Wurzelwachstum bei Gerste – Optimierung der Nährstoffaufnahme unter Trockenstress durch die züchterische Verbesserung des Wurzelwachstums bei Gerste

Wurzeln einer Gerstenpflanze im Gewächshaus

Moving Fields: Wurzeln eines Gersten-Kleinstbestandes

Die züchterische Optimierung von Nutzpflanzen im Hinblick auf bessere Ausnutzung von Nährstoffen und Wasser wird zukünftig insbesondere durch die geänderten Klimabedingungen zunehmende Bedeutung erlangen. Eine Steigerung der Wasser- und Nährstoffeffizienz stellt nicht nur einen wichtigen betriebswirtschaftlichen Faktor der landwirtschaftlichen Produktion dar, sondern auch die Basis für die langfristige Sicherung einer ausreichenden Ernährungsgrundlage unter geänderten Umweltbedingungen.

Ein gut ausgebildetes Wurzelsystem ist die wichtigste Voraussetzung für eine optimale Ausnutzung von Wasser und Nährstoffen durch die Pflanze. Um Sortenunterschiede in der Produktion der Wurzelbiomasse zu quantifizieren, soll die "Moving Fields"-Hochdurchsatz-Phänotypisierungs-Anlage der LfL eingesetzt werden.

Ziel

Das Forschungsprojekt sollte eine Grundlage schaffen, um Sommergerste züchterisch für eine bessere Wasser- und Nährstoffaufnahme zu optimieren. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden eine Reihe von sieben Gewächshausversuchen an der Moving-Fields-Anlage der LfL sowie zwei Versuche im Rollgewächshaus der LfL durchgeführt. Parallel zu diesen Versuchen wurde mittels Labortechniken versucht, eine Methode zu etablieren, um die Menge Wurzeln in Bodenproben zu quantifizieren.
Abstract in English
The research project was intended to create a basis for optimizing spring barley breeding for better water and nutrient uptake. To achieve this goal, a series of seven greenhouse trials were carried out at Moving Fields facility of the LfL and two trials at the rain out shelter of the LfL. Parallel to these experiments, laboratory methods were used to establish a method for quantifying the amount of roots in soil samples.

Methode

Diese Anlage ermöglicht es, die Entwicklung ober- und inzwischen auch unterirdischer Biomasse mittels Bildaufnahmen kontinuierlich und zerstörungsfrei zu verfolgen. Die automatische Bewässerung und Kontrolle der Düngung erlaubt es, in der Anlage Experimente zur Untersuchung von Nährstoffeffizienz und Trockenstress, sowie die ertragssteigernde Wirkung von rhizosphären Bakterien durchzuführen.
So sollte der Zusammenhang zwischen Wurzelwachstum und Nährstoff/Wassereffizienz mittels Bildaufnahmen festgestellt und untersucht werden, ob sich die Stickstoff- und Wasser-Effizienz verschiedener Sommergersten-Genotypen mit Hilfe der rhizosphärischen Bakterien verbessern lässt.
Um Schätzungen der Wurzelbiomasse, die über die Bildanalyse zustande kommen, zu kalibrieren, sollte ein qPCR-Verfahren (quantitative Polymerase-Chain Reaction) entwickelt werden, womit die Menge Wurzel-DNA in Boden quantifiziert werden kann. Um landwirtschaftliche Relevanz zu gewährleisten, wurde parallel zu den Gewächshausversuchen ein Teilsortiment über zwei Jahre im Rollgewächshaus der LfL angebaut.
Durch die neuen, zerstörungsfreien, bzw. -armen Methoden kann die Selektion auch auf die unterirdischen Pflanzenbestandteile ausgedehnt werden. Um weitere Aufklärung über Stoffwechselwege im Zusammenhang mit Wasser- und Nährstoffaufnahme zu erlangen, sollten die beteiligten Gene identifiziert werden. Mit Hilfe eines genetischen Assoziationsstudiums sollten molekulargenetische Selektionsmarker für die Selektion auf verbessertes Wurzelwachstum entwickelt werden. Interessante Genotypen wurden noch während des Projektes als Kreuzungspartner eingesetzt, um einerseits die genetischen Grundlagen zu validieren und anderseits unmittelbar am Praxisbedarf orientiertes Zuchtmaterial zu erstellen.
Das im Rahmen des Projektes entwickelte Pflanzenmaterial sowie sämtliche Informationen über die genetischen Marker, die Eigenschaften des Testsortimentes und des Zuchtmaterials werden den bayerischen Pflanzenzüchtern zur Verfügung gestellt. Damit ist es möglich, auf breiter Basis an geänderte Klimabedingungen und speziell an die regionalen Gegebenheiten Bayerns angepasste Sorten zu züchten. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass im Hinblick auf ihre Nähstoffeffizienz optimierte Sorten auch für den ökologischen Landbau eine wichtige Rolle spielen werden.

