Feldmäßiger Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen

Arnica montana, blühendes Feld

Die LfL beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren intensiv mit der Anbau- und Züchtungsforschung und Beratung zum Feldanbau dieser interessanten und anspruchsvollen Pflanzengruppe. Die nachfolgenden Informationen sollen dem potenziellen Neueinsteiger erste grundlegende Informationen zum Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen geben.

Feldanbau

Böden

Arznei- und Gewürzpflanzen werden auf allen Böden angebaut, die sich auch für gärtnerische und landwirtschaftliche Kulturen eignen. Am günstigsten sind nicht zu schwere, humose, tiefgründige, bei Wurzelfrüchten unbedingt siebfähige, nicht staunasse und unbedingt möglichst unkrautarme Böden. Eine Beregnung ist in vielen Kulturen, insbesondere wenn gepflanzt werden muss, angebracht. Grenzertragsböden scheiden von vornherein aus.

Saatgut
Saatgut kann nach rechtzeitiger Bestellung von verschiedenen Firmen bezogen werden. Allerdings gibt es nur für wenige Kulturarten homogene Sorten wie sie im Marktfruchtbau oder Gemüsebau Standard sind. Vor allem für die klassischen Küchenkräuter gibt es eine größere Auswahl geschützter Sorten von verschiedenen Firmen. Bei Tee- und Arzneipflanzen dominieren mehr oder weniger entwickelte Sorten und Selektionen oder nicht-definierte Art-Herkünfte ohne Sortenbezeichnung. Insbesondere züchterisch wenig bearbeitete Herkünfte weisen oft noch Wildpflanzencharakter auf und in manchen Fällen sind die Keimfähigkeit und Triebkraft unbefriedigend.
Düngung

Auch diese Pflanzen müssen gezielt nach ihrem spezifischen Bedarf gedüngt werden, um gute Erträge bei gleichzeitig hoher Qualität zu gewinnen und Nährstoffaustrag zu vermeiden. Den rechtlichen Rahmen dafür gibt die Düngeverordnung vor, insbesondere für die Düngung von Stickstoff und Phosphor. Als Voraussetzung dazu wurden die Nährstoffentzüge und N-Bedarfswerte von zahlreichen Arznei- und Gewürzpflanzen an der LfL und an anderen Forschungsstellen ermittelt und bundesweit abgestimmte Basisdaten publiziert. Diese Basisdaten und wie die Vorgaben der Düngeverordnung bei den Arznei- und Gewürzpflanzen in Bayern umzusetzen sind, sind hier nachzulesen.

Pflanzen- und umweltgerechte Düngung von Arznei- und Gewürzpflanzen in Bayern 2022

Pflanzenschutz

Um gesunde Bestände für hohes Ertragspotenzial und hochwertige Ernteprodukte zu erreichen, haben die vorbeugenden Maßnahmen im Rahmen des Pflanzenbaus oberste Priorität, da kurative Mittel nur begrenzt zur Verfügung stehen oder von der Abnehmerseite eingeschränkt werden. Hintergründe und Handlungsmöglichkeiten sind in den „Leitlinien für den Integrierten Pflanzenschutz im Sektor Arznei- und Gewürzpflanzen“, die sich die Branche selbst gegeben hat, beschrieben.

Leitlinien für den integrierten Pflanzenschutz im Sektor Arznei- und Gewürzpflanzen Externer Link

Chemischer Pflanzenschutz ist möglich, aber wegen des geringen Anbauumfangs gibt es bei Arznei- und Gewürzpflanzen für die einzelnen Arten nur nach Art. 51 der EU VO 1107/2009 zugelassene Pflanzenschutzmittel („Minor uses crops“). Trotz aller Bemühungen, die Indikationslücken zu schließen, sind nicht für alle Anwendungsgebiete Pflanzenschutzmittel in ausreichendem Maße vorhanden. Rechtzeitig vor einem eventuell notwendigen Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel muss daher grundsätzlich geprüft werden, welche Pflanzenschutzmittel aktuell zum Einsatz kommen können. Tagesaktuelle Informationen sind unter www.pflanzenschutz-information.de abrufbar.

