Institut für Pflanzenschutz
Jahresbericht 2022 – Virologie

Das virologische Labor an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

Kleinste Pathogene, wie Viren, Viroide und Phytoplasmen, sind Erreger zahlreicher Pflanzen­krankheiten und können, wenn eine Infektion nicht rechtzeitig erkannt wird, zu einem kompletten Ausfall der Ernte führen. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnose von Viren für alle Akteure in der Landwirtschaft von Bedeutung. Dabei stellt das virologische Labor der LfL die zentrale Anlaufstelle in Bayern dar. Für eine gesicherte Diagnose kommen neben biologischen Tests (Indikatorpflanzentest) und serologischen Nachweisverfahren (EILSA-Test) auch vermehrt molekularbiologische Verfahren (PCR-basierte Methoden) zum Einsatz. Durch ein umfassendes Qualitätsmanagement wird zudem sichergestellt, dass die angewandten Methoden den rechtlichen Vorgaben entsprechen.

Neben dem Mitwirken in mehreren Monitoringprogrammen, werden an der LfL Proben von Pflanzenbauberatern, Gartenbauern, Landwirten, Züchtern, Universitäten und Hochschulen, aber auch von Privatpersonen auf das Vorhandensein von pathogenen Viren/Viroiden und Phytoplasmen (zellwandlose Bakterien) untersucht. Mit Hilfe der Ergebnisse können gezielte Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden und damit eine Grundlage für ertragreiche landwirtschaftliche und gärtnerische Produkte geschaffen werden.
Einen großen Teil unserer Tätigkeit machen die Untersuchungen im Rahmen des Hoheitsvollzuges aus, zum Beispiel für die Ausstellung von Pflanzen­gesundheits­zeugnissen, die für den Export notwendig sind. Zudem testen wir Pflanzen auf das Vorhandensein von Quarantäneschädlinge und Schadorganismen, die aufgrund pflanzen­gesundheit­licher Vorschriften überwacht werden müssen, beispielsweise bei der Produktion von gesunden Mutterpflanzen.

Untersuchungen im Jahr 2022

Im Jahr 2022 wurden im Labor Virologie (Arbeitsgruppe IPS 2c) insgesamt 1.400 Proben untersucht. Es waren 219 Proben dabei, bei denen der Verdacht auf eine Virusinfektion bestand. Insgesamt wurden 35 verschiedene Pflanzenarten im Rahmen der Virusuntersuchungen untersucht.
Landwirtschaft
WirtspflanzeNachgewiesener Erreger
Wintergerste (Hordeum vulgare) Barley yellow mosaic virus (BAYMV)
Wheat dwarf virus (WDV)
Hartweizen (Triticum durum Desf)Barley yellow dwarf virus (BYDV)
Wheat streak mosaic virus (WSMV)
Zuckerrübe (Beta vulgaris subsp. vulgaris Altissima Group)Candidatus phytoplasma solani (PHYPSO)
Beet necrotic yellow vein virus (BNYVV)
Gemüsebau
WirtspflanzeNachgewiesener Erreger
Gurke (Cucumis sativus)Cucumber green mottle mosaic virus (CGMMV)
Cucumber mosaic virus (CMV)
Watermelon mosaic virus (WMV)
Cucurbit aphid-borne yellows virus (CABYV)
Tomate (Solanum lycopersicum)
Tomato brown rugose fruit virus (TOBRFV)
Tomato mosaic virus (ToMV)
Rote Beete (Beta vulgaris subsp. vulgaris var. Conditiva)Beet necrotic yellow vein virus (BNYVV)
Basilikum (Ocimum basilicum)Impatiens necrotic spot virus (INSV)
Obstbau
WirtspflanzeNachgewiesener Erreger
Himbeere (Rubus idaeus)Raspberry bushy dwarf virus (RBDV)
Cherry leaf roll virus (CLRV)
Pflaume (Prunus domestica)Plum pox virus (PPV)
Wein (Vintis vinifera)Hop stunt viroid (HSVd)
Zierpflanzenbau
WirtspflanzeNachgewiesener Erreger
Strauchveronika (Hebe andersonii)Beet western yellows virus (BWYV)
Pfingstrose (Paeonia officinalis)Tobacco rattle virus (TRV)
Virenbefallene Rote-Beete-Knolle.

Rote Beete infiziert mit BNYVV

Virenbefallenes Blatt einer Gurkenpflanze.

Gurke infiziert mit CABYV

Virenbefallenes Blatt einer Pfingstrose.

