Monitoring von gefährlichen Virus- und Viroidinfektionen von Hopfen in Deutschland (Projekt)
Viren und Viroide sind eine Gefahr für die Produktion von Hopfen. Derzeit besonders gefürchtet sind zwei Viroide, das Hopfenstaucheviroid (Hop stunt viroid, HpSVd) und Citrus bark cracking viroid (CBCVd), auch genannt Zitrusviroid IV (CVd IV) genannt.
Nur gesunder Hopfen liefert gesicherten Ertrag und beste Brauqualität. Oberstes Ziel ist deshalb der Anbau leistungsstarker, möglichst gering mit Krankheitserregern belasteter Hopfen. Problematisch ist jedoch, dass der Hopfen von einer Vielzahl von Schädlingen und Krankheiten befallen werden kann. Die Resistenzzüchtung hat am Hopfenforschungszentrum Hüll der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) deshalb seit jeher oberste Priorität, so dass die Züchtung Pilz- und Blattlaus-resistenter Sorten im Fokus der Züchtungsarbeiten in Hüll steht. Im Hinblick auf Viren und Viroide ergeben sich jedoch besondere Schwierigkeiten: Viren und Viroide können nicht direkt mir Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden und wirkungsvolle Resistenzgene gegen Viren und Viroide zur Einkreuzung stehen derzeit nicht zur Verfügung. Dabei können Virus- und Viroidinfektionen, die meist erst unter Stressbedingungen offensichtlich werden, abhängig von Befallsstärke und Sortenanfälligkeit zu deutlichen Ertragseinbußen und zur Reduktion des Alphasäurengehalts führen.
Viroide und Viren sind im Hopfen verbreitet und bedrohen den Hopfenanbau weltweit. Aufgrund des grenzübergreifenden Austausches von Hopfen können auch neue Viren und Viroide sehr leicht in die deutsche Hopfenproduktion gelangen. Die Infektion bleibt vielfach lange Zeit unerkannt, wird im Zuge der im Hopfenbau üblichen intensiven Kulturmaßnahmen mechanisch weitergetragen und leicht von Pflanze zu Pflanze und von Bestand zu Bestand verschleppt. Für ein effektives Krankheitsmanagement ist es dann zu spät, da Viroide und Viren nicht direkt zu bekämpfen sind. Befall kann den Ertrag und Alphasäurengehalt gravierend mindern und erhebliche wirtschaftliche Verluste verursachen. Insbesondere bei Viroidbefall kann es notwendig sein, auf betroffenen Flächen Hopfen zu roden, wie das in Slowenien bereits der Fall war (Jakse et al. 2015).
Unser deutschlandweites Monitoring auf Viren und Viroide ist ein wertvolles Werkzeug der Vorbeugung; es gibt Aufschluss über die Verbreitung dieser Schaderreger und deckt erste Befallsherde auf. So kann Erstbefall getilgt werden, noch bevor sich ein neuer Erreger flächenmäßig ausgebreitet und etabliert hat. Dies gilt insbesondere für das gefürchtete Hopfenstaucheviroid (HpSVd) und das unlängst erstmals in Slowenien und im Sommer 2019 auch in Deutschland an Hopfen nachgewiesene Citrus bark cracking viroid (CBCVd) (Radisek et al. 2013). Beide Viroide können zusammen drastische Schadbilder verursachen und massive Schäden bedingen. Dabei ist das CBCVd das aggressivere Viroid und kann zum Absterben der Pflanzen binnen weniger Jahre führen.
Ziel
In unserem Monitoring sollen primäre Befallsherde neuer Erreger wie CBCVd (Citrus bark cracking viroid) und HpSVd (Hopfenstaucheviroid) aufgedeckt und getilgt werden. Zudem soll die derzeitige Viroid- und Virussituation im deutschen Hopfenbau erfasst und bewertet werden.
Methode
Die Monitoringproben stammen aus allen bedeutenden Hopfenanbauregionen Deutschlands: Hallertau, Gebiet um Tettnang wie auch Elbe-Saale-Region. Beprobt werden Praxisflächen, weibliche und männliche Hopfen der Züchtungsgärten der LfL, das Hüller Sortenregister und der Vermehrungsbetrieb der Gesellschaft für Hopfenforschung (GfH); auch Wildhopfen der Hüller Wildhopfensammlung werden mit einbezogen. Zudem werden importiertes Zuchtmaterial, ausländische Sorten, Material aus ehemaligen oder aktuellen HpSVd-Befallsgebieten (Japan, Korea, China, USA, Slowenien) sowie unter Quarantänebedingungen gehaltene Pflanzen aus Befallsgebieten getestet. Wegen der hohen Kosten für die Testung erfolgt das Monitoring nicht flächendeckend, sondern nur stichprobenartig an repräsentativen und wichtigen Standorten.
Die Probenahme erfolgt durch die Hopfenbauberater vor Ort wie auch durch die Kolleginnen und Kollegen der LfL. In der Regel sind zwei Pflanzen pro Schlag zu beproben. Dabei sind Blätter aus den obersten 2-3 Blattetagen zu entnehmen bzw. ist der entsprechende Trieb mit den Blättern abzureißen. Nach Möglichkeit sollen Pflanzen mit verdächtigem Erscheinungsbild ausgewählt werden, z. B. mit Stauchungen, gelblichen Sprenkelungen, eingerollten Blättern oder Pflanzen mit auffällig kleinen Blättern, deren Erscheinungsbild insbesondere dem HpSVd-infizierter Hopfen ähnelt, mit dem Ziel, bestehende Infektionsherde möglichst frühzeitig aufzudecken. Es handelt sich demzufolge um ein „gezieltes“ und nicht um ein "zufälliges" Monitoring.