Tagesaktuelle Informationen

Vor einem eventuellen Mitteleinsatz sind außerdem die Abnehmerseite zu informieren bzw. deren Zustimmung einzuholen und rechtzeitig vor der Ernte Rückstandsuntersuchungen vorzunehmen. Nur durch äußerst sorgfältigen und zurückhaltenden Umgang mit dem chemischen Pflanzenschutz im Arznei- und Gewürzpflanzenanbau kann sich die inländische Produktion positiv von den Importen abheben und eine rückstandsmäßig unbedenkliche Rohware, wie sie heute allgemein verlangt wird, auf den Markt bringen.

Ernte - Geräte
Für die Ernte können bei Körnerfrüchten wie Fenchel oder Kümmel die sonst in der Landwirtschaft üblichen Geräte ohne Veränderung verwendet werden. Für die Ernte verschiedener Blattfrüchte wie Dill, Petersilie, Pfefferminze usw. werden Grünguternter mit variabler Schnitthöhe und schonendem Transport bzw. Übergabe des Ernteguts eingesetzt. Die Wurzelfrüchte werden in der Regel mit Schwingsieb, Rüttelschar- oder Siebkettenroder gerodet, u.U. ist aber auch der Einsatz von (umgebauten) Kartoffel- oder Zuckerrübenvollerntern möglich. Zur Reinigung der Wurzeln wird zumindest eine Waschmaschine benötigt, Steinabscheider und Reißtrommel können je nach Kultur hinzukommen. Diese Spezialmaschinen müssen für die Lebensmittelproduktion geeignet sein und sind teilweise sehr teuer.

Ökonomie des Anbaus

Welche Produkte sind gefragt?
Pharma- und Lebensmittelindustrie haben einen relativ großen Bedarf an guter Rohware der verschiedensten Arznei- und Gewürzpflanzen. Der heimische Anbau steht mit seinen Produkten im internationalen Wettbewerb, was die Preise beeinflusst und auch von Jahr zu Jahr in weiten Bereichen schwanken lässt. Dies wird durch Anbauverträge und langfristige Geschäftsbeziehungen zwischen Produzenten und Abnehmern abgefedert, welche zudem für beide Seiten weitere Vorteile hinsichtlich der gewünschten (hohen) Qualität bzw. für die Investitionsplanungen bieten. Von den Abnehmern werden meist größere Mengen einheitlicher Rohware benötigt. Daher kann, je nach Betriebs- und Flächenstruktur, eine überbetriebliche Zusammenarbeit sinnvoll sein, um entsprechende Liefermengen von einheitlicher Qualität produzieren aber auch um durch gemeinsame Aufbereitung die Investitionskosten senken zu können.

Eventuell kommt auch beim Anbau einer größeren Pflanzenpalette ein Direktabsatz an Wurst- und Brotfabriken, Metzgereien, Großküchen, Drogerien, Spezialgeschäfte usw. in Frage. Auch die Belieferung von handwerklichen Lebensmittelverarbeitern und der Gastronomie mit regionalen Produkten nehmen an Bedeutung zu.

Es gibt eine Vielzahl von Arten, die erwerbsmäßig kultiviert werden könnten. Welche Pflanzen dann im Einzelnen angebaut werden, hängt also in erster Linie von den zur Verfügung stehenden Absatzmöglichkeiten ab.

Betriebswirtschaft
Wenn der Absatz gesichert ist, liegt der Deckungsbeitrag pro ha normalerweise deutlich höher als bei Getreide, bezogen auf die eingesetzte Arbeitsstunde allerdings niedriger. Es handelt sich um sehr arbeitsintensive Kulturen, die teilweise viel Handarbeitsaufwand erfordern. Zur betriebswirtschaftlichen Thematik wurde im Jahr 2002 eine Datensammlung für Heil- und Gewürzpflanzen vom KTBL herausgegeben, die derzeit überarbeitet wird. Bis dahin kann mit Hilfe der bestehenden Datensammlung die Arbeits- und Kostenstruktur für den Feldanbau und die Trocknung verschiedener Blatt-, Blüten, Körner- und Wurzeldrogen genutzt und an die aktuellen Preisgefüge sowie an die eigenen betriebsspezifischen Verhältnisse angepasst werden.

