Prüfung der Ausdauer von Wertprüfungsstämmen bei Deutschem Weidelgras unter bayerischen Verhältnissen

Deutsches Weidelgras ist eine mehrjährige, ausdauernde narbenbildende Gräserart. Aufgrund seines Ertragspotenzials und Futtereigenschaften zählt es zu den weltweit am intensivsten züchterisch bearbeiteten Futtergräsern. Aktuell sind mehr als 150 Sorten in Deutschland dieser Art für Futternutzung zugelassen und eine ähnlich hohe Zahl für den Rasenbereich (z. B. für Fussballplätze oder Hausgärten). Je ausdauernder eine Art ist, umso wichtiger ist grundsätzlich die Anpassung an den Standort. Bei der großen Sortenvielfalt wird schnell verständlich, dass nicht alle Sorten an die besonderen klimatischen Eigenschaften und Böden Bayerns gleich gut angepasst sein können.

Hintergrund und Zielsetzung

Spezielle Eigenschaften für die Anpassung an die besonderen klimatischen und bodentypischen Eigenschaften des bayerischen Grünlandes können in der Standardprüfung des Bundessortenamts nur ungenügend berücksichtigt werden. Gerade Winterfestigkeit und Ausdauer unter hiesigen regionalen Bedingungen sind eine entscheidende, wenn nicht die wichtigste Eigenschaft der ausdauernden Gräserarten - "eine tote Pflanze hat keinen Ertrag".

Warum eine eigene Prüfung für dieses regionale Merkmal?

  • Die Züchtung einer Sorte dauert 15 - 20 Jahre. Je mehr Zuchtziele in einem Zuchtgang berücksicht werden müssen, um so geringer kann der Zuchtfortschritt insgesamt sein - umso länger dauert der Zuchtgang und um so teurer wird er. Nur wenn Merkmale honoriert werden, werden Züchtungsfirmen diese Merkmale im Zuchtgang berücksichtigen.
  • Die Selektion auf Ausdauer erfordert zusätzlich einen langen Prüfzeitraum im Zuchtgang und wurde zudem bis 2006 nicht im Zulassungsprozess durch BSA honoriert.
  • Nur wenige Sorten genügen den regionalen Erfordernissen für die bayerische Grünlandregionen.
Daher führt das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung (IPZ) der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Sortenversuche bei Deutschem Weidelgras an Standorten durch, an denen nach langjähriger Erfahrung regelmäßig nach dem Winter größere Auswinterungsschäden zu erwarten sind. So können bedingt durch die harten Bedingungen in vergleichsweise kurzer Zeit Aussagen zur Ausdauer neuer Sorten erreicht werden, die an günstigeren Standorten erst nach einer erheblich größeren Anzahl von Jahren gewonnen werden.

Prüfungsziele

  • Eine möglichst frühe Einstufung des Merkmals "Auswinterung" von sich in der Wertprüfung befindenden Stämmen bezüglich dieser Eignung.
  • Die langfristige Vergrößerung der Sortenzahl Deutscher Weidelgräser mit dieser Eignung.
  • Bei Stämmen, die die Wertprüfung erfolgreich abschließen, fließen die Ergebnisse dieser Ausdauerprüfung auch in die regionale Sortenempfehlung ein.

Exzellente Sorten haben so die Chance, deutlich früher eine Empfehlung zu erhalten. Es wird dann eine „vorläufigen Empfehlung“ ausgesprochen, da die Sorten bis 2006 nur einortig und danach dreiortig jedoch weiterhin mit nur einem Standort in Bayern geprüft wurden. Eine Verschlechterung der Einstufung bei der mehrortigen Überprüfung ist durchaus möglich, ein Absacken der besten Sorten in den Bereich ungeeigneter Sorten jedoch nicht.
Im Regelfall sind aus den Sortenzulassungen zweier Zulassungsjahre (30 - 40 Sorten) ca. 1 - 3 Sorten gut bis sehr gut einzustufen.

