1. Nachweis pflanzenpathogener Bakterien im Jahr 2023
Im Jahr 2023 wurden im Labor der Arbeitsgruppe IPS 2b insgesamt 1298 Proben aus Landwirtschaft und Gartenbau auf bakterielle Erkrankungen untersucht. Wie in den untenstehenden Tabellen dargestellt, konnte an 33 verschiedenen Kulturen (Pflanzenarten) 2023 ein Befall/ Besatz mit einer oder mehreren phytopathogenen Bakterienarten festgestellt werden. Insgesamt 19 verschiedene Bakterien-Taxa (also Arten, Unterarten oder Pathovare) wurden dabei nachgewiesen. Unter den Proben waren auch 368 Insektenproben, zumeist Zikaden, die als vermutete Vektoren bakterieller Pflanzenkrankheiten der Zuckerrübe und der Kartoffel untersucht wurden. Einzelne Insekten wurden mittels DNA-Sequenzierung identifiziert, z.B. um als Quarantäneschädlinge oder vektor-Insekten bestätigen oder ausschließen zu können.
Erwinia persicina-Befall an Petersilienwurzel
Pseudomonas syringae an Kirsche
Erwinia persicina an Salat
Untersuchungen an Zierpflanzen, Zier- und Forstgehölze, Wildpflanzen und BeikräuterWirtspflanze | Erreger |
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Ackerkratzdistel (Cirsium arvense) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus |
Anthurie (Anthurium sp.) | Xanthomonas axonopodis pv. dieffenbachiae |
Primel (Primula sp.) | Acidovorax valerianellae |
Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) | Pseudomonas syringae pv. aesculi |
Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus |
Vogelknöterich (Polygonum aviculare) | Candidatus Phytoplasma solani |
Weißdorn (Crataegus spp.) | Erwinia amylovora |
Zwergmispel (Cotoneaster sp.) | Erwinia amylovora |
Untersuchungen an Landwirtschaftlichen Kulturen, Gemüse-, Heil- und GewürzpflanzenWirtspflanze | Erreger |
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Aubergine (Solanum melongena) | Pectobacterium carotovorum, Pseudomonas corrugata |
Baldrian (Valeriana officinalis) | Pseudomonas marginalis |
Bohne (Phaseolus vulgaris) | Pseudomonas savastanoi pv. phaseolicola, Ps. Syringae, Xanthomonas phaseoli |
Chinakohl (Brassica rapa subsp. pekinensis) | Pectobacterium carotovorum |
Endivie (Cichorium endivia) | Erwinia persicina/ rhapontici |
Erbse (Pisum sativum) | Pseudomonas syringae pv. pisi |
Gerste (Hordeum vulgare) | Candidatus Phytoplasma solani |
Hafer (Avena sativa) | Candidatus Phytoplasma solani |
Karotte (Daucus carota) | Candidatus Phytoplasma solani |
Kartoffel (Solanum tuberosum) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus, Candidatus Phytoplasma solani, Pectobacterium brasiliense, P. parmentieri, Dickeya sp. |
Mais (Zea mays) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus |
Petersilie (Wurzelpetersilie) (P. crispum) | Erwinia persicina/ rhapontici |
Salat (Lactuca sp.) | Erwinia persicina/ rhapontici |
Soja (Glycine max) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus |
Spinat (Spinacia oleracea) | Erwinia persicina/ rhapontici |
Wassermelone (Citrullus lanatus) | Acidovorax citrulli |
Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus, Candidatus Phytoplasma solani |
Untersuchungen an ObstgehölzenWirtspflanze | Erreger |
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Apfel (Malus domestica) | Erwinia amylovora, Pseudomonas syringae pv. syringae |
Birne (Pyrus communis) | Erwinia amylovora, Pseudomonas syringae pv. syringae |
Haselnuss (Corylus avellana) | Pseudomonas syringae, Xanthomonas arboricola pv. corylina |
Kirsche (Prunus avium) | Pseudomonas syringae |
Mandel (Prunus dulcis) | Pseudomonas syringae |
Mirabelle (Prunus domestica subsp. syriaca) | Pseudomonas syringae |
Pflaume, Zwetschge (Prunus domestica) | Pseudomonas syringae |
Quitte (Cydonia oblonga) | Erwinia amylovora |
Untersuchungen an sonstigen OrganismenSubstrat/ Wirt | Erreger |
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Zikaden (Schilf-Glasflügelzikaden), (Pentastiridius leporinus) | Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus, Candidatus Phytoplasma solani |
2. Untersuchungen auf geregelte bakterielle Schaderreger: Unionsquarantäneschädlinge
Im Zusammenhang mit phytosanitären Kontrollen von Pflanzensendungen für Im- und Export, sowie im Rahmen von Monitorings, Kontrollen von Pflanzenbeständen und Verdachtsproben wurden in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von IPS 4 (Pflanzengesundheit und Quarantäne) auch 2023 regelmäßig Proben auf bakterielle Quarantäne-Schaderreger bzw. anderweitig geregelte Schädlinge gemäß Pflanzengesundheitsverordnung untersucht.