Hinweise zur Probenahme und zur Einsendung von Proben 233 KB
Das Probenmaterial wird schnellst möglich zum Diagnoselabor der LfL nach Freising gebracht oder per Post geschickt, dort für die spätere Testung aufbereitet und anschließend sofort bis zur weiteren Untersuchung bei minus 80 °C gelagert.
Das Spektrum an zu untersuchenden Viren und Viroiden war in den Anfangsjahren des Projekts breit angelegt, so dass nicht nur auf Viroide, sondern auch auf eine Reihe von Hopfenviren getestet wurde. Die Virustests erfolgten primär über ELISA, für die Viroidtestung kommen molekularbiologischen Verfahren zum Einsatz. In den späteren Jahren des Monitorings erfolgen ausschließlich Tests auf CBCVd und HpSVd.
Maßnahmenkatalog
Ergebnisse
Monitoringjahr 2019

Amplifikationskurven der Realtime RT-PCR bei Testung auf CBCVd: Testung einer Verdünnungsreihe
Fazit aus den bisherigen Monitoring-Ergebnissen
Das gefährliche Hopfenstaucheviroid (HpSVd), das in anderen Ländern wie Japan, Korea, China, den USA und neuerdings auch Slowenien (Radišek et al. 2013) bereits relativ häufig nachgewiesen wurde und zu wirtschaftlichen Verlusten führte, ist trotz des weltweiten Austausches von Hopfenpflanzgut im deutschen Hopfenanbau noch nicht verbreitet. Diese Ergebnisse können als beruhigend gewertet werden, da sie zeigen, dass bislang noch kein HpSVd aus Ländern mit erhöhtem Infektionsdruck wie Japan in früheren Jahren und den USA, wo seit 2006 HpSVd-Infektionen bekannt sind, nach Deutschland eingeschleppt wurde. Dennoch gilt es, die Testung auf HpSVd fortzusetzen, da aufgrund der weltweiten Befallssituation die Gefahr einer Einschleppung permanent droht und möglicherweise bereits bestehende Befallsnester in unserem relativ groben Monitoringraster noch nicht detektiert worden sind.
Das Auftreten des gefürchteten Zitrusviroid IV (CVd IV = CBCVd, Citrus bark cracking viroid) in Slowenien (Jakse et al. 2015) verschärft die Problematik, so dass auch dieses Viroid im Fokus unseres Monitoringprogramms steht. Die Untersuchungen auf das CVd IV wurden 2013 begonnen und werden in den Folgejahren fortgeführt. Bislang wurde dieses gefährliche Viroid in keiner einzigen Probe detektiert.
Die Monitoringergebnisse der Jahre 2011-2013 belegen sehr augenfällig, dass im Gegensatz zu Viroidinfektionen Virusinfektionen an Hopfen im deutschen Hopfenanbau weit verbreitet sind. Die beiden Carlaviren Hopfenmosaikvirus (HpMV) und Latentes Hopfenmosaikvirus (HpLV) treten häufig auf. Der Anteil mit Apfelmosaikvirus (ApMV) infizierter Pflanzen, das insbesondere in Mischinfekton mit HpMV ertragsrelevant ist, ist ebenfalls beträchtlich. Das Arabismosaikvirus (ArMV), das die gefürchtete Nesselkopfkrankheit verursacht, wurde kaum detektiert; ArMV spielt also keine Rolle im Deutschen Hopfenanbau.
Das 2008 begonnene deutschlandweite Monitoring auf gefährliche Viroidinfektionen im deutschen Hopfenbau wird fortgeführt. Aufgrund der intensiven Testung besteht die realistische Chance, auch künftig HpSVd- und Zitrusviroidbefall aus deutschen Hopfengärten fernzuhalten. Aus methodischer Sicht stehen die Verbesserung der Nachweisverfahren und die Etablierung moderner Diagnosemethoden im Vordergrund.
Wie bereits in der Vergangenheit werden unsere für den Hopfenanbau sehr wichtigen Arbeiten dankenswerterweise weiterhin großzügig durch die Wissenschaftliche Station für Brauerei München e.V. gefördert.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. Luitgardis Seigner, IPS 2c/Virologie; Dr. Elisabeth Seigner, Anton Lutz, IPZ 5c/Züchtungsforschung Hopfen
Projektbearbeitung: Carolin Absmeier, Christine Huber, Ulrike Stanglmaier, Sigrid Ziegltrum, Linda Keckel, Katharina Einberger, Marion Liebrecht, IPS 2c/Virologie; Jutta Kneidl, IPZ 5c/Züchtungsforschung Hopfen
Laufzeit: seit 2008
Finanzierung: 2008: Eigenmittel; 2009-2010: Erzeugergemeinschaft Hopfen HVG e.G.; 2011-2018: Wissenschaftliche Station für Brauerei in München e.V.; ab 2019: Eigenmittel
Kooperation: IPZ 5a/Hopfenbau, Produktionstechnik; Hopfenberater, Hopfenvermehrungsbetriebe, Dr. K. Eastwell, Washington State University, Washington, USA; Dr. S. Radisek, Slovenian Institute for Hop Research and Brewing, Žalec, Slowenien