Im Zeitraum 1999 bis 2006 war diese Prüfung freiwillig. Mit der Reform des Sortenprüfwesens wurde das Merkmal „Ausdauer in Höhenlagen“ ein „wertgebendes Merkmal“ und damit im Rahmen der Zulassung relevant. Die Teilnahme ist ab 2006 durch das Bundessortenamt für Wertprüfungskandidaten verpflichtend. Das Bundessortenamtes hat die Prüfungsrichtlinien der bayerischen Prüfungen, die über Jahrzehnte von der LfL gemeinsam mit Züchtern und Praxis entwickelt wurde weitgehend übernommen. Seit 2006 werden diese Prüfungen parallel zu den Ertragsprüfungen der Wertprüfung an drei Standorten in Deutschland (Hötzeldorf (BY), Kießlegg (BW), Oberweißbach (TH)) jährlich angelegt. Die Organisation dieser Prüfungen übertrug das Bundessortenamt auf die Sortenfördergesellschaft. Die SFG schreibt hierzu in regelmäßigen Abständen zur Durchführung dieser Versuche aus. Das staatliche Versuchswesen Bayerns nimmt hierbei mit dem Standort Hötzelsdorf (Niederbayern) teil.

Entwicklung und Stand

Vor Beginn dieser Prüfungen (erste Anlage 1998) wurden in staatlichen Feldversuchen nur zugelassene Sorten auf Ausdauer unter bayerischen Verhältnissen geprüft.

  • Die Anlage der Versuche erfolgt jährlich im Rhythmus und im Umfang der Anlage der Wertprüfungen mit Ertragsfeststellung
  • Die Prüfdauer umfasst Anlagejahr (Anlage im Herbst) sowie die folgenden drei Hauptnutzungsjahre (HNJ) incl. Frühjahr des 4. HNJ (4 Winter im Prüfzeitraum)
  • Die Ergebnisse dieses Prüfungstyps sind bis heute Kernstück der Sortenberatung für das Dauergrünland in Bayern.
  • Es können von staatlicher Seite Bayerns nur Sorten empfohlen werden, für die Daten vorliegen, die ihre Eignung in Bayern ausweisen. Die Wertprüfung umfasste das Merkmal „Eignung für Höhenlagen“ nicht. Das vom BSA ausgewiesene Merkmal „Ausdauer“ ist für eine Empfehlung für bayerische Lagen nicht geeignet.Folge: eine Sorte war im ungünstigsten Fall 5 Jahre zugelassen (und damit evtl. auf dem Markt) bis eine Empfehlung ausgesprochen werden konnte.
  • Im Falle schlechter bis mittelmäßiger Sorten ist dies kein Problem, aber auch exzellente Sorten kamen so erst spät in die Empfehlung.

Um diesen Konflikt „staatliche Empfehlung muss sicher sein“ – „Züchtungsfortschritt soll die Praxis möglichst schnell erreichen“ zu lösen, wurde mit der Anlage 1999 die erste sog. "Prüfung der Ausdauer von kommerziellem Zuchtmaterial bei Deutschem Weidelgras unter bayerischen Verhältnissen" angesät. Der vertragliche Rahmen war eine „Vereinbarung zur Durchführung eines Forschungsvorhabens zwischen der Sortenförderungsgesellschaft – GmbH (SFG) und der Vorgänger Organisation der LfL der Bayerischen Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP).

Verwertung der Versuchsdaten

  • Die Daten werden über die Sortenfördergesellschaft an das Bundessortenamt weitergeben.
  • Auch für die bayerische Sortenempfehlung werden die Daten genutzt.
  • Sie dienen weiterhin zur Sortimentsoptimierung - Reduzierung der Prüfglieder für die länderübergreifend angelegten Landessortenversuchen bei Deutschem Weidelgras.

Durch diese Entwicklung ist es für kommerzielle Züchter deutlich interessanter geworden, für Bayern passende Sorten zu züchten.

Ergebnisse

2006 wurde die bayerische Richtline zur Durchführung von Versuchen zur Feststellung der Eignung in Höhenlagen Bayerns vom Bundessortenamt als Richtlinie zur Durchführung von Beobachtungsprüfungen zu Ermittlung des neuen wertgebenden Merkmals "Eignung in Höhenlagen" übernommen. Die entsprechenden Versuche werden unter Koordination der Sortenfördergesllschaft SFG seitdem an drei Standorten in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen (ab Anlage 2022 in Sachsen) angelegt.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Stephan Hartmann
Projektlaufzeit: 01.01.1999 - 31.12.2028
Finanzierung: Sortenförderungsgesellschaft GmbH