Gemäß der EU-Verordnung 2016/2031 über Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen (= „Pflanzengesundheitsverordnung“) können Schaderreger in die die Kategorien Unionsquarantäneschädlinge, Prioritäre Schädlinge, Unionsgeregelte Nicht-Quarantäneschädlinge (RNQPs) und Schutzgebiet-Quarantäneschädlinge fallen, die alle die genaue Identifizierung des vorliegenden Schaderregers erfordern. Solche Erreger unterliegen unterschiedlichen amtlichen Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen, die verhindern sollen, dass sie in die EU eingeschleppt oder dort verbreitet werden bzw. bei Befall erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen.
Die Ergebnisse der Untersuchungen auf Quarantäne- oder andere geregelte Schädlinge werden bei Bedarf an die zuständigen Arbeitsgruppen von IPS 4 weitergeleitet.
Pflanzengesundheit und Quarantäne
Quarantäneschädlinge 2023
Das bakteriologische Labor der LfL hat seit 2020 den Status einer Quarantänestation gemäß EU-Verordnung 2016/2031, der sicherstellt, dass das Labor bestimmte Anforderungen erfüllt, die die Ausbreitung von Unionsquarantäneschädlingen verhindern, wie z.B. die entsprechende fachliche Eignung des Personals oder die Möglichkeit zur physischen Isolation der in Quarantäne oder unter Verschluss zu haltenden Schädlinge. Das Labor darf somit auch amtliche Tests mit Pflanzen, Pflanzenerzeugnissen, sonstigen Gegenstände oder Schadorganismen durchführen, für die innerhalb der EU ein Einfuhr- oder Verbringungsverbot besteht. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 282 Untersuchungen auf Befall mit Unionsquarantäneschädlingen gemäß Durchführungsverordnung (EU) 2019/2072 durchgeführt.
Untersuchungen an Kartoffeln
Einen Schwerpunkt bildeten auch 2023 wieder die in Zusammenarbeit mit IPS 4b durchgeführten Untersuchungen auf die Erreger der Schleim- (Ralstonia solanacearum) und Ringfäule (Clavibacter sepedonicus), die beide Unionsquarantäneschädlinge nach der Pflanzengesundheitsverordnung darstellen. Insgesamt wurden an der LfL 126 Kartoffelproben (Pflanzgut, Speise- und Wirtschaftskartoffeln, Zuchtmaterial) untersucht (der Großteil der bayerischen Kartoffelproben wird darüber hinaus in einem externen Untersuchungslabor analysiert). Keine der Proben war positiv auf einen der genannten Erreger. 58 Proben stammten aus bayerischen Fließgewässern oder Teichen, einige weitere bestanden aus anderen Substraten (z.B. Klärschlamm), die auf Ralstonia solanacearum untersucht werden mussten. 2023 wurde auch keine dieser Proben positiv auf Ralstonia solanacearum getestet, was relevant für die Allgemeinverfügungen bzw. deren räumliche Ausdehnung ist, welche die Entnahme von Wasser zur Beregnung von Kartoffeln und Tomaten aus den entsprechenden Gewässerabschnitten untersagen (siehe auch den Bericht der Arbeitsgruppe IPS 4b).
Quarantänebakteriosen der Kartoffel
Untersuchungen an Ingwer
Auch Ingwer stellt eine Wirtspflanze für Arten des Ralstonia solanacearum-Artkomplexes dar. Aufgrund immer wieder auftretender Funde des Erregers in Ingwer-Anbauversuchen in Deutschland werden auch in Bayern Ingwer-Importe und Verdachtsproben intensiv auf Ralstonia untersucht. Der Erstnachweis von R. pseudosolanacearum an Ingwer in Deutschland erfolgte 2021 in einem Gewächshaus in Hessen, zuletzt trat 2023 Befall in einem Betrieb in Baden-Württemberg auf. Die betroffenen Pflanzen waren aus Ingwerrhizomen gezogen worden, die ursprünglich für den Konsum importiert worden waren. Es gibt also konkrete Hinweise auf das Risiko einer Einschleppung von R. pseudosolanacearum durch Rhizome von Konsum-Ingwer (sowie Kurkuma), sofern diese als Pflanzgut genutzt werden.
