Winterroggen – Aktuelle Ergebnisse aus der Praxis und den Landessortenversuchen

Roggenähren im Feldbestand.

Roggen (inkl. Wintermenggetreide), der für die Körnernutzung dient, stand heuer auf rund 34 800 ha. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Minus von 6 %. Die Körnererzeugung von Wintermenggetreide - darunter versteht man einen Mischanbau von mehreren Wintergetreidearten - nimmt davon etwa 2 600 ha ein. Aus den Mehrfachanträgen ist zu entnehmen, dass in Bayern neben Körnerroggen noch weitere 4 100 ha Roggen zur Erzeugung von Ganzpflanzensilage (GPS) angebaut wurden. Für die Silagenutzung werden Körnerroggensorten oder eigens hierfür gezüchtete Roggen verwendet.

Ertrag

In der Praxis wurde heuer in Bayern mit rund 51 dt/ha ein leicht unterdurchschnittlicher Ertrag erzielt. Das letztjährige Ergebnis konnte zwar übertroffen werden, das Zehnjahresmittel wurde aber knapp verfehlt. Etwa ein Viertel des bayerischen Körnerroggens stand in den letzten Jahren auf Ökobetrieben. Dies ist ein deutlich höherer Prozentsatz als bei Winterweizen und Wintergerste. Die Roggenerträge von Ökoflächen sind mit 33 dt/ha im Zehnjahresmittel wesentlich geringer als von konventionellen Flächen (59 dt/ha). Der Ertragsunterschied kommt nicht nur durch die unterschiedliche Wirtschaftsweise zustande, sondern hängt auch mit der Wahl des Sortentyps zusammen. Während konventionelle Landwirte zu über 80 % die ertragsstärkeren Hybridsorten anbauen, liegt ihr Anteil auf den ökologischen Flächen bei 15 - 20 %. Dies ergab eine mehrjährige Auswertung von Erntestichproben, die jährlich von etwa 80 zufällig über Bayern verteilten Roggenschlägen erhoben werden.

Sortenwahl

Bei der Sortenwahl sollte Wert auf hohe Erträge, eine geringe Lagerneigung und gute Krankheitsresistenzen gelegt werden. Obwohl der Roggen als relativ anspruchslos und gesund gilt, kann auch er stärker von Krankheiten befallen werden. In den Landessortenversuchen waren in den letzten Jahren Braunrost, der vor allem in den wärmeren bayerischen Regionen auftritt, sowie Rhynchosporium die Hauptkrankheiten im Blattbereich. Mehltau trat in letzter Zeit dagegen kaum nennenswert auf.
Bei der Annahme von Brotroggen werden häufig ein Hektolitergewicht von mindestens 72 kg und Mindestfallzahlen von 120 s gefordert. Die Vermeidung von frühem und starkem Lager durch Sortenwahl und standortangepassten Wachstumsreglereinsatz helfen, gerade in Jahren mit niederschlagsreicher Witterung zur Ernte, die geforderten Fallzahlen zu erreichen. Sortenunterschiede in der Fallzahlstabilität sind ebenfalls vorhanden.