Den Einstieg gestalten

Schwierige Anlaufzeit und Risikobereitschaft
Bevor man sich dem Anbau dieser Pflanzengruppe zuwendet, der in der Anlaufzeit nicht einfach ist und teilweise noch viel Handarbeitsaufwand erfordert, sollte man unbedingt klären, welche Produkte zu welchem Preis sicher, d.h. vertragsmäßig gebunden, abgesetzt werden können. Im Normalfall gibt es nämlich keinen freien Markt bei Arznei- und Gewürzpflanzen. Dabei ist es auch wichtig zu wissen, ob das Erntegut frisch oder getrocknet, ganz oder zerkleinert, als Blatt- oder Krautware usw. abgeliefert werden kann. Eigene Aufbereitungsanlagen mit Kosten von mehreren hunderttausend Euro rentieren sich in der Regel bei der Neuaufnahme solcher Kulturen noch nicht. Hier ist zu prüfen, ob sich in der Nähe z.B. Hopfentrocknungsanlagen, Wagentrocknungsanlagen für Getreide oder andere Trocknungsanlagen nutzen lassen (Trocknung aber nur bei 40-60 °C zur Schonung der Inhaltsstoffe!). Üblicherweise wird eine Trocknung des Erntegutes notwendig werden, da nur wenige Abnehmer Frischware benötigen.
Wer sich mit dem Anbau dieser Pflanzen beschäftigen will, muss eine gewisse Risikobereitschaft besitzen, da zu Beginn einer Kultur trotz guter Voraussetzungen immer etwas schief gehen kann. Der potenzielle Anbauer muss sich darüber hinaus auch im Klaren sein, dass er nicht nach "Kochbuchmethode" vorgehen kann, sondern im besten Fall an Hand von Kulturbeschreibungen (oft auch ohne diese) die Kultivierung auf seine Verhältnisse abstimmen und seine eigenen Erfahrungen von anderen Fruchtarten her einbringen muss. Pioniergeist, Gespür für die Pflanzen und Improvisationsvermögen werden ganz großgeschrieben.
Wird der Anbau wirklich erwogen, sollten probeweise auf kleinen Flächen mehrere am Markt gefragte und zur betrieblichen Struktur passende Arten angebaut werden. Damit kann man bei der Absatzsuche den entsprechenden Firmen gleich kleine Produktmuster anbieten und außerdem selber erste Erfahrungen "vor Ort" sammeln.
Förderung eines Qualitätsanbaues von Arznei- und Gewürzpflanzen

Zur weiteren Förderung eines Qualitätsanbaues von Arznei- und Gewürzpflanzen gibt es in Bayern den "Verein zur Förderung des Arznei- und Gewürzpflanzenanbaues in Bayern e.V.", der alle an den Zielen interessierten Einzelpersonen, Betriebe, Firmen oder Organisationen als Mitglieder aufnimmt. Die Zielsetzung dieses Vereins ist darauf gerichtet, den heimischen, am Bedarf orientierten Qualitätsanbau zu fördern, eine Plattform zum Austausch zwischen Anbauer, Abnehmer, Forschung und Beratung zu bieten, die Versuchstätigkeit zu unterstützen, die Anträge für einzelbetriebliche Pflanzenschutzgenehmigungen zu koordinieren, als offizielles Sprachrohr nach außen aufzutreten, sowie beratend und empfehlend auf eine befriedigende Entwicklung des Marktgeschehens einzuwirken.


Verein zur Förderung des Arznei- und Gewürzpflanzenanbaues in Bayern e.V.
Geschäftsführerin Lisa-Maria Puschak im Bayerischen Bauernverband
Max-Joseph-Str. 9
80333 München
Tel.: 089 55873101
Fax: 089 55873505
E-Mail: Obst-Gartenbau@BayerischerBauernVerband.de
Internet: https://kraeuteranbau.de/ Externer Link

Literatur
Saat- und Pflanzgutfirmen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

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