Auch in Bayern wird seit einigen Jahren von zahlreichen Betrieben Ingwer angebaut, wobei u.U. kein zertifiziertes Pflanzgut zur Verfügung steht. Gemäß den Empfehlungen des Julius-Kühn-Instituts sollen Ingwer-Importe im Labor auf Ralstonia untersucht werden. In insgesamt 13 in Bayern untersuchten Import-Proben (12 Ingwer, 1 Kurkuma, Einlassstelle Flughafen München) wurde 2023 kein R. pseudosolanacearum-Befall nachgewiesen. Auch bei weiteren 10 Verdachts- bzw. Monitoring-Proben von bayerischen Betrieben wurde kein Befall des Ingwers festgestellt. Anbauer müssen sich jedoch weiterhin des möglichen Risikos eines Anbaus von Konsum-Ware bewusst sein.
Weitere Untersuchungen
Daneben wurden 4 Proben von Mais-Saatgut für Ein- und Ausfuhr auf den Erreger der Bakterienwelke Pantoea stewartii subsp. stewartii untersucht, sowie eine Vielzahl von potentiellen Wirtspflanzenarten auf das Feuerbakterium Xylella fastidiosa, das als prioritärer Quarantäneorganismus eingestuft wird. Insgesamt 49 Proben, zumeist aus dem Nationalen Monitoringprogramm der EU, wurden auf Xylella untersucht, darunter häufig Proben von Wein, Olive, Oleander, Lavendel, Rosmarin, Kaffee, Citrus- und Prunus-Arten. Positive Fälle traten nicht auf. In Anbauversuchen auffallende, verdächtige Pflanzen von Bohne (Phaseolus vulgaris) wurden auf Befall mit dem Quarantäne-Erreger Curtobacterium flaccumfaciens pv. flaccumfaciens untersucht. Auch hier konnte kein Befall festgestellt werden.
3. Untersuchungen zu SBR (Syndrome Basse Richesses) an Zuckerrübe
Das Syndrome Basses Richesses (SBR = Syndrom des niedrigen Zuckergehalts) ist eine Bakteriose der Zuckerrübe, die sich in den vergangenen Jahren auch in Bayern in zahlreichen Anbaugebieten stark ausgebreitet hat. Mit ihr einher gehen schwere Einbußen in Ertrag und Qualität. Seit Sommer 2023 hat sich die Situation in manchen Regionen nun teilweise deutlich verschärft: Neben dem SBR-Bakterium Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus scheint ein weiterer Erreger, das sogenannte Stolbur-Phytoplasma, ein zellwandloses Bakterium (Candidatus Phytoplasma solani), zusätzlich zu einer massiven Schädigung der Rüben und zu hohen Ertragsverlusten zu führen. Augenscheinliches Symptom eines Phytoplasma-Befalls scheinen neben gelben, verwelkten, absterbenden Blättern sogenannte "Gummirüben" zu sein – weiche, biegsame Rüben, die aufgrund ihrer Schädigung oft schlecht zu ernten und zu verarbeiten sind.
Zuckerrüben in Not: "SBR" und Stolbur in Bayern auf dem Vormarsch
Übertragung durch Glasflügelzikade
Beide Erreger werden von der Schilf-Glasflügelzikade übertragen, deren Lebenszyklus stark an landwirtschaftliche Fruchtfolgen von Zuckerrüben und Winterweizen angepasst ist. Bisher sind in der Praxis keine wirksamen Bekämpfungsmöglichkeiten bekannt. Die Zikaden sind mit einer Applikation von Blattinsektiziden nicht ausreichend zu bekämpfen.
Forschungsprojekte
Die drei Schwerpunkte im laufenden Projekt sind Fruchtfolgeversuche, Versuche zur direkten Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikadenlarven (Nymphen) und Pflanzenschutzmittelversuche zur Bekämpfung der auslösenden Erreger direkt in Zuckerrüben. Außerdem wird die Ausbreitung der Schilfglasflügelzikaden in Franken erfasst.
Das Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit dem Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer e.V. und der Arbeitsgruppe IPS 3c bearbeitet. Die Arbeitsgruppe Bakteriologie ist dabei insbesondere mit der Labordiagnostik an Feldproben befasst. Eingehende Zikaden-, Zuckerrüben- und sonstige Proben aus den Feldversuchen werden mittels PCR auf ihre Besiedelung mit dem SBR-Erreger sowie Stolbur-Phytoplasmen untersucht. Außerdem werden einzelne Proben sequenzanalytisch untersucht, um so Hinweise auf Herkunft der Erregerpopulationen zu erhalten.
Erste Ergebnisse
Im Jahr 2023 wurden im Rahmen der Projekttätigkeit sowie damit im Zusammenhang stehender Untersuchungen insgesamt 282 Zuckerrübenproben und 365 Zikaden mittels PCR auf die beiden bakteriellen Erreger getestet. 67 % der Rüben und 54 % der Zikaden waren mit Stolbur und/ oder Candidatus Arsenophonus besiedelt. Eine Aussage über den Erfolg der ackerbaulichen bzw. Pflanzenschutz-Maßnahmen, die im Rahmen der Feldversuche getestet wurden (s.o.), ließ sich aus den Beladungsraten nicht ableiten.