Pfingstrose infiziert mit TRV

Besonderheiten 2022 – Erster Nachweis des Jordanvirus in Bayern

Im Jahr 2018 wurde das gefürchtete Tomato brown rugose fruit virus (ToBRFV) das erste Mal in Deutschland (NRW) diagnostiziert, gefolgt von mehreren Ausbrüchen, vor allem in den Niederlanden. Im Jahr 2022 wurde das Virus nun auch in Bayern nachgewiesen. Befallen war ein Fruchtbetrieb, der neben Tomaten auch Paprika anbaute. Das ToBRFV gehört zur Gruppe der Tobamoviren und ist durch seine hohe mechanische Übertragungsrate bei vielen Anbauern gefürchtet. Eine primäre Infektion kann über infiziertes Saatgut erfolgen, eine weitere Eintragungsquelle kann infiziertes Pflanzenmaterial sein. Man geht davon aus, dass einzelne infizierte Pflanzen zu einer Infektion der gesamten Anbaufläche führen können. Maßgeblich verantwortlich für eine Übertragung ist infizierter Pflanzensaft, der während der Kulturarbeit an Werkzeugen, Bekleidung inklusive Schuhen und Händen anhaftet. Bisher gibt es keine resistenten Sorten auf dem Markt, weshalb die Verwendung von befallsfreiem Saatgut, von gesundem Pflanzgut sowie eine gute Hygiene im Betrieb die einzigen Möglichkeiten sind, eine Infektion oder eine Ausbreitung zu verhindern.
In dem diesjährigen Fall wurde in allen Sorten und Gewächshausteilen des Anbauers ein Befall mit ToBRFV nachgewiesen. Zum Einsatz kamen bei dem Nachweis zwei unterschiedliche qRT-PCR-Verfahren, die gemäß EPPO PM7/146 (1) für einen gesicherten Virusnachweis zulässig sind. Zudem wurden von ausgewählten Proben eine Sequenzierung veranlasst, die den Befall bestätigte. Die weitere Betreuung des Falles wurde nach Meldung von der Abteilung Monitoring und Bekämpfung von Quarantäne­schadorganismen (IPS 4d) übernommen.
Zusätzlich erhielt das Labor 2022 insgesamt 12 Anfragen von Privatpersonen, die einen ToBRFV-Befall im Hausgarten vermuteten. Die Proben wurden hinsichtlich einer Infektion untersucht, es bestätigte sich allerdings keiner davon.

Verzwergungsmonitoring Getreide 2022

Wie in den vorangegangenen Jahren fand im Herbst in enger Zusammenarbeit mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) ein Monitoring auf das Vorkommen von Verzwergungsviren in Ausfallgetreide statt. Bayernweit wurden dabei von 21 Standorten 210 Proben für die Untersuchung eingesandt. Das Monitoring soll damit dem Landwirt einen Überblick über die Befallssituation und das Risiko einer Infektion in später auflaufende Bestände geben. Die Ergebnisse tragen außerdem dazu bei, die Notwenigkeit einer Bekämpfungs­maßnahme besser abschätzen zu können.
Durch die anhaltende Trockenheit konnte in diesem Jahr ein verspätetes Auflaufen des Ausfallgetreides beobachtet werde. Zudem schien die Trockenheit auch den Virusvektoren (Blattläuse und Zikaden) zuzusetzen. Widergespiegelt hat sich dies in einem sehr geringen Befall an Verzwergungsviren von 9 % (bayernweit). Dabei wurde das Wheat dwarf virus in 7 % der Proben diagnostiziert, während das Barley yellow dwarf virus nur in einem Prozent der Proben gefunden wurde.

Vergilbungsvirusmonitoring in Zuckerrübe 2022

Seit dem Jahr 2020 wird ein bayernweites Monitoring auf Vergilbungsviren in Zuckerrüben durchgeführt. Unterstützend tätig sind hierbei die Mitarbeiter der ÄELF sowie der Südzucker AG mit den Standorten Plattling, Rain am Lech und Ochsenfurt, außerdem die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Zucker­rüben­anbaues Regensburg (ARGE Regensburg) und der Verband Fränkischer ZuckerrübenIbauer e.V. (VFZ), welche die Proben auf den Feldern ziehen und zur Analyse an IPS 2c schicken.
Insgesamt gingen im Jahr 2022 104 Proben im Labor zur Analyse ein. Davon waren ca. die Hälfte der Proben befallsfrei, in 30 % konnte ein Befall mit den Beet chlorosis virus oder Beet mild yellows virus nachgewiesen werden, während knapp 10 % der Proben mit dem Beet yellows virus befallen waren. In 7 % konnte eine Mischinfektion aus mehreren Viren festgestellt werden.

Untersuchungen von Hopfen auf Mosaikviren und Viroide

Angestoßen durch das Auftreten des Citrus bark cracking viroid 2019 erfolgte in den folgenden zwei Jahren ein intensives Monitoring, um die Ausbreitung des Erregers zu verfolgen. Auch im Jahr 2022 erfolgte deshalb, unter der Federführung der Arbeitsgruppe Pflanzenschutz Hopfen des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenschutz, ein Monitoring. Die Laboruntersuchungen fanden wie in den vorangegangenen Jahren in einem externen Labor unter der wissenschaftlichen Begleitung von IPS 2c statt. Auch wenn das Viroid im Jahr 2021 durch die EPPO nicht mehr als Unions-Quarantäne­schädling, sondern als nicht geregelter Unions-Quarantäne­schädling eingestuft wurde, fallen die Untersuchungen von Vermehrungs­material in die Zuständigkeit von IPS 2c.

Qualitätsmanagement

Auch im Jahr 2022 erfolgte die Weiterentwicklung und Optimierung der im Labor angewandten Methoden, um den Anforderungen und Anfragen unseren Kunden gegenüber gerecht zu werden und eine gesicherte Ergebnisfeststellung zu erlangen. Durch die Vorgaben der EU, dass amtliche Diagnoselabore nach DIN EN ISO/IEC 17025 durch eine unabhängige Stelle begutachtet werden müssen, ist eine Akkreditierung mittlerweile verpflichtend. Diese stellt sicher, dass Diagnose­verfahren hinreichend verifiziert und validiert sind und das entsprechende Labor diese korrekt anwendet. Damit wird eine gewisse Sicherheit der Ergebnisse garantiert.
In der Abteilung Virologie ist eine Vielzahl der angewandten Methoden bereits akkreditiert (einzusehen unter: siehe Link unten) Dennoch versuchen wir kontinuierlich unsere Untersuchungs­methoden zu optimieren und zu erweitern, um ein breiteres Diagnose­spektrum abzudecken. Darunter fallen die Validierungen bereits anerkannter Methoden auf andere Pflanzen­spezies oder neue Viren sowie die Recherche von neuen Methoden, die im Rahmen der diagnostischen Untersuchungen eingesetzt werden können.

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