Vorgehen

  • Aus Genbankherkünften, Sorten und Zuchtstämmen wurde ein genetisch diverses Sortiment, bestehend aus stresstoleranten und stressanfälligen Sommergerstengenotypen, zusammengestellt.
  • Dieses Sortiment wurde über zwei Jahre in einem Rollgewächshaus an der LfL in Freising angebaut. Dieses Rollgewächshaus erlaubt es, Trockenstress sowie eine optimale Wasserversorgung unter Feldbedingungen reproduzierbar zu erzeugen. Als externe Kontrolle wurde das Sortiment auch außerhalb des Rollgewächshauses angebaut, sowohl unter natürlichen Aufwuchsbedingungen als auch mit chemisch induziertem Trockenstress.
  • Ein Teil des Sortimentes wurde über drei Jahre in der Moving-Fields-Anlage an der LfL in Freising angebaut. Diese Anlage ermöglicht es, das ober- und unterirdische Wachstum von Kleinstbeständen mittels Bildaufnahmen unter kontrollierten Trockenstressbedingungen und unterschiedlichen N-Düngungsstufen zerstörungsfrei zu verfolgen. Auch ermöglicht sie es, zu erforschen, ob sich die Stickstoff- und Wasser-Effizienz verschiedener Sommergersten-Genotypen mit Hilfe der rhizosphärischen Bakterien verbessern lässt.
  • Das Wurzelwachstum sowie das oberirdische Wachstum der Kleinstbestände in den Versuchen an der Moving-Fields-Anlage wurden mit bildgebenden Verfahren quantifiziert. Zusätzlich wurde im Qualitätssicherungslabor der LfL der Stickstoffgehalt in Körnern und Stroh bestimmt. Diese Messungen wurden kombiniert, um so den Zusammenhang zwischen Wurzelwachstum und Nährstoff- und Wassereffizienz zu bestimmen.
  • Bereits publizierte Methoden zur Untersuchung von Getreidewurzeln im Boden mittels quantitativer PCR (polymerase-chain-reaction) sollten im Genomanalyselabor der LfL etabliert und auf Gerste übertragen werden, wonach sie zur Bestimmung der Wurzelmasse in den Rollgewächshausversuchen und zur Kalibrierung der über Bildverfahren bestimmten Wurzelmessungen in den Moving Fields Versuchen eingesetzt werden sollen.
  • Das Sortiment wurde mit einem Hochdurchsatzverfahren (SNP-Chip) genetisch analysiert. Mit Hilfe einer genetischen Assoziationsstudie werden im Anschluss molekulargenetische Selektionsmarker für die Selektion auf verbessertes Wurzelwachstum entwickelt.

Wurzeln eines Gersten-Kleinstbestandes

Ein mittels der Moving-Fields-Anlage erfasstes Bild von den Wurzeln eines Gersten-Kleinstbestandes (links) und das Ergebnis der computergestützten Analyse dieses Bildes (rechts); in zufriedenstellendem Maße gelingt es, das Wurzelwachstum zu verfolgen und die Wurzelbiomasse zu quantifizieren.

