mit Zuchtstämmen, die von ihrem Resistenzverhalten, ihren agronomischen Leistungsmerkmalen und Inhaltsstoffen sowie vom Aroma als vielversprechend einzustufen sind, werden großflächige Praxis-Anbauversuche auf Hektarbasis durchgeführt. Dadurch können Erfahrungen rund um den Anbau gesammelt werden. Zudem steht mit diesem Anbau ausreichend Erntegut für Verarbeitungs- und Braustudien zur Verfügung. Zusätzlicher Vorteil ist, dass bei einer Sortenzulassung genügend Ausgangsmaterial für die Vermehrung bereitgestellt werden kann.
Alle oben beschriebenen Innovationen tragen dazu bei, dass bei der Entwicklung einer neuen Hopfensorte die LfL noch enger mit allen relevanten Wirtschaftskreisen (GfH, Hopfenpflanzer, Hopfenvermarkter, Hopfenverarbeiter und Brauwirtschaft) kooperiert.