Mutterkorn

Besonders zu achten ist auf einen geringen Mutterkornbefall. Der Fremdbefruchter Roggen ist die Getreideart, die am stärksten vom Mutterkornpilz befallen wird. Nach der Infektion der Getreideblüte bildet sich anstelle eines Korns die dunkelgefärbte, meist deutlich größere Überdauerungsform des Pilzes, das Mutterkorn (Sklerotium). Dieses enthält giftige Verbindungen, die Ergotalkaloide.
Grenzwerte
Derzeit liegt der Mutterkorn-Höchstwert bei Roggen, der für den menschlichen Verzehr bestimmt ist, bei 0,5 g pro Kilogramm Roggenkörner. Ab 1.7.2025, also schon zur nächsten Ernte, wird der Höchstwert stark abgesenkt. Er beträgt dann, wie derzeit schon bei Weizen, 0,2 g Mutterkorn/kg (0,02 %). Ursprünglich war die Höchstwertabsenkung schon in diesem Jahr geplant. Mit der Verordnung (EU) 2024/1808 wurde diese jedoch um ein Jahr auf 2025 verschoben.
Einflussfaktoren
Der Mutterkornbefall hängt von zahlreichen Faktoren wie Witterung, Standort, Fruchtfolge, Bodenbearbeitung und Befall benachbarter Ungräser ab. Haupteinflussfaktor ist die Witterung zur Roggenblüte. Da ausschließlich nicht befruchtete, geöffnete Roggenblütchen befallen werden, sind Bestände, die rasch und einheitlich abblühen, anzustreben. Neben der Vermeidung von Nachschossern trägt auch ein hohes Pollenangebot zu einer kurzen Blühphase des Bestandes bei.
Wie stark eine Sorte für Mutterkorn anfällig ist, hängt unter anderem von ihrer Pollenmenge ab. In der Regel stäuben Populationssorten kräftiger als Hybriden. Bei den Hybriden, deren Namen mit SU beginnen, enthält das Praxissaatgut zur Sicherstellung einer raschen Bestäubung deshalb 10 % Populationsroggen. In der Mutterkorn-Resistenzprüfung, die Grundlage für die Mutterkorneinstufung ist, und in den Landessortenversuchen werden jedoch nur die reinen Hybridsorten getestet. Es ist deshalb möglich, dass die Widerstandsfähigkeit gegen Mutterkorn bei „SU“-Hybriden in der Praxis etwas besser ist als in der Sortenbeschreibung dargestellt. Ob die Zumischung von ertragsschwächeren Populationsroggen im Praxissaatgut negative Auswirkungen auf den Ertrag hat, wurde nicht untersucht.
Mutterkorn Resistenzprüfung
Im Rahmen der Sortenzulassung werden Resistenzprüfungen mit künstlich erhöhtem Mutterkorn-Infektionsdruck durchgeführt. In diesen Prüfungen weisen die mit „mittel“ anfällig beschriebenen Sorten (Symbol: o) im Schnitt etwa dreimal so viel Mutterkorn auf wie die mit „gering“ mutterkornanfällig bewerteten Roggen (Symbol: +). Aufgrund der Verschärfung der Mutterkorngrenzwerte für Lebensmittel-Roggen vor der nächsten Ernte werden von der staatlichen Beratung nur Sorten mit der Mutterkorneinstufung gut (Symbol +) zum Anbau empfohlen. Zu beachten ist, dass die Sortenwahl nur eine Maßnahme von vielen ist, das Mutterkornrisiko zu senken. Hilfreiche Informationen zum Thema liefern die „Handlungsempfehlungen zur Minimierung von Mutterkorn und Ergotalkaloiden in Getreide“ des Max Rubner-Instituts.
Die Handlungsempfehlungen 'Minimierung von Mutterkorn und Ergotalkaloiden im Getreide (Max Rubner-Institut)'
wurden mit Stand Dezember 2023 überarbeitet.

Landessortenversuche

In den bayerischen Landessortenversuchen (LSV) standen heuer 10 Roggensorten an vier Orten. Aufgrund der geringen Anzahl bayerischer Versuche werden alle LSV und Wertprüfungen, die in der Südhälfte von Deutschland stehen, gemeinsam verrechnet und unter der Bezeichnung „Anbaugebiete Süddeutschland“ veröffentlicht. In die mehrjährige Auswertung, die die letzten fünf Jahre umfasst, fließen bei jeder Sorte je nach Prüfdauer 20 bis 79 Ergebnisse ein. Die Sortenempfehlung wird nur für Bayern ausgegeben.

Ergebnisse

Alle Sorten werden in zwei Intensitätsstufen geprüft. Stufe 1 erhält keine Fungizide und keinen bzw. nur wenig Wachstumsregler. Die intensive Stufe 2 wird dagegen nach Bedarf mit Fungiziden und Wachstumsreglern behandelt. Der Ertragsunterschied zwischen den beiden Behandlungsstufen liegt in den bayerischen LSV im Fünfjahresmittel bei 8 dt/ha bzw. 9 %. Dieser Mehrertrag reichte in den letzten fünf Jahren nur bei etwa der Hälfte der Standorte aus, um die Zusatzkosten zu decken. Heuer war der Mehrertrag bedingt durch die feuchte Witterung und den damit höheren Krankheits- und Lagerdruck zum Teil deutlich größer. Am Versuchsort Almesbach im Landkreis Weiden führten vor allem frühes Lager und Braunrostbefall zu einem Stufenabstand von 19 dt/ha.