Umfang

  • Ein Sortiment mit 56 Sommergerstengenotypen wurde zusammengestellt und für den Anbau im Rollgewächshaus und in der Moving-Fields-Anlage vorbereitet. Dieses Sortiment umfasste einerseits aktuelle Sorten, die als Vergleich dienen, anderseits alte Sorten, aktuelle Sorten und Zuchtstämme, die vermeintlich tolerant gegen Trockenstress sind, sowie ausländische Genotypen aus aridem Gebiet mit Vertretern aller Weltteile.
  • Die Versuche im Rollgewächshaus und auf dessen Kontroll-Feldern wurden im ersten Jahr planmäßig durchgeführt. Im Rollgewächshaus gelang es, in der trockenen Variante bis in Bodentiefen von 75 cm Trockenstress zum Zeitpunkt des Ährenschiebens zu erzeugen. Die bewässerte Variante im Rollgewächshaus sowie die beiden externen Versuchsflächen waren dagegen während der Vegetationsperiode ausreichend mit Wasser versorgt.
  • 2015 und 2016 wurde ein Teilsortiment in insgesamt 4 Versuchen an der Moving-Fields-Anlage unter verschiedenen Kombinationen von Trockenstressbedingungen, N-Düngungsstufen und Düngung mit rhizosphärischen Bakterien angebaut. Die Erntedaten dieser Versuche wurden bereits analysiert.
  • Die Bilder des ober- und unterirdischen Wachstums wurden ausgewertet. Der Stickstoffgehalt in Körnern und Stroh wurde für einen der Versuche – in dem Sommergerste unter unterschiedlichen N-Düngungsstufen, in An- und Abwesenheit rhizosphärischer Bakterien angebaut wurde – gemessen und der Zusammenhang zwischen Düngung, Inhaltsstoffen und Kornertrag bestimmt.
  • Die quantitative PCR (polymerase-chain-reaction) Technik wurde an Hand von reinen Wurzelproben etabliert; momentan wird versucht diese Methode auf Bodenproben zu übertragen.

Ergebnis

Die beiden Versuche im Rollgewächshaus der LfL stellten sicher, dass ausreichend Material für die Entwicklung der Labormethode verfügbar war. Gleichzeitig lieferten sie Daten bezüglich des Effektes, den Trockenstress unter annähernd natürlichen Bedingungen auf das Erntegut hat. Die verschiedenen agronomisch-bedeutsamen Merkmale wurden mittels univariater Analyse ausgewertet. Um eine schnelle Einschätzung der sortenspezifischen Wassereffizienz zu ermöglichen, wurden zusätzlich Indizes entwickelt, welche die große Zahl der beschreibenden Merkmale zusammenfassen.
Die Projektergebnisse zeigen, dass Gerstenpflanzen allgemein bei Mangel von Wasser oder Nährstoffen, ihre Wurzeln eher reduzieren als ausdehnen. Dies widerspricht bisherigen Annahmen, nach denen die Pflanzen mit einer Ausweitung des Wurzelsystems Nährstoffe und Wasser "suchen". Weiterhin hat sich ergeben, dass die neueren Sorten den älteren Sorten und Exoten bei der Betrachtung aller Merkmale in der Reaktion auf Stress überlegen zu sein scheinen. Dennoch zeigen einzelne ältere Sorten und exotische Akzessionen positive Einzelmerkmale, die züchterisch genutzt werden können, neue Sorten mit verbesserter Toleranz gegen Trockenstress zu entwickeln. Für die meisten der im Projekt untersuchten Merkmale konnte ein signifikanter Einfluss des Genotyps festgestellt werden. Dies ist die wichtigste Grundlage für die züchterische Bearbeitung dieser Merkmale.

Abschlussbericht pdf 8,9 MB

Ausblick

Das im Rahmen des Projektes entwickelte Pflanzenmaterial, sowie sämtliche Informationen über die genetischen Marker, die Eigenschaften des Testsortimentes und des Zuchtmaterials werden den bayerischen Pflanzenzüchtern zur Verfügung gestellt. Damit ist es möglich, auf breiter Basis an geänderte Klimabedingungen und speziell an die regionalen Gegebenheiten Bayerns angepasste Sorten zu züchten. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass im Hinblick auf ihre Nähstoffeffizienz optimierte Sorten auch für den ökologischen Landbau eine wichtige Rolle spielen werden.
Die gesammelten Kenntnisse bezüglich des Genotyp-spezifischen Zusammenhangs zwischen Wurzelwachstum einerseits und Wasser- und Stickstoffeffizienz anderseits bieten einen innovativen Ansatz für die Gestaltung zukunftsorientierter Zuchtprogramme für die Entwicklung effizienter und stresstoleranter Sorten. Als solches stehen sie öffentlichen und privaten Pflanzenzüchtern zur Verfügung.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Markus Herz (Züchtungsforschung Winter- und Sommergerste/IPZ 2b)
Projektbearbeitung: Dr. Wouter Vahl, Dr. Milad Kassem und Herr Mathias Freudenreich
Laufzeit: 01.05.2015 – 31.12.2018
Finanzierung: StMELF – Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Fördernummer: KL/15/02
Projektpartner:

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